Protocol of the Session on March 17, 2011

2. Wie stellt sich der Ermittlungsstand im konkreten Körperverletzungsfall der beiden elfjährigen Jungen dar, und welche widersprüchlichen Angaben von Zeugen und Angehörigen (siehe Antwort vom 18. Februar 2011) gibt es?

3. Wie sehen die Belastungs- und Strukturdaten eines schon 2004 von der Stadt Schneverdingen vorgeschlagenen Zuständigkeitsbereichs Schneverdingen und Neuenkirchen im Vergleich zu den neu eingerichteten Rund-um-dieUhr-Polizeidienststellen in Bad Salzdetfurth, Meine, Meinersen, Stolzenau, Wittingen, Damme und Rastede im Einzelnen aus?

Ich beantworte die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Mehrarbeitsstunden sind im Bereich des Polizeidienstes eine grundsätzliche Folge der besonderen Aufgabenwahrnehmung und deshalb unvermeidbar. Dies gilt landesweit und ist besonders kennzeichnend beispielsweise bei der Arbeit von Sonderkommissionen zur Aufklärung schwerer Gewalt- und Wirtschaftsdelikte und bei Spezialeinheiten, aber vor allem auch bei geschlossenen Einsätzen der Polizei. Gerade in diesen Bereichen ist der Arbeitseinsatz durch das aktuelle Kriminalitäts- und Einsatzgeschehen bestimmt und deshalb häufig nicht im Rahmen der gesetzlichen Arbeitszeit planbar. Insoweit ist auch der Anfall von Mehrarbeitsstunden üblich und „dienstimmanent“.

Von 1980 bis 1994 wurde die Zahl der Mehrarbeitsstunden in der niedersächsischen Polizei erhoben; sie ging von rund 2 Millionen Stunden jährlich auf 1,7 Millionen Stunden am Ende des Berichtszeitraums zurück.

Die Pflicht der nachgeordneten Bereiche, zu Beginn eines Jahres die für das vergangene Jahr angeordneten Mehrarbeitsstunden dem MI zu berichten, entfiel im Jahr 1995. Die seit dieser Einstellung der Berichtspflichten vermuteten 1,6 bis 1,7 Millionen jährlichen Mehrarbeitsstunden sind durch eine im Jahr 2001 anlassbezogen durchgeführte Erhebung (1,6444 Millionen Stunden) bestätigt worden.

Die mit Stand 31. Dezember 2010 durch die Behörden und Polizeiakademie dem MI gemeldeten

Mehrarbeitsstunden ergeben in der Summe 1 286 993 Stunden. Darin sind auch Plusstunden enthalten, die im Rahmen gleitender Arbeitszeit oder innerhalb der Regelarbeitszeit an den jeweiligen Stichtagen auf den Arbeitszeitkonten hinterlegt waren.

Der Ausgleich von Mehrarbeitsstunden erfolgt im Polizeidienst in der Regel durch Freizeit. Ein entsprechender Spielraum für die Freizeitgewährung ist vorhanden und zeigt, dass die Mehrarbeitsstunden keine permanente Belastung des Polizeivollzugsdienstes bedeuten.

Mehrarbeit unterliegt im polizeilichen Alltag immer den eingangs erwähnten Schwankungen. Die dadurch in der Folge entstehenden, lediglich temporären Belastungsspitzen haben regelmäßig keinen Personalmehrbedarf zur Folge oder wirken sich mittel- oder langfristig nicht nachteilig auf die polizeiliche Präsenz aus.

Es ist davon auszugehen, dass Mehrarbeit bei der Polizei auch in der Zukunft in dem genannten Umfang anfallen wird. Die in der Fragestellung enthaltene Formulierung des seit 2003 zunehmenden Aufwuchses von Mehrarbeitsstunden lässt sich anhand der gemeldeten Daten nicht feststellen. Vielmehr lassen die in 2001 und 2010 erhobenen Werte einen nachhaltigen Rückgang vermuten.

Bei dem Vergleich von Personalmengen ist zu beachten, dass die Anzahl der Personen keine relevante Mess- und Steuerungsgröße ist. Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass eine nicht unerhebliche Anzahl von Personen in Teilzeitbeschäftigungsverhältnissen steht, wobei deren Anteil und Umfang variieren bzw. permanenter Veränderung unterliegen.

Für den Bereich der Tarifbeschäftigten, zu dem auch die genannten ehemaligen Angestellten zählen, existieren, anders als z. B. beim Bereich des Polizeivollzuges, keine Stellenpläne, sodass auch nicht von „gestrichenen“ Stellen gesprochen werden kann.

