Protocol of the Session on March 23, 2006

Auch die übrigen Bestandteile der Zielvereinbarungen sind in der Theaterszene völlig unkritisch und vielfach bereits hervorragend umgesetzt worden.

(Karin Stief-Kreihe [SPD]: Jetzt kommt’s! - Wolfgang Wulf [SPD]: Jetzt hat sie gerade noch die Kurve ge- kriegt!)

Über Kooperationen verschiedenster Art wird vielerorts ebenso nachgedacht wie darüber, vermehrt Ehrenamtliche einzubinden.

Im Dialog zwischen den Theatern und dem Ministerium werden derzeit die gemeinsamen Zielvereinbarungen abgeschlossen. Dabei sind sich beide Seiten darüber bewusst, dass die kommunalen Theater bei der Förderung durch das Land im Bundesvergleich sehr gut dastehen.

In den vergangenen Wochen ist man mit vielen Theatern dem Vertragsabschluss schon sehr nahe gekommen. Dies ist großartig, dies ist phantastisch; denn es ist bundesweit bisher einzigartig.

(Lachen bei der SPD - Isolde Saal- mann [SPD]: Einzigartig ist das!)

Dies ist ein großartiges Verdienst unseres Wissenschafts- und Kulturministers Lutz Stratmann und seiner Mitstreiter im Ministerium.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, wir als Parlament haben mit dem Haushalt 2006 die Weichen für die Planungssicherheit für unsere kommunalen Theater gestellt. Wir können stolz darauf sein, dass wir diesen Beschluss gefasst haben. Wir sind überglücklich, dass im Ministerium strikt an dem Abschluss der Zielvereinbarungen gearbeitet wird. Wir sind dankbar für die engagierten kommunalen Theater. Wir sind dankbar dafür, dass das Ministerium und die einzelnen Theater jetzt im Dialog - ich betone noch einmal: im Dialog - zu guten und zukunftsfähigen Vereinbarungen kommen.

(Karin Stief-Kreihe [SPD]: Da schüttelt selbst der Ministerpräsident den Kopf!)

Dankbar sind wir zudem der SPD-Fraktion, dass wir durch ihren Antrag noch einmal deutlich machen konnten, welch richtigen Weg wir als Regierungsfraktionen eingeschlagen haben und welch guten Weg die Landesregierung eingeschlagen hat.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

„Im Dialog für unser Land“ heißt das Motto, das wir Tag für Tag verfolgen und tatkräftig umsetzen. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die nächste Rednerin ist Frau Dr. Heinen-Kljajić von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Ausschussberatungen zum vorliegenden Antrag haben uns ausdrücklich vor Augen geführt, dass man aufseiten der Fraktionen der CDU und der FDP kein Interesse daran hat, eine inhaltliche Debatte darüber zu führen, ob die vom MWK vorgelegten Entwürfe für Zielvereinbarungen mit den kommunalen Theatern Sinn machen oder nicht. Trotz massiver Proteste vonseiten der Theater wollen Sie sich im zuständigen Fachausschuss nicht mehr weiter mit dieser Frage befassen - und das, obwohl erst im April ein entspre

chendes Fachgutachten vorliegen wird und die Gespräche mit den Theatern noch laufen.

In den Entwürfen zu den Zielvereinbarungen sind Leistungskriterien eingeführt - ob es die in der Anzahl genau festgelegten Kooperationen mit benachbarten Bühnen sind, die genaue Anzahl von Vorstellungen, die Schülerinnen der Klasse 5 bis 8 besuchen müssen, oder die generelle Forderung nach Steigerung des Ehrenamtes -, also all das, liebe Frau Siebert, was Sie als „großartig“ und „phantastisch“ bezeichnen, die in der Fachwelt nur Kopfschütteln auslösen, zumal diese Vorschläge nicht aus den Fraktionen stammen, sondern aus dem Fachministerium.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Karin Stief-Kreihe [SPD]: Da kennt sich Frau Siebert nicht aus!)

