Protocol of the Session on March 23, 2006

- Auch Sie stimmen zu. - Dann kommen wir jetzt sofort zur Abstimmung. Wer dem Antrag der SPDFraktion zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Das Letztere war die Mehrheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP - Unruhe)

- Wenn Sie den Saal verlassen, dann tun Sie es bitte schnell; denn wir sind mit den Beratungen noch nicht am Ende.

(Anhaltende Unruhe)

- Liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte verlassen Sie den Raum, wenn Sie Gespräche führen wollen. Wir wollen die Beratung fortsetzen. Dies gilt sowohl für die CDU als auch für die SPD und die FDP. Umarmen können Sie sich auch draußen.

Wir kommen jetzt zu

Tagesordnungspunkt 18: Zweite Beratung: Jugendhilfe in Niedersachsen stärken Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/1641 Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit Drs. 15/2674

Die Beschlussempfehlung lautet auf Ablehnung.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wir kommen zur Beratung. Frau Siebert von der CDU-Fraktion hat sich zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Was wir heute säen, werden wir morgen ernten. Besonders im Hinblick auf Politik für Kinder und Jugendliche heißt das: Die Entscheidungen von heute werden die Bedingungen von morgen bestimmen. Wir wollen für unsere Kinder und Jugendlichen gute Grundlagen schaffen. Wir tun dies in unserer gesamten Politik, und zwar ressortübergreifend.

Unsere Jugend liegt uns allen hier im Hause sehr am Herzen. Das sieht man nicht nur an dem gemeinsamen Beschluss zum „Jahr der Jugend 2006“ sehr deutlich. Fraktionsübergreifend wird immer wieder und zu Recht darauf hingewiesen, dass kontinuierlich über das Jahr 2006 weit hinaus eine engagierte Politik für Kinder und Jugendliche für die Zukunft unseres Landes betrieben werden muss. Dies ist ganz wichtig; denn die Verantwortung, die wir heute tragen, tragen wir nicht nur bis zur kommenden Wahl. In diesem Bewusstsein

machen wir eine engagierte Politik für unsere Kinder und Jugendlichen von heute.

(Zustimmung von Dorothee Prüssner [CDU] und Gesine Meißner [FDP])

Wir wollen aber auch eines: Wir wollen, dass genau diese Kinder und Jugendlichen später einmal für ihre Kinder und Jugendlichen engagiert eintreten können. Darum müssen wir bedacht mit den uns heute zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln umgehen. Diese uns zur Verfügung stehenden Mittel sind leider äußerst begrenzt. Insbesondere deshalb ist es höchst erfreulich, dass die von den Fraktionen der CDU und der FDP getragene Landesregierung beträchtliche Summen in unsere Jugend investiert.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Diese setzen wir ganz gezielt ein und investieren somit in einzelne Projekte mehr, als es die Mitglieder der Vorgängerregierung und die Abgeordneten vergangener Wahlperioden getan haben.

(Michael Albers [SPD]: Was?)

Wir stehen in Niedersachsen für eine ehrliche, offene und solide Politik. Dies gilt insbesondere auch für den Sozialbereich, hier im Speziellen für den Kinder- und Jugendbereich.

Wir bieten Unterstützung schon in den ersten Tagen des Lebens durch das hervorragende Projekt der Familienhebammen. Wir bauen bereits im Kindergartenalter vor, damit Jugendliche weniger gewalttätig oder suchtgefährdet werden. Wir unterstützen benachteiligte Jugendliche bei der Integration in den Arbeitsmarkt. Wir machen uns für unsere hervorragende Arbeit leistenden Jugendwerkstätten stark. Wir haben mit der Einrichtung der Pro-Aktiv-Zentren die Hilfsangebote für benachteiligte Jugendliche begonnen und helfen individuell.

Wir verfügen mit der Einrichtung von Mehrgenerationenhäusern über tolle Angebote für jede Generation von klein auf. Aber auch in den anderen Ressorts steht Politik für Kinder und Jugendliche ganz oben an. Wir haben ein hervorragendes Schulsystem, das fordert und fördert, passgenaues Lernen ermöglicht und damit die Zukunftschancen jedes Einzelnen erhöht. Wir haben engagierte Sozialpädagogen an den Hauptschulen, die viele Konflikte unserer Schüler aufgreifen und angehen. Wir haben uns ausdrücklich für freiwillige Ganztagsangebote eingesetzt und die Nachmittags

betreuung ausgebaut. Wir haben die Sprachtests eingeführt, die die Integration und das Lernen von im sprachlichen Bereich benachteiligten Kindern fördern.

(Uwe Schwarz [SPD]: Wer hat sie eingeführt? Sie?)

Aufgrund des großen Erfolgs haben wir diese nun auf ein Jahr vor der Einschulung vorgezogen, um mit anschließender Förderung möglichst viel für die betreffenden Vorschulkinder zu tun.

Wir fördern das FÖJ, das FSJ und das freiwillige Jahr im kulturellen Bereich. Wir unterstützen das ehrenamtliche Engagement Jugendlicher und für Kinder und Jugendliche Engagierter.

Die Tätigkeitsfelder, die sich im Kinder- und Jugendbereich auftun, sind vielfältig, meine Damen und Herren. Wie Sie an der noch lange nicht vollständigen Liste ersehen können, setzen wir uns in allen Bereichen mit vollem Engagement ein.

Wir wissen genau um die Vielfalt der Probleme. Wir wissen auch, dass Taten gefordert sind. Meine Damen und Herren, wir von der CDU und FDP wissen aber nicht nur um die Schwierigkeiten, sondern wir packen sie auch unvermittelt an.

