Protocol of the Session on December 12, 2003

Nach dem Bundesfernstraßengesetz (FStrG) erfolgt die Planfeststellung von Bundesfernstraßen durch die oberste Landesstraßenbaubehörde. Die oberste Landesstraßenbaubehörde kann diese Aufgabe jedoch auf nachgeordnete Behörden übertragen. Eine Übertragung auf die Bezirksregierungen hat das Land Niedersachsen im Jahre 1986 unter dem damaligen Minister Walter Hirche durch einen Runderlass geregelt. Während andere Bundesländer eine solche Übertragung durch ein Gesetz oder eine Rechtsverordnung geregelt haben, hat das Land Niedersachsen mit dem Runderlass eine untergesetzliche Regelung gewählt, die u. a. bei Planfeststellungsverfahren keine ausreichende Rechtssicherheit gewährleistet.

Für den Bau der A 38 hat das Land Niedersachsen in der Zwischenzeit Aufträge in Millionenhöhe vergeben. Die Bürgerinitiative vermutet, dass im letzten halben Jahr etwa 30 Millionen Euro bei der A 38 illegal verbaut wurden. Nach Auffassung der Kanzlei Hesse & Kollegen wird sich die untergesetzliche Regelung außerdem negativ für das Land Niedersachsen hinsichtlich des vor dem Bundesverwaltungsgericht anhängigen Baustopp-Antrags auswirken.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wann beabsichtigt sie, den Runderlass durch eine Rechtsvorschrift zu ersetzen?

2. Wie beurteilt sie die Auffassung, dass sich die fehlende Rechtssicherheit negativ für das Land Niedersachsen hinsichtlich des vor dem Bundesverwaltungsgericht anhängigen Baustopp-Antrags auswirken wird?

3. Beabsichtigt sie einen freiwilligen Baustopp an der A 38 bis zur endgültigen Klärung der Rechtslage?

Nach § 17 Abs. 5 Satz 1 FStrG stellt die oberste Landesstraßenbaubehörde den Plan für den Bau oder die Änderung einer Bundesfernstraße fest.

Der § 22 Abs. 4 Satz 2 FStrG ermächtigt die Länder, die Zuständigkeit ihrer obersten Straßenbaubehörden auf nachgeordnete Behörden zu übertragen. Von dieser Ermächtigung hat das Land Niedersachsen durch Runderlass des MW vom 30. Oktober 2002 Gebrauch gemacht und bestimmt, dass die Bezirksregierungen für Planfeststellungen nach § 17 Abs. 1 FStrG zuständig sind.

Dass die Regelung der Zuständigkeit nicht durch Gesetz oder Verordnung, sondern durch Verwaltungsvorschrift getroffen worden wird, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Zuständigkeitsregelungen unterfallen als Akte der Organisationsgewalt der Länder nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes (BVerwG) nicht dem Gesetzesvorbehalt. Dies hat das BVerwG in seinem Beschluss vom 18. November 2003 zur A 38 erneut bestätigt.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Es ist nicht vorgesehen, den Runderlass durch eine Rechtsvorschrift zu ersetzen.

Zu 2: Diese Auffassung wird nicht geteilt.

Zu 3: Es ist kein freiwilliger Baustopp vorgesehen.

Anlage 6

Antwort

des Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit auf die Frage 11 der Abg. Georgia Langhans (GRÜNE):

Kürzung der Zuschüsse an Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen für Homosexuelle um 50 %

Mit der finanziellen Förderung von Selbsthilfegruppen Homosexueller unterstützt das Land Niedersachsen eine große Anzahl kleiner Initiativen in Niedersachsen, die sich gegen die Ausgrenzung Homosexueller einsetzen und Be

ratung und Unterstützung auf ehrenamtlicher Grundlage anbieten. Die Landesmittel werden dazu eingesetzt, für dieses ehrenamtliche Engagement die Voraussetzungen zu schaffen durch Qualifizierungsangebote und die Beschaffung von Arbeitsmitteln. Darüber hinaus wird eine minimale Grundversorgung an professioneller Beratung in Niedersachsen sicherstellt. Dieses Angebot ist dabei befristet, da es gleichzeitig das Ziel verfolgt, die Beratungsangebote anderer Träger für die Probleme homosexueller Menschen zu sensibilisieren.

