Der zweite Punkt. Die Eingrenzung auf wenige Bereiche - vom Schuster bis zum Fensterputzer gibt natürlich keinen Aufschluss darüber, welche
wirtschaftlich relevanten Effekte erzielt werden können. Auch das wissen Sie natürlich. Dies wird bei der Auswertung der Versuche in anderen europäischen Ländern ganz deutlich herausgearbeitet.
Erstens. Die Kanzlerin Frau Merkel hat klipp und klar gesagt, dass die Bundesregierung in dieser Frage nicht aktiv wird. Damit sind CDU/CSU und SPD in einem Boot. - Das ist Situation auf Bundesebene.
Zweitens. Das Problem der Landesebene - zwischen CDU und FDP - kann der Landtag nicht lösen. Die Frage wird sein, wie Sie sich nachher in der Abstimmung verhalten. Ich gehe nämlich davon aus - ohne Weissager zu sein -, dass die Grünen sofortige Abstimmung beantragen, weil das in der Logik des Antrages liegt. Wenn überhaupt noch etwas bewegt werden soll, muss der Antrag heute beschlossen werden, Herr Hirche muss die Entschließung unter den Arm nehmen, nach Berlin rennen und dort erklären, dass der Niedersächsische Landtag - mächtig, wie er ist, mit FDP und CDU an der Seite - diesen verminderten Mehrwertsteuersatz will. Dies wird aber nicht funktionieren; denn die SPD unterstützt die Grünen zwar in dem Wunsch nach sofortiger Abstimmung, wird allerdings bei der Abstimmung über den Antrag gegenteilig votieren: Wir werden den Antrag nämlich ablehnen.
Die Fraktionen von CDU und FDP werden heute auf Vertagung drängen. Dies ist nichts anderes als eine Beerdigung erster Klasse, um sich den Rücken freizuhalten und um in der Sache keine Aussage treffen zu müssen. Die CDU möchte sich wegen der Situation in Berlin nicht festlegen, und die FDP freut sich darüber, dass sie sich nicht festlegen kann, weil die CDU verhindert, dass heute sofort abgestimmt wird.
Diese Situation in diesem Hause ist auch ein Signal nach Berlin: Handlungsunfähigkeit der Landesregierung, Position der Grünen radikal verändert; die einzige Linie, die einigermaßen stimmig bleibt, ist die der SPD.
SPD richtig ist. Das stimmt mit einer Passage der Antwort der Landesregierung überein. Der Finanzminister hat nämlich deutlich gesagt, dass das, was in Berlin zurzeit schon Beschlusslage ist und auch in der Koalitionsvereinbarung der großen Koalition festgelegt ist, die eine Summe ist, die in Rede steht. Die Summe der drei Maßnahmen, die ich eben genannt habe, sind 2,5 Milliarden Euro. Das sind fixe Verluste auf der Einnahmeseite der staatlichen Haushalte. Das, was Herr Hagenah gegengerechnet hat, sind hypothetische Einnahmen, die nach der Auswertung der Modellversuche in das Nirvana abgeschrieben werden müssen,
weil sie real gar nicht erzielbar sind, Herr Kollege, da die Mitnahmeeffekte und die Subventionstatbestände einen wesentlich größeren Umfang haben als der Effekt, den Sie hier in den Raum gestellt haben.
Es bleibt der Punkt: Wie rücke ich der Schwarzarbeit zuleibe? - Erst einmal müssen wir uns darauf verständigen, nicht nur über die hohen Summen zu lamentieren, die angeblich der Volkswirtschaft verloren gehen. Wir sollten uns vielmehr darüber einig werden, dass die Verluste im Wesentlichen aufseiten der Steuern und der Sozialabgaben liegen. Innerhalb des Wirtschaftskreislaufes wird natürlich eine Menge bewegt, nicht nur an Löhnen und Gehältern sowie an Rechnungen, die bezahlt werden, sondern es werden auch Leistungen erbracht, und es werden Investitionen getätigt, nur eben vorbei an unseren staatlichen Sicherungssystemen, von den steuerfinanzierten Leistungen bis hin zu den Leistungen der Sozialversicherungen.
