Protocol of the Session on February 26, 2008

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich heiße Sie alle zu unserer heutigen konstituierenden Sitzung des Niedersächsischen Landtages der 16. Wahlperiode ganz herzlich willkommen.

(Beifall)

Ich bitte jetzt alle Fotografen, die hier nicht, wie vereinbart, als Poolführer agieren oder nicht für die Landtagsbroschüre Aufnahmen machen, den Plenarsaal zu verlassen.

Nationalhymne

Bevor wir unsere Tagesordnung abwickeln, darf ich Sie bitten, sich von Ihren Plätzen zu erheben. Wir singen jetzt mit Unterstützung des Blechbläserensembles des Polizeimusikcorps gemeinsam unsere Nationalhymne, die dritte Strophe des Liedes der Deutschen von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben, als Ausdruck unseres Wunsches nach Einigkeit und Recht und Freiheit auch und besonders für unser schönes Land Niedersachsen.

(Die Abgeordneten erheben sich und singen die Nationalhymne)

- Ich bedanke mich bei Ihnen. Ich bedanke mich auch in Ihrem Namen gleichzeitig beim Blechbläserensemble des Polizeimusikcorps für die wohlklingende Begleitung. Recht herzlichen Dank!

(Beifall)

Sehr geehrte Damen und Herren! In der 1. Sitzung des Landtages nach Beginn der Wahlperiode führt bis zur Wahl der Präsidentin oder des Präsidenten das älteste anwesende Mitglied des Landtags, das hierzu bereit ist, als Alterspräsidentin oder Alterpräsident den Vorsitz. Aufgrund dieser Regelung des § 68 unserer Geschäftsordnung ist es mir vergönnt, diesen Platz einzunehmen, die Sitzung für eine kurze Zeit zu leiten und Sie ganz herzlich zu begrüßen.

Nach gutem Brauch möchte ich mich zunächst einmal vergewissern, dass ich diesen Platz zu Recht einnehme. Ich bin Lothar Koch aus Duderstadt, im Wahlkreis 15 direkt gewählter Abgeordneter dieses Landtages. Ich wurde am 27. September 1939 geboren. - Gibt es hier etwa einen Älteren?

(Heiterkeit)

- Da dies nicht der Fall ist, was ich bedaure, fahre ich fort. Ich erkläre jetzt selbst meine Bereitschaft, dass ich die Sitzung heute Morgen leite. Ich freue mich darüber.

Ich eröffne hiermit die erste Parlamentssitzung des neu gewählten Landtages.

Um bis zur Wahl des Präsidiums einen Sitzungsvorstand bilden zu können, ist es notwendig, aus der Mitte des Hauses zwei Mitglieder des Landtages aufzurufen, die bis zu diesem Zeitpunkt mit mir gemeinsam diesen Sitzungsvorstand bilden. Als vorläufige Schriftführer werden vom Alterspräsidenten üblicherweise die jüngste und der jüngste Abgeordnete benannt. Dies sind nach meinen Unterlagen Frau Filiz Polat von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, geboren am 11. Juli 1978, und Herr Helge Limburg, ebenfalls Mitglied der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, geboren am 25. Oktober 1982. Der guten Ordnung halber frage ich: Gibt es neben Frau Filiz Polat und Herrn Helge Limburg ein Mitglied des Hohen Hauses, das noch jünger ist? - Das ist nicht der Fall. Ich darf jetzt Sie, Frau Polat, und Sie, Herr Limburg, recht herzlich bitten, rechts bzw. links neben mir Platz zu nehmen.

(Die beiden Schriftführer nehmen ihre Plätze am Präsidententisch ein)

- Ich darf beiden ganz herzlich danken.