Meine Damen und Herren, wenn es ernst gemeint wäre, dass die Zielvereinbarungen in enger Kooperation mit den Theatern ausgehandelt werden sollen - so hat Frau Siebert dies noch einmal zugesagt, und so ist es ja auch im Ausschuss berichtet worden -, dann müssten wir hier nicht über vermeintliche Leistungsvorgaben diskutieren, die den Theateralltag offensichtlich komplett ausblenden.

Es ist doch nicht damit getan, liebe Frau Siebert, Schüler zum Theaterbesuch zu verpflichten. Neben dem Ausbau der Sparte Jugendtheater brauchen wir begleitende Angebote wie Vor- oder Nachbereitung von Theaterbesuchen oder den Blick hinter die Kulissen, um Jugendlichen einen zielgruppenspezifischen Zugang zum Theater zu verschaffen. Einmal davon abgesehen, dass Theater dies, wie es das Beispiel Osnabrück vorbildlich zeigt, längst tun, muss man zur Kenntnis nehmen, dass dies Zeit und Personal kostet und damit mehr Geld. Man muss, bitte schön, auch sagen, woher dieses Geld kommen soll, wenn man es in die Zielvereinbarung schreibt.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Wer das Ehrenamt in der Kultur über Fördervereine hinaus stärken will - dies passiert ja schon -, der muss Weiterbildungsangebote und ein kompetentes Freiwilligenmanagement vorhalten. Dies wiederum darf aber bitte nicht Aufgabe der Theater sein.

Auch eine Kooperation benachbarter Bühnen kann man nur dann in Zielvereinbarungen aufnehmen, wenn es in der Region Bühnen gibt, die technisch und künstlerisch zu einer solchen Kooperation bereit und in der Lage sind. Genau dies ist aber wiederum häufig vor Ort schlicht und ergreifend nicht gegeben.

Völlig widersinnig wird es dann, liebe Frau Siebert, wenn Sie uns hier noch weismachen wollen, die neuen Verträge würden den Theatern allen Ernstes Planungssicherheit geben. Die Verträge sollen den Landeszuschuss auf fünf Jahre einfrieren, Tariferhöhungen werden nicht mehr abgedeckt. Bei der Größe kommunaler Theater, bei denen ein Ballettbereich vielleicht nur mit zehn Tänzern arbeitet, würde eine 2-prozentige Tarifsteigerung die Schließung einer Sparte bedeuten.

Wenn Sie, werte Kollegen der Fraktionen der CDU und der FDP, der Meinung sind, dass das Angebot an unseren kommunalen Theatern im bestehenden Umfang aus finanziellen Gründen nicht mehr aufrechterhalten werden kann, dann machen Sie doch selbst Vorschläge, wo welche Sparte geschlossen werden soll, aber schieben Sie den schwarzen Peter nicht den Theatern zu.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Frau Heinen-Kljajić, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Ich komme zum Schluss, noch ein letzter Satz. Bedauerlicherweise sind wir im Ausschuss nach dem Willen der Fraktionen der CDU und der FDP bei den weiteren Gesprächen außen vor. Wir erwarten aber, dass die Einwände der Theater Berücksichtigung finden, damit es zu einer theatergerechten Lösung kommt. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Frau Trost hat sich zu einer Kurzintervention gemeldet. Sie haben eine Redezeit von anderthalb Minuten.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Dr. Heinen-Kljajić, Sie haben gerade gesagt, dass wir die Beratung nicht auf die lange Bank schieben, sondern dass wir jetzt abstimmen wollen. Dies hat einen Grund, und diesen haben Sie nicht genannt: Derzeit werden in den Theatern die Haushalte für die kommende Saison aufgestellt.

In dem Antrag der Fraktion der SPD wird die Hoffnung erweckt, vom Land könnte noch etwas übernommen werden. Sie kennen unsere Aussagen: fünf Jahre Planungssicherheit, aber die Tarifsteigerungen können wir in dieser Form auf keinen Fall übernehmen. - Der Grund, warum wir gesagt haben, dass wir jetzt abstimmen wollen, ist, dass es gar nicht erst zu Verwirrungen und falschen Hoffnungen kommen soll. Dies war eine klare Aussage von uns. Dazu stehen wir auch.

