„Bereits im November 2002 hatte Wulff als damaliger Oppositionsführer der CDU-Fraktion einen Antrag in den Niedersächsischen Landtag für ein Aktionsprogramm ‚Niedersachsen baut auf Kultur‘ gefordert, um dem immer stärker werdenden Rückzug der öffentlichen Hand aus ihrer Verantwortung als Bauherr entgegenzuwirken und das Thema Baukultur in den niedersächsischen Städten und Gemeinden zu stärken.“
Das ist übrigens etwas, was auch wir in unseren Redebeiträgen schon vielfach gefordert haben, allerdings gegen die neue Landesregierung.
„Kammerpräsident Schneider bot der neuen Landesregierung die Unterstützung der Kammer bei der Umsetzung dieses Programms an. Es wurde verabredet, sich gemeinsam - trotz fehlender Haushaltsmittel - um ein Aktionsprogramm zur Förderung der Baukultur zu bemühen. Wulff und Schneider einigten sich ferner darauf, die gute Kooperation zwischen Land und Architektenkammer beim niedersächsischen Staatspreis für Architektur fortzusetzen. Die öffentliche Aufmerksamkeit für den alle zwei Jahre verliehenen Preis soll durch die Zusammenarbeit weiter gesteigert werden. Zukünftig soll er eine wichtige Rolle im Rahmen des Aktionsprogramms ‚Niedersachsen baut auf Kultur‘ spielen.“
Das Programm gibt es also, es gibt es aber auch wieder nicht. In unserem Antrag steht es, von daher wird es das wohl irgendwann einmal geben.
Jetzt noch einmal zu der Baukultur und der Rolle der Landesregierung dabei. Sie waren noch 2002 der Meinung, dass das Land eine Vorreiterrolle bei der Förderung der Baukultur einnehmen muss. Deswegen sind wir der Ansicht, die Landesregierung sollte eine initiierende Haltung einnehmen, und sie sollte eine Kampagne zur Förderung der Baukultur anstoßen. Wenn sich eine Landesregierung dazu außerstande sieht, dann ist das ein absolutes Armutszeugnis. Man braucht doch erst einmal kein Geld dafür! Wenn sich ein Unternehmen mit einem Jahresetat von 20 Milliarden Euro - und ein solches ist das Land - nicht in der Lage
sieht, gemeinsam mit Bausparkassen, Kammern, Handwerk, Kommunen, Schulen, Hochschulen und der in weiten Teilen interessierten Öffentlichkeit eine Kampagne zu führen, dann kann man das nur als absoluten Offenbarungseid bezeichnen.
Wir verlangen nicht mehr und nicht weniger, als dass die Landesregierung ihr Wort hält. Wir wollen ihr dabei gern den Rücken stärken. Wir sollten nicht unterschätzen, wie wichtig eine einmütige Landtagsentschließung zu diesem Thema sein kann. Dazu zu kommen und eine Breitenwirkung zu entfalten - das sollten wir anstreben und die Anstrengungen dann mit Leben erfüllen. Der vorliegende Antrag kann dafür eine Grundlage bilden. Er ist allerdings verbesserungsfähig und auch verbesserungswürdig.
Ich hoffe auf eine gründliche und positive Beratung im federführenden Ausschuss. Es werden allerdings auch die Belange des Ausschusses für Wissenschaft und Kultur, für Inneres, für den ländlichen Raum und für Kultus betroffen, die für die Frage ebenfalls ihre Zeit opfern sollten. - Schönen Dank.
Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Federführend soll sich der Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit mit dem Antrag beschäftigen, mitberatend der Ausschuss für Wissenschaft und Kultur, der Ausschuss für Haushalt und Finanzen und der Ausschuss für Inneres und Sport. - Ich weiß nicht, ob das eben ein Antrag war, auch den Ausschuss für den ländlichen Raum mit der Mitberatung zu beauftragen.
- Es soll also auch der Ausschuss für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz mitberatend tätig werden. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist dann so beschlossen.
Tagesordnungspunkt 16: Besprechung: Herausforderung für Niedersachsens Hochschulen - steigende Schulabsolventenzahlen und „doppelter“ Abiturjahrgang 2011 - Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/1980 - Antwort der Landesregierung - Drs. 15/2163
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Durch die Verkürzung der Schulzeit bis zum Abitur von neun auf acht Jahre wird es in Niedersachsen 2011 zwei Abiturjahrgänge geben. Die ohnehin kontinuierlich steigende Schulabsolventenzahl wird im Jahr 2011 regelrecht explodieren. Derzeit rechnet die Landesregierung mit 68 400 hochschulberechtigten Schulabgängern, statt 43 900 im Vorjahr. Alle diese Schülerinnen und Schüler wollen selbstverständlich eine Ausbildung, und viele von ihnen werden an eine Hochschule gehen wollen. Doch nach dem jetzigem Stand der Dinge werden sie eine herbe Enttäuschung erleben müssen; denn tausende von ihnen werden im ersten Jahr nach dem Schulabschluss auf der Strecke bleiben. Sie, Herr Minister Stratmann, erwecken den Eindruck, als bestehe überhaupt kein Handlungsbedarf, als ließe sich dieser sprunghafte Anstieg von Studienberechtigten problemlos bewältigen.
