Protocol of the Session on May 16, 2006

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Insbesondere Herr Kollege Jüttner! Da war er wieder, der Nebelkerzenwerfer.

(Lebhafter Widerspruch und Zurufe von der SPD)

- Ja ja, darauf komme ich nachher noch. Heute Vormittag war ja schon das eine oder andere zu hören, was er alles zu wissen glaubt. Darauf komme ich zurück. Frau Korter, man muss in bestimmten Bereichen mit einer gewissen Ahnungslosigkeit gesegnet sein, um hier solche Reden zu halten.

(Beifall bei der CDU - Zurufe und Un- ruhe bei der SPD)

(Vizepräsidentin Silva Seeler über- nimmt den Vorsitz)

- Zwischen Planungsgrößen aus dem Schulverwaltungsblatt und tatsächlichen Größen gibt es ja gewisse Unterschiede. Aber das kann man mal eben so dahin werfen und wieder Irrtümer verursachen.

(Beifall bei der CDU)

Eines will ich Ihnen von der roten und der rotgrünen Seite sagen. Als wir 2003 die Regierung übernommen haben, hatten wir eine dramatische defizitäre Situation in dem Bereich der Unterrichtsversorgung. Das war die Sachlage, das war die Ausgangslage. Gehen Sie in die frühere Regie

rungszeit von Herrn Schröder oder in die Zeit des Kultusministers Wernstedt zurück! Über Jahre haben Sie es bei wachsenden Schülerzahlen versäumt, entsprechend Lehrereinstellungen zu zeitigen. Dann sähe manches heute besser aus, wenn wir nicht diese Erblast zu übernehmen hätten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Busemann, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Janssen-Kucz?

Es gibt keine Zwischenfragen in der Aktuellen Stunde. - Mit einem Kraftakt ohnegleichen haben wir es bei absolut dramatischer Haushaltslage Anfang 2003 hinbekommen, insgesamt den Etat dramatisch zu erleichtern, aber beim Bildungsetat hochzufahren, 2 500 zusätzliche Lehrerstellen auszuwerfen, zu bezahlen und auch zu besetzen. Da müssen Sie auch einmal der Wahrheit Genüge tun, Herr Jüttner.

(Unruhe bei der SPD)

2 500, davon in der Mipla aufgrund zurückgehender Kinderzahl im letzten Jahr allenthalben um 50 Stellen reduziert. Sonst sind sie alle im Dienst bei ungekürzter Arbeitszeit.

Da will ich Ihnen noch eines sagen. Durch Veränderungen im Bereich der Entlastungsstunden, Klassenbildungserlass und verschiedene Maßnahmen, die weiß Gott nicht jedermann gefallen haben, haben wir weitere 2 500 Lehrerstellen erwirtschaftet. Alle sind im Schuldienst tätig. Zwischen Ihnen und uns - das habe ich Ihnen schon einmal erklärt - liegen 5 000 Lehrerstellen. Das ist die entscheidende Sache, die man dabei sehen muss.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Mit dem, was wir an Lehrerstunden zusätzlich zur Verfügung haben, wird mehr Unterricht erteilt, wird mehr für Ganztagsschulen getan, auch wenn Ihnen das in Einzelfällen nicht passt, wird z. B. auch Sozialarbeit an den Schulen mit geregelt. Wir leisten also insgesamt mehr für Unterricht und Unterrichtsversorgung im Lande. Zwischen Ihnen und uns liegen 5 000 Stellen. Das haben Sie mir bis heute noch nicht widerlegen können.

Ich will Ihnen auch mal sagen, wie es zur Zeit aussieht. Auf der Basis von 69 000 minus 50 Vollzeitlehrerstellen habe ich jüngst zum 1. Februar dieses Jahres - wir befinden uns im Jahre 2006, Herr Jüttner - 700 Stellen ausgeschrieben und besetzt. Wir haben zum 1. Mai 300 Stellen ausgeschrieben und besetzt, auch wenn Sie gesagt haben, die Lehrer fänden wir nicht alle. Ich habe zum 1. August dieses Jahres 1 304 Stellen ausgeschrieben. Wir sind im Besetzungsverfahren.

Im Schulverwaltungsblatt stehen meinetwegen beim Gymnasium Planungsgrößen von 97 %, 98 %. Mit den Reservepotenzialen, die üblicherweise vorhanden sind, liegen wir dann bei 99 % bis 100 %. Frau Korter, das wissen Sie aus früheren Jahren und sollten hier nicht solche Reden halten.

(Beifall bei der CDU)

Mit zusätzlichen Mitteln, über die wir in den Haushaltsberatungen für Feuerwehrlehrkräfte diskutiert und die wir dann bekommen haben, können wir schneller denn je auch frei werdende oder nicht besetzte, nicht ausgeübte Stellen besetzen. Mir berichtet die Schulbehörde, dass das nicht wochenlang dauern muss, sondern dass in bestimmten Fällen von einem Tag zum anderen auch Feuerwehrlehrkräfte besorgt werden konnten und auch tatsächlich unterwegs sind.

(Zustimmung von Karl-Heinz Klare [CDU] und Jörg Bode [FDP])

Es gibt vieles an anderen Dingen mehr. In der ganzen Sache muss vielleicht, weil immer so ein bisschen nebulös darüber hinweg geredet wird, erklärt werden, was eigentlich 100 % Unterrichtsversorgung ist. Bei Ihnen war das so kompliziert, da wusste man wirklich nicht, was Sache ist. Auf der Grundlage der Vorschläge des Rechnungshofes ermitteln wir im Lande die Stundentafeln auf Basis der Erlasse für die jeweiligen Schülerinnen und Schüler pro Klasse im Lande Niedersachsen. Pro Klasse, meine Damen und Herren, werden dann noch zwei Poolstunden draufgesattelt.