Noch kurz ein weiterer Punkt: Die stellvertretende Arbeitskreisvorsitzende der SPD-Fraktion im Ausschuss für Wissenschaft und Kultur ist ja auch Mitglied des Rates der Stadt Osnabrück. In der Stadt Osnabrück - das nur als Beispiel, wie sich andere einlassen - gibt es einen Zuschussvertrag für das Figurentheater. Hier gibt es eine dreijährige Planungssicherheit; aber dafür gibt es keine Tarifsteigerung. Ausweislich des Protokolls über eine öffentliche Sitzung hat die SPD zu keinem Zeitpunkt gesagt, dass sie das nicht mittragen könne, weil keine Tarifsteigerungen vorgesehen sind. Hier wird auch zweischneidig gehandelt! - Danke.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Jetzt will wohl Frau Heinen-Kljajić antworten. - Gut, dann haben Sie jetzt erst einmal das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das möchte ich richtig stellen, Frau Trost. Wie ist denn die Situation im Moment? - Die gesamte Theaterszene ist in Aufruhr, weil sie um ihren Bestand fürchtet, was einzelne Sparten angeht, und sie ist in Aufruhr, weil sie einen Leistungskatalog vorgelegt bekommt, von dem abhängig sein soll, ob sie Kürzungen hinnehmen muss oder nicht, die den Theateralltag schlicht und ergreifend nicht widerspiegeln. Im Ausschuss wurde uns berichtet, wie die Verhandlungen im Moment laufen. Es wurde

klar: Es gibt ein Gutachten, aber es liegt nicht vor; es kommt erst im April. - Ich finde, wir als Fachausschuss haben das Recht und auch die Pflicht zu sagen: Dieses Gutachten wollen wir sehen. - In einer Situation, in der die Gespräche noch laufen - auch das wurde uns vom Ministerium zugesagt -, finde ich, haben wir das Recht und die Pflicht, am Ball zu bleiben und diese Prozesse, diese Gespräche zu verfolgen. In dieser Situation haben Sie gesagt: Wir können jetzt und hier über diesen Antrag entscheiden. - Das heißt, Sie geben damit die gesamte Frage an das MWK ab und wollen als Politik damit nichts mehr zu tun haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister, Frau Bührmann wollte noch eine Kurzintervention auf die erste Rede von Frau Heinen-Kljajić machen. Wollen Sie sie vorlassen, oder wollen Sie zuerst reden? - Dann bitte Frau Bührmann zu Ihrer Kurzintervention! Herr Riese, die Kurzinterventionen gehen vor Ihren Redebeitrag.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich beziehe mich auf den Wortbeitrag von Frau Dr. Heinen, in dem sie noch einmal deutlich gemacht hat, dass die Beratungszeit im Ausschuss nur einen Termin vor dem Hintergrund beinhalten konnte, dass die CDU-Fraktion behauptet hat, wir müssten so schnell abschließen, weil die Theater ihre Haushalte verabschieden müssten. Ich sage Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren: Diese Situation ist nicht so vor dem Hintergrund, dass völlig offen ist, wie es mit den Tarifsteigerungen aussieht, wer wie in welcher Höhe was übernehmen soll und überhaupt kann, wie sich die Städte und die Landkreise dazu verhalten können. - Das ist das eine.

Das Zweite ist: Völlig ungeklärt ist die Frage, welche Kosten entstehen, wenn die Ziel- und Leistungsvereinbarungen in der Weise verabschiedet werden sollen, wie sie im Augenblick vom MWK vorgeschlagen werden. Von daher war das ein Argument, das wirklich falsch war und nicht dazu beigetragen hat, in irgendeiner Weise Klarheit zu bekommen. Das war vielmehr die inhaltliche Flucht der CDU-Fraktion vor einer inhaltlichen Debatte. Genau das ist es gewesen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass Kurzinterventionen nur den Inhalt der Rede der Rednerin bzw. des Redners aufnehmen können, auf die sie sich beziehen. Sie hätten sich also nicht auf die Rede von Frau Trost beziehen dürfen.

