Protocol of the Session on March 23, 2006

Das Gleiche gilt übrigens auch für den Bereich der präventiven Jugendhilfe. Große Reden und Ankündigungen, in der Praxis passiert jedoch gar nichts! Die wenigen Maßnahmen im Bereich Jugendhilfe und präventive Jugendhilfe erinnern an Konzeptlosigkeit und an Aktionismus.

Viertens. Mit ungeliebten Kindern geht man beliebig um. In den letzten drei Jahren hat sich seitens der CDU/FDP-Landesregierung absolut nichts in Richtung Stärkung der Jugendarbeit und der Jugendhilfe getan. Die vereinzelten Aktivitäten der Landesregierung im Bereich Kinder- und Jugendhilfe sind völlig konzept-, plan- und hilflos, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD)

Ja, diese Landesregierung zeigt uns am Beispiel der Kinder- und Jugendhilfe, wie man mit ungeliebten Kindern umgeht.

Doch es geht auch anders. Die SPD will mit ihrem Antrag weg von der Beliebigkeit, hin zu der Zuverlässigkeit. Unsere Kinder, Jugendlichen und Familien in Niedersachsen brauchen verlässliche Angebote im Bereich der Jugendarbeit und der Jugendhilfe. Die Träger der Jugendhilfe und Jugendarbeit, meine sehr verehrten Damen und Herren, wiederum brauchen feste Strukturen, um ihre Angebote auch mittel- und langfristig aufrechterhalten zu können. Die jährliche Angst vor Einschnitten durch die Landesregierung bietet alles andere, nur keine Sicherheit für die Akteure.

(Beifall bei der SPD)

Wir, meine Damen und Herren, wollen mit unserem Antrag erreichen, dass Niedersachsen wieder zu einem verlässlichen Partner der Jugendhilfe und der Jugendarbeit wird.

Gerade in Zeiten knapper Kassen setzt Verlässlichkeit eine detaillierte Bestandserhebung und eine konkrete Bedarfsermittlung voraus, um mittelund langfristige Schwerpunkte in der Jugendpolitik setzen zu können. Genau diese Anforderung erfüllte der Niedersächsische Kinder- und Jugendplan.

Frau Siebert, es heißt übrigens „Kinder- und Jugendplan“ und hat mit dem „Jugendhilfeplan“, der auf Landkreisebene erstellt wird, in keiner Weise etwas zu tun. Das will ich nur klarstellen, weil das miteinander vertauscht wurde. Ein Jugendhilfeplan ist etwas gänzlich anderes.

(Wilhelm Heidemann [CDU]: Das wis- sen wir aber alle, Herr Kollege!)

Aber der Kinder- und Jugendplan, der erstellt wurde, hat bundesweit und überparteilich Anerkennung erfahren. Sie, meine Damen und Herren von CDU und FDP, haben dieses sehr nützliche Instrument, das für die Jugendpolitik in Niedersachsen Orientierung und Hilfestellung gab, ersatzlos gestrichen. Dieser Kinder- und Jugendplan war jedoch so gut, dass er auch heute noch in vielen Bereichen wegweisend ist und mit Leichtigkeit von Ihnen fortgeschrieben werden könnte, wenn Sie denn wollten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, um die jugendpolitische Diskussion auch unter CDU und FDP wieder zu beleben, haben wir den Antrag im Januar 2005, also vor über einem Jahr, eingebracht. Im Februar 2005 brachten CDU und FDP einen eigenen Antrag hierzu ein. Auswirkung dieser Anträge war bisher nur der gemeinsame Beschluss zum „Jahr der Jugend 2006“. Wir haben mittlerweile März und stehen vor Ostern.

Unser Antrag, meine sehr verehrten Damen und Herren, geht jedoch weit über das Jahr 2006 hinaus. Wir möchten erreichen, dass die Landespolitik die Verantwortung für die Zukunft unserer Kinder und Jugendlichen wieder ernst nimmt. Unsere Kinder und Jugendlichen haben das Recht darauf, dass wir zu ihrem Wohl eine mittel- und langfristige Strategie für die niedersächsische Jugendpolitik aufbauen. Kurz gesagt, es darf in der Jugendpolitik nicht weiter darum gehen, Jugendhilfe und Jugendarbeit mit Einsparung oder gar Zerschlagung von Strukturen zu belasten. Niedersächsische Politik hat im wahrsten Sinne des Wortes den Kindern und Jugendlichen zu helfen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Ein Standpunkt noch abschließend zu den ungeliebten Kindern. Ich habe sinngemäß gesagt, man streicht ihnen das Taschengeld. Das Traurige, Herr Ministerpräsident, ist, dass die Regierung Christian Wulff auch noch im Jahre 2006 nicht für, sondern an der Jugend spart.

