Protocol of the Session on May 18, 2006

„In der Summe rate ich davon ab, die Arbeit überzubewerten, da sie weder den Anspruch eines Gutachtens erheben kann, noch mit Blick auf den Arbeitseinsatz und dessen Ertrag bei einem fachkundigen Publikum eine nennenswerte Resonanz finden dürfte. Der Eindruck eines Gefälligkeitsgutachtens tritt hinzu.“

Meine Damen und Herren, so wollen wir es halten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Verwaltungsreform war mehrfach Thema hier im Landtag. Mit der Beantwortung der Großen Anfrage lege ich Ihnen heute eine wirklich umfassende Bewertung vor. Sie zeigt, dass es uns gelungen ist, aus den überkommenen Verwaltungsstrukturen des 19. Jahrhunderts in der Gegenwart anzukommen und die Verwaltung neu und effektiv auf das 21. Jahrhundert auszurichten. Wer sich noch immer nach den überkommenen Strukturen sehnt, hat wohl einen verklärten Blick auf die Vergangenheit. So erklärte beispielsweise der Kollege Bartling die Bezirksregierungen im Nachhinein zu neutralen Behörden, die bei dem Geflügelfleischskandal gefehlt hätten. Wenn Sie, meine Damen und Herren von der SPD, uns wirklich weismachen wollen, dass die Bezirksregierungen jemals neutrale Mittler zwischen Land und Kommune gewesen seien, dann ist die SPD ein Käpt’n Blaubär Club. Anderes kann man dazu nicht sagen.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich habe schon gestern dargestellt, dass es sich wohl wirklich um ein Trauma handelt. Jedes Mal, wenn in unserem Lande etwas passiert, fragt Herr Bartling: Wo sind die Bezirksregierungen? - Meine Damen und Herren, wir haben in allen Fällen nachweisen können, dass es ein Segen gewesen ist, dass wir die Bezirksregierungen nicht mehr haben. Beim Wegfall der Bezirksregierungen gab es nur ein Opfer - es ist Heiner Bartling, der bis heute nicht verkraftet hat, dass wir schlankere, bessere Strukturen haben. Ich glaube, Sie sollten sich damit endlich abfinden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Mit der Verwaltungsmodernisierung sind in nur 15 Monaten rund 70 % der Aufgaben der Landesverwaltung aufgabenkritisch untersucht und optimiert worden und ist die Organisation der Landesverwaltung neu geordnet worden. Unsere Reform beschränkte sich nicht nur darauf, Stellen einzusparen, um den Landeshaushalt zu konsolidieren. Aber der Erfolg unserer Reformphase I lässt sich in positiven Wirkungen auf den Landeshaushalt ablesen. Im Rahmen einer aktualisierten Berechnung anlässlich dieser Großen Anfrage, in die alle Verwaltungsbereiche einbezogen worden sind, konnten wir nun feststellen, dass der Landeshaushalt bis Ende des Jahres 2005 bereits um 65 Millionen Euro entlastet wurde. Das ist eine stolze Summe, meine Damen und Herren,

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

die wir uns auch nicht von Herrn Professor Lennartz in irgendeiner Weise kleinreden lassen. Hierbei handelt es sich um die Nettoentlastung, bei der bereits alle Aufwendungen für die Aufgabenverlagerung an Dritte und Kommunen, Umzugskosten, Trennungsgeld etc. abgezogen wurden. Warum haben wir unsere vorsichtigen Schätzungen so überwältigend übertroffen? - Dafür, dass wir zu vorsichtig gewesen sind, musste ich mich hier schon einmal rechtfertigen; daran kann ich mich noch gut erinnern. Der Grund ist, dass der sozialverträgliche Stellenabbau sehr viel schneller voranging, als wir angenommen hatten. Sie haben es richtig zitiert, Herr Lennartz: 2 731 Stellen sind bereits abgebaut. Die eingeplanten Kostenrisiken für Umzüge und Trennungsgeld haben sich nicht verwirklicht.