Obwohl im ursprünglichen Haushaltsentwurf zunächst keine Kürzungen vorgesehen wurden, schlagen nun die CDU/FDPRegierungsfraktionen in ihrem Änderungsantrag eine Kürzung um 50 % vor.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Folgen wird die geplante Kürzung für die Strukturen ehrenamtlicher Arbeit im Bereich homosexueller Selbsthilfe haben?

2. Wie will die Landesregierung sicherstellen, dass in Niedersachsen weiterhin eine Qualifizierung ehrenamtlicher Arbeit zum Thema „Beratung und Aufklärung der Öffentlichkeit“ stattfindet?

3. Welche Folgen ergeben sich aus dem Verlust ehrenamtlicher Arbeitsstrukturen schwuler Männer für die HIV-Prävention in Niedersachsen?

Das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit wird die Selbsthilfeprojekte homosexueller Männer trotz der Reduzierung auch weiterhin finanziell unterstützen. Diese Kürzung zwingt mein Haus allerdings dazu, noch mehr als bisher schon, bei der Förderung Schwerpunkte zu setzen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Um aufgrund der schwierigen Haushaltslage des Landes unverhältnismäßige Härten zu vermeiden, wird der Neuaufbau des SchwulenJugendprojektes „Knackpunkt“ in Hannover nunmehr aus der Spielbankenabgabe finanziert werden. Hierdurch erhalten die schwulen Jugendlichen bei ihrer ehrenamtlichen Arbeit für die nächsten beiden Jahre Planungssicherheit. Darüber hinaus wird die Qualifizierung ehrenamtlicher Arbeit durch Workshops oder andere Fortbildungsangebote weiterhin finanziell gesichert sein. Das gleiche gilt für die Internet-Beratung in der Beratungsstelle Osterstraße.

Soweit die ehrenamtliche Arbeit für die HIVPrävention schwuler Männer bei regionalen Aids

Hilfen (dies gilt für alle größeren niedersächsi- schen Städte) angesiedelt ist, erscheinen die Probleme von geringerem Umfang, da die ursprünglich beabsichtigten Kürzungen der AidsHilfen zu zwei Dritteln zurückgenommen worden sind.

Mir ist bewusst, dass dies alles kein leichtes Unterfangen ist, aber wie ich dem Schwulen Forum Niedersachsen schon schriftlich mitgeteilt habe, liegt mir trotz der Finanzlage an einer guten Zusammenarbeit. Deshalb wird es auch am 17. Dezember 2003 zwischen dem SFN und Herrn Staatssekretär Hoofe ein Gespräch zu diesem Thema geben.

Anlage 7

Antwort

des Ministeriums für Inneres und Sport auf die Frage 12 des Abg. Ralf Briese (GRÜNE):

Langsamer als das Gesetz erlaubt? Verfahrensverzögerung bei Ingewahrsamnahme

Bei den CASTOR-Transporten im November 2003 kam es in den Sammelstellen für Ingewahrsamnahmen (GeSa) zu sehr langen Verfahrensdauern. Teilweise konnte man den Verdacht haben, die Polizei verschleppe die Verfahren bewusst, um die festgehaltenen Demonstranten nicht vor Einlagerung der CASTOR-Behälter im Zwischenlager Gorleben wieder auf freien Fuß setzen zu müssen. Die GeSa Neu Tramm war personell und strukturell auf ihre Aufgaben gut vorbereitet, um eine große Anzahl von festgesetzten Personen zügig und verfahrensrechtlich einwandfrei zu bearbeiten. Es waren mehr als 500 Polizisten und eine Vielzahl von Verwaltungskräften am Ort. Zudem hatte das Amtsgericht Dannenberg eine provisorische Außendienststelle in der GeSa eingerichtet, die personell ebenfalls gut besetzt war.

