Protocol of the Session on October 6, 2005

Ich rufe jetzt auf

Tagesordnungspunkt 11: Zweite Beratung: Planungssicherheit für die niedersächsischen Museen - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/844 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Kultur Drs. 15/2217

Die Beschlussempfehlung lautet auf Annahme in geänderter Fassung.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Zur Beratung hat zunächst Frau Kollegin Bührmann das Wort. Bitte sehr!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich zu Beginn etwas zu dem öffentlichen Stellenwert von Museen sagen, damit Sie nicht dem Irrtum anheim fallen, wir würden hier über ein marginales Thema reden.

(Vizepräsidentin Ulrike Kuhlo über- nimmt den Vorsitz)

Gegenüber 100 Millionen Besucherinnen und Besuchern von Museen bundesweit verzwergen sich die Bundesligaspiele zu Spartenereignissen. Die Fußballfans im Niedersächsischen Landtag und darüber hinaus mögen mir das verzeihen, aber die Zahlen sind nun einmal so, wie sie sind. In Niedersachsen haben im Jahr 2004 rund 7,5 Millionen Menschen die Museen besucht. Das ist eine wirklich ganz außerordentlich große Anzahl. Angesichts dieser Zahl kann nicht von einer Museumskrise geredet werden. Wahr ist aber auch: Die Museen stehen heute vor Herausforderungen, die noch nie so groß waren wie jetzt.

Dies war der Hintergrund für unseren Entschließungsantrag aus dem vergangenen Jahr. Alle Fachleute wissen, dass strukturelle Veränderungen bei den Museen dringend erforderlich sind. Die bundesweiten Diskussionen über die Umwandlung der Museen von nachgeordneten Behörden in öffentlich-rechtliche Stiftungen sind schließlich nicht zu übersehen und auch nicht zu überhören.

Fast genau ein Jahr später wurde ein Änderungsvorschlag der Fraktionen der CDU und der FDP eingebracht. Dieser Zeitraum, sehr geehrte Damen und Herren, ist weder dem Thema und dem herrschenden Veränderungsdruck angemessen, noch spricht er für eine intensive Beschäftigung mit unserer Museumslandschaft.

(Zustimmung bei der SPD)

Ich habe zunehmend den Eindruck: Minister Stratmann beschimpft zwar die Museen in unserem Lande, muss aber, wenn es um konkrete positive Veränderungen geht, zum Jagen getragen werden.

(Zustimmung bei der SPD)

Dass unsere Museen auch bundesweit und landesweit hohe Anerkennung genießen, haben wir heute gerade wieder in der HAZ gesehen. Sechs Museen in unserem Lande sind für die Museumspädagogik ausgezeichnet worden.

(Zustimmung bei der SPD)

Ich würde es mir wirklich überlegen, Herr Minister, ob das mit der Beschimpfung so weiter gehen kann.

Wie Bundesländer auch mit ihren Museen umgehen können, zeigt uns eine Anzeige des Landes Baden-Württemberg in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 2. Oktober - also sehr frisch. Unter der Überschrift „Hinterherpfeifen ist in unseren elf Landesmuseen nicht gestattet“ wirbt das Land mit einer außerordentlich witzigen und ansprechenden Anzeige für seine Museen. Damit Sie einmal sehen, wie so etwas gehen kann, habe ich Ihnen diese Anzeige mitgebracht und will Sie Ihnen einmal hier zeigen. Wir haben sie etwas vergrößert, damit auch Sie das erkennen können.

(Die Rednerin hält eine Kopie hoch)

So sieht es aus, wenn das Land BadenWürttemberg etwas für seine Museen tut, und so

sieht es aus, wenn das Land Baden-Württemberg hinter seinen Museen steht.

(Zustimmung von Isolde Saalmann [SPD])

Den Text können Sie vielleicht nachher durchlesen; das würde jetzt zu viel Zeit in Anspruch nehmen. Also, sehr geehrter Herr Minister, dieses Engagement für die Museen wünschen sich auch die Museen in Niedersachsen.