Wir wollen erreichen, dass möglichst viele Mittel direkt bei den betroffenen Kindern und Jugendlichen ankommen. Wir wollen nicht, dass durch ausführliche Berichte, Selbstbeweihräucherung oder das Lostreten langer Debatten erst viel später direkte Auswirkungen auf Kinder- und Jugendhilfe, auf Hilfen für Kinder und Jugendliche eintreten.

Wir müssen handeln! Das ist wichtig. Dies, wie gesagt, tun die Regierungsfraktionen. Dies tut die Regierung in diesem Land mit großem Engagement.

Dies ist auch der Grund, weshalb wir Ihrer Forderung, meine Damen und Herren von der SPDFraktion, nach einer Fortschreibung des Kinderund Jugendhilfeplans nicht nachkommen können. Viele hatten große Hoffnungen in den Plan gesetzt. Die erhobenen Daten waren jedoch nicht so aussagefähig, wie man es sich im Vorfeld gedacht hatte. Leistungen der Sozialhilfe wurden zu eng mit Leistungen der Jugendhilfe verwoben. Vorhandenes Datenmaterial wurde nur in eine andere Form gebracht. Dies kann nicht das Ziel von Jugendhilfeplänen sein.

Wozu soll es sie in dieser Form dann weiter geben? Gibt der Jugendplan erst Anlass dazu, um mehr zu tun? Bekommen alle Politiker diesen Antrieb erst durch die Vorlage eines Papiermeers mit unendlich vielen Zahlen? Sind die gebündelten Daten lediglich Anlass, um einmal zu staunen, was wir alles haben, und uns gegenseitig auf die Schulter zu klopfen? - Die Antworten lauten dreimal ganz klar: Nein. Wir wollen weniger Bürokratie.

(Christa Elsner-Solar [SPD]: Das merkt man!)

Wir wollen viel für unsere Jugend tun; denn sie ist uns wichtig. Deshalb tun wir auch viel. Wir sorgen dafür, dass passgenaue Hilfen vor Ort ankommen und dass die wenigen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen, direkt in die Jugend investiert werden können.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir bauen ein Niedersachsen, das zukunftsfähig ist, das den Kindern und Jugendlichen von heute und morgen eine gute und sichere Zukunft bietet. Uns sind unsere Kinder und Jugendlichen wichtiger als Gutachten oder bloße Datenerhebungen. Wir packen die Zukunft engagiert an. Genau deshalb lehnen wir Ihren Antrag heute ab.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Bevor ich Herrn Albers das Wort erteile, möchte ich Ihnen mitteilen, dass wir nach diesem Tagesordnungspunkt zu der Wahl von Mitgliedern und stellvertretenden Mitgliedern des Staatsgerichtshofs übergehen.

Jetzt hat Herr Albers von der SPD-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir drei Vorbemerkungen. Erstens. Dafür, dass Herr Wulff ständig sagt, Kinder und Jugendliche seien Chefsache, finde ich es traurig, dass er der Debatte derzeit nicht beiwohnt.

(David McAllister [CDU]: Wo ist denn dein Fraktionsvorsitzender? - Zuruf von der CDU: Unerhört! - Weitere Zu- rufe von der CDU)

Zweitens. Frau Siebert, fast alles, was Sie an Projekten genannt haben, die positiv laufen, ist schon unter der Vorgängerregierung installiert worden, z. B. das Hebammenprojekt

Drittens. Sie sind so dreist und behaupten hier, Sie würden mehr in die Projekte der Jugendarbeit stecken. Die Richtigkeit dieser Aussage wollen wir hinterher noch kontrollieren.

(Zurufe von der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Jugendhilfe und Jugendarbeit sind nach wie vor die ungeliebten und vernachlässigten Kinder der Landesregierung Wulff.

(Beifall bei der SPD)

Ungeliebte Kinder gehören zwar dazu, werden jedoch in vielen Punkten benachteiligt. Diesen Eindruck muss man einfach haben, wenn man in den letzten drei Jahren der Regierung Wulff den Umgang mit der Jugendarbeit und Jugendhilfe beobachtet.

Erstens. Ungeliebten Kindern wird das Geld gestrichen. Herr Wulff - leider ist er nicht da, ich sage es aber trotzdem -, keine Regierung vor Ihnen hat dermaßen mehrere Millionen aus dem Jugendetat gestrichen wie die Ihrige. Die Jugend in Niedersachsen muss sich mittlerweile die Frage stellen, ob sie nicht das Sparschwein der Landesregierung ist, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Zweitens. Ungeliebten Kindern versagt man die Erfolge. Wir fordern eine Auswertung der unter der SPD eingeführten Jugendhilfeund Impulsprogramme. Ich verstehe partout nicht, warum Sie von CDU und FDP sich gegen diese Auswertung so sträuben. Könnte am Ende etwa etwas Positives dabei herauskommen?

Drittens. Ungeliebte Kinder haben keine Lobby oder hören nur schöne Worte - wie eben zum Beispiel. In der Realität verbessert sich jedoch gar nichts. Auf der einen Seite hören die Kinder und Jugendlichen in Niedersachsen schöne Sonntagsreden, vor allem der Landesregierung. Auf der anderen Seite werden ohne Rücksicht auf Verluste notwendige finanzielle Grundlagen z. B. für die Jugendbildung gestrichen, sodass mittlerweile bewährte Strukturen vor dem Zusammenbruch stehen.

Das Gleiche gilt übrigens auch für den Bereich der präventiven Jugendhilfe. Große Reden und Ankündigungen, in der Praxis passiert jedoch gar nichts! Die wenigen Maßnahmen im Bereich Jugendhilfe und präventive Jugendhilfe erinnern an Konzeptlosigkeit und an Aktionismus.