Meine Damen und Herren, müsste ich die Antwort der Landesregierung auf unsere Große Anfrage unter ein Motto stellen, dann würde ich sagen: „Nach uns die Sintflut“. Anders kann ich es nicht deuten, wenn die zentrale Botschaft auf unsere Anfrage lautet: Die Hochschulen haben Planungssicherheit bis 2010. „Die Niedersächsische Landesregierung wird im Übrigen rechtzeitig Vorkehrungen treffen, um den doppelten Abiturjahrgang bewältigen zu können.“ - Meine Damen und Herren, diese lapidare Antwort ist angesichts des bildungspolitischen Sprengstoffs, der sich hinter dieser Diskrepanz zwischen der sinkenden Zahl von Studienplätzen auf der einen Seite und der steigenden Anzahl der Studienberechtigten auf der anderen Seite verbirgt, an vorgetäuschter Arglosigkeit kaum noch zu überbieten.
Noch nicht einmal die wichtigsten Plandaten kann das Ministerium liefern. Länderspezifische Schätzungen über die Entwicklung der Studierendenzahlen können Sie nicht liefern. Diese kommen angeblich erst im Oktober von der KMK, sagen Sie, Herr Minister. Die KMK wird aber auch nichts anderes machen können, als auf der Grundlage bisheriger Wanderungssalden zu prognostizieren. Warum kann uns das MWK diese Zahlen für Niedersachsen nicht vorlegen?
Auch zu der Entwicklung der Anzahl der Studienplätze bleiben Sie die Antwort schuldig. Da heißt es schlicht: Die Entwicklung der Anzahl der Studienplätze wird sich aus dem Finanzrahmen ergeben, den der Zukunftsvertrag für die Hochschulen bereitstellt.
Meine Damen und Herren, einen Vorgeschmack auf die Konsequenzen dieser Aussage bieten die Erfahrungen mit dem Hochschuloptimierungskonzept (HOK). Mit Ihrer so genannten Optimierung haben Sie es geschafft, Niedersachsen neben Berlin zum Spitzenreiter in Sachen Rückgang von Studienanfängern zu machen - minus 12 % im Wintersemester 2004/2005. Ausweislich Ihrer eigenen Zahlen wird dieser Trend anhalten. Seit 2003 ist die Zahl der Studienanfängerplätze in Niedersachsen um fast 3 900 gesunken. Das ist angesichts der bildungspolitischen Herausforderungen ein echter Skandal.
Meine Damen und Herren, dass man mit dieser Situation auch völlig anders umgehen kann, zeigt Baden-Württemberg, wo 2012 ebenfalls zwei Abiturjahrgänge anstehen. Dort ist eine Arbeitsgruppe beauftragt worden, Problemlösungen zu erstellen. Dort steht fest, dass man die Nachfrage ohne befristeten Kapazitätsausbau nicht wird bewältigen können. Baden-Württemberg zeigt, dass es sehr wohl möglich ist, schon heute Plandaten vorzulegen, wenn natürlich auch unter der Annahme von gleich bleibenden Studierquoten. Folgerichtig sollen in Baden-Württemberg die Maßnahmen zum notwendigen Ausbau an Studienplätzen noch in diesem Jahr vorgestellt werden.
Sie, Herr Minister Stratmann, sehen das wesentlich gelassener. Bei Ihnen heißt es lapidar: Unabhängig von Detaillösungen für den doppelten Abi
turjahrgang sind Schwankungen in der studentischen Nachfrage nach Studienplätzen nicht neu und wurden in der Vergangenheit stets bewältigt, ohne dass das Gesamtsystem Schaden nimmt. Meine Damen und Herren, das ist eine Aussage, von der ich behauptet hätte, dass sich kein Wissenschaftsminister traut, sie zu Papier zu bringen.