Aber was passiert hier eigentlich? Was erfahren sie hier eigentlich von ihrem Minister? - Lassen Sie mich mit den nichtstaatlichen Museen beginnen. Alle Projektmittel für nichtstaatliche Museen sind an die Landschaften gegangen, d. h. die Mittel, die früher für die Förderung nichtstaatlicher Museen zur Verfügung standen, sind in den allgemeinen Fördertopf der Landschaften eingegangen und damit zur allgemeinen Disposition gestellt. Noch völlig offen ist, ob, in welcher Art und in welchem Umfang die Zusammenarbeit zwischen dem Museumsverband Niedersachsen und Bremen und den Landschaften stattfinden wird. Wenn das Wissenschaftsministerium über die Qualität von Museen redet, dann ist es doch widersinnig, die fachliche Kompetenz des Museumsverbandes gerade bei der Genehmigung von Fördermitteln nicht einzubeziehen. Diesem Problem, sehr geehrte Damen und Herren, wird die Landesregierung auch nicht begegnen können, indem sie gemeinsam mit dem Museumsverband das Modellprojekt „Registrierung der Museen in Niedersachsen“ entwickelt.

Die SPD-Fraktion begrüßt das Projekt ausdrücklich; das ist keine Frage. Richtig ist auch, Fortbildungsprogramme für die Mitarbeiter von Museen zu entwickeln. Unklar bleibt aber, in welchem Umfang die Bundesakademie für kulturelle Bildung einbezogen werden soll, zumal in den Haushaltsberatungen zu unserer großen Überraschung deutlich wurde, dass die erhöhten Zuschüsse für die Bundesakademie nicht in Verbindung mit diesen Fortbildungsveranstaltungen stehen sollen. Sie gucken mich so an: Wir können es gerne im Protokoll nachlesen.

Die Landesmuseen, sehr geehrte Damen und Herren, sind die Flaggschiffe von Niedersachsen.

(Beifall bei der SPD)

Dem wird wohl niemand widersprechen. Aber behandelt die Landesregierung diese Museen eigentlich so? - Wir antworten: Nein.

Nach Sparauflagen der Landesregierung, die zu Verwerfungen zwischen den Museumsdirektoren und der Landesregierung geführt haben - Sie kennen die Debatte -, sieht jetzt auch die Landesregierung die Notwendigkeit einer strukturellen Veränderung ein. Das ist unserem Entschließungsantrag zu verdanken; das will ich hier heute in aller Deutlichkeit sagen. Die angestrebte Umwandlung in Landesbetriebe ab 2006 findet unsere Unterstützung. Gleichwohl betrachten wir dies nur als einen Zwischenschritt zur weiteren Selbständigkeit. Die Realität sieht aber so aus, dass die Museen 2006 keineswegs in Landesbetriebe umgewandelt werden, sondern in so genannte Betriebe - was man auch immer darunter verstehen mag -, da offensichtlich die für die Umwandlung erforderlichen finanziellen Mittel von der Landesregierung nicht zur Verfügung gestellt werden konnten.

Wenn es richtig ist, dass die Mittel für kaufmännische Leiter aus museumseigenen Mitteln erwirtschaftet werden müssen, wenn es richtig ist, dass die Organisationsform der einzelnen Museen immer noch nicht geklärt ist, wenn es richtig ist, dass erst jetzt Verhandlungen über mögliche gemeinsame nutzbare Software beginnen, dann fragen wir uns: Was hat die Landesregierung eigentlich zwischen der Einbringung unseres Entschließungsantrages und heute getan?

Die Umwandlung der Museen in Landesbetriebe kann nur gelingen - das wissen wir auch alle -, wenn die Museen einen verlässlichen Partner in der Politik finden. Das heißt, es geht um Budgetund Zielvereinbarungen. Die Entwicklung je nach Haushaltslage aufzuweichen, ist ein fatales Signal. Es darf nicht vorrangig um Sparmodelle, sondern es muss um das Entwickeln einer verantwortungsbewussten Handlungsfähigkeit für die Museen gehen.

(Glocke der Präsidentin)

- Ich komme zum Schluss.

Niedersachsen, sehr geehrte Damen und Herren, gerät mit seinen Landesmuseen hoffnungslos ins Hintertreffen. Diese Landesregierung lässt in der Kulturpolitik jegliche Impulse und Unterstützung vermissen. Wir vermissen bei allem unterschiedlichen Rollenverständnis von Kultur und Politik auch den Stolz des Kulturministers auf seine Museen. Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Nächste Rednerin ist Frau Britta Siebert von der CDU-Fraktion. Frau Siebert, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Wer vor der Vergangenheit die Augen verschließt, wird blind für die Gegenwart.“ Diese Aussage Richard von Weizsäcker zeigt, wie wichtig das Bewahren unserer Geschichte ist, wie wichtig es ist, dass sie in zahlreichen unserer Museen in Niedersachsen gezeigt wird.