Den Behörden wird seit dem Jahr 2007 für den Bereich der Tarifbeschäftigten ein verbindliches Personalkostenbudget und Beschäftigungsvolumen (in Vollzeiteinheiten) zur eigenverantwortlichen Bewirtschaftung zugewiesen; ihnen steht damit ein größerer Gestaltungsfreiraum auch im Hinblick auf die Zahl der Beschäftigten im Bereich der Polizeiinspektionen zur Verfügung. Dies führt bei den Behörden naturgemäß zu Schwankungen in der Anzahl der jeweilig vorhandenen Beschäftig

ten. Aufgabe des Ministeriums in diesem Bereich ist vorrangig, die Einhaltung der vorgegebenen Obergrenzen im Bereich der Vollzeiteinheiten und des Personalkostenbudgets zu überwachen.

Mit der Einführung dieser Verfahrensweise wurden, den Grundgedanken der Budgetierung folgend, sowohl Mittel als auch Möglichkeiten auf die konkret personalbewirtschaftende Ebene der Polizei verlagert.

Im Übrigen ist hinsichtlich der Beschäftigtenzahl auch darauf hinzuweisen, dass Maßnahmen der Verwaltungsmodernisierung zum Teil unmittelbare Auswirkungen auf den Polizeibereich und die dortigen Beschäftigten haben. Beispielhaft sind hier die Einrichtung des Zentralen Fahrdienstes Niedersachsen oder die Neuausrichtung der Liegenschafts-, Bau- und Gebäudeverwaltung Niedersachsen zu nennen.

Entgegen der Darstellung des Fragestellers beträgt die Einsparauflage gemäß der Vorlage des Finanzministeriums für die 95. Sitzung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen am 12. Januar 2011 für das Kapitel 03 20 im Personalkostenbudget (03 20 - 422 01) 4,74 Millionen Euro und nicht 3,58 Millionen Euro. Unter Berücksichtigung dieser Einsparauflage sind die Mittel für Personalausgaben (Hauptgruppe 4) im Haushaltsplan 2011 gegenüber dem Haushaltsplan 2010 jedoch um insgesamt rund 4,5 Millionen Euro gestiegen.

Auch im Jahr 2010 hat die Landespolizei eine Vielzahl von Maßnahmen der Organisationsüberprüfung und -optimierung durchgeführt. Dafür kann beispielhaft die Organisationsanpassung im Bereich der Wasserschutzpolizei genannt werden. Infolge der Veränderungen, insbesondere bei der Wasserschutzpolizei, konnte Vollzugspersonal in größerem Umfang anderen Tätigkeiten, insbesondere zugunsten der Präsenz in der Fläche, zugeführt werden. Dieses ermöglichte es, im Jahr 2010 ohne Einschränkungen für die Flächenbehörden auf die Einstellung von 100 Anwärterinnen und Anwärtern an der Polizeiakademie Niedersachsen zu verzichteten und somit zugleich einen Beitrag zur Konsolidierung des Haushalts zu leisten.

Zu 2: Die Polizei in Schneverdingen hat zum Vorfall am 14. Januar 2011 drei möglicherweise als Tatverdächtige infrage kommende Personen namentlich ermittelt. Der Ermittlungsvorgang wurde Anfang März 2011 an die sachleitende Staatsanwaltschaft Lüneburg abgegeben, der die strafrechtliche Bewertung des Sachverhalts und die Würdigung von Zeugenaussagen obliegt. Angesichts

des noch laufenden Verfahrens können zum Stand der Ermittlungen keine weiteren Auskünfte erteilt werden.

Zu 3: Im Rahmen der Umorganisation der Polizei im Jahr 2004 wurden Funktionalität und Eigenständigkeit der Polizei gestärkt. Mit der Herauslösung der Polizei aus den ehemaligen Bezirksregierungen wurden sechs eigenständige und leistungsstarke Polizeidirektionen gebildet. Im Rahmen dieser Eigenständigkeit erfolgt die Einrichtung eines Rund-um-die-Uhr-Dienstes durch die Polizeiinspektion in Abstimmung mit der Polizeidirektion unter Berücksichtigung einer Vielzahl von Parametern. Sie hat sich vorrangig am tatsächlichen zeitlichen Bedarf vor Ort zu orientieren und erfolgt nicht ausschließlich auf der Grundlage der Belastungs- und Strukturdaten, die einen direkten „Eins-zu-eins“-Vergleich von Dienststellen ohnehin nur sehr eingeschränkt zulassen.

