Viele Forschungsinstitute befürchten durch die Klagemöglichkeit der Tierschutzverbände eine Verzögerung ihrer Arbeit und sehen den Forschungsstandort Deutschland gefährdet, weil sie im harten Wettbewerb um die Forschungsprojekte benachteiligt würden. Wir nehmen diese Befürchtungen von Wissenschaft und Forschung genauso ernst wie die Forderung der Tierschutzverbände. Darum lehnen wir die kurzfristige Einführung eines Verbandsklagerechts ab.
Meine Damen und Herren, wir wollten den Antrag der Grünen aber auch nicht einfach pauschal ablehnen; denn es stecken sinnvolle Ansätze darin. Darum haben wir einen konstruktiven Änderungsvorschlag im Ausschuss eingebracht, der die Streichung der Möglichkeit zur Verbandsklage vorsah. Schon der Titel des Gesetzes sollte deutlich machen, dass es zunächst nur um die Beteiligung und Mitbestimmung gehen sollte. Unser Vorschlag lautet: „Gesetz über die Mitwirkung und Anerkennung tierschutzrechtlicher Vereine.“ Wir sehen die Forderung von Verbänden und Vereinen des Tierschutzes nach Mitwirkung, in § 1 des ursprünglichen Gesetzentwurfs festgelegt, als grundsätzlich nachvollziehbar und berechtigt an. Den Vereinen sollte diese Möglichkeit der Mitwirkung per Gesetz eingeräumt werden.
Die Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Einsicht in einschlägige Sachverständigengutachten bei Rechtsverordnungen und bei Genehmigungen und Erlaubnisverfahren ist eine gute Möglichkeit für Tierschutzvereine und -verbände, unter Beweis zu stellen, dass sie sowohl ihren Rechten als auch ihren Pflichten in angemessener Weise nachkommen.
Die Befürchtung der Forschungsinstitute, es würde einen Zwang zur Offenlegung patentrechtlicher Daten geben, ist sehr ernst zu nehmen. Dem sollte durch Unkenntlichmachen der Daten bis zum vollständigen Verbot der Einsichtnahme Rechnung getragen werden. Die Anerkennung von Vereinen und Verbänden sollte nach ähnlich strengen und gesetzlich festgelegten Kriterien erfolgen, wie im Bundesnaturschutzgesetz vorgesehen.
Wie bei den Umweltverbänden sollte darum zunächst, wie in den §§ 1 und 2 vorgesehen, über eine Mitwirkung und Anerkennung von Tierschutzverbänden eine stärkere Beteiligung an Projekten und Plänen erreicht werden, um dann in einem
weiteren Schritt das Instrument der Verbandsklage einzuführen. Darum eine zeitliche Befristung des Gesetzes und eine Überprüfung.
Meine Damen und Herren, dies alles sind nach unserer Ansicht Möglichkeiten, den Tierschutz in Niedersachsen weiter zu verbessern und den Tierschutzverbänden mehr Rechte, aber auch Pflichten einzuräumen. Im intensiven Austausch und Dialog mit allen Akteuren könnte der Tierschutz weiter im Sinne des Grundgesetzes mit Leben gefüllt werden. Wir bedauern darum sehr, dass unser Änderungsvorschlag keine Mehrheit gefunden hat. Dem Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen können wir in dieser vorliegenden Fassung nicht zustimmen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist fast genau auf den Tag acht Monate her, dass ich anlässlich der ersten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Einführung der Verbandsklage hier Stellung genommen habe. Schon damals, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, habe ich klar und deutlich gesagt, was ich davon halte: unter dem Strich nicht viel.
Meine Beurteilung hat sich zwischenzeitlich nicht geändert. Die niedersächsischen Gegebenheiten sind in dem Entwurf überhaupt nicht berücksichtigt worden. Die tierschutzrechtlichen Entscheidungen sind aufgrund der hohen Sachkenntnis der Veterinärbehörden, die durch den hiesigen Tierschutzdienst unterstützt werden, von sehr großer Qualität. Alle Entscheidungen unterliegen der fachlichen Aufsicht durch mein Haus.
Der Tierschutzbeirat unseres Landes, dem bekanntlich auch Vertreter der Tierschutzorganisationen angehören, ist in alle Rechtsetzungsverfahren, aber auch in Fragen der Umsetzung des geltenden Rechts eingebunden. Wir praktizieren Verbandsanhörungen wie auch bei dieser Gesetzesvorlage. Wir beteiligen die Tierschutzverbände an
Im Bereich der Tierversuche sind die Tierschutzorganisationen in den beratenden Tierschutzkommissionen vertreten. Aber nicht nur Tierschutzvereine oder -verbände können sich bereits heute einbringen. Jedermann hat die Möglichkeit, tierschutzrechtliche Sachverhalte anzuzeigen.
