Aber auch Herr Gabriel hat sich im November 2003 für Studiengebühren ausgesprochen, ebenso Herr Matschie (SPD), damals immerhin Staatssekretär von Frau Bulmahn, Ute Vogt, Hoffnungsträgerin der SPD aus Baden-Württemberg, sowie Herr Wowereit und Herr Platzek, SPD-Regierungschefs der Länder Berlin und Brandenburg.
Tony Blair, britischer Premierminister von der Arbeiterpartei Labour, hat in seiner Regierungszeit die Studiengebühren deutlich erhöht.
Fast alle Industrieländer haben in irgendeiner Form Studiengebühren, und die Hochschulen funktionieren mindestens so gut wie bei uns, zum Teil erheblich besser. Auch das Verbot der Studiengebühren war ein Teil des Reformstaus, der unser Land gelähmt hat und den jetzt zum Glück das Bundesverfassungsgericht aufgelöst hat.
Es geht um Bildungsgerechtigkeit. Erlauben Sie mir an dieser Stelle, jemanden mit besonderer Autorität in roten und grünen Kreisen zu zitieren. Karl Marx schrieb 1875:
„Wenn in einigen Staaten auch ‚höhere‘ Unterrichtsanstalten unentgeltlich sind, so heißt das faktisch nur, den höheren Klassen ihre Erziehungs
(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU - Sigmar Gabriel [SPD]: Sie sind der letzte Marxist hier im Hause!)
- Danke. - Frau Dr. Andretta, Frau Dr. HeinenKljajić, zur Mär von den Hochschulen nur für die Reichen: An der privaten Universität WittenHerdecke stammen 41 % der Studenten aus den unteren und mittleren Einkommensschichten, an den öffentlichen Hochschulen sind es 42 %. Da möchte ich den Unterschied sehen.
Wir stehen erst am Anfang der Diskussion um Studiengebühren. Deshalb will ich heute nicht auf die konkrete Ausgestaltung eingehen. Für uns ist entscheidend: Niemand soll durch Studiengebühren während seines Studiums belastet werden.
Das bedeutet, dass jedem Interessenten ein Darlehen zur Verfügung stehen muss, aus dem er seine Studiengebühren begleichen kann. Zurückgezahlt werden soll dieses Darlehen erst dann, und auch nur dann, wenn der einstige Student nach dem Studium gut verdient. Mit anderen Worten: wenn es sozial zumutbar ist. So ist jeder seines Glückes Schmied, und niemand, ob arm oder reich, wird vom Studium abgeschreckt. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich sage das in aller Ernsthaftigkeit: Liebe Frau Dr. Andretta, nach Ihrer Rede ist mir wieder einmal klar geworden, warum wir in Deutschland so gigantische Probleme haben.
Das sind die Probleme, die wir in Deutschland seit Jahren verspüren. Wir werden ständig mit Entscheidungen aus Berlin konfrontiert, die lediglich einen ideologischen Hintergrund haben und nicht darauf ausgerichtet sind, was für diese Republik wirklich wichtig ist, um zukunftsfähig zu bleiben.
Ich sage Ihnen in aller Deutlichkeit - ich schließe an dieser Stelle den Ministerpräsidenten mit ein; das darf ich, er hat es mir erlaubt -: Diese Regierungsfraktionen, diese CDU und auch der Herr Ministerpräsident haben sich ihre Entscheidungen bezüglich der Studiengebühren alles andere als leicht gemacht. Wir haben in den letzten Wochen und Monaten nur über wenige Fragen so intensiv, so sorgfältig und so behutsam diskutiert, wie über die Studiengebühren.
Am 28. August des letzten Jahres hat der Parteitag der niedersächsischen CDU mit großer Mehrheit beschlossen, dass sie der Einführung von allgemeinen Studiengebühren in Niedersachsen zustimmt.
Ich möchte an dieser Stelle auch einmal Folgendes sagen - das fällt dann auf Sie zurück -: Dass wir in den letzten Jahren eine so intensive Diskussion geführt haben, dass Beschlüsse wie dieser möglich waren und dass wir jetzt im Parlament so diskutieren, wie wir diskutieren, hat nicht zuletzt damit zu tun, dass sich die Frau Bundesbildungsministerin in Länderzuständigkeiten eingemischt und gemeint hat, das Verbot von Studiengebühren ins HRG aufnehmen zu müssen. Diese Diskussion über HRG und Studiengebühren hat in den letzten Monaten viele Kritiker zu Befürwortern gemacht, weil sich letztendlich die besseren Argumente durchgesetzt haben.
