Die CDU/FDP-Landesregierung will im Zuge der von ihr ohne Folgekostenanalyse beschlossenen Abschaffung der Bezirksregierungen das Widerspruchsverfahren in Niedersachsen nahezu vollständig abschaffen, verbleibende Widerspruchsverfahren sollen nach Möglichkeit einstufig ausgestaltet werden, d. h. die Ausgangsbehörde ist gleichzeitig auch Widerspruchsbehörde.
1. Wie hoch war in den Jahren 2002 und 2003 die Klagequote und wie hoch die Erfolgsquote von Klagen gegen Verwaltungsakte, in denen die Ausgangsbehörde zugleich Widerspruchsbehörde war?
2. Wie hoch war in den Jahren 2002 und 2003 die Klagequote und wie hoch die Erfolgsquote von Klagen gegen Verwaltungsakte, bei denen Bezirksregierungen über den Widerspruch entschieden haben?
Zu 1: Die Bezirkregierungen waren insbesondere im Bereich des Arbeits- und Beamtenrechts, bei Berufserlaubnissen und Approbationen für Ärzte und Apotheker, bei kommunalaufsichtlichen Verwaltungsakten, bei der Sparkassenaufsicht, bei Lotterien und Sportwetten sowie im Zuwendungsrecht sowohl Ausgangsbehörde des Erstbescheides als auch Widerspruchsbehörde. Eine erhöhte Widerspruchs- und Klagequote war hier nur auf dem Gebiet des Arbeits- und Beamtenrechts zu verzeichnen. Im Jahr 2002 wurden von 199 eingelegten Widersprüchen 156 zurückgewiesen. Von 77 eingelegten Klagen wurde 2 stattgegeben, wurden 14 abgewiesen, sind 61 noch anhängig. 2003 wurden 126 Widersprüche erhoben, von denen 100 zurückgewiesen wurden. Bei 38 Klagen sind 36 noch anhängig, einer wurde stattgeben und eine abgewiesen. In den anderen Rechtsgebieten ist die Widerspruchsquote sehr gering. Bei der Ge
währung von Zuwendungen im Bereich der Jugendarbeit wurden beispielsweise 2002 von 27 eingelegten Widersprüchen 22 zurückgewiesen. Es wurde keine Klagen erhoben. 2003 wurden 21 Widersprüche erhoben, von denen 14 zurückgewiesen wurden. Es gab wiederum keine Klagen.
Zu 2: Die Bezirkregierungen sind auf rund 65 unterschiedlichen Rechtsgebieten zweitinstanzlich als Widerspruchsbehörde tätig. In den meisten so genannten Massenverfahren wie dem Ausländerecht mit jährlich ca. 1 300 Widersprüchen, dem Straßenverkehrsrecht mit knapp 1 000 Widersprüchen, bei der Erteilung bzw. dem Entzug von Fahrerlaubnissen mit rund 600 Widersprüchen sowie dem Erziehungsgeld mit 200 Widersprüchen liegt die Zurückweisungsquote bei rund 85 %. Die Klagenquote im Ausländerrecht liegt zwar jährlich bei ca. 45 %, wovon aber nur 2 bis 3 % der Klagen stattgegeben wurde. Ähnlich verhält es sich bei den Fahrerlaubnissen, wobei 2002 die Klagequote 26 % und 2003 17 % betrug, aber die Stattgabequote unter 1 % lag.