Herr Albers, Sie müssen zum Schluss kommen. Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Das, meine Damen und Herren, ist beschämend für Niedersachsen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt hat sich die Abgeordnete Frau Vockert zu einer Kurzintervention gemeldet. Frau Vockert, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Albers, was Sie gesagt haben, darf hier nicht so stehen bleiben. Sie haben den Eindruck erweckt, als wenn Sie jemals eine qualitative Kinder- und Jugendpolitik gemacht hätten. Das ist aber definitiv nicht der Fall.

Ich nehme einfach Ihren Antrag. Erster Punkt: Kinderund Jugendplan; zweiter Punkt: Bestandsaufnahme; dritter Punkt: Neukonzeptionen; vierter Punkt: Landesaktionsplan. Das ist genau das Gleiche, was wir unter den SPD-geführten Landesregierungen immer wieder erlebt haben. Frau Trauernicht und die Jugendminister vor ihr sind von einem Papiertiger zum nächsten gerannt, ohne dass das für die Kinder- und Jugendpolitik im Lande Niedersachsen irgendetwas gebracht hätte.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie sagen, die SPD wolle weg von der Beliebigkeit, hin zur Zuverlässigkeit, sie wolle endlich etwas für die junge Generation im Lande tun, weil wir eben nichts getan hätten. Herr Kollege Albers, hätten wir die Verschuldungspolitik, die Sie uns hinterlassen haben, fortgesetzt, dann hätten wir uns in sträflichster Weise gegen die Kinder- und Jugendpolitik gewandt, weil wir dann nämlich keine Gestaltungsmöglichkeiten mehr gehabt hätten. Insofern machen wir in jedem einzelnen Punkt positive Politik für unsere Kinder und Jugendlichen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Albers, Sie haben jetzt die Gelegenheit, darauf zu antworten.

Frau Präsidentin! Liebe Frau Vockert, die Zielrichtung unseres Antrags war ganz eindeutig - das haben wir bei der Einbringung bereits gesagt -: Nach zwei Jahren sollte das Thema Kinder- und Jugendpolitik endlich mal wieder ins Parlament.

(Zurufe von der CDU)

Vorher ist unter CDU und FDP nichts gelaufen, zwei Jahre gar nichts. Mittlerweile ist ein drittes Jahr vergangen und ebenfalls so gut wie nichts gelaufen. - Das nur dazu.

Einen Punkt sollten nicht wir beide besprechen, sondern da fragen Sie bitte bei den Akteuren nach, bei den Verbänden, bei den Trägern von Jugendarbeit und Jugendhilfe.

(Astrid Vockert [CDU]: Das haben wir gemacht!)

- Sie haben anscheinend mit den falschen gesprochen. Denn die Akteure aus Jugendhilfe und Jugendarbeit waren vom Niedersächsischen Kinderund Jugendplan begeistert. Sie hatten Sicherheit dadurch. Diese Sicherheit fehlt unter CDU und FDP komplett. Wir sind bei dieser Regierung mittlerweile bei der Beliebigkeit angelangt. Wenn es Geld gibt, dann wird es nach Gutsherrenart verteilt, aber völlig konzeptlos und chaotisch. Genau dagegen richtet sich unser Antrag.

(Beifall bei der SPD)

Nächste Rednerin ist Frau Meißner von der FDPFraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Michael Albers, es war ja ein netter Versuch, hier mit Worten zu jonglieren und bei der Kinderund Jugendpolitik von ungeliebten Kindern zu sprechen - ein netter Versuch zwar, aber ansonsten platt. Uns Konzept-, Plan- und Hilflosigkeit vorzuwerfen zeugt von Ihrer Hilflosigkeit, da Sie Gutes, was geschieht, schlecht reden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Michael Albers [SPD]: Es passiert ja nichts, Frau Meißner, es passiert gar nichts!)

