Protocol of the Session on June 22, 2005

Deshalb ist doch die Frage zu stellen: Macht es Sinn, die Laufzeit der Kernkraftwerke zu verlängern, oder ist es nicht sinnvoller zu sagen, wir stecken viel Geld in effiziente Kraftwerke? Wir sind heute - heute schon! - in der Lage, den durchschnittlichen Wirkungsgrad von Braunkohle- und Steinkohlekraftwerken von derzeit 38 % auf 45 % anzuheben. Auf 45 %! Das ist nur mit bester Technologie möglich, die etwas mit Innovation zu tun hat. Das ist nur mit bestausgebildeten Fachkräften möglich, die wir haben und die wir auch in Zukunft weiter brauchen. Da liegen die Lösungen für die Probleme unseres Arbeitsmarktes.

(Christian Dürr [FDP]: Sie wollen also fossile Energien haben?)

Herr Rösler, Sie haben auch deutlich gemacht, es gibt für Sie keine Verantwortung zum Thema Klimaschutz. Keine!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sie sorgen sich um die niedrigen Gewinne der Energiewirtschaft. Die niedrigen Gewinne dort müssen natürlich erhöht werden. Wozu denn? Was haben wir in den letzten Jahren erlebt? Wir haben erlebt, dass die Gewinne der Energiewirtschaft explodiert sind.

(Bernd Althusmann [CDU]: Jetzt spricht der Stadtwerke-Vorsitzende! Wie sieht das in Hannover aus?)

Wozu ist das genutzt worden? Haben diese Konzerne die Gewinne nach der Liberalisierung für die Modernisierung im Energiebereich genutzt? Nein, Sie haben sie dafür nicht genutzt. Aber sie haben den Markt sehr gut unter sich aufgeteilt.

(Christian Dürr [FDP]: Haben Sie die Gewinne der Stadtwerke Hannover an die Kunden weitergegeben?)

Sie kennen die Geschichte der Fusion von E.ON und Ruhrgas. Andere müssen wir an dieser Stelle nicht nennen. Wenn die Absicht ist, die Kernkraftwerke länger laufen zu lassen, damit die Profite noch mehr steigen, wobei klar wird, die wollen den Markt untereinander aufteilen, dann ist das mit Sicherheit die absolut falsche Richtung.

(Beifall bei der SPD - Christian Dürr [FDP]: Aber Sie haben es doch ge- macht! - Weitere Zurufe von der CDU)

Es gibt eine Alternative zur Politik mit Kernkraft, nämlich ein Mix ohne Kernkraft, der erstens aus umweltfreundlichen, effizienten Kraftwerken sowohl im Steinkohlebereich als auch im Braunkohlebereich und Gaskraftwerken besteht. Gleichermaßen ist das durch die erneuerbaren Energien mit einem Anteil von 20 % zu ergänzen, der bis 2010 anzustreben ist.

(Christian Dürr [FDP]: Und die restli- chen 80 %? 80 % fossil?)

- Ja. Herr Dürr, an einer Stelle muss ich Ihnen Recht geben: Wir kommen von den fossilen Brennstoffen nicht weg. Das ist doch klar.

(Christian Dürr [FDP]: Sie wollen den Anteil erhöhen!)

- Wir wollen den Anteil der erneuerbaren Energien deutlich erhöhen.

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Ferner wollen wir durch effiziente Kraftwerke dazu beitragen, dass der Verbrauch fossiler Energieträger vermindert wird. Das ist die Kombination. Die haben Sie nicht verstanden. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Bernd Althusmann [CDU]: Was hat er jetzt eigentlich gesagt? - Gegenruf von Dorothea Steiner [GRÜNE]: Für Sie hat er ein bisschen viel gesagt!)

Herr Kollege Dinkla, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Janßen, ich habe Ihnen ja immer viel zugetraut, aber eine solche Aktuelle Stunde zu diesem Thema und zu diesem Zeitpunkt wahrlich nicht. Das ist schon ein Stück aus dem Tollhaus. Wer solche Aktuellen Stunden formuliert, der hat die Hoffnung auf einen Sieg bei der Bundestagswahl längst aufgegeben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Das wün- schen Sie sich!)

Man muss sich das Thema dieser Aktuellen Stunde „Schwarz-gelbe Energiepolitik gefährdet Arbeitsplätze in Niedersachsen“ einmal vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion in Hamburg und Stade auf der Zunge zergehen lassen. Wissen Sie, was das ist, Herr Janßen? - Das ist zu diesem Zeitpunkt die Vorstufe zum energiepolitischen Suizid.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wer hat denn seit Jahren mit ideologiedurchsetzter und falscher Energiepolitik Unternehmen und Arbeitsplätze aus Deutschland - auch aus Niedersachsen - vertrieben? - Das sind doch Ihre Freunde in Berlin, allen voran die Umweltikone Trittin. Die Diskussion um die Standorte Hamburg und Stade zeigt, welche krisenhafte Situation insgesamt in dem gesamten Komplex der energieintensiven Betriebe besteht.

(Vizepräsident Ulrich Biel über- nimmt den Vorsitz)

Meine Damen und Herren, die Situation ist vorhin angesprochen worden. Das EEG ist genannt worden. Die Ökosteuer ist genannt worden. Ferner ist die Kraft-Wärme-Kopplung genannt worden. All das führt in der Kombination und in der Summe zu Belastungen, die nicht mehr hinnehmbar sind.

