„... Rahmenbedingungen für den Schutz und den Erhalt maritimer Ökosysteme, der Meeresumwelt und der biologischen Ressourcen für künftige Generationen zu schaffen.“
Meine Damen und Herren, warum nennen Sie dann nicht die vorhandenen Rahmenbedingungen, die es gibt, und warum setzen Sie sich nicht dafür ein? In dem Bereich betrifft das z. B. das so genannte Generationenziel der Oslo-ParisKonvention, nämlich bis 2020 die Schwermetallbelastung von Nordsee und Wattenmeer auf die natürliche Hintergrundbelastung zu reduzieren und
Die andere Sache ist, Gesamtfangquoten für Fische in der Nordsee konsequent nach den Vorgaben des Internationalen Rates für Meeresschutz festzusetzen. Warum nennen Sie die Vorgaben nicht? - Weil Sie keinen Mut haben, sie umzusetzen, weil Sie lieber Placebopolitik betreiben und nichts tun.
Sie, meine Damen und Herren von CDU und FDP, treten beim Meeresschutz ja lieber auf die Bremse. Ich habe von Ihnen keinen Aufschrei vernommen, weil die EU-Kommission wiederum deutlich überhöhte Fangquoten genehmigt hat. Die Wasserrahmenrichtlinie wird auch nicht so konsequent umgesetzt, dass Nährstoffeinträge in Wattenmeer und Nordsee vermieden werden. Dann müssten Sie nämlich ganz konkret auch an die Quellen herangehen, nämlich an die landwirtschaftlichen Nutzer. Genau das aber wollen Sie ja nicht.
Meine Damen und Herren, aber auch im Bereich Wirtschaftsförderung bleiben Sie sehr allgemein. Sie wollen z. B. die maritime Forschung stärken. Wie Sie dies tun wollen und mit welchen Forderungen Sie auf den Markt gehen wollen, sagen Sie jedoch lieber nicht. Sie haben auch hier keine klare Zielorientierung. Sie erkennen zwar, dass auf EUEbene etwas Wichtiges passiert. Darüber muss man dann ja auch in Niedersachsen reden, um zu zeigen, dass man am Thema dran ist. Mehr ist aber nicht drin.
Zur SPD ist zu sagen: Warum die SPD-Fraktion diesem Antrag zustimmt und der Landesregierung damit einen Freibrief erteilt, so zu handeln, wie immer sie möchte, kann ich schlicht und ergreifend nicht nachvollziehen. Das begreife ich nicht.
Meine Damen und Herren, unser Änderungsantrag hilft Ihnen aber bei der Konkretisierung dessen, was man in diesem Sektor umsetzen kann. Wenn Sie eine vernünftige Meerespolitik betreiben wollen, dann vermeiden Sie endlich unnötige Konkurrenzen zwischen den Häfen! Bringen Sie die europäische Meeresforschung auf den Weg, die abge
stimmt und koordiniert abläuft. Wirken Sie auf einheitliche Sozial- und Umweltstandards sowie auf eine einheitliche Besteuerung in der maritimen Wirtschaft in der EU hin.
Wenn Sie tatsächlich den Meeresschutz voranbringen wollen, dann setzen Sie die Beschlüsse der Oslo-Paris-Konvention um.
Orientieren Sie Ihre Landwirtschaftspolitik und die Agrarbeihilfen konsequent an umweltgebundenen Leistungen, und verzichten Sie auf Ackernutzung in potenziellen Überschwemmungsgebieten.
Wir erheben darauf wirklich keine Urhebergebühren. Meine Fraktion und ich stehen Ihnen auch gern zur Erläuterung zur Verfügung, falls Sie ihn sonst nicht umsetzen können.
Meine Bitte ist: Ziehen Sie Ihren jämmerlichen Antrag zurück; dann werde ich dafür sorgen, dass wir unseren Änderungsantrag zurückziehen. Lassen Sie uns dieses wirtschaftlich und ökologisch wichtige Thema wirklich mit der nötigen Tiefe beraten. - Vielen Dank.
(Beifall bei den GRÜNEN - Wolfgang Ontijd [CDU]: Jämmerlich war das, was Sie hier vorgetragen haben!)
Meine Damen und Herren, manchmal sollte man überlegen, welches Wort man nimmt. Für „jämmerlich“ gibt es sicherlich bessere Ausdrücke.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Janßen hat hier eben einen ordentlichen Rundumschlag vorgenommen. Ich muss mich aber der Kritik des Kollegen Thümler anschließen: Nach sechsmonatiger Beratung einen Tag vor der heutigen Plenarsitzung einen vierseitigen Änderungsantrag vorzulegen, der überdies voll mit Rechtschreibfehlern ist und etliche sprachliche Unklarheiten enthält, ist dann doch nicht genug.