Die niedersächsische Museumslandschaft ist einzigartig. Das kann niemand bestreiten und, ich glaube, dass will hier auch niemand bestreiten. So vielfältig wie das Land Niedersachsen mit seinen Regionen - vom Harz über die Lüneburger Heide bis an die Nordseeküste - ist, so vielfältig zeigt sich auch seine Museumslandschaft.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

So werde ich an dieser Stelle auch nicht müde zu betonen, dass die Vielfalt - von den montanhistorischen Museen im Oberharz bis zum Carolinensieler Seehafen-Museum, von den Darstellungen der frühesten menschlichen Spuren in Schöningen bis zu modernster Kunst in der wunderschönen Kunsthalle in Emden - einzigartig ist und dass wir uns das hier immer wieder vor Augen führen müssen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir können wahrhaftig stolz auf das sein, was unsere Museen - von den großen Landesmuseen bis in die kleinsten heimatlichen Museumsstuben zu bieten haben. In vielen der niedersächsischen Museen wird Tag für Tag geforscht und Neues ans Tageslicht gebracht. Das ist eine sehr gute und wichtige Angelegenheit. Aber es darf keinesfalls vergessen werden, dass die Ergebnisse, die Schätze der Museen, einem breiten Publikum präsentiert werden sollten und auch müssen. Es darf nicht vergessen werden, dass die Inhalte dafür besucherfreundlich dargestellt werden müssen, dass sie nicht nur für Experten aufbereitet werden dürfen, sondern vor allem auch für Familien mit Kindern, für Schülergruppen, Jugendliche, für interessierte Personen mit weniger Hintergrundwissen spannend und auch lehrreich dargestellt werden müssen. Wir wollen, dass alle aus der Vergangen

heit lernen können, um für die Zukunft gewappnet zu sein.

Die Attraktivität für Besucher muss in unseren Museen meines Erachtens eine mindestens so große Bedeutung haben wie die Forschung. Insbesondere dort, wo die Besucherzahlen auf einem Tiefpunkt angelangt sind - das ist mit Sicherheit nicht überall so, aber es ist in einigen Bereichen so -, darf man sich nicht ausschließlich auf Forschung zurück- und sich ins Hinterstübchen verziehen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die anspornenden Äußerungen von Lutz Stratmann, die Sie, meine Damen und Herren von der SPD, als destruktiv und beschimpfend verstanden wissen wollten, sind eine gute Möglichkeit gewesen, Familien, Kinder und Jugendliche und eine Vielzahl anderer als potenzielle Museumsgänger wieder mehr in das Blickfeld einiger Museumsmacher zu rücken. Deshalb sind sie eine gute Möglichkeit, die Arbeit derer, die sich bereits seit langem daran orientieren, positiv hervorzuheben und ihnen zu zeigen, dass wir diese Arbeit besonders schätzen.

Aus diesem Grund ist es uns ein besonderes Anliegen, ein besucherorientiertes Qualitätssystem zu entwickeln und gemeinsam mit dem Museumsverband ein Qualitätssiegel zu schaffen, das der genannten Vielfalt der niedersächsischen Museen gerecht wird.

(Zustimmung von Katrin Trost [CDU])

Auch ist wichtig, dass dabei die Belange unserer kleineren Museen in der Fläche, im ländlichen Raum, berücksichtigt werden.

Meine Damen und Herren, Planungssicherheit ist ein Ziel, das in Zeiten knapper Kassen immer stärker ins Blickfeld gerät.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das ist gut und verständlich. Ich denke, im Wissenschaftsministerium sieht man, dass in allen Bereichen Planungssicherheit Priorität hat. Planungssicherheit kann man sicherlich nur über einen bestimmten Zeitraum geben. Mit der Neuordnung der Kulturförderung können wir auch einiges für die Planungssicherheit unserer Museen tun. Das Drei-Säulen-Modell ermöglicht jeder Säule - für den Bereich der Museen ist es die zweite Säule mit dem Titel „Kulturelles Erbe“ -, bis zum