(Zuruf von Jacques Voigtländer [SPD])

- Ja, ja, Herr Kollege Voigtländer! Etwa 50 000 Klassen - mindestens - mal zwei Stunden sind 100 000 Stunden - ich könnte auch sagen: 4 000 Lehrerstellen -, die für zusätzliche Angebote, für Förderangebote, für Schulleitungstätigkeit, für Ver

tretungsunterricht im Lande von den Schulen eingesetzt werden können, wenn es denn richtig gemacht wird. Dann kommen Sie auf 100 %. Sie können das, wenn Sie so wollen, gegenüber Ihrer Ausgangslage im Grunde genommen noch draufsatteln.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Das Ganze ist nicht problemfrei, wenn wir es hinbekommen, ausgestattet mit den Ressourcen, wie gerade dargestellt, dass wir beim Sollbedarf und beim Istangebot landesweit, über 3 200 Schulen verteilt, diese 100 % haben. Nehmen Sie es mir einfach mal so ab. Ich möchte in diesem Zusammenhang gern zugestehen - was heißt „gern“? -, dass es kein Geheimnis ist, dass es da und dort fächerspezifische Probleme gibt. Latein ist so ein Fach. Mathematik ist so ein Fach. Musik ist so ein Fach. In diesen Fächern hätte man in den vergangenen Jahren besser Vorsorge betreiben sollen. Dann könnte ich heute anders einstellen. So lange ist das ja noch nicht her.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

In diesem Zusammenhang möchte ich nicht verhehlen, dass wir hier und da auch regionale Probleme haben, wenn es darum geht, Lehrerinnen und Lehrer in nicht ganz so gefragte Regionen zu schicken. Die sagen: Auf die Insel will ich nicht. Oder: In den Harz will ich nicht. - Oder: Ins nasse Dreieck will ich nicht.

(Zuruf von der SPD)

- Nein, das ist einfach so. Wir nehmen das zur Kenntnis. Es gefällt uns nicht, aber es ist so.

Wenn man aufgrund dieser Ausgangslage guckt, ob wir die 100 % an den Schulen jeweils so organisiert bekommen - -

(Jacques Voigtländer [SPD]: Nein, kriegen wir nicht!)

- In manchen Einzelfällen kriegen wir das nicht so hin. Wir haben 1 852 Grundschulen. Sie müssen wirklich - ich glaube, Herr Kollege Klare sprach es an - mit der Lupe suchen, bis Sie mal eine Grundschule finden, die unter 100 % liegt;

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Ist doch Verlässliche Grundschule!)

denn aufgrund der veränderten Kinderzahlen - Gott sei es geklagt - haben wir an den Grund

schulen eher zu viele Stunden, die schrittweise verlagert werden müssen. - Das aber nur mal so am Rande.

Manchmal bekomme ich Hinweise darauf - darauf kommen wir nachher noch -, dass die Unterrichtsversorgung am Gymnasium in der Sekundarstufe I nicht in Ordnung sei. Manchmal stellen wir aber fest, dass die betreffende Schule aus von ihr für richtig gehaltenen Gründen Stunden in die Oberstufe verlagert hat, worunter die Sekundarstufe I eventuell leidet.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Ist das schon wieder eine Regierungserklä- rung?)

- Ach, hören Sie auf! - Es gibt eben andere, auch interne Gründe.

Dann gibt es aber auch wieder Situationen, dass eine Hauptschule nur bei 94 oder 96 % liegt. Auch das finde ich nicht in Ordnung. Wenn das rechtzeitig kundgetan wird, Herr Kollege Jüttner, dann ist der Kultusminister in der Lage, ein akutes Problem zu beheben.

(Beifall bei der CDU - Wolfgang Jütt- ner [SPD]: Augenscheinlich nicht!)

Das sage ich Ihnen ganz offen.

Jetzt aber kommen Sie mit Zahlen aus irgendwelchen Befragungen.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Irgendwel- chen Eltern!)

Ich achte sehr Befragungen, die Eltern durchführen. Ich appelliere immer an die Eltern, in den Schulen ihrer Kinder genau zu gucken, wie dort die Gesamtverhältnisse und auch die Unterrichtsversorgung aussehen.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Wehe, sie gucken hin!)

Dann aber bitte Ross und Reiter und auch das Datum der Erhebung nennen, Herr Jüttner. Für mich ist wenig hilfreich, wenn ich, wie Samstag vor acht Tagen, in der hannoverschen Zeitungslandschaft lesen muss, dass die Elternräte im November 2005 zu bestimmten gewählten Terminen Erhebungen durchgeführt hätten, dass sie die Ergebnisse - so schrecklich, wie sie offenbar sein sollen - ein halbes Jahr unter dem Herzen tragen und uns heute mitteilen, wie schlimm das alles ist.

Uns hilft es im Mai nicht weiter, wenn sie auf den November 2005 abheben. Dann kann man nichts mehr verändern, wenn es denn so gewesen sein soll.

Zu dem Fall, in dem es um die Unterrichtsversorgung hier in Hannover ging, will ich hier vor diesem Hause ganz offen sagen: Der Zeitpunkt der Bekanntgabe liegt offenbar näher an der Kommunalwahl als an der Erhebung.