rungen für uns alle mit sich. Die Reform räumt zwar den Mitgliedstaaten vor allem hinsichtlich der Wahl des Entkopplungsmodells, aber auch bei der Umsetzung von Cross-Compliance-Bestimmungen Spielräume ein. Es kommt darauf an, diese Gestaltungsspielräume künftig sinnvoll zu nutzen und für uns auszufüllen.
Grundsätzlich dürfen wir dabei den Blick auf unsere europäischen Nachbarn nicht verlieren, aber vor allen Dingen müssen wir in Deutschland, hier in Niedersachsen an unsere eigene Landwirtschaft denken.
Ich habe mich in der Reformdiskussion von einigen zentralen Zielen leiten lassen. Zum einen - ich glaube, das ist sehr wichtig - geht es um Planungssicherheit. Unser Entkopplungsmodell darf nicht nach ein paar Jahren bereits wieder in der Kritik stehen. Zum anderen will ich den aktiven Bewirtschafter stärken. Das heißt, dass es nicht durch Strukturbrüche, auch am Pacht- und Bodenmarkt, zu großen Verwerfungen kommen darf. Ich möchte ferner nicht, dass die Entkopplung die Betroffenen überfordert.
Deshalb müssen Änderungen im Prämiensystem behutsam und in einem Gleitflug-Übergang erfolgen. Ich will, meine Damen und Herren, eine Landwirtschaft stärken, die ihre Produktionsentscheidungen nicht irgendwie an Prämien festmacht, sondern künftig am Markt ausrichtet und das produziert, was der Markt verlangt.
Meine Damen und Herren, alle diese Ziele haben mich dazu gebracht, frühzeitig aus niedersächsischer Befindlichkeit heraus einen Vorschlag in die Diskussion einzubringen. Wenn wir uns vergegenwärtigen, dass der Vorschlag der Europäischen Union darauf ausgerichtet ist, dass die Landwirte Prämien aufgrund historischer Zahlen - Prämien, wie sie in den Jahren 2000, 2001 und 2002 gezahlt wurden -, erhalten sollen, sage ich dazu: Das ist ein Konzept der Vergangenheit. Es kann nicht angehen, dass sich unsere künftige Landwirtschaft, die Betriebe, die nach vorn schauen, mit der „Asche der Vergangenheit“ beschäftigen müssen, sondern die brauchen das Feuer der Zukunft.
Deshalb haben wir uns dafür entschieden, hier einen anderen Weg zu gehen und nicht mit den Dingen, die irgendwann einmal gewesen sind, letztendlich die Zukunft zu gestalten, sondern mit dem, wofür sich dann auch Betriebsleiter und Betriebsleiterfamilien künftig entscheiden.
Meine Damen und Herren, wir haben dieses Konzept eingebracht, und es ist uns gelungen, bundesweit Überzeugungsarbeit zu leisten, sodass wir letztendlich mit großer Mehrheit dieses Modell, das so genannte Kombimodell, auf den Weg gebracht haben. Es ist im Kern eine Weiterentwicklung des niedersächsischen Ansatzes, den wir ganz zu Anfang eingebracht hatten. Der Gesetzentwurf, der jetzt von der Bundesregierung auf den Weg gebracht wurde, enthält aber aus niedersächsischer Sicht einige wesentliche Forderungen nicht. Zentraler Punkt ist die Verschiebung des Angleichungsprozesses der Prämienrechte auf das Jahr 2010. Herr Kollege Bartels, Sie hatten es ja angedeutet. Das ist der Grund, aus dem wir den Vermittlungsausschuss anrufen müssen. Wir haben der Ministerin Frau Künast auf der letzten AMK in Osnabrück gesagt, wenn sie das aufnimmt und das im Gesetzentwurf auch so dargestellt würde, dann würden wir auf ein Tätigwerden des Vermittlungsausschusses verzichten. Aber das hat die Kollegin nicht gemacht. Deshalb wird der Vermittlungsausschuss angerufen werden müssen - ich meine, im Sinne unserer niedersächsischen Betriebe, insbesondere der Milchviehhalter.