Die eigentliche Überraschung war aber die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Dass es in diese Richtung entscheiden würde, war ja kein Geheimnis mehr, das wusste auch mein Vorgänger Thomas Oppermann. Aber dass es so eindeutig entscheiden würde, war, wie gesagt, die eigentliche Überraschung. Das Bundesverfassungs
„Die Möglichkeit, allgemeine Studiengebühren einzuführen und auszugestalten, bietet den Ländern die Chance, die Qualität der Hochschulen und eine wertbewusste Inanspruchnahme ihrer Leistungen zu fördern.“
Meine Damen und Herren, nun ist der Weg frei. Ich habe von Anfang an kein Geheimnis daraus gemacht, dass wir diesen Weg gehen werden. Bildung ist Ländersache. Das hat das Verfassungsgericht noch einmal unterstrichen. Wir werden von dieser Öffnung Gebrauch machen, weil die vielen Argumente dafür, die hier von der Kollegin Trost und vom Kollegen Zielke dankenswerterweise genannt worden sind, zutreffen. Wir werden durch die Einführung von Studiengebühren mehr Wettbewerb erhalten, und wir werden bessere Qualität erhalten.
Meine Damen und Herren, das ist auch etwas, was ich mit Realitätsferne meine: Liebe Frau Kollegin Dr. Andretta, Sie kennen doch die Vergleichszahlen z. B. der OECD ganz genau. Sie wissen doch ganz genau - Sie haben es eben selbst noch einmal betont -, dass wir in Deutschland kaum in der Lage wären, die Beträge zu erreichen, die etwa in den Vereinigten Staaten von Amerika für den Hochschulbereich, bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt, ausgegeben werden, nämlich mittlerweile knapp 3 %. Das hat in den Vereinigten Staaten nichts damit zu tun, dass die staatlichen Zuschüsse erheblich höher wären als bei uns. Das hat etwas mit den Einnahmequellen und mit der Tatsache zu tun, dass es zusätzliche Einnahmequellen in solchen Ländern gibt. Deshalb sind wir bisher bei knapp 1 % und manch anderes Land mittlerweile bei knapp 3 %. Nun können wir lange darüber diskutieren, ob wir das über eine Erhöhung des staatlichen Zuschusses hinbekommen. Sie alle wissen doch ganz genau - so wie auch wir das wissen -, dass das schlechterdings nicht möglich ist.
Ihre Bundesregierung in Berlin macht doch genau das Gegenteil. Sie senkt die Mittel für den Hochschulbereich. Dabei denke ich da an den Hochschulbauplafond. Also hören Sie doch auf, hier
Wir wollen, dass niedersächsische Hochschulen - das ist wichtig - künftig eigenverantwortlich entscheiden, ob sie Studiengebühren, in welcher Höhe und in welchen Studiengängen nehmen, und zwar bis zu einem Deckel von 500 Euro. Niemand in dieser Republik, schon gar nicht die B-Minister, will amerikanische Verhältnisse. Staatliche Hochschulen mit Studienbeiträgen von 30 000 Dollar und mehr kommen für uns nicht in Betracht. Das will ich an dieser Stelle sehr klar zum Ausdruck bringen. Deshalb werden wir einen Deckel einführen.
Über dieses Thema müssen wir mit der FDP in der Tat noch diskutieren. Aber vor dem Hintergrund, wie wir uns in den letzten Jahren kennen gelernt haben, bin ich mir ziemlich sicher, Herr Kollege Zielke, dass wir eine vernünftige Lösung wie auch in allen anderen Bereichen hinbekommen werden.
Der nächste entscheidende Punkt - da haben Sie Recht, aber den darf man nicht zum Totschlagargument verkommen lassen - ist, dass die Einnahmen aus Studienbeiträgen in der Tat den Hochschulen verbleiben müssen; denn sonst würde jedes Argument für Studienbeiträge entfallen.
Sie können das aber nicht sinngemäß so sagen wie der Kollege Zöllner in Rheinland-Pfalz: Ich teile jedes Argument für Studienbeiträge meiner Kolleginnen und Kollegen. Aber weil ihr nicht auf alle Ewigkeit absichern könnt, dass die zusätzlichen Einnahmen den Hochschulen verbleiben, bin ich dagegen. - Sich so einzulassen, hat mit der Realität nichts zu tun. Sie wissen doch ganz genau, dass ich hier keine Erklärung für die nächsten 30 Jahre abgeben kann. Was wir tun können - die Kollegin Trost hat darauf hingewiesen -, ist, dass wir gemeinsam versuchen, eine solche Zusicherung für einen überschaubaren Zeitraum, der in der Politik üblich ist, über einen Hochschulvertrag oder über Zukunftsverträge zu machen. Das können wir machen. Unsere Absicht ist, dies sicherzustellen.