Seit Beginn der 90er-Jahre findet ein inzwischen umfangreicher Schüleraustausch zwischen Schulen in Deutschland und in den MOE-Staaten - damals noch Beitrittsstaaten statt. Insbesondere die Regierungen Polens und Deutschlands haben den Jugendaustausch zwischen beiden Ländern besonders gefördert und haben zu diesem Zweck das DeutschPolnische Jugendwerk (DPJW) gegründet, das 1993 seine Arbeit aufgenommen hat. Niedersachsen ist seinerzeit nicht dem DPJW beigetreten und hat den deutsch-polnischen Jugendaustausch selbst aus Landesmitteln gefördert. Für den Jugendaustausch standen zuletzt 100 000 Euro Haushaltsmittel zur Verfügung, die über die Landeszentrale für politische Bildung vergeben worden sind. Gerade für den Schüleraustausch zwischen deutschen und polnischen Hauptschulen waren die erst 50 Euro und zuletzt 35 Euro Zuschuss pro Teilnehmer ein wichtiges Instrument, um die Begegnung der jungen Menschen über die Grenzen zu Nachbarstaaten zu fördern. Die Landeszentrale für politische Bildung hat über diese finanzielle Förderung hinaus Vorbereitungsseminare und Kontaktvermittlung angeboten. Mit der Auflösung der Landeszentrale zum 31. Dezember 2004 stehen nicht nur diese Angebote nicht mehr zur Verfügung, sondern sind, wie verschiedene Schulen zurückmelden, offensichtlich auch die Fördermittel gestrichen worden.
Ministerpräsident Wulff hat am 1. Februar 2005 die Lesereise „Entdecke Europa“ gestartet. In der Pressemitteilung dazu wird Herr Wulff mit den Worten zitiert: „Das erweiterte Europa spielt besonders für junge Menschen eine große Rolle. Darum will die Niedersächsische Landesregierung vor allem die künftige Generation für Europa begeistern und unterstützt die Lesereise Entdecke Europa.“ Diese Aktion ist sicherlich ein Baustein, um junge Menschen für Europa zu begeistern. Jegliche Lebenserfahrung zeigt aber, dass allein der virtuelle Kontakt zwischen Menschen nicht ausreicht, um dauerhafte Beziehungen, Verständnis und Gemeinsamkeit aufzubauen.
1. Welche inhaltlich politischen und pädagogischen Gründe waren für sie ausschlaggebend dafür, die finanzielle Förderung des deutschpolnischen Schüleraustausches einzustellen?
2. Wie verträgt sich die Einstellung der finanziellen, organisatorischen und inhaltlichen Unterstützung des deutsch-polnischen Schüleraustausches mit der Aussage des Ministerpräsidenten: „Wir wollen junge Menschen für Europa begeistern“ (PM der Staatskanzlei vom 1. Februar 2005)?
3. Welche konzeptionellen Überlegungen liegen vor bzw. welche Maßnahmen plant die Landesregierung, mit denen künftig - nicht nur virtuell die Möglichkeiten der Begegnung junger Menschen, Schülerinnen und Schüler im erweiterten Europa gefördert werden sollen?
Ich freue mich, dass wir übereinstimmen in der Einschätzung der Bedeutung des Schüleraustauschs und in der Notwendigkeit, junge Menschen für Europa zu begeistern. Einig dürften wir uns auch darin sein, dass die ersten Schritte zur Öffnung für ein neues Land oder für eine neue Kultur immer die schwersten sind. Und auch in einem dritten Punkt sind wir uns wahrscheinlich noch einig: Wenn die internationale Zusammenarbeit für junge Menschen nachhaltige Wirkungen haben soll, muss sie auch sachliche Substanz haben.
Lassen Sie uns aber auch einen Blick auf die größeren Zusammenhänge werfen, in denen die Förderung des Schüleraustauschs mit den Mittel- und Osteuropäische (MOE-) Staaten steht: In den 90erJahren musste es ganz gewiss darum gehen, erste Schritte von Schulen in Richtung der Beitrittsstaaten zu erleichtern und bestehende Schwellenängste abzubauen. Deshalb hat das Land Niedersachsen die Fahrtkosten niedersächsischer Schülerinnen und Schüler nach Polen, aber auch in andere Staaten Mittel- und Osteuropas, zu Recht über Jahre hinweg finanziell bezuschusst. Für die Anbahnung von Partnerschaften wurden zudem auch Partnerbörsen und Lehrgänge durchgeführt.
Inzwischen sind aber 14 Jahre vergangen und die Fakten haben sich geändert: Zum einen sind die ehemaligen Beitrittsstaaten nun Mitglieder der EU und haben daher Anspruch auf EU-Fördergelder - z. B. aus den Bildungsprogrammen - wie jeder andere Mitgliedstaat auch. Zum anderen befindet sich Niedersachsen in einer finanziell recht prekären Situation. Aufgrund der Haushaltssituation, die Sie uns hinterlassen haben, kamen und kommen wir um Einsparungen in erheblichem Umfang nicht herum. Die Auflösung der niedersächsischen Landeszentrale für politische Bildung war dabei nur
einer der Einsparbeiträge, die das Kultusministerium zu erbringen hatte und hat. Weil wir jede Ausgabe auf ihre Notwendigkeit - und auf ihre Kompensationsfähigkeit aus anderen Quellen - mehrmals gründlich überprüft haben, ist die Streichung des Fahrtkostenzuschusses für Fahrten nach Polen begründet und gerechtfertigt.