Meine Damen und Herren, viele landwirtschaftlichen Betriebe können sich jetzt während eines längeren Anpassungszeitraums darauf einstellen und Veränderungen in ihrem Betrieb vornehmen. Das trifft insbesondere auf die Betriebe zu, in denen Finanzierungsmodelle entweder schon längerfristig laufen oder noch abgearbeitet werden müssen. Oftmals ist das gerade im Bereich der Rindviehhaltung - speziell der Milchviehhaltung der Fall. Daher ist ein deutlich längerer Zeitraum für die Gewährung der betriebsindividuellen Prämienanteile notwendig. Ich wäre dazu bereit - das habe ich gesagt -, für Niedersachsen und für die meisten Bundesländer, die das wollen, im Vermittlungsausschuss dafür zu kämpfen.
Sie haben - ich meine auch mit Recht - nach dem bürokratischen Aufwand gefragt. Im Vergleich zum jetzigen Verfahren werden künftig die Tierprämienanträge entfallen. Um eine Verwaltungsvereinfachung zu erreichen, haben wir auch sofort die Entkopplung für 2005 für alle gefordert. Meine Damen
und Herren, dadurch wird schon am Ende des Jahres 2005 - vorher müssen noch Altanträge abgearbeitet werden - eine Verwaltungsvereinfachung erreicht werden. Andererseits bekommen wir natürlich auf dieser Ebene die neue Aufgabe der Verwaltung der Prämienrechte und letztendlich auch die Aufgabe der Kontrolle der Einhaltung der Cross-Compliance-Bestimmungen dazu.
Meine Damen und Herren, besonders in der Übergangszeit, in der bisherige Prämienverfahren weiter abzuwickeln sind und neue dazu kommen, sehen wir einen erheblichen Mehraufwand an Verwaltung. Dieser vorübergehende Verwaltungsmehraufwand kann im Jahre 2005 zum einen durch die Entlastung bei den Tierprämien und zum anderen über Personal, das aufgrund der Verwaltungsreform zur Verfügung steht, kompensiert werden. Ob der Mehrbedarf 2006 weiter besteht, kann ich zum heutigen Zeitpunkt leider nicht genau übersehen. Sicherlich ist es wichtig und richtig zu versuchen, die Aufgaben, die zur Cross-Compliance-Überwachung nötig sind, auf das Nötigste zu beschränken. Mittelfristig kann durch die Vereinfachung des Prämiensystems aber auch mit einer Entlastung auf der Agrarverwaltungsebene gerechnet werden.
Meine Damen und Herren, die Entkoppelung der Direktzahlungen von der Produktion führt insgesamt zu mehr Marktorientierung. Landwirte werden künftig nicht mehr einen Hektar Weizen anbauen oder ein Tier aufziehen müssen, um die Prämie zu erhalten. Die Prämien sind entkoppelt, und so hat man die Freiheit, auch in andere Betriebszweige zu wechseln. Diese Mehrausrichtung am Markt wird die niedersächsische Landwirtschaft insgesamt stärken und sie in ihrer Wettbewerbsfähigkeit voranbringen. Das wird sich dann auf den ländlichen Raum insgesamt auswirken. Wenn wir alle diese Aspekte mit einbeziehen, dann wird auch das Betriebseinkommen insgesamt positiv davon beeinflusst werden - so haben es jedenfalls unsere Institute errechnet.
Meine Damen und Herren, wir haben in Niedersachsen eine sehr gute Position, was die Standorte anbelangt. Wir haben auch sehr leistungsfähige Produktionszweige. Ich meine, dass es gesichert ist, dass wir das Prämienvolumen von gut 850 Millionen Euro aufrecht erhalten können und dass es letztendlich unseren Betrieben zugute kommt. Das sieht auch die Mehrheit unserer Länderkollegen so. Ich sage ganz klar - ich freue mich auch darüber -, dass es uns gelungen ist, die
meisten Länder auf Kurs zu bringen. Herr Bartels, es ist nicht so, wie Sie gesagt haben. Gerade mit Baden-Württemberg sind wir uns an den meisten Stellen sehr einig. Die drei von Ihnen genannten Länder Bayern, Hessen und Sachsen sehen das etwas anders.
