Auf männliche und weibliche Gefangene trifft dies nicht zu. Sie bedürfen vielmehr einer differenzierten Vollzugsplanung.
Es gibt darüber hinaus auch Unterschiede in den vorhandenen Strukturen des Männer- und Frauenvollzuges. Die strukturellen Unterschiede sind Ausdruck kleiner Zahlen. Nur etwa 5 % unserer Gefangenen in Niedersachsen sind Frauen.
Im Einzelnen: Zu Freiheitsstrafen verurteilte Frauen sind häufiger als die Männer drogenabhängig. Drogenabhängigkeit ist für uns nun einmal ein Ausschlusskriterium für den offenen Vollzug. Inhaftierte Frauen haben häufiger als Männer eine sehr leidvolle, durch vielfache Abhängigkeiten und Missbräuche geprägte Lebensgeschichte. Viele sind persönlich instabil und behandlungsbedürftig. Dies allein spricht schon für eine gründliche und individuelle Prüfung der Eignung für den offenen Vollzug in einem gesicherten Umfeld.
Die Chance einer psychologischen oder arbeitstherapeutischen Behandlung bzw. einer schulischen oder beruflichen Qualifizierung sollte insbesondere bei Frauen mit Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr nicht ungenutzt bleiben. Der Verbleib im geschlossenen Vollzug kann im Einzelfall insoweit mehr Chancen eröffnen als im offenen Vollzug,
Im Männervollzug hingegen verfügen wir über ein flächendeckendes Netz von kleinen und großen offenen Einrichtungen. Der Vollstreckungsplan regelt, welcher Gefangene aus welchem Amtsgerichtsbezirk in welche Einrichtung einzuweisen ist. Frau Konrath hat bereits darauf hingewiesen. Dann überprüfen die Fachleute im Vollzug die tatsächliche Eignung des Gefangenen für den offenen Vollzug, und zwar in gesicherten Aufnahmeabteilungen.
Für den offenen Frauenvollzug in Vechta, der nicht über eine vergleichbar gesicherte Aufnahmeabteilung verfügt, findet diese Eignungsprüfung in der wenige hundert Meter entfernten geschlossenen JVA für Frauen statt, ebenso wie die ärztliche Untersuchung und andere Teile des Aufnahmeverfahrens. Anders als im Männervollzug können wir in den offenen Abteilungen des Frauenvollzugs kein vergleichbares differenziertes Arbeits-, Ausbildungs- und Behandlungsangebot für Frauen mit längeren Freiheitsstrafen vorhalten. Wir haben diese Möglichkeiten dort nicht. Auch darum kann es im Einzelfall sehr wohl geboten sein, auch für den offenen Vollzug geeignete Gefangene aus Behandlungsgründen mit ihrer Zustimmung im geschlossenen Vollzug zu belassen.
Meine Damen und Herren, wenn es noch eines Belegs für die sorgfältige, an den Belangen der inhaftierten Frauen orientierte Arbeit der Bediensteten in der JVA für Frauen bedürfen sollte, so lassen Sie mich abschließend Folgendes sagen: Wichtig ist der Vollstreckungsplan für den Rechtspfleger, der eine Grundlage für die Ladung der Verurteilten zum Strafantritt braucht. Wichtig für die Verurteilten selbst ist aber doch vor allem, wohin sie nach dem Aufnahmeverfahren kommen. Ende Januar verbüßten 252 Frauen in Niedersachsen eine Freiheitsstrafe, davon 100 eine von mehr als einem Jahr. Davon waren 26 % im offenen Vollzug untergebracht. Bei den Männern mit Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr waren es 18 %. Ich kann darin beim besten Willen keine Schlechterstellung der Frauen erkennen.
Deshalb möchte ich Folgendes zusammenfassen - das ist eigentlich eine recht einfache Botschaft -: Gleiches gleich zu behandeln ist gerecht. Ungleiches ungleich zu behandeln ist sachgerecht. Ungleiches gleich zu behandeln ist Unsinn.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieser Entschließungsantrag fordert die Landesregierung auf, Ungleiches gleich zu behandeln. Das ist Unsinn, und das lehne ich ab.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Frau Ministerin, Ihre Versuche zu begründen, warum Sie die Ungleichbehandlung in diesem Einweisungs- und Vollstreckungsplan so festgeschrieben haben - wegen der ach so schrecklichen Labilität all der straffälligen Frauen -, kann ich nicht akzeptieren. Das kann auch meine Fraktion nicht akzeptieren, und das werden wir auch nicht akzeptieren.
Wir können dieses Thema heute Abend sicherlich nicht ausdiskutieren. Die richtigen Orte dafür sind der Unterausschuss „Justizvollzug und Straffälligenhilfe“ und der Rechtsausschuss. Ich bitte bei dieser Gelegenheit darum, auch den Sozialausschuss an der Mitberatung zu beteiligen; denn dies ist der Ausschuss, der sich speziell mit den Belangen von Frauen befasst.
Ich möchte die Diskussion heute Abend nicht verlängern; denn es ist schon relativ spät. Aber dennoch möchte ich eine Bitte an Frau Konrath äußern. Frau Konrath, es gibt einen Unterschied zwischen einem Einweisungs- und Vollstreckungsplan und dem Vollzugskonzept dieses Landes. Ich möchte Sie bitten, diese beiden Dinge in solch einer Diskussion nicht durcheinander zu werfen.
Ich weiß nicht, ob Sie den Plan, in dem das, worüber ich hier rede, steht, überhaupt schon einmal gelesen haben. - Aber auch darüber können wir uns im Ausschuss noch sehr detailliert unterhalten. Dort werden wir die Zeit dafür haben. Dort kann ich Ihnen auch noch einmal vorlesen, was da drinsteht.
Wir sehen das anders als Sie. Wir halten das für eine Ungerechtigkeit und sind nicht bereit, zu akzeptieren, was Sie vorschlagen.
Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Federführend soll sich mit diesem Antrag der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen beschäftigen. Mitberatend tätig werden sollen der Unterausschuss „Justizvollzug und Straffälligenhilfe“ des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen sowie der Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Das ist so beschlossen.
Tagesordnungspunkt 35: Grundsätze für die Umsetzung der EUFörderung 2007 bis 2013 in Niedersachsen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 15/2667
Dieser Antrag soll ohne erste Beratung direkt an die Ausschüsse überwiesen werden. Federführend beraten soll ihn der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr. Mitberatend tätig werden sollen der Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten und Medien, der Ausschuss für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, der Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit, der Ausschuss für Haushalt und Finanzen sowie der Ausschuss für Inneres und Sport. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Das ist so beschlossen.