Es wäre schon ganz schön, wenn sich dieser Landtag wenigstens darauf verständigen könnte, dass Schwarzarbeit kein Kavaliersdelikt ist, sondern mit strategisch angelegter Steuerhinterziehung gleichzusetzen ist. Was da betrieben wird, wirkt gesellschaftsschädlich. Dazu gehören immer zwei. Meiner Meinung nach ist ganz eindeutig der Auftraggeber der Verursacher. Denn wenn niemand einen Auftrag gibt, kann auch niemand einen Auftrag zur Schwarzarbeit annehmen.
Damit ist für mich relativ klar, welcher Ansatz gewählt werden muss und in welchen Bereichen die Kontrollen konsequent weitergeführt werden müssen.
Ich will ausdrücklich den Herrn Finanzminister loben, der zusammen mit Einrichtungen des Bundes, insbesondere des Zolls, Maßnahmen weiterentwickelt hat, die Schwarzarbeit da massiv bekämpfen, wo sie offenkundig wird. Für mich ist völlig klar, dass bei dieser Bekämpfung zwei Gruppen mit ins Boot müssen: die Verbände, die genau wissen, wo ihre Mitglieder im Bereich Schwarzarbeit tätig sind, und die Gewerkschaften, die sehr genau wissen, auf welchen Baustellen, in welchen Gewerken und bei welchen Handwerks- und Dienstleistungen Schwarzarbeit im großen Stil abgewickelt wird. Mit diesen Kenntnissen kann man staatlich intervenieren. Man muss kein Geld für Mitnahmeeffekte und falsch platzierte Subventionen ausgeben.
Von daher ist über diesen Antrag nach meiner Einschätzung heute abzustimmen. Aus Sicht der SPD ist er abzulehnen, damit ein klares Votum in Richtung Berlin gegeben werden kann. - Schönen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Bündnis-Grünen, über den wir heute diskutieren, ist in mindestens zweifacher Hinsicht bemerkenswert. Denn bereits vor Ihnen haben Ihre Kolleginnen und Kollegen in Nordrhein-Westfalen und möglicherweise auch in anderen Bundesländern diesen Antrag gestellt. Die Anträge sind bis auf einen Absatz inhaltsgleich. Das ist zugegebenermaßen eine ökonomische Arbeitsweise, die von Ihnen in diesem Haus wohl öfter praktiziert wird. Aber ob das richtig einfallsreich ist, ist die zweite Frage.
(Beifall bei der CDU - Enno Hagenah [GRÜNE]: Die Mehrwertsteuer ist doch in jedem Bundesland ein Prob- lem, oder?)
Wir müssen uns das einmal vor Augen führen: Dieser Modellversuch läuft seit 1999. Von 1998 bis 2005 waren Sie Teil der Bundesregierung. Das wurde vorhin schon erwähnt. Sie haben mit Rezzo Schlauch zeitweise sogar einen Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit gestellt, wie das Ministerium damals hieß.
Genau zu der Zeit, als Sie das Heft des Handelns in der Hand hatten, lehnte die damalige rot-grüne Bundesregierung die Teilnahme an diesem Pilotprojekt einmütig ab. Begründet wurde dies mit Zweifeln an der Wirksamkeit des Projektes, was die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Eindämmung von Schwarzarbeit angeht.
Jetzt kommen Sie ganze acht Tage vor Toresschluss mit diesem Antrag. Diese Vorgehensweise lässt jedenfalls mich sehr stark an der Ernsthaftigkeit Ihres Antrages zweifeln.
Wie dem auch sei - wir haben große Sympathie für eine steuerliche Entlastung der Wirtschaft und insbesondere des Handwerkes. Aber es ist nicht bewiesen, dass ein in dieser Form reduzierter Mehrwertsteuersatz überhaupt zu einer Erhöhung der Beschäftigung und zu einer Eindämmung der Schwarzarbeit führt.
Zu dieser Erkenntnis ist die EU-Kommission bereits im Jahre 2003 gekommen. Damals hat sie einen Zwischenbericht vorgelegt. Schon damals berichtete das Handwerk-Magazin, dass eine reduzierte Mehrwertsteuer kaum etwas bringe.