Zur Frage, die Sie nach den Kollegen in unseren Nachbarländern gestellt haben: Es ist in der Tat so - wir sind nicht von gestern, dass wir das nicht mitkriegen -, dass die Pressemeldungen, die das Landvolk herausgegeben hat, zum Teil auch noch auf Vermutungen beruhen. Ich meine, dass es ehrlich und redlich ist, nicht mit Spekulationen zu arbeiten.
Ich möchte einmal die Stimmung wiedergeben: Wir spüren auf europäischer Ebene, dass der Ansatz der Entkoppelung und des Kombimodells flächenbezogen immer mehr Raum greifen. Ich weiß, dass sich auch andere Länder - inklusive Frankreich mit dem Gedanken tragen, nach einer kurzen Übergangsfrist, die das Gesetz jetzt nicht vorsieht, auf das Flächenkriterium umzusteigen. Warten wir einmal ab. Wir sind gut positioniert. Ich meine, dass ein Gesetz dabei herauskommen wird, das von der Mehrheit der Bundesländer und - was das ganze etwas pikant macht - auch von der Mehrheit des Bundestages - getragen wird. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch wir unterstützen das Prinzip des Kombimodells, wie es der Bundestag am 1. April verabschiedet hat, wobei uns natürlich klar ist, dass das allerletzte Wort im Detail noch nicht gesprochen ist. Im Vermittlungsausschuss wird es Änderungen bezüglich der Gleitphase und wahrscheinlich auch einiger Vorschriften der Cross-Compliance-Regelung geben. Aber im Wesentlichen wird es dann, so meine ich, ein allseits akzeptiertes Gesetz werden.
Wir müssen allerdings aufpassen, dass durch den Lobbyeinfluss der Besitzstandswahrer nicht noch mehr von der eigentlichen Substanz dieses Gesetzes verloren geht. Schon jetzt sind diese Regelungen weitgehend auch von diesem Einfluss geprägt. Ich hätte mir z. B. eine bundeseinheitliche Flächenprämie gewünscht. Auch auf die Differenzierung in der Übergangszeit zwischen Grünland- und Ackerprämie hätte ich gern verzichtet. Dabei waren Professor Isermeyer und ich uns immerhin einig. Am Anfang hätte das den Ackerbereich sicherlich etwas stärker belastet. Aber das wäre keinesfalls existenzbedrohend und angesichts jahrelanger Privilegierung auch zu verantworten gewesen.
Insbesondere aber hätte es unserer Milchviehwirtschaft zugute kommen können, die unser heutiges Hauptproblemfeld ist. Mir zeigten diese Vorgänge, dass auch ein grünes Ministerium nicht immun gegen Lobbyeinfluss ist. Wahrscheinlich liegt das an der Kontinuität der Apparate, die Herr Bartels hier auch schon angesprochen hat.
Meine Damen und Herren, natürlich führt die Reform zu finanziellen Umverteilungen, sonst machte sie auch keinen Sinn. Es ist schließlich nicht zu erwarten, dass die Subventionstorte von 6 Milliarden Euro, die wir zu verteilen haben, noch eine Sahneschicht extra oben drauf bekommt. Das kann niemand ernsthaft erwarten. Es war auch schon am Anfang absehbar, dass sich, je länger die Regelungen offen bleiben würden, diejenigen um so stärker durchsetzen würden, die alles beim Alten lassen wollen, weil sie eben etwas abgeben müssen. Der Bauernverband - das ist angesprochen worden - hat lange geeiert. Er konnte sich nicht entscheiden, wofür er eintreten soll: für die 20 % seiner Mitglieder, die 80 % der Subventionen bekommen - zu denen in der Regel ja auch die Funktionäre gehören -, oder für die 80 % der Mitglieder, die 20 % der Subventionen bekommen. Es ist ja auch irgendwie verständlich, dass sie da Schwierigkeiten haben, ihre Position zu finden. Da ist es in der Tat das Verdienst des Landwirtschaftsministers - auch das kann ich nur neidlos anerkennen -, dass er sich frühzeitig für eine Umsetzung auf der Basis des Regionalmodells - also einer einheitlichen Flächenprämie - positioniert hat. Das war ein wichtiger Schritt, Herr Minister Ehlen, auch wenn diese früh eingeschlagenen Pflöcke inzwischen merklich gelockert sind.