Die Verlagerung der Aufgaben war günstiger zu organisieren, als zunächst berechnet. Auch die so genannte Fünftelungsregelung hat die erhoffte Wirkung gehabt. Die von Teilen des Hauses diskutierte Anwendung des § 109 NBG hat zu einer Nettoentlastung des Haushalts von knapp 8,5 Millionen Euro geführt. Dazu haben Sie gesagt, das sei eine lächerliche Summe. - Das sind die 25 %, die wir zunächst einsparen. In Zukunft werden Jahr für Jahr mehr Beamte in Pension gehen, wodurch wir mehr einsparen werden. Wenn wir die Aufgaben gestrichen haben und für die Mitarbeiter keine Aufgaben mehr vorhanden sind, dann ist es doch toll, dass sie jetzt nicht mehr in ihren Büros sitzen und wir jetzt schon im ersten und zweiten Jahr 25 % eingespart haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Natürlich war es ein wichtiges Ziel, einen Beitrag zur Senkung der Personalkosten zu leisten. Wir wollten aber, dass dies nicht nach dem Rasenmäherprinzip erfolgt, sondern mit Rücksicht auf die benötigten Dienstleistungen aufgabenkritisch begründet werden muss. Wir hatten uns vorgenommen, in dieser Wahlperiode 6 000 Stellen entbehrlich zu stellen; tatsächlich werden es 6 743 sein.

Ich habe schon darauf hingewiesen, dass die Verwaltungsmodernisierung mehr als die immer wieder anzutreffende Fokussierung auf die Abschaffung der Bezirksregierungen umfasst. Sie war nur das prominenteste Reformobjekt, aber bei weitem nicht das einzige; denn sie steht gemeinsam mit der weitgehenden Einführung der Zweistufigkeit des Verwaltungsaufbaues im Flächenland Niedersachsen und der weitgehenden Abschaffung der Widerspruchsverfahren im Kontext mit weiteren Zielstellungen.

Lassen Sie mich noch einige Punkte stichwortartig nennen: die Konzentration auf die Kernaufgaben des Landes, der Verzicht auf entbehrliche Reglementierungen und überflüssige Verwaltungskontrollen, die Reduzierung der Aufsicht und die Einführung der Vertrauensaufsicht - -

(Unruhe)

- Wollen Sie die Anfrage beantwortet haben?

(Heiner Bartling [SPD]: Das haben wir schriftlich!)

- Sie haben das schriftlich. Aber vielleicht ist es besser, dass ich es Ihnen noch einmal erläutere, damit Sie endlich verstehen, was eine solche Verwaltungsmodernisierung bedeutet.

(Beifall bei der CDU)

Ich schließe die Liste der Stichworte ab: die Stärkung der berufsständischen und der kommunalen Selbstverwaltung sowie die Optimierung aller Landesbehörden zu wirtschaftlichen und dienstleistungsorientierten Verwaltungseinheiten.

Wir haben nicht bei Null angefangen - das ist richtig -, sondern auf die Erkenntnisse des Landesrechnungshofs und der Zielvereinbarung I aufgebaut. Mit der konzeptionellen Ausrichtung der Landesverwaltung auf einen grundsätzlich zweistufigen Aufbau und die Einbeziehung aller Bearbeitungsebenen konnten Bearbeitungsschleifen durch

überlagernde Zuständigkeiten vermieden und Verwaltungsabläufe vereinfacht werden. Wir konnten die Hierarchien in den veränderten Landesbehörden abflachen und die Verantwortungsbereitschaft der Beschäftigten stärken. Beispiele sind die Konzentration von Förderungsanträgen bei der NBank und von Maßnahmen der Städtebauförderung bei der Landestreuhandstelle. Wenn wir es jetzt auch noch schaffen, diese beiden Bereiche zusammenzufassen, dann sind wir noch einen Schritt weiter.

(Zustimmung bei der CDU)

Für uns ist es wichtig, dass die Wirtschaft einen einzigen Ansprechpartner hat. In der Vergangenheit hatte sie drei oder vier Ansprechpartner. Jetzt kann sie die Entscheidungen schneller bekommen. Das ist das Entscheidende.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Gleiches gilt für die Fusion der Landwirtschaftskammern Hannover und Weser-Ems. Waren früher in Niedersachsen vier Bezirksregierungen, elf Ämter für Agrarstruktur und zwei Landwirtschaftskammern für Aufgaben der Agrarförderung zuständig, kann durch die Konzentration der Aufgaben nun die Landwirtschaftskammer als einheitlicher Dienstleister auftreten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich kann mich sehr gut daran erinnern, wie dieser Vorschlag seinerzeit diskutiert worden ist, auch, wie ich zugebe, von Mitgliedern der Agrarwirtschaft. Jetzt ist es vollzogen. Ich habe noch einmal die Reden nachgelesen, die bei der Veranstaltung zum Zusammenschluss gehalten worden sind. Es war schon eine Genugtuung zu hören, dass jetzt alle der Meinung sind, dass dies der richtige Weg ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Auch bei den Gewerbeaufsichtsämtern gibt es einen Ansprechpartner für die Wirtschaft. Die Handwerkskammern, Ärztekammern und Apothekenkammern haben hier ebenfalls Aufgaben übernommen.