Das Grundgesetz schreibt in Artikel 104 bei freiheitsentziehenden Maßnahmen eine unverzügliche richterliche Anhörung vor. Die beteiligten Anwälte vor Ort kritisieren, dass von einem rechtsstaatlichen Vorgehen der Polizei keine Rede sein könne, da die richterliche Vorführung sehr lange hinausgezögert wurde. Teilweise mussten die festgesetzten Personen mehr als zehn Stunden auf ihre mündliche Anhörung warten, obwohl die Einsatzleitung im Vorfeld versichert hatte, dass alle festgehaltenen Personen zügig einem Richter vorgeführt werden würden. Die anwesenden Richter vor Ort waren über die sehr langsame Vorführung der Demonstranten durch die Polizei sichtlich ungehalten.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Erkenntnisse hat sie über die Gründe der schleppenden Verfahrensabwicklung, obwohl die GeSa personell und organisatorisch gut ausgestattet war?

2. Wie lange darf nach ihrer Ansicht das schlichte Anlegen einer Personen- und Ermittlungsakte durch kompetente niedersächsische Beamte oder Angestellte höchstens dauern?

3. Wie will sie bei zukünftigen CASTORTransporten die grundgesetzlich verbürgte unverzügliche richterliche Anhörung nach einer Freiheitsentziehung sicherstellen?

Das Grundgesetz (GG) schreibt in Artikel 104 Abs. 2 ebenso wie das Niedersächsische Gefahrenabwehrgesetz in § 19 Abs. 1 bei einer Ingewahrsamnahme die unverzügliche Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung vor. „Unverzüglich“ im Sinne des GG und des NGefAG bedeutet „ohne jede Verzögerung, die sich nicht aus sachlichen - tatsächlichen oder rechtlichen - Gründen rechtfertigen lässt, kurz, ohne jede vermeidbare Säumnis“ (Maunz/Düring/Herzog, GG-Kommentar, RN 38 zu Art. 104). Zur Unverzüglichkeit der Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung vom 15. Mai 2002 – 2 BvR 2292/00 – anerkannt, dass Verzögerungen aus sachlichen Gründen gerechtfertigt sein können. Nicht vermeidbar sind danach z. B. die Verzögerungen, die durch die Länge des Weges, Schwierigkeiten beim Transport, die notwendige Registrierung und Protokollierung, ein renitentes Verhalten der festgehaltenen Person oder vergleichbare Umstände bedingt sind. Bei der Ingewahrsamnahme einer Vielzahl von Personen können diese Maßnahmen naturgemäß nicht genauso schnell wie bei der Ingewahrsamnahme Einzelner durchgeführt werden, da im Regelfall - so auch anlässlich des CASTOR-Transportes 2003 – eine große Zahl von Vorgängen gleichzeitig zu bearbeiten ist. Darüber hinaus führen die besonderen, insbesondere örtlich weiträumigen, Gegebenheiten während der CASTOR-Transporte zu einem erhöhten Zeitaufwand der polizeilichen Maßnahmen.

Die mündliche Anfrage bezieht sich augenscheinlich auf eine Personengruppe aus Rohstorf, die am Vormittag des 11. November 2003 in Gewahrsam genommen worden ist.

Gegen 10 Uhr erfolgte die Meldung, dass sich ca. 150 Personen auf den Gleisen bei Rohstorf/LK Lüneburg befinden sollten. Gegen 10.20 Uhr trafen zwei Hundertschaften des Einsatzabschnitts Aufklärung/Zugriff (EA) dort ein. Zwischen 10.36 Uhr

und 10.41 Uhr erfolgten drei Aufforderungen, die Schienen zu verlassen, denen nicht nachgekommen wurde. Um 10.43 Uhr erfolgte die Durchsage, dass Ingewahrsamnahmen durchgeführt werden würden. Ab 10.44 Uhr wurde mit den angekündigten Maßnahmen begonnen. Die Personen wurden dem EA Kriminalitätsbekämpfung übergeben. Insgesamt handelte es sich um 139 Personen. Die Räumung der Gleisstrecke selbst dauerte bis 11.47 Uhr.