Was, so frage ich mich, wollen Sie denn noch? Ich bin davon überzeugt, meine Damen und Herren, dass die Beispiele deutlich zeigen: Tiere in Niedersachsen brauchen keinen weiteren Anwalt, der tierschutzrechtliche Maßnahmen gerichtlich überprüfen lässt.
Die Anhörung brachte aber noch weitere Aspekte, die in dem Gesetzentwurf ebenfalls nicht berücksichtigt wurden. Es wurde sehr deutlich, dass sich erstens die Einführung einer tierschutzrechtlichen Verbandsklage nachteilig auf die Forschung auswirken würde. Das haben die Kollegen hier schon dargelegt. Sogar über Niedersachsen hinaus wäre eine negative Signalwirkung für den gesamten Forschungsstandort Deutschland zu erwarten. Zweitens würde sich die Entwicklung von Medikamenten verzögern. Drittens wäre mit einem Zuwachs an Bürokratie zu rechnen.
Diese Einschätzungen, meine Damen und Herren, bedürfen in der gegenwärtigen Lage Deutschlands keiner weiteren Erklärung. Bürokratieabbau und nicht Zuwachs an Bürokratie, schnellere und gleichzeitig von Fachkompetenz geprägte Genehmigungsverfahren statt unnötiger Verzögerungen das ist das, was wir brauchen.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen, wir alle haben es uns mit dem Gesetzentwurf wahrlich nicht leicht gemacht. Wir haben intensiv beraten und sogar Sachverständige in die Beratungen einbe
zogen. Ich sage Ihnen offen und ehrlich: Meine Beurteilung Ihrer Initiative hat sich dadurch sehr verfestigt. - In diesem Sinne kann ich mich nur wiederholen: Für Ihren Gesetzentwurf sehe ich nach wie vor keine Veranlassung. Auch einen Erkenntnisgewinn sehe ich nicht.
Der federführende Ausschuss für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat den Gesetzentwurf abgelehnt. Ich schließe mich diesem Votum an. - Danke schön.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ablehnen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Das Erste war die Mehrheit. Damit ist der Gesetzentwurf abgelehnt worden.
Tagesordnungspunkt 5: Zweite Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Niedersächsischen Bauordnung - Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 15/2537 Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit - Drs. 15/2827
Der schriftliche Bericht über die Ausschussberatungen liegt Ihnen in der Drucksache 2883 vor. Eine mündliche Berichterstattung ist nicht vorgesehen.
Wir kommen zur allgemeinen Aussprache. Ich erteile Herrn Janßen von Bündnis 90/Die Grünen das Wort. Bitte schön, Herr Janßen!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ihr Abstimmungsverhalten bei diesem Gesetzentwurf ist nicht nachvollziehbar. Sonst schwadronieren Sie hier unisono, wie wichtig Ihnen neuerdings erneuerbare Energien sind, wie wichtig
Ihnen die Biogasnutzung, die Holzpelletheizung oder auch die Solarthermie sind. Scheinbar haben Sie von uns gelernt. Aber eben nur scheinbar. Außer windelweichen Anträgen legen Sie hier nichts vor. Sie sind nicht bereit, das bisschen an rechtlichen Möglichkeiten zu nutzen, das Sie hier im Landtag haben, um regenerative Energien voranzubringen, und das, obwohl Sie mit der Klarstellung in der Niedersächsischen Bauordnung niemandem wehtun. Meine Damen und Herren, wenn es ernst wird, kneifen Sie.
Worum geht es in diesem Antrag? - Unser Antrag zielt auf eine rechtliche Klarstellung ab, die es den Gemeinden in Niedersachsen ähnlich wie im Saarland und in Hessen eindeutig und ohne rechtliche Risiken ermöglichen würde, in Neubaugebieten bestimmte Heizungsarten festzulegen, und zwar unabhängig von einer konkreten Belastungssituation vor Ort. Es steht dann der Gemeinde frei, bestimmte Heizungsarten aus Gründen des Allgemeinwohls zur rationellen Energieverwendung für ein Baugebiet vorzusehen. Die Möglichkeiten der Gemeinde, dies zu tun, werden deutlich vereinfacht. Diese Chance sollten wir nutzen.
Also erstens mehr Freiheit für die Gemeinden. Sie können, wenn sie wollen; müssen aber nicht. Das müsste doch gerade bei der FDP auf offene Ohren stoßen. Es geht um ein Stück Freiheit, meine Damen und Herren.