- Von wegen! Die Kinder- und Jugendpolitik dieser Landesregierung setzt gerade nicht nur auf Reparatur, sondern auf Prävention. Nach dieser Prämisse haben wir schon vom ersten Regierungstag an gehandelt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ein Beispiel: Es ist nachgewiesen, dass ein in seiner Persönlichkeit gestärkter junger Mensch wesentlich weniger für Drogensucht, Gewalt und politischen Radikalismus anfällig ist. Ich gehe davon aus, dass wir alle dieses Ziel erreichen wollen. Und da ist es das richtige Rezept, nicht zu warten, bis es zu spät ist, sondern rechtzeitig anzufangen.

Wir machen auch eine ganze Menge für den Jugendschutz, indem wir auf die Gesundheit achten.

(Lachen bei der SPD - Zuruf von Mi- chael Albers [SPD])

- Mir war schon klar, dass Sie darüber lachen.

Das Hebammen-Projekt hat es zwar schon vorher gegeben - das ist richtig -, aber wir haben es fortgesetzt und überlegen, ob wir es trotz knapper Mittel nicht weiter ausbauen können, weil aufsuchende Sozialarbeit enorm wichtig ist, um Kindern, wenn es notwendig ist, schon sehr früh zu helfen.

Der Sprachtest - er ist schon angesprochen worden - gehört zu unserer Kinder- und Jugendpolitik ebenso wie der „bewegte Kindergarten“. Die Fitnesslandkarte habe ich gestern schon erwähnt. Wir betreiben Drogen- und Suchtprävention genauso wie Aidsaufklärung. Damit tun wir von vornherein eine ganze Menge dafür, dass die Gesundheit der Kinder und Jugendlichen erhalten bleibt.

Im Rahmen von Ganztagsangeboten setzen wir auf die Kooperation von Schule, Jugendhilfe und Verbänden. Da Britta Siebert diesen Aspekt schon erläutert hat, brauche ich dazu nicht mehr viel zu sagen. Wir sorgen für eine gute Vernetzung, die die Jugendlichen integriert und nicht isoliert. Auch das ist Prävention.

Mit den Pro-Aktiv-Zentren, die von allen, die in der Jugendhilfe arbeiten, sehr gelobt werden, haben wir nicht nur verschiedene Förderungsmöglichkeiten zusammengeführt, sondern außerdem z. B. im Wirtschaftsministerium zusätzliches Geld zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in die Hand genommen. Das ist doch sehr positiv.

Außerdem haben wir die Anzahl der Plätze in Jugendwerkstätten zur Schulpflichterfüllung erhöht; wir haben sie sogar verdreifacht. Auch das ist ein eindeutig positives Signal. Der Jugendserver „Next Netz“ schließt benachteiligte Jugendliche mit ein.

Frau Vockert hat es bereits angesprochen, aber es kann nicht oft genug betont werden: Das Entschuldungsprogramm, das wir in Niedersachsen anbieten, ist eine sehr wichtige Maßnahme, um den Jugendlichen in Niedersachsen auch in Zukunft noch Handlungsspielräume zu lassen. Das darf man auf keinen Fall hintanstellen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Natürlich würden wir den Trägern der Kinder- und Jugendhilfe gerne mehr Planungssicherheit geben. Aber solange wir noch einen Haushalt haben, der erst einmal verfassungsmäßig ausgestaltet werden muss, können wir, weil wir eben auf der Einnahmeseite verschiedene Unwägbarkeiten haben, nicht von vornherein über mehrere Jahre hinweg Planungssicherheit geben, so gerne wir das auch wollten.

Das Ehrenamt wird von Ihnen ja immer etwas bekrittelt, nach dem Motto, wir machen nur Ehrungen, Ehrungen und Ehrungen.

(Zurufe von der SPD)

Meines Erachtens stärkt die ehrenamtliche Tätigkeit die Persönlichkeit. Die Jugendlichen lernen das eigenständige und eigenverantwortliche Handeln, was mit Blick auf ihre spätere Berufsfähigkeit gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Im „Jahr der Jugend“ wollen wir speziell an diesem Punkt ansetzen. Aber nicht nur daran: Wir haben von vornherein klar gemacht - darüber haben wir auch diskutiert -, dass wir alle Bereiche der Jugendpolitik, die es zu bearbeiten gilt, mit Priorität versehen werden.