Meine Damen und Herren, Sie waren es auch, die den längst fälligen Wettbewerb im Strommarkt nach besten Kräften verhindert haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Lieber Herr Janßen, in den letzten Tagen haben 120 Betriebsräte von energieintensiven Betrieben der Aluminiumindustrie protestiert. Das zeigt, welche Haltung insgesamt im Bereich der Arbeitnehmerschaft zu Ihrer Energiepolitik vorhanden ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Dr. Philipp Rösler [FDP]: Arbeitneh- merfeindlich!)

Meine Damen und Herren, Adressat ist also nicht das Land. Schreiben Sie das um, und schicken Sie das nach Berlin! Dorthin gehört das.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wir brauchen in Deutschland eine stärker marktorientierte Energiepolitik und weniger Ideologie als in den letzten Jahren, damit mehr Verlässlichkeit, Berechenbarkeit und auch attraktive Rahmenbedingungen für die Unternehmen bei uns im Land vorhanden sind.

(Hans-Joachim Janßen [GRÜNE]: Das Quotenmodell ist ganz besonders geeignet!)

Im Übrigen, lieber Herr Janßen, braucht die CDU auch keinen Nachhilfeunterricht in Sachen Einspeisevergütung. Die hat die CDU vor Jahren eingeführt und ist über die Jahre hinweg weiterentwickelt worden. Ich gehe davon aus, dass sie in Zukunft dort, wo es notwendig ist, angepasst werden wird.

(Präsident Jürgen Gansäuer über- nimmt den Vorsitz)

Der Energiemarkt ist ein Wachstumsmarkt. Wir sind gut beraten, uns diesem Energiemarkt zu widmen. Dies ist auch ein großer Komplex an Beschäftigung, der gesichert werden kann. Die Energietechnologie muss weiterentwickelt werden. Hier bieten sich viele Chancen auf neue Arbeitsplätze. Das sage ich auch im Gegensatz zu Herrn Meinhold. Man kann das nicht so darstellen, wie er es hier eben gemacht hat.

Einen Neubau eines Kernkraftwerks sehe ich zurzeit in Deutschland - auch in Niedersachsen nicht. Aber ich sehe willkürlich festgesetzte Restlaufzeiten bei Kernkraftwerken, über die sicherlich zu reden sein wird. Ich sehe auch einen riesigen Bedarf im Bereich der Investitionen in der Stromwirtschaft, auch im Bereich der Netzstrukturen. Allein China wird 2 000 Kraftwerke bauen müssen. Das ist ein gigantischer Markt für den Export.

Meine Damen und Herren, ein Punkt ist auch wichtig: Rot-Grün, lieber Herr Janßen, hat Energieforschung in diesem Land unglaublich vernachlässigt.

(Dorothea Steiner [GRÜNE]: Das ist eine Lüge!)

Auch hier hätte man Zukunftsarbeitsplätze schaffen können - übrigens auch im europäischen Verbund und mit EU-Fördermitteln. Auch das ist über die Jahre hinweg versäumt worden.

(Zustimmung bei der FDP)

Die CDU hat sich immer zu einem Energiemix aus Braunkohle, Steinkohle, Erdgas, Mineralöl und Kernenergie und auch erneuerbaren Energien bekannt. Dies wird auch nicht infrage gestellt. Aber drei Begriffe müssen erfüllt werden: Wirtschaftlichkeit, Versorgungssicherheit und Umweltverträglichkeit. Das sind Eckpunkte, die man hier nicht wegdiskutieren kann.

Ich sage ausdrücklich, Herr Wenzel, dass erneuerbare Energien weiter in der Summe ein unverzichtbarer Wachstumsmarkt sein werden. Das bietet Exportchancen und auch viele Arbeitsplätze in strukturschwachen Regionen. ENERCON ist erwähnt worden. Aber ich bitte in diesem Zusammenhang darum, dass ENERCON nicht falsch zitiert oder missbraucht wird. Ich verweise auf ein Zitat von Herrn Wobben in der Borkumer Zeitung. Da sagt er zum Thema Offshore-Parks: Manchmal glaube er, einige Hersteller und Betreiber seien Sozialisten und keine Unternehmer, die das Risiko selber trügen. - Auch über diesen Satz muss man einmal nachdenken, den Herr Wobben zum Thema Offshore in den Raum stellt.

Meine Damen und Herren, die neue Bundesregierung wird keine ideologiegetriebene Energiepolitik und keine Interessenpolitik machen.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Das wollen wir mal sehen! Wer eine solch marode Parteikasse wie Sie hat - - -!)

Im Übrigen hat Ihre Politik über Jahre hinweg Arbeitsplätze vernichtet. Wir wollen in diesem Lande endlich verlässliche, berechenbare und attraktive Rahmenbedingungen für die Wirtschaft.

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Dazu gehört auch die Energiepolitik.

Liebe Grüne-Landtagsfraktion, Ihr Thema für die Aktuelle Stunde war ein völliger Fehlgriff. Das ist ein politisches Eigentor erster Güte.

Vielen Dank, Herr Kollege. Ihre Redezeit ist abgelaufen.