Zweitens eine durchaus sinnvolle rechtliche Klarstellung; denn es ist sehr wohl weiterhin umstritten, ob die Regelung im Baugesetzbuch ausreichend ist, bestimmte Anlagen zur Heizung und Warmwasserbereitung vorzusehen. Der Niedersächsische Städtetag jedenfalls vertritt die Auffassung, dass dies durch das Baugesetzbuch bislang nicht abgedeckt ist. In der Praxis besteht also weiterhin Rechtsunsicherheit, die dazu führt, dass solche Festsetzungen auch nicht getroffen werden. Das schadet der Nutzung regenerativer Energien. Ich werde Ihnen einmal ein Beispiel nennen, nämlich die Nutzung von Biogas zur Verstromung. Die Abwärme dieser Anlagen wird in Niedersachsen in aller Regel nicht oder nur unzureichend genutzt. Gibt es ein Baugebiet in akzeptabler Nähe, rechnet sich ein Nahwärmenetz eben eher, wenn alle Häuser angeschlossen werden.
Meine Damen und Herren, Sie würden mit einer Klarstellung in der Niedersächsischen Bauordnung ein Zeichen dahin gehend setzen, dass Sie solche Initiativen gutheißen und unterstützen. Warum Sie diese Chancen hier nun nicht nutzen, bleibt wirklich Ihr Geheimnis. Die Anwendung für die Gemeinden ist freiwillig; also keine Bevormundung. Eine Klarstellung gibt Rechtsicherheit, klärt also etwas, was augenscheinlich wir alle sowieso befürworten. Sie kostet das Land auch kein Geld. Sie macht es den Kommunen einfacher, einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Vor Ort würde eine solche Klarstellung die Diskussion über entsprechende Festlegungen in Neubaugebieten durchaus beleben. Allein dies dient im Ergebnis der verstärkten Nutzung regenerativer Energien im Wärmesektor. Sie aber verspielen hier diese Chance. Schade drum. Es entlarvt Sie aber auch. An den Taten soll man Sie messen, nicht aber an Ihren Worten. - Schönen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Janßen, zunächst möchte ich Ihnen dafür danken, dass Sie diesen Gesetzentwurf eingebracht haben. Sicherlich haben Sie das aus Gründen der Fairness heraus getan, Fairness gegenüber den Liberalen. Meine Recherche hat nämlich ergeben, dass die Grünen diesen Antrag im Jahr 2002 schon einmal gestellt haben. Damals wurde er von der SPD und von der CDU abgelehnt, also von einer sehr breiten Mehrheit. Da wir damals nicht mit dabei waren, konnten wir es nicht tun. Nett, dass Sie uns jetzt die Gelegenheit dazu geben.
Der Gesetzentwurf zur Änderung der Niedersächsischen Bauordnung ist ein typischer Vorschlag der Grünen. Hehre Ziele wie Klimaschutz sollen mit neuen Regelungen und damit mit mehr Bürokratie erreicht werden. Das ist eines von vielen Beispielen für die Staatsgläubigkeit der Grünen.
Der Klimaschutz zählt sicherlich zu einer der größten umweltpolitischen Herausforderungen unserer Zeit. Die FDP will den Kyoto-Prozess unterstützen und weiter vorantreiben. Wir müssen den globalen Temperaturanstieg verhindern; zumindest müssen wir ihn begrenzen. Dabei geht es um die Umsetzung des Emissionshandels auch im Wärmebereich, um die Frage eines technologieoffenen Energiemixes und in der Folge selbstverständlich auch um die Förderung von Heiztechnologien mit günstiger CO2-Bilanz. Wir unterscheiden uns aber in den Ansätzen. Sie setzen auf Gesetze und kommunale Zwangssatzungen und, wie ich gerade gehört habe, auf eine Zwangsversorgung der Bürger. Wir aber setzen auf Anreize.
Das Baugesetzbuch des Bundes bietet bereits heute die Möglichkeit, im Bebauungsplan Gebiete auszuweisen, in denen bestimmte die Luft verunreinigende Stoffe nicht oder nur eingeschränkt verwendet werden dürfen. Dies beinhaltet u. a., im Bebauungsplan für einzelne Gebiete den Einsatz von erneuerbaren Energien vorzusehen. Der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst des Landtages hat für den Ausschuss die Frage geklärt, ob der Wunsch der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen rechtlich zulässig sei. Diese Frage wurde bejaht. Fraglich ist für mich jedoch, ob alles, was zulässigerweise geregelt werden darf, auch zwingend geregelt werden muss.