Was dagegen bei einer Beteiligung Deutschlands an dem Modellversuch eher wahrscheinlich ist, ist, dass möglicherweise andere Wirtschaftszweige ebenfalls einen reduzierten Mehrwertsteuersatz für ihre Dienstleistungen in Anspruch nehmen wollen. Damit würde der Flickenteppich der steuerlichen Ausnahmeregelungen immer größer. Es träte das ein, was wir nun wirklich nicht gebrauchen können,
Wir sollten uns und vor allen Dingen dem Handwerk vergegenwärtigen, dass das Wohl und Wehe dieses Wirtschaftszweiges nicht davon abhängt, ob wir uns heute hier für eine Teilnahme der Bundesregierung an diesem Modellversuch aussprechen. Denn Bestandteil dieses europaweiten Versuches ist nur ein ganz kleiner Ausschnitt aus dem breiten Spektrum der handwerklichen Dienstleistungen, nämlich erstens kleinere Reparaturen an Fahrrädern, Schuhen, Lederwaren sowie an Kleidung und Haushaltswäsche, zweitens Renovierung und Reparatur von Privatwohnungen, drittens Reinigung von Fenstern und Reinigung in privaten Haushalten, viertens häusliche Pflegedienste und fünftens Friseurdienstleistungen. Von diesen eng bemessenen Leistungen könnten im Modellversuch nur ganze zwei berücksichtigt werden.
Meine Damen und Herren, wir meinen, dass Sie mit diesem Antrag dem Handwerk eher Sand in die Augen streuen. Das sollten Sie nicht tun. Schrauben Sie lieber die Erwartungen zurück, die das Handwerk möglicherweise noch in diesen Versuch hat.
Wichtiger für das Handwerk ist eine durchgreifende Arbeitsmarkt- und Steuerreform als Voraussetzung für einen nachhaltigen Aufschwung.
Die neue Bundesregierung mit Frau Dr. Merkel an der Spitze hat mit dem Gesetz zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung bereits damit angefangen, die Weichen richtig zu stellen und damit die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Dieser Gesetzentwurf sieht eine deutliche Erweiterung der steuerlichen Absetzbarkeit haushaltsnaher Dienstleistungen, aber auch von Handwerkerleistungen vor. Dies wird im Handwerk eher zu einer verstärkten Nachfrage führen und so zur Bekämpfung der Schwarzarbeit beitragen.
Wir sollten anstelle einer weiteren Differenzierung der Mehrwertsteuersätze mit einer breit angelegten Reform im Steuer- und Arbeitsrecht zu wirtschaftlicher Dynamik im Handwerk kommen. Aber auf dem Weg dorthin muss die Bundesregierung noch viele Hemmschuhe aus den Weg legen, die aus der Zeit Ihrer Regierungsbeteiligung, meine Da
Wir schlagen deshalb vor, dass wir über die Wirkung reduzierter Mehrwertsteuersätze unabhängig von diesem Modellversuch sorgfältig und ohne Zeitdruck im zuständigen Fachausschuss beraten und dabei die Gesamtlage des Handwerks umfassend beleuchten. Wir wollen und wir werden dabei den Modellversuch im Auge behalten und die Wirkungen, die von diesem Vorhaben ausgehen, ganz genau verfolgen. Die Landesregierung werden wir bitten, uns zu gegebener Zeit einen Bericht zu erstatten und dabei besonders die Erfahrungen in anderen europäischen Ländern zu beleuchten. Vielen Dank.
Herr Präsident! Verehrte Damen, meine Herren! Heute erleben wir eine Besonderheit: Die Grünen versuchen, sich als Steuersenkungspartei zu profilieren, und entdecken ihr Herz für das Handwerk.
Vielleicht denken Sie ja: Wenn die FDP erfolgreich die Bereiche Umwelt und Bürgerrechte besetzt, dann können Sie es ja vielleicht einmal mit Steuern und Handwerk versuchen.
Aber gestatten Sie mir, dass ich einige Zweifel an Ihrem Erfolg habe, Herr Hagenah. Das Handwerk hat nämlich ein gutes Gedächtnis und weiß genau, wer maßgeblich für die hohen Lohnnebenkosten, die hohen Energiepreise und kostspielige Umweltbürokratie verantwortlich ist.
Dennoch gebe ich Ihrem Antrag in einigen Punkten Recht. Die drohende Mehrwertsteueranhebung bedeutet für viele Handwerksbetriebe und andere arbeitsintensive Dienstleistungen eine ernsthafte Bedrohung ihrer Existenz. Das Handwerk und der Handel sind nun einmal personalintensiv. Es gibt keine Maschinen, die Teppiche verlegen, ein Badezimmer ausbauen oder einen Garten anlegen.