Zu 3: Ein signifikanter Unterschied zwischen der zweitinstanzlichen Tätigkeit als reine Widerspruchsbehörde zu der erstinstanzlichen Tätigkeit als Ausgangs- und Widerspruchsbehörde ist nicht zu verzeichnen. Vielmehr ergeben sich die Unterschiede durch die Verschiedenartigkeit der Rechtsgebiete. Bei Verwaltungsakten sowohl im Gebiet des Ausländerrechts, der Entziehung von Fahrerlaubnissen als auch auf dem Gebiet des Arbeitsund Beamtenrechts ist die Bereitschaft, den vollen Rechtsweg zu beschreiten, wesentlich ausgeprägter als beispielsweise beim Erziehungsgeld (Klagequote ca. 8 % bei rund 200 Widerspruchs- verfahren). Im Schulrecht enthielten die von den Schulen gefertigten Ausgangsbescheide oftmals formelle Mängel, die die hohe Abhilfequote von ca. 40 % bei rund 800 Widersprüchen erklärt. Die Klagequote betrug hingegen nur noch ca. 20 % wovon auch nur 20 % stattgegeben wurde.
Die Landesregierung hat diesen Unterschieden bereits Rechnung getragen und daher das Widerspruchsverfahren bei problematischen Rechtsgebieten, wie dem Schulrecht, dem Beamtenrecht, dem Baurecht, im gesamten Umweltrecht und auf dem Gebiet der Sozialhilfe beibehalten. Bei den Rechtsgebieten, in denen die Erfolgsquote des Widerspruchs durch die gute Qualität der Ausgangsentscheidung gering bzw. die Anzahl der Widerspruchsverfahren marginal und keine überproportionale Mehrbelastung der Verwaltungsge
des Justizministeriums auf die Frage 25 der Abg. Frank Henry Horn und Dörthe Weddige-Degenhard (SPD)
Welche organisatorischen Veränderungen ergeben sich aus der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe für die niedersächsische Justiz?
Durch die Übertragung der Zuständigkeit für die Grundsicherung für Arbeit Suchende durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 und der Zuständigkeit für Streitigkeiten über Sozialhilfeangelegenheiten durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003 auf die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit besteht auch in Niedersachsen aktueller Regelungsbedarf. So wird die Sozialgerichtsbarkeit stärker belastet, während die Belastung der Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit entsprechend sinkt - was wiederum durch die von der Landesregierung geplante weitgehende Abschaffung des Widerspruchsverfahrens mehr als kompensiert werden dürfte.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht - wie im Rahmen einer Protokollnotiz im Vermittlungsausschuss vereinbart worden ist - vor, den Ländern im Rahmen des geltenden Verfassungsrechts die Möglichkeit zu eröffnen, Aufgaben der Sozialgerichtsbarkeit von besonderen Spruchkörpern der Gerichte der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit wahrnehmen zu lassen.
1. In welcher Weise wird sie von der Option Gebrauch machen, die Aufgaben der Sozialgerichtsbarkeit besonderen Spruchkörpern der Gerichte der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit zu übertragen?
2. Wenn ja, wie viele dieser besonderen Spruchkörper sollen an welchen Standorten eingerichtet werden?
3. Wenn nein, mit welchen Folgen rechnet die Landesregierung für die Sozialgerichtsbarkeit, und wie will sie auf die zu erwartende Mehrbelastung der Sozialgerichte reagieren?
Die Bundesregierung hat im April 2004 den Entwurf eines Siebenten Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes (7. SGGÄndG) mit Folgeregelungen nach der im Dezember 2003 verabschiedeten Einordnung des Sozialhilferechts in das
SGB XII vorgelegt. Damit soll den Ländern u. a. die Möglichkeit eröffnet werden, die der Sozialgerichtsbarkeit übertragenen Aufgaben (wieder) von besonderen Spruchkörpern der Verwaltungsgerichtsbarkeit wahrnehmen zu lassen, allerdings nach den sozialgerichtlichen Verfahrensvorschriften. Der Bundesrat hat in seiner 799. Sitzung am 14. Mai 2004 teils redaktionelle, teils inhaltliche Bedenken erhoben, denen die Bundesregierung mit einer Gegenerklärung im Wesentlichen entgegengetreten ist. Der Deutsche Bundestag hat bisher über den Gesetzesentwurf nicht entschieden. Unterschiedliche Auffassungen bestehen insbesondere zur Frage der Zustimmungsbedürftigkeit des Gesetzes, zu der vom Bundesrat abgelehnten Zuweisung einer weiteren Materie - Asylbewerberleistungsgesetz - an die ohnehin stark belastete Sozialgerichtsbarkeit, zu der vom Bundesrat geforderten Möglichkeit der Beschränkung besonderer Spruchkörper für die fraglichen Rechtsmaterien auf einzelne Verwaltungsgerichte, zur Frage der Befristung des Gesetzes und zu den Übergangsregelungen für die am 1. Januar 2005 bei den Verwaltungsgerichten anhängigen Verfahren.