In der Gesamtschau der Belastungs- und Strukturdaten gibt es Bereiche oder zeitliche Abschnitte, bei denen ein möglicher gemeinsamer Bereich Schneverdingen/Neuenkirchen teilweise deutlich unter den übrigen Werten liegt, so z. B. bei den Einwohnerzahlen. Daneben gibt es Aufgabenkreise oder Zeiträume, bei denen der Wert für Schneverdingen/Neuenkirchen in einem Ranking über dem Mittelwert der übrigen Dienststellen zu finden ist, so z. B. bei der Polizeilichen Kriminalstatistik.

Im Rahmen einer derart umfassenden Betrachtung finden sich in unregelmäßigen Abständen immer wieder kurz- und mittelfristige Steigerungen, die auf vielfältige Ursachen zurückzuführen sind und für sich regelmäßig weder einen dauerhaften Personalmehrbedarf noch eine Anpassung im organisatorischen Bereich begründen.

Für die Personalausstattung gilt es, neben den Belastungs- und Strukturdaten, insbesondere spezifische Problemstellungen, örtliche Besonderheiten und die Effizienz des Personaleinsatzes zu berücksichtigen. Diesen maßgeblichen Faktoren wird auch mit den umfangreichen Präsenzzeiten der Polizeistation in Schneverdingen umfassend Rechnung getragen. Die Polizeistation ist zu den folgenden Zeiten besetzt:

Montag bis Freitag jeweils von 07.00 bis 21.00 Uhr

Samstag 08.00 bis Sonntag 04.00 Uhr

Sonntag 10.00 bis 17.00 Uhr

sowie bei besonderen Anlässen oder Einsatzlagen auch darüber hinaus.

In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass die Polizeiinspektion Soltau/Fallingbostel mit den Standorten Soltau, Munster, Walsrode und Bad Fallingbostel (ESD BAB) über vier Rundum-die-Uhr-Dienste verfügt. Darüber hinaus wird zwischen dem Einsatz- und Streifendienst am Standort der Polizeiinspektion in Soltau und der Polizeistation Schneverdingen eine sogenannte Verbundregelung praktiziert, die bei der Nichtbesetzung der Polizeistation eine lageangepasste polizeiliche Präsenz in Schneverdingen gewährleistet. Im Übrigen werden die Polizistinnen und Polizisten der Einsatz- und Streifendienste nicht auf Einsatzanlässe warten, sondern ihre Aufgaben im Rahmen einer Präsenz im Einsatzraum wahrnehmen. Insoweit sind Entfernungsangaben ein rein theoretischer Wert, der für die Einsatzbewältigung unbedeutend ist.

Durch die zuständigen Polizeidirektionen wurden Belastungs- und Strukturdaten zugeliefert. Dabei wurden Werte zu den Bereichen „Fläche, Einwohner“, „Polizeiliche Kriminalstatistik“ und „Verkehrsunfälle“ der jeweils fünfjährigen Vergleichszeiträume von 2000 bis 2004 und von 2006 bis 2010 erhoben. Nachfolgend werden die Vergleichsdaten der Jahre von 2006 bis 2010 kurz beschrieben.

Für den Bereich der über die Jahre unverändert zu betreuenden Fläche liegen Schneverdingen/Neuenkirchen mit insgesamt 331 km 2 deutlich hinter dem Polizeikommissariat Stolzenau mit 682 km2

zurück. Der geringste zu betreuende Zuständigkeitsbereicht entfällt mit 188 km2 auf das Polizeikommissariat Meine.

2010 lebten 54 078 Einwohner im Bereich des Polizeikommissariats Bad Salzdetfurth; im Bereich Schneverdingen/Neuenkirchen sind es 24 588 Einwohner. Der niedrigste Wert der übrigen Dienststellen entfällt mit 30 990 auf die Polizeistation Damme; der Mittelwert der Bereiche außer Schneverdingen/Neuenkirchen liegt bei 39 989 Einwohnern (auf Basis der Mittelwerte der Einwohnerzah- len in einem Fünfjahresvergleich von 2006 bis 2010).

Im Verhältnis der Einwohner zur Fläche leben beim Polizeikommissariat Wittingen 52 Einwohner pro km2, während es beim Polizeikommissariat Meine 2010 insgesamt 207 Einwohner waren. Auf Schneverdingen/Neuenkirchen entfallen 75 Einwohner; dieser Wert liegt deutlich unter dem Mittelwert von 117 Einwohnern pro km2 bei den übrigen Dienststellen (auf Basis der Mittelwerte der Einwohner

zahlen in einem Fünfjahresvergleich von 2006 bis 2010).