Ich darf Sie daran erinnern: Schon einmal standen die Hochschulen vor der Aufgabe, den Studentenberg zu untertunneln, um den jetzigen Präsidenten der Hochschulrektorenkonferenz, Professor Gaehtgens, zu zitieren. An diesen Folgen kranken unsere Hochschulen noch heute. Und was tun Sie? - So, als gäbe es kein Überlastproblem mit den Folgewirkungen zu hoher Abbrecherquoten, zu langer Studiendauer und zu geringer Absolventenzahlen, wird darauf vertraut, Nachfrageschwankungen über die Kapazitätsverordnung auszugleichen. Das heißt aber nichts anderes, als noch mehr Studierende in die ohnehin schon überfüllten Vorlesungen und Seminare zu stopfen.
„Wenn die Maßnahmen der KapVO nicht ausreichen, sind die Hochschulen in der Lage, im Rahmen ihrer Globalhaushalte zugunsten stärker nachgefragter Bereiche ressourcenintern umzuschichten.“
Ein toller Tipp! Schon heute sind in Niedersachsen 58 % aller Universitätsstudienplätze und 89 % aller Fachhochschulstudienplätze zulassungsbeschränkt. Die Tendenz ist steigend. Nur die wenigsten Studiengänge sind nicht ausgelastet. Studiengänge können, wie Sie wissen, auch nicht einfach von heute auf morgen beschlossen werden. Hinzu kommt, dass im Jahre 2011 doppelt so viele Studienbewerber vor den Hochschulen stehen werden wie 2005. Eine Umschichtungsmasse wird es an den Hochschulen dann also gar nicht mehr geben.
Zuletzt verweisen Sie noch auf die Mittel zur Bewältigung vorübergehender Überlasten. 2006 sind hierfür exakt 431 000 Euro veranschlagt. Diese Summe ist angesichts der anstehenden Probleme aber doch lächerlich. Herr Minister, das ist kein Maßnahmenplan, was Sie vorgelegt haben; das ist reine Fantasterei.
Meine Damen und Herren, den Hochschulen werden immer mehr Aufgaben aufgebürdet, während die Etats gekürzt werden. Der Zukunftsvertrag bedeutet für die Hochschulen nichts anderes als die weitere Kürzung öffentlicher Mittel. Gleichzeitig sollen sie aber aufwändige Zulassungsverfahren einführen und die Umstellung aller Studiengänge auf Bachelor- und Master-Strukturen gewährleisten. Beides ist aber nur dann umsetzbar, wenn die Personalkapazitäten gesteigert werden. Herr Minister Stratmann, Sie verkaufen uns die Umstellung auf Bachelor- und Master-Strukturen immer noch als Sparmodell. Dabei hat das Plenum der Hochschulrektorenkonferenz erst kürzlich erklärt, dass dies kostenneutral nicht umgesetzt werden kann. Bei gleich bleibenden Ressourcen müsse die Einführung der neuen Studiengänge zu einer Reduktion der Zulassungskapazitäten führen, warnt die HRK. Das heißt: im Zweifel noch weniger Studienplätze.
Ebenso wollen Sie, Herr Minister Stratmann, den Studierenden immer noch weismachen, Studiengebühren würden einen Beitrag zur Verbesserung der Studienbedingungen leisten. Die Fahrlässigkeit, mit der Sie das Problem steigender Studierendenzahlen angehen, lässt Folgendes erwarten: Die Studenten werden Gebühren zahlen und trotzdem schlechtere Studienbedingungen haben, als sie sie heute vorfinden.
Welcher Ausweg wird den Hochschulen bleiben? Sie werden an der Gebührenschraube drehen, und mehrere tausend Euro Studiengebühren sind bald dann vielleicht nicht nur ein Schreckgespenst, sondern Realität. Die Gelassenheit, mit der Sie dem „doppelten“ Abiturjahrgang entgegensehen, wird Ihrer Verantwortung als Fachminister in keiner Weise gerecht.
Den Preis werden die Schülerinnen und Schüler zu zahlen haben, die voraussichtlich 2011 Abitur machen. Viele von ihnen werden nach dem Schulabschluss keinen Studienplatz erhalten. Auch das Ausweichen auf andere Bundesländer wird wenig hilfreich sein, denn überall wird auf das Abitur nach acht Jahren umgestellt, in den meisten Ländern zwischen 2011 und 2013.
Meine Damen und Herren, was hat das für Konsequenzen? Eigentlich Studierwillige werden auf den dualen Ausbildungsmarkt ausweichen, wodurch ein zusätzlicher Verdrängungswettbewerb ausge
löst wird. Hauptschul- oder Realschulabsolventen werden dann noch schlechtere Chancen auf einen Ausbildungsplatz haben. Halten die Schüler und Schülerinnen aber an ihrem Studienwunsch fest, dann sind sie gezwungen, mindestens das Jahr zu verplempern, das ihnen zuvor vom Kultusminister durch das Abitur nach Klasse 12 geschenkt wurde. Für viele wird selbst das aber keine Lösung sein. Da sich Schulabgänger ohne Studienplatz oder Ausbildungsplatz nicht in Luft auflösen, werden wir das Überlastproblem noch einige Jahre vor uns herschieben. Wenn Sie nicht rechtzeitig gegensteuern, Herr Minister Stratmann, wird der absehbare Anstieg der Studentenzahlen zum Kollaps führen. Oder setzen Sie auf die abschreckende Wirkung der Studiengebühren?