Der Herr Minister hat gesagt, er möchte nach Herrn Riese reden. Dann erteile ich Ihnen das Wort, Herr Riese. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Gegensatz zu der Kollegin Frau Bührmann möchte ich nicht meine Rede von vor einem Monat wiederholen, sondern noch einige andere Aspekte beleuchten.

(Beifall bei der FDP)

Der Titel des Entschließungsantrages lautet „Dirigistische Ziel- und Leistungsvereinbarungen...“. Es ist jetzt an der Zeit, der Legendenbildung vorzubeugen und zur Aufklärung in der Sache beizutragen. Dirigismus wäre nach meiner Interpretation, wenn eine Leistungsvereinbarung schriftlich vorgelegt wird mit dem Hinweis „Friss Vogel oder stirb, wenn du hier nicht unterschreibst“. So war es nicht. Vielmehr hat das Ministerium so gehandelt, wie es mit Theatern, also mit Künstlern, nur umgehen kann. Es hat nämlich gesagt „Das sind die Dinge, die wir uns vorstellen, die ihr weiterentwickelt“, nachdem - das muss man auch noch dazusagen - der Gutachter in allen Theatern ein- und ausgegangen ist, sich intensiv mit den Häusern beschäftigt hat und auch Anregungen aus den Theatern aufgegriffen hat, die dann in das Gutachten Eingang gefunden haben - die wir lesen werden, wenn wir es endlich sehen. Den Theatern ist aufgegeben worden, ihre Vorschläge im Rahmen der künstlerischen Freiheit zu machen, wie sie diese Rahmenrichtlinien im Einzelnen umsetzen wollen.

Ich darf in Erinnerung rufen, verehrte Damen und Herren, dass es keine angenehmere Form gibt, sich seine Steuergelder zurückzuholen, als in das Theater zu gehen. Bekanntlich werden Theater bis mehr als 80 % aus öffentlichen Mitteln gefördert. Das sind Mittel der Steuerzahler. Wenn Sie, verehrte Damen und Herren, von Ihren Steuergeldern

etwas haben wollen, dann gehen Sie ins Theater. Damit tun Sie zugleich den Theatern, die noch keine Auslastung von 100 % haben, etwas Gutes, weil sie sich ja durch Ihre Eintrittskarte am Markt noch besser refinanzieren.

Hier ist nach meiner Erinnerung von der Kollegin Frau Dr. Heinen-Kljajić von der Fachwissenschaft gesprochen worden. Ich möchte jetzt in der Gestalt von Zitaten die Fachwissenschaft zu Wort kommen lassen, und zwar Herrn Dr. Arnold Jacobshagen, eine ausgesprochene Koryphäe auf dem Gebiet der Theaterwissenschaft. Sie finden ihn in Bayreuth am Forschungsinstitut für Musiktheater der Universität Bayreuth. Dieser Herr ist nicht nur Theaterwissenschaftler, sondern er war vordem Dramaturg. Das heißt, er kennt das Theater aus eigener Anschauung. In seiner hervorragenden Ausarbeitung zum Proseminar „Organisation, Recht, Management im Theater“ aus dem Sommersemester 2004 an der Universität Bayreuth möchte ich in Erinnerung rufen, dass er dort die Vorzüge der Kooperation und auch der Koproduktion unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten beschrieben hat. Ich sage deutlich dazu: In dieser Ausarbeitung findet man, dass die Kooperation im StagioneSystem zu Einsparungen führt. Es sind aber keine Ausführungen dabei, wie sich das StagioneSystem mit dem En-Suite-Spiel verträgt. Ein wichtiges Zitat aus dieser Ausarbeitung: Allerdings scheint der Einwand, die jeweilige Einzigartigkeit des lokalen Theaterstils werde durch Kooperationen verwässert - das ist ein Einwand, den wir hören -, nur in den seltensten Fällen nachvollziehbar zu sein.