Protocol of the Session on June 23, 2005

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank. - Herr Kollege Wolfkühler, jetzt dürfen Sie Ihre Rede halten. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Karsten Behr, eigentlich hätten Sie mir die Rede schreiben können, die ich halten soll. Aber sie wird etwas anders sein, als hier vorgegeben wurde.

Meine Damen und Herren, ich habe selten bei einem Thema wie der Elbvertiefung so gravierende Unterschiede zwischen dem Reden im Landtag, dem Reden in den betroffenen Regionen und dem politischen Handeln der heutigen Regierungsfraktionen erlebt.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Damit kein Missverständnis aufkommt: Ich gehöre zu den Befürwortern der letzten Elbvertiefung. Ich gehöre zu denen, die auf die Zusagen des Beweissicherungsverfahrens vertraut haben und erheblich enttäuscht worden sind.

Aber der Reihe nach, meine sehr verehrten Damen und Herren. Zunächst einmal ein paar Zitate aus der Vergangenheit. Damit könnte man eigentlich die Diskussion führen.

Wolfgang Jüttner sagte 2001 in Stade: Die Deichsicherheit hat absoluten Vorrang. Eine weitere Vertiefung des Stroms ist kein Selbstgänger.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich kann es dem Fraktionsvorsitzenden der CDU nicht ersparen, dass er bei diesem Thema immer wieder gerne zitiert wird. Er hat am 17. Mai 2001 hier im Landtag, damals noch in der Opposition, gesagt:

„Bei der Abwägung zwischen den ökonomischen Notwendigkeiten, nämlich der Erreichbarkeit des Hamburger Hafens, und den in unserem Antrag und von mir vorgetragenen Bedenken vielfacher Natur kann man eigentlich nur zu dem Ergebnis kommen, dass eine weitere Elbvertiefung politisch kaum zu verantworten ist. Sie ist vor Ort schwer durchsetzbar, und vor allem ist sie auch nicht zwingend notwendig; denn für die Schiffe künftiger Größen stehen mit Wilhelmshaven und auch Cuxhaven zwei Standorte in Niedersachsen am seeschifftiefen Fahrwasser zur Verfügung.“

Wie wahr, Herr Kollege McAllister.

(Dieter Möhrmann [SPD]: Was sagt er heute dazu?)

- Dazu werden wir vielleicht noch etwas hören.

Christian Wulff, heute Ministerpräsident, sagte der Tageszeitung Die Welt im Februar 2003: Wir haben große Bedenken. - Das sagte er zum Thema Elbvertiefung. - Die niedersächsischen Gemeinden an der Unterelbe haben berechtigte Sorgen. Ich wohne in einer solchen Gemeinde.

(Monika Wörmer-Zimmermann [SPD]: Hört, hört!)

Behörden und Verbände zum Küstenschutz und zur Deichsicherheit im Landkreis Stade stellen im November 2004 massive Uferabbrüche in mehreren Bereichen fest.

Der Kreisbaurat Tönnies sagt: Der Zusammenhang mit der Elbvertiefung und den großen Containerfrachtern ist für uns eindeutig. - Gleiches gilt übrigens auch für den Landkreis Cuxhaven, meine Damen und Herren.

Der Umweltminister Sander war im Alten Land und hat in seiner großen Fachkompetenz gesagt: Es ist einfach zu erkennen - selbst bei Hochwasser -, dass der Abbruch von Vorland durch den letzten Ausbau der Elbe und die größeren Schiffe bedingt ist. - Wie wahr, Herr Minister.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich komme sonst mit meiner Zeit in Schwierigkeiten, Herr Kollege.

(Zurufe von der CDU)

- Wenn Sie mich nicht weiterreden lassen, komme ich sowieso in Schwierigkeiten.

(Norbert Böhlke [CDU]: Herr Kollege, Sie reden sich um Kopf und Kragen!)

- Das denke ich nicht.

Damit widerspricht der Minister, nach meiner Auffassung völlig zu Recht, der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung, die behauptet, dass ein Zusammenhang zwischen der Elbvertiefung 1999 und den Uferschäden nicht nachweisbar sei.