(Beifall)

Ansprache des Alterspräsidenten

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Gäste! Zunächst einmal darf ich die zahlreichen Gäste, die an der heutigen konstituierenden Sitzung teilnehmen, recht herzlich hier in Hannover im Leineschloss willkommen heißen. Sicherlich brauche ich nicht um Ihr Verständnis zu bitten, dass ich von einer namentlichen Begrüßung absehe. Bitte seien Sie sich aber gewiss, dass wir uns alle über Ihre heutige Anwesenheit außerordentlich freuen und Ihre damit zum Ausdruck gebrachte Wertschät

zung gegenüber dem Niedersächsischen Landtag zu schätzen wissen. Als besondere Gäste darf ich heute die ehemaligen Ministerpräsidenten Dr. Ernst Albrecht und Herrn Glogowski sowie die ehemaligen Landtagspräsidenten Dr. Blanke und Professor Wernstedt herzlich begrüßen.

(Beifall)

Eine erfolgreiche Arbeit des Landtages als gewählte Vertretung des Volkes wäre nicht möglich, wenn keine guten Beziehungen und Kontakte zu allen gesellschaftlichen Bereichen bestünden.

Aus diesem Grunde erblicke ich mit Freude Bürgerinnen und Bürger unseres Landes, Angehörige, Partner, Freunde und Mitarbeiter der Abgeordneten, frühere Parlamentarierinnen und Parlamentarier, ehemalige Präsidenten und Regierungschefs, aktive und designierte Regierungsmitglieder, Vertreter des öffentlichen Lebens, von Behörden und Verbänden sowie der Bundeswehr, Vertreter des Konsularischen Korps und nicht zuletzt der Kirchen.

Dem Landtag liegt nicht nur die Volksnähe, sondern auch die Pflege guter Traditionen sehr am Herzen. Daher darf ich mich im Namen des gesamten Parlaments an dieser Stelle recht herzlich bei den Bischöfen Herrn Dr. Bode und Herrn Dr. Weber für den inhaltsreichen und mittlerweile traditionellen Gottesdienst in der Marktkirche bedanken.

(Beifall)

Ein herzliches Willkommen gilt ferner den zahlreichen Vertretern der Medien. Dank ihrer LiveBerichterstattung darf ich zugleich auch die Damen und Herren begrüßen, die unserer heutigen Sitzung außerhalb des Leineschlosses am Bildschirm ihre Aufmerksamkeit widmen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, am 27. Januar dieses Jahres waren gut 6,1 Millionen wahlberechtigte Bürgerinnen und Bürger des Landes aufgerufen, den 16. Niedersächsischen Landtag zu wählen. Sie, meine Damen und Herren, vertreten somit 8 Millionen Einwohner des Landes Niedersachsen.

Gegenüber der vergangenen Wahlperiode hat sich der Landtag von 183 auf 152 Mandate verkleinert. 65 Kolleginnen und Kollegen sind über die Wahlvorschläge ihrer Parteien gewählt worden; 87 Kolleginnen und Kollegen konnten den jeweiligen Wahlkreis direkt gewinnen.

Wir erblicken heute zahlreiche neue, aber auch viele wiedergewählte Abgeordnete auf den Bänken dieses Hohen Hauses. Aus diesem Grunde darf ich zunächst Ihnen, verehrte und liebe Kolleginnen und Kollegen, zu Ihrem persönlichen Wahlerfolg sehr herzlich gratulieren. Ich wünsche Ihnen für die Ausübung Ihres verantwortungsvollen Mandates Gesundheit, Tatkraft und - auch das gehört zur Politik - eine stets glückliche Hand.

Mein besonderer Gruß gilt an dieser Stelle den insgesamt 81 Parlamentarierinnen und Parlamentariern, die aufgrund ihrer freien Entscheidung oder aufgrund eines nicht so günstigen Wahlergebnisses dem Niedersächsischen Landtag nicht mehr angehören werden.