Meine Damen und Herren, wir brauchen jetzt eine Strategie, die aufzeigt, wie wir für 2011 und die Folgejahre zusätzliche Studienplatzkapazitäten aufbauen können. Die Landesregierung darf sich nicht einfach aus der Verantwortung stehlen. Ihre Antwort auf unsere Frage lässt aber nur einen Schluss zu, Herr Minister Stratmann. Sie scheinen davon auszugehen, dass Sie dann nicht mehr zuständiger Minister sind. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
und zweitens ihre Entscheidungen immer so trifft, dass sie nachhaltig wirken. Dadurch setzen wir uns durchaus von unseren Vorgängerinnen und Vorgängern ab, die im Grunde nur tagespolitisch agiert haben. Dieses Thema gehört auch mit dazu. Ich bestreite ja gar nicht, dass es Handlungsbedarf gibt. Übrigens ist Niedersachsen das einzige der 16 Länder in Deutschland gewesen, das dieses Thema in die Kultusministerkonferenz eingebracht hat. Wegen eines Antrags Niedersachsens wird in der Kultusministerkonferenz darüber gesprochen und über Lösungsansätze nachgedacht. Warum?
Dies geschieht, weil wir die Problematik eben nur im Ländervergleich lösen können. Deshalb ist die Kultusministerkonferenz hier gefragt. Ich weiß doch gar nicht, wie sich etwa die Schulabgängerzahlen in anderen Ländern auswirken. Das sind Zahlen, auf die ich keinen Zugriff habe. Ich weiß doch gar nicht, welche Entwicklung sich etwa in den neuen Ländern vollzieht. Das sind Zahlen, auf die ich keinen Zugriff habe. Dieses Problem wird deshalb in der Kultusministerkonferenz angegangen. Dort werden gemeinsam unter allen Beteiligten Lösungskonzepte erarbeitet. Das heißt aber nicht, dass wir uns quasi nur zurücklehnen und warten, was dort passiert.
Sie haben hier auch die Bewerberzahlen angesprochen und gesagt, die Zahlen seien um 10 % zurückgegangen. Das ist in der Tat so. Ich habe heute Morgen aber auch darauf hingewiesen, dass wir schon im nächsten Jahr wieder mit einem enormen Ansturm - dem größten in ganz Deutschland - rechnen müssen. Solche Ausschläge, liebe ) &0 der Vorgängerregierung immer wieder gegeben. Völlig unabhängig davon, ob die Vorgängerregierung gespart hat oder nicht oder sonstige Maßnahmen ergriffen hat: Dies ist etwas, womit wir im Hochschulsystem klarkommen müssen. Dies ist etwas, was immer wieder passiert. In dem einen Jahr verzeichnen wir einen Rückgang der Zahlen und im nächsten Jahr wieder einen dramatischen Anstieg. Das heißt, langfristig sind solche Entwicklungen nur sehr schwer steuerbar. Detailprognosen für die Jahre 2010 bis 2015 jetzt anzustellen wäre wirklich unseriös. Bitte erwarten Sie von uns nicht, dass wir hier unseriöse Vorschläge unterbreiten.
Die Erfahrung lehrt zudem, dass sich ein plötzlicher Anstieg der Schulabsolventenzahlen nicht schlagartig in entsprechende Studienanfängerzahlen umsetzt. Vielmehr beobachten wir seit langem einen Effekt, den wir - das ist ein schreckliches Wort, aber es heißt nun einmal so - Verschleifung nennen. Das Problem einer zusätzlichen Absolventenkohorte wird uns über mehrere Jahre beschäftigen. Die nicht durchweg synchrone Entwicklung in den anderen Ländern ist für uns ebenfalls ein Thema. Wir werden die Fragen also auch länderübergreifend angehen müssen. So ist es in der KMK verabredet. Mit anderen Worten: Wir müssen die weitere Entwicklung der Bildungsbeteiligung sorgfältig beobachten und spätestens 2009 konkrete Vorkehrungen für Zielvereinbarungen und Budgetbemessung für die Haushaltsjahre
2010 bis 2015 treffen. Sie können sich darauf verlassen, dass wir das auch tun werden. Wir werden unserer Verantwortung insoweit in jedem Fall gerecht werden.