Bei der Betrachtung der Polizeilichen Kriminalstatistik der Jahre von 2006 bis 2010 und der dazugehörigen Mittelwerte ergibt sich ein Mittelwert von 1 665 Straftaten für Schneverdingen/Neuenkirchen, der damit über dem Mittelwert aller übrigen Bereiche von 1 375 Straftaten pro Jahr liegt. Der höchste Mittelwert mit 2 003 Delikten ergibt sich für das Polizeikommissariat Bad Salzdetfurth, der niedrigste Wert mit 841 ist der Polizeistation Rastede zuzuordnen.

In einer letzten Gegenüberstellung wurden die Verkehrsunfälle bilanziert; auch hier wurden die Mittelwerte auf Basis der Daten von 2006 bis 2010 verglichen.

Bei der Gesamtheit der Verkehrsunfälle für die Jahre von 2006 bis 2010 liegen Schneverdingen/Neuenkirchen bei 632 Unfällen; der Mittelwert aller übrigen Dienststellen beträgt 757 Verkehrsunfälle. Der Höchstwert mit 1 126 Unfällen entfällt auf das Polizeikommissariat Bad Salzdetfurth; der niedrigste Wert mit 377 Verkehrsunfällen ergibt sich für die Polizeistation Rastede.

Anlage 2

Antwort

des Ministeriums für Inneres und Sport auf die Frage 3 der Abg. Christian Grascha und Roland Riese (FDP)

Wie hat sich das Bündnis gegen Kinderpornographie White IT bewährt?

Das Internet bietet mit seinen vielfältigen Möglichkeiten der Information und des Datenaustausches große Chancen für Gesellschaft und Wirtschaft. Diese Möglichkeiten werden aber auch von Kriminellen genutzt - etwa zur anonymen Verbreitung und zum Konsum von Kinderpornographie. Zur Prävention und Eindämmung dieser Gefahr sind Initiativen sinnvoll und begrüßenswert, die einen gesamtgesellschaftlichen Ansatz unter Einbindung der IT-Wirtschaft verfolgen.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Wer hat sich dem Bündnis bis heute angeschlossen, und welche Unternehmen oder Verbände haben Interesse daran geäußert?

2. Welche Erfahrungen hat die Landesregierung bisher mit der Bündnisarbeit gemacht? Sind Veränderungen bzw. Verbesserungen geplant?

3. Plant die Landesregierung eine Kooperation mit anderen Bundesländern?

Im November 2009 wurde das Bündnis gegen Kinderpornographie White IT in Berlin auf Initiative des Ministers für Inneres und Sport gegründet. Zu den 20 Gründungsmitgliedern zählen IT-Branchenverbände und IT-Unternehmen, Sozial- und Opferschutzorganisationen, die Wissenschaft sowie Vertreter der Heilberufe. Die Bündnismitglieder haben ein Memorandum of Understanding unterzeichnet und sich darin verpflichtet, mit Blick auf ihre gesellschaftliche Verantwortung Kinderpornographie im Internet mit aller Entschlossenheit zu bekämpfen. Inzwischen besteht das Bündnis aus 32 Partnern. Nach der Präsentation von White IT auf der CeBIT 2011 liegen weitere Anfragen namhafter Wirtschaftsunternehmen vor, dem Bündnis beitreten zu können.

Ziel des Bündnisses ist die Entwicklung und Umsetzung einer ganzheitlichen Strategie, die von der Prävention über die Strafverfolgung bis hin zu Hilfen für die Opfer reicht und sich dabei technischer, rechtlicher und politischer Instrumente bedient. Die Bündnisarbeit ist offen gestaltet, sodass sich jeder Partner nach seinen Möglichkeiten einbringen und im Rahmen der bestehenden Bündnisstrukturen mitwirken kann. Das Bündnis gliedert sich in einen Lenkungskreis, die Geschäftsstelle, ein ProgrammManagement-Board mit vier operativen Themen (Prävention und Opferschutz, Provider und Netze, Client und Server sowie Forensik) und zwei ergänzende Themenfeldern (Kommunikation sowie Recht und Politik)

Detaillierte Informationen zum Bündnis White IT sind abrufbar unter www.whiteit.de sowie aktuell bei Facebook http://www.facebook.com/?sk= events#!/pages/Hannover-Germany/WhiteIT/15804 6544249897?sk=wall