Bei dieser Gelegenheit darf ich unseren Landtagspräsidenten, Herrn Jürgen Gansäuer, begrüßen, der nach stolzen 34 Jahren die politische Bühne aus eigenem Entschluss verlässt und sicherlich - ich glaube, das ist zwischen allen Fraktionen unstrittig - als eine der markantesten Politikerpersönlichkeiten nicht nur in die ihm sehr an das Herz gewachsene Landesgeschichte eingehen wird. Herzlich willkommen, Herr Präsident!

(Beifall)

Es ist mir wirklich ein besonderes Anliegen, unseren Vorgängerinnen und Vorgängern meine Anerkennung für ihre geleistete Arbeit hier im Niedersächsischen Landtag auszusprechen. Lassen Sie mich das bekannte, einfache Sprichwort „Neue Besen kehren gut“ um den Nachsatz erweitern: Alte Besen haben auch nicht schlecht gekehrt. - Sie, unsere ehemaligen Kolleginnen und Kollegen, haben für unser Land wirklich vieles geleistet, dafür gebührt Ihnen unser gemeinsamer Dank.

Schließlich ist es auch angebracht, allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landtagsverwaltung und der Fraktionen meinen Gruß und ein herzliches Dankeschön aus dem Plenum zu übermitteln. Sie stehen zwar nicht im politischen Rampenlicht; aber ohne ihr Engagement und tatkräftiges Wirken hinter den Kulissen könnte dieser Landtag nicht so erfolgreich arbeiten. Dies sollte auch einmal öffentlich gewürdigt werden.

(Beifall)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, dem Alterspräsidenten kommt das Privileg zu, heute mit einigen einleitenden Worten die konstituierende Sitzung des Landtages der 16. Wahlperiode eröffnen zu dürfen. In dieser Funktion sehe ich mich nicht als Landtagssenior, Elderstatesman

oder einfach als alter Hase, sondere ich fühle mich als Vertreter aller heute anwesenden Parlamentarierinnen und Parlamentarier, die sich auch kritisch und sorgend äußern dürfen.

Meine Damen und Herren, die Wählerinnen und Wähler des Landes Niedersachsen haben am 27. Januar über uns - die alten und die neuen Abgeordneten - entschieden. Die Wahlentscheidung des Volkes haben wir natürlich zu akzeptieren. Es ist nun Aufgabe der gewählten Volksvertreter, auf der Grundlage dieser Wahlentscheidung ein arbeitsfähiges Parlament zu gestalten, in dem Regierung, Opposition und parlamentarische Kontrolle wirksam werden.

Gleichwohl gebe ich zu bedenken, dass das uns ausgesprochene Vertrauen auf einer Wahlbeteiligung von lediglich 57 % beruht. Das lag nicht nur an ungünstigen äußeren Bedingungen. Der Rückgang der Wahlbeteiligung um immerhin 10 Prozentpunkte sollte für uns alle ein Alarmsignal sein. Und ich betone: Es kann und darf kein Trost sein, dass wir eine solche Entwicklung auch in dem einen oder anderen Land beobachten. Allerdings wir sind dabei spitze. Die Abwendung von der Politik in Parteien und Parlamenten scheint sich nicht nur in Niedersachsen zu einem gesellschaftlichen Phänomen zu entwickeln.

Aus diesem Grund geht mein dringender Appell als Alterspräsident an das Parlament der 16. Wahlperiode: Wir müssen der Öffentlichkeit und den Wählern offen und verständlich - dies vielleicht noch intensiver als bisher - das richtige Bild über die Bedeutung der Parlamentsarbeit vermitteln, damit erkannt wird, warum für das Wohl des Landes Niedersachsen und unserer Landsleute jede einzelne Wählerstimme zählt und von Bedeutung ist. Auch sollte der Niedersächsische Landtag ein Haus mit offenen Türen sein. Wir haben schon in den vergangenen Jahren versucht, dies umzusetzen. Diese Bemühungen können aber noch gesteigert werden. Das historische Leineschloss muss Symbol für das gelebte Miteinander in Niedersachsen sein.