Die Landesregierung hält den Gesetzentwurf nicht für geeignet, mittel- oder langfristig die Personalressourcen in den öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten zu steuern. Dazu ist es vielmehr erforderlich, dass den Ländern die Möglichkeit eingeräumt wird, die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit und der Sozialgerichtsbarkeit (mit der Finanzgerichtsbarkeit) zu einer einheitlichen öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeit zusammenzufassen. Nur durch eine solche Maßnahme kann auf Dauer eine angemessene Flexibilisierung des richterlichen Personaleinsatzes gewährleistet werden. Die Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister hat sich in ihrer 75. Konferenz am 17./18. Juni 2004 in Bremerhaven ohne Gegenstimme für die Schaffung einer entsprechenden Länderöffnungsklausel ausgesprochen.
Zu 1: Ob und gegebenenfalls wie die Landesregierung von der Option Gebrauch machen wird, Aufgaben der Sozialgerichtsbarkeit besonderen Spruchkörpern der Gerichte der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit zu übertragen, wird nach der bisher nicht erfolgten Verabschiedung einer entsprechenden Länderöffnungsklausel zu entscheiden sein. Deren einzelne Inhalte stehen bisher nicht fest (vgl. dazu die Vorbemerkungen).
Zu 3: Die Landesregierung rechnet bei Fortgeltung der derzeitigen gesetzlichen Regelungen mit Mehrbelastungen für die Sozialgerichte und wird hierauf sowie auf zusätzliche Belastungsverschiebungen durch die derzeit noch nicht verabschiedeten weiteren bundesrechtlichen Regelungen im Rahmen der dann bestehenden rechtlichen Gegebenheiten nach einem Dialog mit den betroffenen Gerichtsbarkeiten sachgerecht reagieren. Aus den vorgenannten Gründen kann über die inhaltliche Ausgestaltung der zu treffenden Maßnahmen noch nicht abschließend befunden werden.
In ihrer Ausgabe vom 14. Juni 2004 berichtete die Nordwest-Zeitung unter der Überschrift „Der Streit ist vorprogrammiert“ über Freisetzungsversuche mit gentechnisch verändertem Mais und gentechnisch veränderten Kartoffeln. Im genannten Pressebericht wird unter Berufung auf Herrn Dr. Horst-Herbert Witt, Fachreferent für Biotechnologie und Gentechnik bei der Landwirtschaftskammer Weser-Ems, ausgeführt, manipuliertes Pflanzenerbgut sei bereits jetzt auf den Feldern der Region weit verbreitet. Als Ursache weit verbreiteter transgener Elemente benennt Herr Dr. Witt Freisetzungsversuche und importiertes Saatgut.
Während gentechnische Verunreinigungen für die konventionelle Nahrungs- und Futtermittelproduktion unterhalb eines Schwellenwertes von 0,9 % nicht gekennzeichnet werden müssen, wird die Kennzeichnungspflicht für Saatgut deutlich unterhalb dieses Wertes angesiedelt werden: Innerhalb der EU-Kommission werden derzeit 0,3 % für Mais und 0,5 % für Kartoffeln diskutiert. Von einem gentechnikfreien Lebensoder Futtermittel wird nur dann auszugehen sein, wenn für jeden Bestandteil die Nachweisgrenze von 0,1 % unterschritten wird.
