Protocol of the Session on March 16, 2011

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Die Kommunen brauchen dringend Planungssicherheit bei ihrer Finanzausstattung. Daher ist es an der Zeit, die Arbeit der Gemeindefinanzkommission zügig zu einem Abschluss zu führen und nicht mit eigenen Ideologien noch weiter zu behindern. Die Kommunen brauchen dringend die Unterstützung des Landes. Angesichts Ihrer Antwort

habe ich aber, gelinde gesagt, erhebliche Zweifel, ob sie diese Hilfe und Unterstützung auch erhalten werden.

Danke schön.

(Starker Beifall bei der SPD)

Danke schön. - Für die Landesregierung hat sich Herr Finanzminister Möllring zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe gerade gehört, dass sich die Kollegin Geuter darüber beschwert hat, dass ich nicht im Plenarsaal war.

(Johanne Modder [SPD]: Ich habe sie gefragt! - Renate Geuter [SPD]: Ich habe das nicht bewertet! - Zurufe von der CDU: Das war Frau Modder!)

- Frau Modder hat sie gefragt. - Frau Modder, als Parlamentarische Geschäftsführerin müssten Sie eigentlich wissen, dass es hier Besuchergruppen gibt. Ich habe hier eine Liste über die heutigen Besuchergruppen.

(Minister Hartmut Möllring übergibt Johanne Modder [SPD] ein Papier - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Da kann man sich doch vertreten lassen!)

Ich war um 11 Uhr vom Landtagspräsidenten offiziell für zwei Besuchergruppen eingeteilt - das steht da. Bei der einen Besuchergruppe hat mich Frau Ernst vertreten - ich bin ja nicht Genscher, ich kann nicht an zwei Orten gleichzeitig sein.

(Heiterkeit - Hans-Werner Schwarz [FDP]: Der war gut!)

Bei der anderen Besuchergruppe war ich von 11 bis 12 Uhr. Um 12 Uhr war ich wieder hier im Plenarsaal. Ich bitte, das demnächst zu berücksichtigen. Ich stelle allerdings fest, dass bei der einen Besuchergruppe nur Herr Hagenah und Frau Ernst anwesend waren und ich bei der anderen Besuchergruppe völlig allein war. Offensichtlich halten es die Kollegen der anderen Fraktionen nicht mehr für nötig, sich um Besuchergruppen zu kümmern.

(Zustimmung bei der CDU)

Danke schön. - Nun hat sich für die Landesregierung Herr Minister Schünemann zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Geuter, wenn wir als Landesregierung eine Große Anfrage beantworten, sind wir gehalten, die Fakten darzustellen. Wenn die Fakten dazu führen, dass sich die Antwort so liest wie ein Werbeblock, dann liegt das schlichtweg daran, dass diese Landesregierung kommunalfreundlich ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP und Lachen bei der SPD - Detlef Tan- ke [SPD]: Das sehen die Kommunal- verbände anders!)

- Nein, die kommunalen Spitzenverbände sehen das ganz genauso. Das haben Sie auch in der Vergangenheit hier immer wieder gehört. Ich darf Ihnen für diese Anfrage danken; denn sie gibt uns die Möglichkeit, dies im Detail darzustellen.

Anders, als es Frau Geuter dargestellt hat, haben wir in der Antwort nicht die Behauptung aufgestellt, dass es allein an der wirtschaftlichen Situation liegt, dass die Kommunen in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Vielmehr sind es zwei Dinge, die wir dabei besonders im Auge haben müssen. Das ist einmal die Belastung durch die Sozialausgaben - diese haben die Kommunen, insbesondere die Landkreise und kreisfreien Städte, in den letzten Jahren erheblich belastet - und zum anderen eine nicht stabile Einnahmesituation. Das hat u. a. etwas mit der Gewerbesteuer zu tun. Dazu werde ich im Detail noch etwas sagen.

Besondere Bedeutung kommt bei den Soziallasten den Kosten für Unterkunft und Heizung für Langzeitarbeitslose, für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, für die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen, für die Hilfe zur Erziehung sowie für den Ausbau der Kinderbetreuung für unter Dreijährige zu.

Die Landesregierung hat sich in der Arbeitsgruppe „Standards“ der Gemeindefinanzkommission besonders dafür eingesetzt, die Kommunen bei den Sozialleistungen zu entlasten. Ich bin froh, dass der Gemeindefinanzkommission in dem Abschlussbericht vorgeschlagen wird, bei 87 gesetzlichen Standards den Entlastungsgedanken weiterzuverfolgen. Allerdings kommt es darauf an, dies