Gleichzeitig erbitte ich die Unterstützung der Medien. Ich messe Ihnen, geschätzte Medienvertreterinnen und -vertreter, eine hohe Verantwortung zu. Berichten Sie weiterhin kritisch und fair über die politische Auseinandersetzung hier im Leineschloss, aber beobachten Sie auch die Wirkungen Ihrer eigenen Arbeit! Manches Mal entsteht bei den Bürgerinnen und Bürgern der Eindruck, dass es für einige Medien einfacher ist, das berühmte

Haar in der Suppe zu finden, als über die Zubereitung der Suppe zu berichten und Appetit darauf zu wecken. Wir brauchen Ihre Unterstützung, um der Öffentlichkeit politische Kenntnisse, Hintergründe und Fakten zu vermitteln. Auf diese Weise sollte das Engagement der Bürgerinnen und Bürger für die parlamentarische Demokratie in die richtigen Bahnen gelenkt werden können.

Allerdings sehe ich in erster Linie den neuen Landtag gefordert, die so niedrige Wahlbeteiligung nicht einfach hinzunehmen, sondern auf die Bürgerinnen und Bürger zuzugehen, um Sympathie und Engagement für unseren Landtag zu wecken.

Es ist doch faszinierend, zu erleben, welche öffentliche Aufmerksamkeit die Kandidatenkür für das Präsidentenamt in den USA hervorruft. Wir müssen Politik - wie draußen in der Wirtschaft - als Wettbewerb der besten Ideen zur Problemlösung in unserem Land verstehen. Vor allem müssen wir, die Abgeordneten, voller Disziplin unsere Verantwortung wahrnehmen und die an uns gestellten Aufgaben annehmen und konstruktiv lösen. Und auch das gehört zum professionellen Politikgeschäft: Kritik darf nicht nur entgegengenommen werden, sondern sie muss auch in die zu treffenden Entscheidungen einbezogen werden.

Aus eigener Erfahrung nach 35 Jahren Politik sei mir erlaubt, zu betonen, dass die Arbeit als Parlamentarier einen Menschen mit Sicherheit prägt und dass das Mandat als Ehre und große Herausforderung zugleich empfunden werden kann.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nutzen Sie diese großartige Chance und das durch die Wählerinnen und Wähler in Sie gesetzte Vertrauen! Das ist unser Auftrag. Das dürfen unsere Landsleute von uns erwarten.

Meine Damen und Herren, wir, die gewählten 152 Abgeordneten des Niedersächsischen Landtages der 16. Wahlperiode, haben die Aufgabe, die ca. 8 Millionen Bürgerinnen und Bürger Niedersachsens in den kommenden fünf Jahren nicht nur politisch zu repräsentieren, sondern mit Entschlossenheit und Verantwortungsbewusstsein zum Wohle unseres Landes und zum Wohle seiner Menschen auch die weitere Zukunft zu gestalten.

Unser Mandat ehrt uns, aber zugleich verpflichtet es uns. Dessen sollten wir uns bewusst sein. Nur so können wir guter Dinge sein, dass das Vertrauen und das Zutrauen der Bürgerinnen und Bürger, das unser schönes Land Niedersachsen dringend braucht, gestärkt werden. Lassen Sie uns daher

alle gemeinsam mit Kraft und Mut in die kommende Wahlperiode gehen, wie bisher für die Wahrung der demokratischen Grundrechte einstehen und jede Form der Diskriminierung im Keim ersticken!

Dieser Landtag besteht nunmehr aus fünf Fraktionen. Es gilt, die notwendige politische Auseinandersetzung nach demokratischen Grundsätzen offen und vor allem ausschließlich inhaltlich zu führen. Die Unfreiheit der Bürgerinnen und Bürger in der schrecklichen Zeit der Diktatur des Nationalsozialismus und auch unter dem folgenden Sozialismus der DDR verpflichten uns hierzu. Und wir stellen heute auch fest: Wir sind dankbar für das Geschenk der Wiedervereinigung.

(Lebhafter Beifall)