Der Bundesrat hat den von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Gentechnikgesetzes, mit dem u. a. Fragen der Haftung für Auskreuzungen transgener Elemente in benachbarte Nutzflächen geregelt werden, in seiner Sitzung vom 2. April 2004 mit der Mehrheit der CDU-geführten Landesregierungen abgelehnt. Damit besteht hinsichtlich der für gentechnikfrei wirtschaftende Betriebe essentiellen
1. Wo wurden/werden zwischen den Jahren 1998 und 2004 in welchem Umfang gentechnisch veränderte Pflanzen in der Region Weser-Ems im Freiland angebaut (bitte nach Jah- ren und Pflanzenarten aufschlüsseln)?
2. In welchem Umfang geht die Landesregierung von einer Überschreitung des für Saatgut erwogenen Kennzeichnungsgrenzwertes und der Nachweisgrenze für gentechnische Veränderungen bei Mais, Kartoffeln und Raps in der Region Weser-Ems aus?
3. Wer haftet derzeit (bis zum In-Kraft-Treten eines Gentechnikgesetzes) für Verunreinigungen vermeintlich gentechnikfrei bestellter Felder mit transgenen Elementen?
Am 5. Mai dieses Jahres hat der Vermittlungsausschuss das Gesetz zur Durchführung von Verordnungen der Europäischen Gemeinschaft auf dem Gebiet der Gentechnik und zur Änderung der Neuartige Lebensmittel- und Lebensmittelzutaten-Verordnung behandelt und einen Kompromiss erzielt. Der Deutsche Bundestag hat das Vermittlungsergebnis am 6. Mai 2004 angenommen. Der Bundesrat hat am 14. Mai 2004 keinen Einspruch eingelegt. Somit tritt das Gesetz in Kraft. In diesem Gesetz werden in Bezug auf die drei EU-VO 1829/2003 (VO über genetisch veränderte Futter- mittel), 1830/2003 (VO über Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung von GVO und über Rückver- folgbarkeit von aus GVO hergestellten Lebens- und Futtermitteln) und 1946/2003 (VO über grenz- überschreitende Verbringung gentechnisch verän- derter Organismen) die zuständigen Behörden bestimmt und Sanktionen für Verstöße festgelegt.
Am 18. Juni wurde im Bundestag der Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Gentechnikgesetzes angenommen, der in § 36 a Ansprüche bei Nutzungsbeeinträchtigungen vorsieht.
Zu 1: In den Jahren 1999 bis 2004 wurden in der Region Weser-Ems lediglich Freisetzungsversuche mit Stärkekartoffeln vorgenommen. Es handelte sich nicht um einen kommerziellen Anbau von GVO-Kartoffeln, sondern um von der zuständigen Behörde (Robert-Koch-Institut) genehmigten Anbau zu Versuchszwecken. Innerhalb des Genehmigungsverfahrens werden die Landwirtschaftskammer, die Gemeinde und auch der Landkreis informiert. Die Freisetzungen fanden in der Region
Varel/Wittmund/Aurich und Ammerland an den Standorten Funnix und Lehmden statt. Die Anbauversuche sind für jeweils 5 bis 10 ha Fläche beantragt. Sie werden jedoch, um Fruchtfolge und wechselnden Anbau bzw. Nachkontrollen zu gewährleisten, nur auf je einem Zehntel der Flächen wahrgenommen. Außerdem wurde nur im Jahr 1998 ein Freisetzungsversuch am Standort Gersten mit Winterraps durchgeführt.
Zu 2: Die Landesregierung geht davon aus, dass keine momentan gültigen Grenzwerte überschritten werden, da in den Genehmigungen des RobertKoch-Institutes grundsätzlich Sicherheitsabstände, Mantelsaaten und auch besondere Anforderungen an die gute fachliche Praxis geregelt werden.