Eigentlich müsste Ihnen auch der Brief des Umweltministeriums an das Bundesverkehrsministerium und an die Hamburger Wirtschaftsbehörde zu denken geben. Das Niedersächsische Umweltministerium schreibt zum Thema Beweissicherung - nach diversen Einzelkritiken erfolgt die beschämende und niederschmetternde Feststellung am Schluss des Briefes -: Zusammenfassend ist festzustellen - hören Sie gut zu, meine Damen und Herren -, dass die Vorhabenträger ihrer Verpflichtung, jährlich über die Ergebnisse der Beweissicherung zu berichten, bislang nur äußerst unzureichend nachgekommen sind. - Das ist sehr höflich ausgedrückt. - Erschwerend kommt hinzu, dass sie

die in den Planfeststellungsbeschlüssen vorgeschriebenen Verfahren zur Ermittlung der maßnahmenbedingten Wasserstandsänderungen und zu den Tidescheiteländerungen trotz mehrfacher Zusagen bislang nicht anwenden. - Ich jedenfalls kenne das noch nicht. - Gleiches gilt mit Abstrichen auch für die Untersuchung zur Sockelstabilität. Ich bitte um Verständnis, wenn ich nachdrücklich - so heißt es dort weiter - die Einhaltung der Auflagen aus den Planfeststellungsbeschlüssen anmahnen muss.

(Helmut Dammann-Tamke [CDU]: Auch Dr. Stolpe hat in Stade noch et- was dazu gesagt!)

- Dazu komme ich noch. - Sie werden verstehen, dass die Erfüllung der Auflagen zur Beweissicherung eine zwingende Voraussetzung auch im Hinblick auf die künftige Einvernehmenserklärung ist. Ende des Zitats. Meine sehr geehrten Damen und Herren von CDU und FDP, ausgerechnet diesem nach meiner Meinung offensichtlich unzuverlässigen Partner wollen Sie im Gegensatz zur SPDFraktion jetzt einen Freibrief ausstellen.

(Widerspruch bei der CDU)

- Doch! Genau das ist der Unterschied. Daran ist nichts Fadenscheiniges.

(Karsten Behr [CDU]: Wir haben noch immer keine Begründung gehört!)

- Wir wollen im Wesentlichen die gleichen Voraussetzungen wie auch Sie. Wir möchten das aber nicht heute schon an die Landesregierung abgeben. Der Kollege Haase hat beim letzten Mal gesagt, da trauen wir dem Braten nicht so richtig. Wir möchten also weiterhin einen Parlamentsvorbehalt erhalten.

Lassen Sie mich abschließend, damit Sie mich vielleicht etwas besser verstehen, schnell noch eine persönliche Bemerkung machen. Mit ziemlicher Sicherheit bin ich in diesem Hause der Einzige, der innerhalb von 15 Jahren durch zwei Jahrhundertfluten persönlich und materiell betroffen war. Mein Elternhaus steht in Assel. Es ist 1962 nach Deichbrüchen abgesoffen. Im Jahr 1976 wohnte ich mit meiner jungen Familie in Drochtersen und hatte dort auch das Wasser 1,30 m hoch im Haus, wohlgemerkt - damit das klar ist - nicht im Keller, sondern im Wohnbereich. Nach diesem Erlebnis müssen Sie mir zugestehen, dass ich mich in erster Linie der Sicherheit der Menschen hinter den Dei

chen verpflichtet fühle, den Niedersachsen, und erst danach, wohl wissend um die wirtschaftliche Bedeutung des Hamburger Hafens - -

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

- ich komme zum Schluss, Herr Präsident -, den Interessen der Hamburger Wirtschaft.

(Karsten Behr [CDU]: Schon mal mit Berlin gesprochen?)

- Ja, daran ändern auch die 20 Millionen Euro, die Herr Stolpe bereitgestellt hat - viel zu wenig, wie Sie selbst gesagt haben -, nichts. Das reicht nicht zum Durchführen.

(Unruhe)

Herr Präsident, könnten Sie vielleicht dafür sorgen, dass ich meinen letzten Satz in Ruhe zu Ende bringen kann?

Wenn es wirklich der letzte Satz ist, dann ja.

Es ist der Letzte.

Versprochen?

Versprochen!

Gut.

Da offensichtlich jedenfalls heute weder die ökonomische Notwendigkeit noch eine ökologische Sinnhaftigkeit einer weiteren Elbvertiefung erkennbar ist und der vorliegende Änderungsantrag absolut nicht den Intentionen des von uns gewünschten Parlamentsvorbehalts entspricht, werden wir als SPD-Fraktion Ihrem Änderungsantrag nicht zustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Das Wort hat der Kollege Oetjen.

Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Wieder einmal ist das Thema Elbvertiefung Diskussionsgegenstand bei uns im Landtag. Wie schon in der Vergangenheit möchte ich für die FDP-Fraktion feststellen: Wir sagen Ja zu einer Elbvertiefung, aber nur dann, wenn alle von Niedersachsen an Hamburg und an den Bund übermittelten Vorgaben erfüllt sind