Protocol of the Session on July 13, 2006

Frau Rakow, einen Augenblick, bitte! - Meine Damen und Herren, wenn es jetzt so läuft, wie es sein

soll, dann sind wir in wenigen Minuten mit unserer Sitzung fertig. Seien Sie doch diese wenigen Augenblicke noch ruhig, und hören Sie der Rednerin zu!

Es gibt noch einen weiteren Aspekt zum Thema Lärm: Das schlechte Abschneiden der deutschen Schüler beim PISA-Test hat durchaus auch etwas mit Lärm zu tun. In München hat die Universität ein Projekt gestartet, bei dem Lärm im Klassenraum untersucht wird und Lärmminderungsmaßnahmen ergriffen worden sind. Man stellte fest: Zum einen geht es den Lehrkräften besser; sie sind weniger krank. Zum anderen geht es auch den Schülern besser; deren Leistungen steigern sich.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ein ähnliches Projekt gibt es auch in NordrheinWestfalen. Auch das sollten wir unserem Kultusminister, Herrn Busemann, mit auf den Weg geben. Er muss etwas für die niedersächsischen Schüler tun; denn nicht nur die bayerischen und nordrhein-westfälischen Schüler dürfen diesen Vorteil haben.

Ich möchte nun zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen noch ein paar Worte sagen. Hierbei geht es um die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm und um das Bundesgesetz zur Umsetzung dieser Richtlinie, speziell um den § 47 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes. Danach sollen die zuständigen Behörden bis zum 30. Juni 2007 Lärmkarten für Ballungsräume mit mehr als 250 000 Einwohnern und für Hauptverkehrsstraßen mit mehr als 6 Millionen Fahrzeugen im Jahr erstellen. Bis zum Jahr 2012 gilt Entsprechendes für Ballungsräume mit 100 000 Einwohnern und mehr und für Straßen mit 3 Millionen Fahrzeugen im Jahr. Das ist, heruntergerechnet auf den einzelnen Tag, gar nicht mehr sehr viel. Sogar meine Dorfstraße ist dann davon betroffen.

Das Bundes-Immissionsschutzgesetz fordert die zuständigen Behörden auf, diese Aufgabe anzunehmen und umzusetzen. Es stellt sich die Frage: Wer ist eigentlich zuständig? - Im Gesetz sind die Kommunen genannt.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Gleichzeitig wird aber darauf hingewiesen, dass das Land die Möglichkeit hat, anderweitige Rege

lungen zu treffen, z. B. Landesämter zu beauftragen. Hier setzt ja der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen an.

Es ist durchaus vernünftig, eine zentrale Stelle zu beauftragen; denn zum einen ist in kleineren Kommunen die nötige Fachkompetenz für Lärmkartierung nicht immer vorhanden, und zum anderen - wir haben es eben von Frau Steiner gehört ist es schlicht und ergreifend wesentlich günstiger, ein zentrales Amt zu beauftragen. Kosten von 1,30 Euro pro Einwohner stehen Kosten von 3,20 Euro entgegen, wenn es die Kommunen übernehmen. Dann ist es sinnvoll, das Ganze an eine zentrale Stelle zu geben. War das nicht gut, als wir das NLÖ noch hatten? Das hätte diese Aufgabe wunderbar übernehmen können - mit günstigen Kosten und fachkundig.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zurufe von der CDU)

- Hätten Sie das NLÖ erhalten!

(Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Nostalgie!)

- „Nostalgie“ ist gut. Kosten sparen - das ist doch ein Aspekt! Aber wenn Sie nicht sparen wollen!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Dann geben Sie doch den Kommunen das Geld, damit diese die 3,20 Euro aufwenden können. Dann wäre das alles ja vielleicht noch sinnvoll. Aber den Kommunen hohe Kosten aufzubürden und selbst die zentrale Lösung nicht zu bringen, macht nun wirklich keinen Sinn.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir brauchen eine klare, vernünftige Zuständigkeitsregelung: weg von den kleinen Kommunen und Einbindung der Öffentlichkeit, wie es die Grünen fordern. Vor allen Dingen - das ist eine ganz wichtige Sache - brauchen wir die Festlegung auf die Schwellenwerte, wie es die EU vorsieht und wie es auch der Sachverständigenrat für Umweltfragen fordert.

Was gar nicht geht, was Bürgerinnen und Bürgern auf keinen Fall zugemutet werden darf, ist das Ansinnen aus Baden-Württemberg, das auch in Nordrhein-Westfalen auf Sympathie gestoßen ist, nämlich die Schwellenwerte bei 70 dB am Tag und

bei 60 dB in der Nacht festzusetzen. Dies würde bedeuten, dass kaum ein Bereich unter die Lärmminderungspläne fällt und dass die Bürgerinnen und Bürger jeglichem Lärm ausgesetzt werden können.

Meine Damen und Herren, die SPD-Landtagsfraktion wird so etwas auf keinen Fall mittragen. Sie wird nichts mittragen, was zu einem geringeren Gesundheitsschutz der Bevölkerung führt. Wir sind strikt gegen eine Verwässerung dieser Richtlinie.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir haben in diesem Landtag des Öfteren gegoogelt. In den letzten Tagen haben wir es gehört. Auch ich habe das gemacht. Ich habe geguckt, was das Umweltministerium zu dem Thema Lärmminderung beitragen kann. Ich bin fündig geworden. Es gibt eine Karte, auf der „Schallimmissions- und Konfliktpläne“ steht. Darunter steht: Stand 2003. - Das ist ja schon ein bisschen her. Dann steht da noch: Quelle: NLÖ. - Ist es nicht schön, was das NLÖ Gutes gemacht hat und worauf das Ministerium jetzt noch immer zurückgreift?