Mit den Beschlüssen von Luxemburg - meine Vorredner haben von Paradigmenwechseln gesprochen, ich sage: „mit diesen Beschlüssen“ - ist durch die EU-Agrarreform die Agrarwende - Fischler und Künast sei Dank - jetzt auch in die europäische Dimension vorgedrungen,
und das, Herr Kethorn, gegen vielfältige und kleinkrämerische National- und Einzelinteressen, die wir auch in unserem Land zu vermelden hatten.
Viele Menschen mögen halt keine Veränderungen, vor allen Dingen, wenn sie lieb gewordene Privilegien betreffen. Aber dieser Systemwechsel war längst überfällig und muss auch unumkehrbar werden.
Nur eine marktorientierte Landwirtschaft, die über die Beachtung von Verbraucher-, Umwelt- und Tierschutzinteressen gesellschaftliche Akzeptanz erfährt, kann zukunftsfähig sein. Das sollten wir nicht aus den Augen verlieren, wenn wir einzelne Details dieser Reform noch diskutieren.
Damit wollte ich etwas zur Entkopplung sagen. Wir halten das für die richtige Entscheidung. Jede Ausnahme verursacht unnötige Bürokratie und widerspricht der gewünschten Marktorientierung der künftigen Produktion. Markt-, Mengen- und Preisentwicklung sind aber schwer vorauszusehen. Das gehört nun einmal zum Wesen marktwirtschaftlicher Systeme ohne Preisgarantie.
Dazu gehören aber auch die besseren und neuen Chancen für diejenigen, denen es gelingt, sich auf den Markt einzustellen und flexibel die notwendigen Anpassungen vorzunehmen. Deshalb halten wir es für unproduktiv und kontraproduktiv, wenn ständig neue Horrorszenarien gemalt werden, statt neue Möglichkeiten zu diskutieren. Außerdem haben die Probleme, über die heute zum Teil zu Recht geklagt und gejammert wird, in der Regel nichts mit der EU-Agrarreform zu tun, sondern sind Ergebnis des alten Systems mit Produktionsprämierungen und Preisgarantien.
Nur eines ist auch wichtig, meine Damen und Herren: Entkoppelung ist im Prinzip umweltpolitisch neutral.
Je nach Marktsituation kann sie zur Extensivierung oder Intensivierung führen und deshalb sind Cross Compliance und Modulation unverzichtbar. Cross Compliance ist der Hebel für die gesellschaftliche Akzeptanz, und die Einhaltung des geltenden landwirtschaftlichen Fachrechts zur Mindestvoraussetzung für Transferzahlungen zu machen, ist nun wirklich keine Überforderung der Landwirtschaft. Auch die Forderung, Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand zu erhalten, ist nichts, was Weltuntergangsphantasien auslösen müsste. Dass die von der EU vorgeschriebenen Kontrollen effizient ablaufen müssen, entspricht den Interessen aller Beteiligten.
Unsere Geschäftsordnung geht unter, wenn Sie noch lange weiterreden. Sie haben nämlich Ihre Redezeit schon lange überschritten.
Auch da bin ich enttäuscht, dass wir keine Antwort vom Landwirtschaftsministerium bekommen haben. Natürlich hängt der Erfolg dieser Reform auch davon ab, dass die zweite Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik gestärkt wird. Ich hoffe, dass wir uns auch da auf eine vernünftige Regelung einigen können. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Die Umsetzung der EU-Agrarreform ist die zentrale Frage in der aktuellen Diskussion um die Zukunftsfähigkeit unserer landwirtschaftlichen Betriebe. Bei ihrer Positionierung zu der EU-Agrarreform hat sich die FDP von folgenden drei Grundsätzen leiten lassen, die ich Ihnen nun kurz schildern möchte:
Erstens. Im Mittelpunkt unserer Agrarpolitik steht immer der wirtschaftende, auf Zukunft ausgelegte, unternehmerisch agierende landwirtschaftliche Betrieb.