nicht nur im Bericht zu erwähnen - da gebe ich Ihnen recht, Frau Geuter -, sondern mit den Ressorts, gerade auch auf Bundesebene, darüber zu sprechen, wie wir diese Standards in der Zukunft entweder reduzieren können oder wie wir sie so finanzieren können, dass die kommunale Seite nicht weiter belastet wird.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Allein für den Arbeits- und Sozialbereich gibt es 38 Handlungsempfehlungen. Aber hier darf man nicht vergessen, meine Damen und Herren, dass sich der Bund an dieser Stelle wirklich bewegt. Die bei der jüngsten Hartz-IV-Regelsatzanpassung erzielte stufenweise Übernahme der Kosten der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung durch den Bund ab 2012 wird zu einer erheblichen finanziellen Entlastung der Gemeinden führen und ist ein deutliches Entlastungssignal an die Kommunen. Die Haushalte der niedersächsischen Kommunen werden nach derzeitigem Stand im vorgesehenen Übergangszeitraum bis 2014 insgesamt um etwa 744 Millionen Euro entlastet.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Ab 2014 werden die niedersächsischen Kommunen jedes Jahr um gut 440 Millionen Euro entlastet. Meine Damen und Herren, eine solche Entscheidung zugunsten der kommunalen Seite ist genau das richtige Signal in einer finanziell schwierigen Situation.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Aber auch wenn die Übernahme der Kosten für die Grundsicherung im Alter und die Erstattung der Kosten für das Bildungspaket erste wichtige Schritte zur Entlastung der Kommunen darstellen, ist der Kompromiss zu Hartz IV nicht als Vorgriff auf das abschließende Ergebnis der Gemeindefinanzkommission zu verstehen. Wir wollen die Städte, Gemeinden und Landkreise durch stabile Gemeindefinanzen wieder in die Lage versetzen, ihre Infrastruktur in Schuss zu halten und ihre wichtigen Aufgaben der Daseinsvorsorge wahrzunehmen.

Um dies zu erreichen, haben wir das drei Säulen umfassende Niedersachsen-Modell in die Diskussion eingebracht; Frau Geuter hat dankenswerterweise darauf hingewiesen. Das ist ein Beitrag dazu. Da sich die Gespräche in der Gemeindefinanzkommission festgefahren hatten - es gab nur die Berechnung des Koalitionsmodells -, war es sinnvoll, auch ein insbesondere von der Stiftung Soziale Marktwirtschaft entwickeltes Konzept zu rech

nen, um zu sehen, welche Auswirkungen das eigentlich hat. Deshalb haben wir es als Land Niedersachsen gerechnet.

In der ersten Säule geht es um eine kommunale Unternehmenssteuer, die gewinnorientiert und mit einem Hebesatzrecht sowie einem Anteil an der Lohnsteuer verbunden ist. Das ist ganz wichtig, damit sich die Kommunen auch engagieren, Gewerbebetriebe anzusiedeln. Dazu gehört natürlich auch eine kommunale Einkommensteuer, die sich übrigens nicht so auswirkt, dass die Bürgerinnen und Bürger zusätzlich entlastet werden.

Sie haben das Modell ja gesehen. Die Basisdaten stammen allerdings aus 2006. Es ist sinnvoll, dass man dieses Modell, nachdem es jetzt schon durchaus positive Akzente gezeigt hat, bundesweit auf der gleichen Basis wie das Koalitionsmodell rechnet. Genauso ist es richtig, das kommunale Modell auch gemeindescharf zu rechnen.

Ich bin sehr dankbar dafür, dass es in der Kommission ein hervorragendes Zusammenspiel zwischen Herrn Kollegen Bode und mir auf der einen und den kommunalen Spitzenverbänden auf der anderen Seite gegeben hat. Wir haben es Seit an Seit geschafft, dass wir in drei Monaten bundesweit ganz klare Fakten auf dem Tisch haben werden: Was bedeutet das Modell für die eine Kommune, und was bedeutet es für die andere Kommune?

Sie haben hier dargelegt, wir würden ein Modell auf den Weg bringen, das überhaupt keine Zukunft hat. Dazu kann ich nur sagen: Das kann man jetzt nicht bewerten. Man kann es erst dann bewerten, wenn man die Zahlen, die Fakten auf dem Tisch hat. Dann werden wir entscheiden. - Das haben wir zusammen mit den kommunalen Spitzenverbänden erreicht. Es waren Niedersachsen, die das geschafft haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Beratungen u. a. zu den Themen kommunale Steuern und Entlastung der Kommunen bei den Sozialausgaben werden weitergeführt. Gemeinsam mit dem Bund, den anderen Ländern und den kommunalen Spitzenverbänden werden wir über die Umsetzung der Kommissionsvorschläge zu beraten haben. Für die Landesregierung ist es dabei von zentraler Bedeutung, die kommunale Einnahmebasis nachhaltig zu verstetigen und zu verbessern und die Kommunen auf der Ausgabenseite weiterhin spürbar zu entlasten. Das Spannungsverhältnis zwischen Kommunalfinanzen und

steigenden Sozialausgaben ist der Landesregierung wohl bekannt. Im Gegensatz zu der Vorgängerregierung haben wir übrigens dafür gesorgt, dass es in diesem Bereich nachhaltige Verbesserungen gibt; die eine Maßnahme habe ich Ihnen gerade dargestellt.