Ich möchte Ihnen, lieber Kollege Janßen, einmal erklären, wie grüne Politik formuliert wird. Das können Sie in der Bundestagsdrucksache 15/4862 vom 16. Februar 2005 nachlesen. Unter der Überschrift „Maritimen Standort Deutschland stärken Innovationskraft nutzen“ fordert die GrünenBundestagsfraktion, 15 Küstenländer übergreifende Verkehrsinfrastrukturprojekte des Bundesverkehrswegeplanes 2003 zeitnah und prioritär voranzubringen, Projekte zur Entlastung der Straße zugunsten des Wasserweges (Kurzstreckenver- kehr und Binnenschifffahrt), innovative Umschlagstechnik und Transportkettenlogistik zu fördern, den Abbau von Hemmnissen weiter voranzutreiben - hört, hört! -, um zu einer stärkeren Nutzung des Kurzstreckenseeverkehrs zu kommen und das Konzept „Motorways of the Sea“ weiterzuentwickeln.
In diesem Antrag, lieber Herr Janßen, verehrte Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, werden Meeresenergien, Tiefwassertechnik, Leit- und Sicherheitstechnik und Polartechnik gepriesen. Da wird die Verfahrensbeschleunigung bei den Genehmigungen von Offshore-Windparks angestrebt.
Das also kann grüne Politik sein. Ihre Kollegen auf der Berliner Ebene, verehrter Herr Janßen, sehen die Dinge außerordentlich realistisch. Im Gegensatz zu Ihnen haben die wahrscheinlich gelegentlich auch einmal an der Küste gestanden und zugesehen, wie ein schwerer Containerfrachter vorbeifährt. Sie haben sich dabei überlegt, dass die internationale Containerschifffahrt einen wesentlichen Beitrag zur Wertschöpfung und zur Vermehrung des Wohlstandes in unserem Küstenland und in Deutschland ganz allgemein leistet.
In dem Änderungsantrag, den Sie gestern vorgelegt haben, ist nicht von Chancen, sondern leider nur von Risiken die Rede. Sie sprechen von „Problemen“, „Eingriffen“, „Belastungen“, „unproduktiven Konkurrenzen“ und von „unnötigen Doppelstrukturen“ und fordern jede Menge Verbote. Genau das ist die grüne Weltsicht, wie wir sie hier schon so oft erlebt haben. Lieber Herr Janßen, es täte Ihnen gut, wenn Sie sich einmal an die Nordseeküste stellen würden. Dann könnten Sie sehen, mit welcher Begeisterung dort Schiffbau betrieben wird und welch ein lebhafter Wettbewerb zwischen den niedersächsischen Hafenstandorten besteht. Ich erwähne Emden und Cuxhaven, die sich beide darum rangeln, den besten Ausgangspunkt für die Offshore-Windtechnologie zu haben.
(Hans-Dieter Haase [SPD]: Das ist doch längst zugunsten von Emden entschieden! Das muss nur noch die Landesregierung kapieren!)
- Das ist längst zugunsten Emdens entschieden, verehrter Herr Kollege Haase. Die Cuxhavener haben aber auch ihre Chancen. - Da gibt es also Möglichkeiten, denen man mit Optimismus begegnen muss.
Der Antrag, der gleich die große Mehrheit des Landtags finden wird, hat die Chancen im Blick, ohne jedoch die Risiken zu vernachlässigen. In diesem Antrag ist auch von „Ökosystemen“ die Rede.
Von daher bitte ich jetzt auch Sie, zur Vernunft zu kommen, die Position Ihrer Berliner Kollegen zu übernehmen, für die Chancen zu stimmen und dem Antrag der Koalitionsfraktionen zuzustimmen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist so ein Punkt, bei dem man sagen kann: Eigentlich ist schon alles gesagt, aber noch nicht von mir. - Sechs Minuten habe ich noch.
Ich fange anders an: Vielleicht kennen Sie dieses Zitat. Admiral Tirpitz hat einmal gesagt: Die Deutschen stehen mit dem Rücken zum Meer. - Das hat er nicht auf wirtschaftliche, sondern auf andere Aspekte bezogen. Darauf möchte ich jetzt nicht weiter eingehen. Die Wende für unsere Nordseeküste - das muss man einfach feststellen - ist erst eingetreten, nachdem sich der ehemalige Bundeskanzler Schröder für sie mit seinem maritimen Bündnis engagiert hat.