Es wird zwar immer wieder angeführt, dass die Beziehungen zu Polen noch immer sensibel und noch keineswegs unkompliziert sind, und das trifft in manchen Bereichen auch sicherlich zu. Aber für den Schulbereich kann ich erfreulicherweise sagen, dass es nach vorliegenden Rückmeldungen aus COMENIUS-, LEONARDOund sonstigen Projekten diese erstrebte Normalität unserer Beziehungen mit Polen bereits gibt. Bei mehr als einem Drittel (gut 38 %) aller niedersächsischen Schulprojekte kommen schulische Partner aus Polen. Deshalb bin ich der Meinung, dass es vor dem Hintergrund der erreichten Normalität viel eher ein Grund wäre, nachdenklich zu werden und nachzufragen, wenn man sagen müsste, dass Schulen nur dann nach Polen fahren, wenn sie einen Zuschuss zu den Fahrtkosten bekommen.
Zu 1: Die finanzielle Förderung des deutsch-polnischen Schüleraustausches ist nicht gänzlich eingestellt. Es geht nur um die Streichung des Zuschusses zu den Fahrtkosten und um Möglichkeiten zur Kompensation von zuletzt 35 Euro pro Person. Weder die Aufenthaltskosten in Polen, die so genannten Programmkosten, noch die Finanzierung des polnischen Gegenbesuchs stehen zur Debatte. Beide werden weiter vom Deutsch-Polnischen Jugendwerk (DPJW) übernommen. Für eine Reduzierung der Fahrtkosten ist es bei Fahrten in andere Länder der EU, für die es keine vergleichbare Landesförderung gibt, schon lange üblich, Sponsorenmittel einzuwerben. Das ist auch für Fahrten nach Polen möglich. Weitere Mittel sind zu erhalten bei der Robert Bosch Stiftung und aus den Förderprogrammen der EU, sofern ein gemeinsames Projekt beantragt wird. Im Vorfeld der Projektbeantragung werden Schulen durch unsere bewährte Beratungsstruktur inhaltlich und organisatorisch unterstützt.
Zu 2: Die Streichung des Fahrtkostenzuschusses für Reisen nach Polen berührt nicht die Unterstützung der Schulen bei der Anbahnung von Schul
partnerschaften oder bei der Beantragung von europäischen Projekten. Die über Jahre bewährte Beratungsstruktur zur Förderung internationaler Kontakte bleibt deshalb auch nach der Verwaltungsreform weiter bestehen.
Zu 3: Wie auch im Entschließungsantrag von CDU und FDP zur Jugendpolitik deutlich wurde, hält die Landesregierung weiter daran fest, dass es eine Aufgabe niedersächsischer Schulen ist, Kontakte zu Schulen oder Partnereinrichtungen in anderen Staaten zu knüpfen und zu pflegen. Die beschriebenen Maßnahmen dazu basieren auf einem Gesamtkonzept zur Förderung der realen Begegnung junger Menschen in sachgebundenem Kontext. Es besteht aus einer Kombination von Initiativen und Maßnahmen des Kultusministeriums selbst, der Nutzung elektronischer Datenbanken zur Gewinnung und zur Pflege von Schulpartnerschaften und der Beibehaltung von bewährten Beratungsstrukturen zur Unterstützung von europäischen Projekten.
des Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit auf die Frage 5 der Abg. Britta Siebert (CDU)
Aktuellen Pressemitteilungen, u. a. in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 11. Februar 2005, ist zu entnehmen, dass die okkulte Gruppierung „Thelema Society“ in Bergen/Dumme im Wendland die übrigen Bewohner des Ortes stark beunruhigt. www.Welt.de vom 15. Februar 2005 berichtet, die Thelema-Gruppierung rufe seit 20 Jahren Ängste in dem 1 000 Einwohner zählenden Dorf im Kreis Lüchow-Dannenberg hervor.
Ihr Gründer, der sich als Wiedergeburt des britischen Satanisten Crowley sieht, wurde 1992 wegen Vergewaltigung und Folter zu sechs Jahren Haft verurteilt.
Den Pressemitteilungen ist zu entnehmen, dass es gegenüber den Mitgliedern der „Thelema Society“ auch heute noch zu massiven Grenzüberschreitungen komme, die Menschen zerstörten. Von Aussteigerinnen werden insbesondere sexuelle Zwangshandlungen mit dem Gründer der Gruppierung genannt, zudem Gruppensexzwänge, Folterungen mit brennenden Zigaretten sowie demütigende und erniedrigende Aufnahmerituale mit zum Teil exzessivem Alkoholkonsum.