Anschließend wurden sämtliche 139 Personen sowie deren mitgeführten Sachen durchsucht, mitgeführte Gegenstände asserviert, soweit vorhanden wurden gefährliche Gegenstände sichergestellt, die Identität festgestellt und überprüft sowie entsprechende Kurzberichte gefertigt. Ab 14.15 Uhr wurden die Personen in die Gefangenentransportfahrzeuge gebracht und die Asservate verladen. Danach wurden die Personen in die Gefangenensammelstellen(GeSa) Lüneburg und Neu Tramm verbracht.

Der Transport gestaltete sich schwierig, insbesondere war seine Sicherung notwendig, weil es vor dem Einsatz in Rohstorf zu Zwischenfällen kam, die einen erhöhten Eigensicherungsbedarf belegten.

In der Nacht zum 8. November 2003 umringten ca. 100 Personen, die einige Traktoren mitführten, zwei besetzte Funkstreifenwagen. Hierbei wurden die Reifen der Dienstfahrzeuge zerstört und die Beamten mussten Pfefferspray einsetzen. Erst bei Eintreffen von Verstärkungskräften flüchteten die Täter. Am selben Abend wurde an der Rückseite der Ortsunterkunft (OU) Neu Tramm am Zaun ein Traktor mit einer Hebebühne festgestellt. Möglicherweise wollte man auf das Gelände der GeSa Neu Tramm eindringen. Außerdem wurden am 11. November 2003 auf der Umgehungsstraße bei Dahlenburg/LK Lüneburg, also in zeitlicher und räumlicher Nähe zum bevorstehenden Einsatz, mehrere Reifen von Gefangenentransportbussen durch Krähenfüße beschädigt. Darüber hinaus rissen bereits Mitte Oktober unbekannte Täter den Zaun der OU Neu Tramm samt Pfählen auf einer Länge von 200 m ein.

Aufgrund der geschilderten Situationen bestand Gefahr für Leib und Leben von Polizeibeamten, von zu transportierenden Personen und von Sachen von bedeutendem Wert. Durch die erforderliche Transportsicherung mussten daher geringere Geschwindigkeiten gefahren werden. Zeitweise

wurde zudem ein Aufklärungsfahrzeug den Gefangenenbussen vorausgeschickt. Auch Fahrten einzelner Busse – wie ursprünglich vorgesehen - waren aufgrund der geschilderten erhöhten Gefährdungslage nicht möglich. Wegen angekündigter Blockadeaktionen in Metzingen an der B 216 musste ein Umweg über Riebrau und Zernien B 191 - gefahren werden. Diese Maßnahmen verursachten einen erheblichen Zeitaufwand.

Um 15.10 Uhr traf der erste Gefangenentransportbus in Neu Tramm ein, und die Personen wurden den Kräften der GeSa übergeben und erneut durchsucht. Dies war aus Eigensicherungsgründen erforderlich und entspricht auch dem polizeifachlichen Standard. Danach wurden die Personen erfasst, und es wurden Lichtbilder gefertigt. Es bestand die Möglichkeit, Angehörige und/oder Rechtsanwälte zu informieren.

Die Vorgangserstellung und –bearbeitung begann bereits gegen 15 Uhr. Hierzu zählen ein Bericht des Einsatzleiters vor Ort, ein Bericht des Transportverantwortlichen sowie die Anhörung der Aufklärungskräfte. Nachdem die Unterlagen vorlagen, entschied das Gericht, den Einsatzleiter, den Transportführer und die Aufklärer zusätzlich selbst zu hören, was bis ca. 17 Uhr dauerte.