Das hat uns weit nach vorn gebracht, weil damit unsere Landesinitiativen unterstützt worden sind. Die Erfolge - natürlich auch die der Landespolitik sind ja die, die auch Herr Thümler zu Recht beschrieben hat. Die Änderung in der Haltung hat aber Herr Schröder herbeigeführt. Vor wenigen Tagen fand in Cuxhaven die Hafentagung statt, an der auch einige hier aus diesem Hause teilgenommen haben. Dort sind die gleichen Probleme aufgezeigt worden, die auch meine Vorredner hier eben schon beschrieben haben. Die Chancen liegen natürlich im Verkehr auf der Nordsee. Die Chancen liegen in erster Linie sicherlich in den Short-Sea-Verkehren. Das ist uns deutlich geworden. Wir haben es auch bei der Ostseereise des Unterausschusses festgestellt. Die Hafenbetreiber in Helsinki haben z. B. beklagt, dass ihnen die Wartezeiten im Hamburger Hafen inzwischen zu lang sind. Das ist kein Projekt, das in erster Linie auf Wilhelmshaven zulaufen könnte, weil dort der Tiefwasserhafen gebaut wird, der ja auf die großen Containerschiffe setzt, sondern dieses Projekt ist für kleine Schiffe geeignet und könnte die ShortSea-Verkehre beschleunigen. Dafür sind in erster Linie unsere Häfen in Niedersachsen - gerade auch vor dem Hintergrund des Jahreserfolges 2005 - sehr gut geeignet.
Was mich bei Ihrem Antrag etwas irritiert hat, möchte ich jetzt aber auch sagen, Herr Thümler. Die Chancen, die in der Nordsee liegen, haben wir längst noch nicht ausgeschöpft. In diesem Bereich gibt es noch Möglichkeiten, die Sie umfassend beschrieben haben. Damit haben Sie im Grunde genommen einen Rundkurs durch die gesamte Ausschussarbeit gemacht. Ich muss dann aber auch sagen: Man muss auch im Blick behalten, wie sehr die Nordsee gefährdet ist. Diesbezüglich reicht nicht nur ein einziger Satz aus, sondern man muss die Probleme deutlich benennen.
Wenn ich in Cuxhaven mit den wenigen dort noch vorhandenen Fischfangunternehmen rede, dann sagen insbesondere die größeren: Die Nordsee - oder das Meer überhaupt - ist eigentlich eine Wüste. Dort gibt es manche Stellen wie kleine Oasen, an denen etwas stattfindet. Dort findet man noch Fische. Wenn heute jemand forscht, auf das Meer hinausfährt und sagt, es gebe keinen Kabeljau oder keinen Seelachs - das ist egal, es gibt ja kaum noch vernünftigen Fisch - in ausreichender Menge mehr, dann sind das Zufallsergebnisse. Ich kenne jemanden, der behauptet: Ich fange meinen Fisch immer!
Wenn das die Position ist, dass als Erstes der wirtschaftliche Nutzen gesehen wird, dann laufen wir natürlich Gefahr, dass wir das Meer wirklich ausbeuten, vielleicht ohne es zu wissen. Mir hat gestern ein Kollege aus diesem Hause erzählt, dass er vor wenigen Tagen in Fedderwarden frische Krabben kaufen konnte. Natürlich darf man auch im Winter Krabben fangen. Es gibt kein Fangverbot. Aber früher haben die Krabbenfischer im Winter nie gefangen, weil sie die Krabbenbestände schonen wollten. Heute ist das Schonen der Bestände nicht mehr in dem Umfang notwendig, weil die Fische fehlen, die früher davon gelebt haben. Da stimmt im Verhältnis irgendetwas nicht mehr.
Meine Position ist, dass wir uns auch heute schon auf einer Gratwanderung befinden. Das Intakthalten der ökologischen Zustände ist viel schwieriger, als wir das glauben. Wir entziehen unter Umständen uns selbst, aber vor allen Dingen unseren Nachkommen die Lebensgrundlagen. Dann reicht es nicht aus, eine auf die Oberfläche bezogene wirtschaftliche Betrachtung anzustellen. Ein totes Meer lockt keinen Touristen mehr, und ob ein totes Meer wirklich in dem Sinne befahrbar ist, das möchte ich bezweifeln.