Nur mit klaren qualitativen und quantitativen Zielvorgaben, mit engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie mit einer wirkungsvollen Steuerung durch die Stabsstelle Verwaltungsmodernisierung bei eindeutiger politischer Unterstützung

konnten die angestrebten Ergebnisse erreicht und die Maßnahmen umgesetzt werden.

Meine Damen und Herren, auch die Regierungsvertretungen in Braunschweig, Hannover, Lüneburg und Oldenburg haben mittlerweile gezeigt, dass sie Mittler zwischen dem Land und den Kommunen sind, die von den Landräten und Oberbürgermeistern anerkannt werden. Gerade hinsichtlich der europäischen Förderung, auf die es in den nächsten Jahren ganz besonders ankommen wird, sind die Regierungsvertretungen Partner und Motor. Vor allem im Bereich Lüneburg werden wir sehen, dass wir die Regierungsvertretung richtig eingesetzt haben. Mit 30 Mitarbeitern ist sie keine Mammutbehörde, sondern eine schlanke Einrichtung, die ihre Aufgaben zielgerichtet erledigt. Das ist es, was wir brauchen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zum Schluss noch wenige Worte zur Sozialverträglichkeit. Wir haben gesagt, dass wir keine Umzugskarawanen in Gang setzen werden - versprochen, gehalten! Wir haben gesagt, dass wir den Stellen- und Personalabbau sozialverträglich organisieren werden - versprochen, gehalten! Wegen des Reformprozesses haben wir niemanden entlassen.

Die Job-Börse ist nun wirklich eine Erfolgsgeschichte, Herr Lennartz. Früher hat es so gut wie gar keine Vermittlung gegeben. Jetzt haben wir es im ersten Jahr geschafft, mit allem Drum und Dran 590 Vermittlungen vorzunehmen. Dies zeigt, dass dieses Instrument gerade auch in den Regionen erfolgreich ist. Diesen Erfolg sollten wir nicht kleinreden. Ich sage Ihnen: Wenn die Agentur für Arbeit so geräuschlos wie die Job-Börse arbeiten würde, dann hätten wir in unseren Zeitungen andere Schlagzeilen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, um es zusammenzufassen: Wir haben in diesen 15 Monaten gezeigt, dass die größte Verwaltungsreform, die es in Niedersachsen je gegeben hat, tatsächlich greift und dass das, was wir uns vorgenommen haben, den Praxistest bestanden hat.

Die zweite Phase der Verwaltungsmodernisierung - das zeichnet sich schon ab - wird ein ähnlich großer Erfolg werden. Ich denke nur an den ITBereich, daran, welche Einsparungen, aber vor

allem welche Qualitätsverbesserungen wir dort noch erreichen können.

In einem Jahr werden wir eine ähnliche Situation wie heute haben. Ich würde mich freuen, Herr Lennartz, wenn Sie dann eine ähnliche Große Anfrage stellen würden. Dann könnten wir zeigen, dass auch das, was wir in der zweiten Phase gemacht haben, erfolgreich gewesen ist.

Meine Damen und Herren, ich darf mich noch einmal bei allen - gerade bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dafür bedanken, dass sie unter schwierigen Bedingungen so mitgezogen haben. Auf diese Verwaltung kann man wirklich stolz sein. - Vielen Dank.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die SPD-Fraktion hat sich Frau Leuschner gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.

(David McAllister [CDU]: Gib auf!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Da kann man nur sagen: Gut gebrüllt, Herr Innenminister! Ich hätte gedacht, dass Sie sich diesem Thema etwas seriöser nähern würden.

(Zurufe von der CDU und von der FDP)

Ich habe mir die Antworten der Landesregierung sehr aufmerksam durchgelesen.

(Bernd Althusmann [CDU]: Sie kön- nen die weiße Flagge hochhalten!)

So, wie Sie es gesagt haben, ist es eben nicht. Sie loben Ihre Verwaltungsreform erneut über den grünen Klee, ohne in die Details zu gehen und die Schwachpunkte aufzugreifen. Das kreiden wir Ihnen an.