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Es gibt noch eine zweite Seite, bei der es um die Umsetzung geht. Darin steht ein netter Satz: Die Schallimmissions- und Konfliktpläne wurden bislang vom NLÖ erstellt. - Das glaube ich; das NLÖ hat das gemacht und auch gekonnt. Außerdem steht noch der Hinweis darunter, dass die Gemeinden die Verantwortung haben. - So einfach geht das! Das Land stiehlt sich aus allem raus. Es macht nichts, es drückt sich und lässt die Gemeinden im Regen - oder vielleicht müsste ich besser sagen: im Lärm - stehen.

(Bernd Althusmann [CDU]: Grober Unfug!)

Zusammengefasst: Das Land ignoriert das Problem, hat kein Handlungskonzept, drückt sich vor der Verantwortung und verhindert damit einheitliche Standards in den niedersächsischen Gemeinden. Das wundert uns zwar nicht, aber so geht es nicht!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, nehmen Sie Ihre Verantwortung wahr! Lassen Sie sich im Sinne des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf die Diskussion ein, und setzen Sie das um, was uns die EU und das Bundes-Immissionsschutzgesetz vorgeben! - Ich danke Ihnen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Minister Sander, ich gehe davon aus, dass Sie nichts dagegen haben, wenn ich dem Abgeordneten Dürr das Wort für eine Kurzintervention erteile. - Herr Dürr, Sie kennen sich in der Geschäftsordnung aus.

Ich habe es vorhin gelernt. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Rakow, da Sie mich vorhin angesprochen haben, will ich kurz darauf reagieren. Der Unterschied zwischen Ihnen und uns ist, dass Sie sich noch im Stadium der Analyse darüber befinden, ob Lärm gut oder schlecht ist. In Ihrer ganzen Rede ging es letztendlich nur darum, uns zu unterstellen, dass wir damit nichts anfangen könnten. Die Wahrheit ist, dass wir schon einen Schritt weiter sind. Uns geht es um die Lärmreduktion in der Sache und nicht um die Analyse, ob Lärm etwas Gutes oder Schlechtes ist, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Dann stellt sich die eigentliche Frage der Effizienz. Was mache ich bei knappen Haushaltskassen? Erstelle ich Lärmkarten? Mache ich eine flächendeckende Lärmkartierung? - Ich kann mir auf der Karte die Straße angucken - ich weiß jetzt nicht, welches Hotel das war - und stelle fest: Mensch, da ist ja Lärm. Da muss ich etwas tun. - Ich habe schon die erste halbe Million Euro ausgegeben.

Mit Verlaub, wenn ich weiß, dass ein Hotel Ohrstöpsel verteilt, wenn die Sache so offensichtlich ist, dann könnte man doch auf die Idee kommen, das Geld lieber für Flüsterasphalt, für eine Umgehungsstraße oder Ähnliches anstatt für Lärmkartierungen auszugeben. Das ist doch die Sache, über die wir hier eigentlich reden müssten.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ihnen geht es an dieser Stelle - jedenfalls ist das mein Eindruck - nicht um die Inhalte. Das hat man, als Sie gerade über das Thema NLÖ gesprochen haben, wieder einmal gemerkt. Ihnen geht es an dieser Stelle nur um die äußere Hülle. Uns hingegen geht es um die Inhalte. Das wird das Umweltministerium hervorragend machen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Gibt es eine Antwort darauf? - Ich sehe, das ist nicht der Fall. - Herr Minister, dann haben jetzt Sie das Wort.

(Unruhe)

- Meine Damen und Herren, Sie denken alle daran, es geht um Lärmschutz!

(Heiterkeit)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei der Lärmbekämpfung geht es um den Gesundheitsschutz für Menschen und den Interessenausgleich der Anwohner, insbesondere an stark befahrenen Straßen und Schienenwegen. Aber, meine Damen und Herren, Lärm ist etwas, was wir subjektiv wahrnehmen. Die Ergebnisse der Umfragen des Umweltbundesamtes dazu, wie die Bürgerinnen und Bürger Lärm empfinden, sind schon bemerkenswert. An erster Stelle steht der Verkehrslärm, der mit ungefähr 10 % als besonders stark wahrgenommen wird. An zweiter Stelle - das ist wiederum interessant - steht der Nachbarschaftslärm, also der Lärm, der von den Nachbarn erzeugt wird.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Wie im Landtag!)

- Ich weiß nicht, Herr Kollege Biallas, ob das hier zutrifft. - Erst an dritter Stelle, nämlich mit 4,6 %, wird der Luftverkehr wahrgenommen.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Erst an vierter Stelle steht der Schienenverkehr und an letzter Stelle mit 2 % der Lärm von Industrie und Gewerbe.

Dies allein zeigt, wo die Wurzeln sind, an denen wir das bekämpfen müssen.

(Anhaltende Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Im Hinblick auf den Umstand, dass der Straßenverkehr stark wahrgenommen wird, brauchen wir keine Pläne, sondern da müssten wir Schallschutzwände bauen.