Der Sektenbeauftragte der evangelischen Kirche Göttingen schreibt der Gruppierung außerdem Tötungsrituale zu, bis hin zu dem Versuch, ein neu geborenes Kind zu töten.
Andere Berichte nennen Tieropfer, aus deren Blut Plätzchen gebacken wurden, um die Lebenskraft der Tiere auf sich zu übertragen.
Selbst ein Sprecher der „Thelema Society“ räumte laut www.Welt.de vom 15. Februar 2005 einzelne Vorfälle ein, die die Gruppierung selbst nicht als menschenwürdig bezeichnen würde.
2. Welche Erkenntnisse liegen ihr über okkulte und satanistische Gruppierungen und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft, insbesondere psychisch labile Menschen und Jugendliche, sowie deren Anhänger vor?
3. Welche Möglichkeiten bestehen gegebenenfalls, um Menschen von solchen Sekten fernzuhalten bzw. ihnen den Ausstieg und eine Reintegration in die Gesellschaft zu ermöglichen?
Über das Thema Okkultismus wird häufig im Fernsehen, in Zeitungen oder Illustrierten medienwirksam berichtet. Insbesondere Jugendlichen wird ein Interesse an okkulten Praktiken nachgesagt. Das Interesse und die Handhabung solcher Praktiken bleiben jedoch keineswegs auf Jugendliche beschränkt. Menschen jeden Alters suchen in okkulten oder esoterischen Vorstellungen und Praktiken eine Antwort auf ihre Fragen.
Wir leben in einer weitgehend säkularisierten Welt. Unsere Lebensverhältnisse ändern sich heute rasanter als jemals zuvor. Die Schulen und auch die familiären Strukturen, alles ist davon berührt, und überall liegen große Chancen, aber auch Risiken, mit denen vor allem junge Menschen konfrontiert sind. Viele von ihnen sind auf der Suche nach Orientierung und einem eigenen Lebensweg. Und viele finden diesen auch und nutzen die Chancen, die ihnen eine freie Gesellschaftsordnung bietet.
Aber gerade dort, wo wir eine Vielfalt von Orientierungen zulassen, ist es auch unsere Aufgabe, Kinder und Jugendliche vor schädlichen Einflüssen zu schützen. Der beste Schutz ist dabei die Stärkung ihrer Persönlichkeit. Starke Persönlichkeiten, die in einem stabilen Beziehungsnetzwerk leben, bieten
wenig Angriffsfläche für Sekten und okkulte oder andere Gruppierungen. Solche Gruppen weisen häufig starke Abhängigkeitsstrukturen der Mitglieder von einzelnen, zentralen Personen auf. Aus diesem Grunde ist es besonders bedeutsam, dass Kinder und Jugendliche zu eigenständigen Personen heranwachsen können, die in der Lage sind, selbständig ihr Leben zu gestalten.
Aufklärung an Schulen und in Jugendeinrichtungen über die Mechanismen und Strukturen solcher Gruppen, ihrer Manipulationen und zum Teil menschenverachtenden Heilslehren können darüber hinaus dazu beitragen, das Phänomen zu erklären und zu „entzaubern“.
Zu 1: Der Landesregierung sind die Praktiken der „Thelema Society“ bekannt. Sie steht in engem Austausch mit den Behörden vor Ort sowie dem Beauftragten für Weltanschauungsfragen in der Evangelischen Landeskirche Hannover.
Bei der „Thelema Society“ handelt es sich um eine Gruppierung, die seit den 80er-Jahren im Wendland ansässig ist. Die Praktiken dieser Gruppe werden vor Ort aufmerksam beobachtet.
Zu 2: Amtliches Zahlenmaterial über die Anzahl okkulter oder satanistischer Gruppierungen und deren Auswirkungen in Niedersachsen liegt der Landesregierung nicht vor. Aus Oldenburg wurde gemeldet, dass es ab Januar 2003 im Zusammenhang mit einem bei der Staatsanwaltschaft Oldenburg anhängigen Ermittlungsverfahren zu intensiven Ermittlungen wegen des Vorwurfs von Straftaten bei Kulthandlungen gekommen ist. Ausgangspunkt waren Aussagen von zwei Schwestern aus dem Oldenburger Land, denen zufolge es zu Missbrauch, Leichenschändungen und einem Tötungsdelikt im Rahmen von Kulthandlungen gekommen sein soll. Trotz mehrmonatigen Ermittlungen konnte kein Nachweis auf Begehung der Straftaten erbracht werden. Ferner ist bekannt, dass sich Einzelpersonen aus Niedersachsen in Hamburger Satanismuskreisen aufhalten. Aus anderen Bereichen Niedersachsens wurden weder in Zusammenhang mit „Thelema Society“ noch mit anderen Sekten Vorkommnisse gemeldet.
Zu 3: Grundsätzlich stellt sich bei der hier angesprochenen Thematik zum einen die Frage nach einer möglichen Kindeswohlgefährdung, insbesondere wenn Kinder mit ihren Eltern in solchen Grup
pe leben. Zum anderen geht es um Information, Beratung und Prävention, um insbesondere Jugendliche vor diesen Gruppen zu schützen.