Da Frau Geuter es angesprochen hat: Gerade wegen des quotalen Systems hat es bereits eine Zusammenkunft von Sozialministerin, Wirtschaftsminister und den kommunalen Spitzenverbänden gegeben, damit wir dieses Problem kommunalfreundlich lösen. Das heißt, das, was beim Landkreistag gesagt worden ist, ist schon längst angefasst worden.

Diese Landesregierung hat sich seit ihrer Regierungsübernahme konsequent einer kommunalfreundlichen Politik verschrieben. Ich möchte Ihnen einige Beispiele darstellen. Gemeinsam mit dem Land Bayern hat die Landesregierung z. B. eine Absenkung der Gewerbesteuerumlage erreicht. Ich habe es hier häufig dargestellt: Seit 2004 jedes Jahr im Schnitt 300 Millionen Euro mehr für die Kommunen bedeuten 2,1 Milliarden Mehreinnahmen für die kommunale Ebene. Dabei haben wir als Land unseren Anteil genauso mitfinanziert. - Das ist ein klarer Beitrag für die Kommunen. Das war wichtig. Es ist in der finanziellen Situation nachhaltig und insofern eine richtige Entscheidung gewesen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Kompensationszahlungen des Bundes für den Wegfall von finanzausgleichsrelevanten Steuern haben wir selbstverständlich regelmäßig unverzüglich an die kommunale Ebene weitergeleitet. Dazu gehören Ausgleichszahlungen für Steuerausfälle aufgrund der Kindergelderhöhung und Zahlungen des Bundes zur Kompensation infolge der Übertragung der Ertragshoheit bei der Kraftfahrzeugsteuer.

Wir haben die Grunderwerbsteuer auf 4,5 % erhöht. Der Anteil der Gemeindeebene beträgt hier 33 Millionen Euro. Auch dies ist selbstverständlich weitergeleitet worden.

Da die Diskussion gerne auf die Steuerverbundquote reduziert wird, möchte ich selbst auch darauf eingehen. Sie wissen, dass wir aufgrund der Finanzkrise insgesamt 500 Millionen Euro weniger zur Verfügung gehabt haben. Das war im Zusammenspiel aller Mindereinnahmen natürlich schon eine schwierige Situation. Daher bin ich sehr froh, dass wir aufgrund der positiven wirtschaftlichen

Entwicklung gerade auch in Niedersachsen jetzt mit über 3 Milliarden Euro die dritthöchste Summe haben, die es je in Niedersachsen gegeben hat. Ich bin froh, dass wir so schnell wieder den Anschluss gefunden haben.

Weil wir nachhaltig starke Kommunen wollen, haben wir mit den kommunalen Spitzenverbänden einen Zukunftsvertrag geschlossen. Ein wichtiger Baustein dieses Zukunftsvertrages sind die Hilfen zur Entschuldung kommunaler Haushalte. Die Entwicklung bei den Kassenkrediten bereitet mir durchaus Sorgen. Die Kassenkredite haben eine Höhe von rund 5 Milliarden Euro erreicht. Da kann man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, sondern da muss man gezielt helfen. Es reicht nicht, einfach nur Bedarfszuweisungen zu geben, sondern wir müssen ein Gesamtpaket schnüren.

Es ist entscheidend, auf der kommunalen Ebene die Strukturen zu verändern und zu verbessern. Wir müssen Strukturhilfen geben, damit mehr Arbeitsplätze geschaffen werden können, damit sich die Einnahmeseite auch in strukturschwachen Gebieten verbessert. Und wenn diese Anstrengungen zum Erfolg geführt haben, dann müssen wir sie auch honorieren: Dann müssen wir Kassenkredite in einer Größenordnung von bis zu 75 % übernehmen.

Ich bin froh, dass im gesamten Land und insbesondere da, wo es notwendig ist, Gespräche geführt werden. Mittlerweile leiten wir jeden Monat Gebietsänderungen in die Wege bzw. leisten entsprechende Hilfe. Mit 70 Millionen Euro je Jahr können Kassenkredite in Höhe von 1,4 Milliarden Euro abgelöst werden. Es ist richtig, dass die Kommunen dies über den kommunalen Finanzausgleich zur Hälfte mitbezahlen. Da sie als Kompensation aber 33 Millionen Euro aus der Grunderwerbsteuer erhalten, gibt es keine zusätzliche Belastung.

(Jürgen Krogmann [SPD]: 800 000 Eu- ro für die Stadt Oldenburg!)

- Ich gebe 33 Millionen Euro mehr in den kommunalen Finanzausgleich. Wenn 30 Millionen Euro dazu beitragen, dass Kommunen, die sonst nie aus dem Bedarfszuweisungstopf herausgekommen wären, wieder in gesunde Verhältnisse geraten, dann ist das doch vernünftige Politik! Ich habe den Kommunen, die etwas tun, geholfen, ohne die anderen zu belasten, weil ich zusätzliches Geld in den kommunalen Finanzaugleich gegeben habe.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie haben in der Vergangenheit den kommunalen Finanzausgleich immer nur reduziert und keine Kompensation geschaffen.