Meine Damen und Herren, gesellschaftliche Gruppen, die die Bürgergesellschaft gestalten, sind im Land Niedersachsen überhaupt nichts mehr Wert. Ob es um Umweltverbände, Flüchtlingsinitiativen, Verbraucherschutz, Resozialisierung, Drogen, Behindertenarbeit, Sozialarbeit oder Frauengruppen geht, Sie entziehen mit diesem Haushalt den Ehrenamtlichen in vielen Verbänden und Bürgergruppen in diesem Land die Basis für ihre Arbeit.
Das Jahr des Ehrenamtes in Niedersachsen hatte ein ganz bitteres Nachspiel. Dass sich der Umweltminister, Herr Sander, das Geld, das für Umweltengagement von Bürgerinnen und Bürgern bei Bingo-Lotto verspielt wird, einfach unter den Nagel reißen wollte, war ein ganz besonders mieser Zug.
Meine Damen und Herren, ich habe in den Auseinandersetzungen um Gorleben die Erfahrung gemacht, dass immer dann, wenn Regierungen nicht durch Politik überzeugen, die Polizei den Helm aufsetzen muss.
Eine völlig neue Erfahrung war für mich der Polizeieinsatz und die Einkesselung des Niedersächsischen Landtages in den letzten Tagen. Herr McAllister, aufgewachsen in diesem freien Land Nieder
sachsen, sage ich Ihnen - davon bin ich überzeugt -: Wer zu seiner Politik steht, der braucht keine Bannmeile, der braucht keine Einsatzpolizei, der braucht keine Reiterstaffel und keine Staatsschützer in und vor dem Parlament.
(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - David McAllister [CDU]: Gilt das auch für NPD-Demonstrationen? - Bernd Althusmann [CDU]: Wenn die NPD ihre Demonstrationen in Hanno- ver macht, lassen wir sie rein!)
Herr McAllister, die Gefahrenprognose, mit der dieser unverhältnismäßige Polizeieinsatz begründet und angeordnet wurde, ist eine Projektion Ihres schlechten Gewissens gegenüber den Studenten. Der vom Präsidenten verantwortete und von den Fraktionen von CDU und FDP unterstützte Einsatz ist ein Missbrauch von Macht und Staatsgewalt.
Meine Damen und Herren, das Kabinett Wulff hat sich ja fest vorgenommen, unbeirrbar über den Protest und den Wunsch nach demokratischer Teilhabe hinwegzugehen. Ihre politische Energie richtet sich nicht gegen die Krise der öffentlichen Haushalte, sondern gegen die, die andere Vorschläge machen. Sie verweigern ja sogar die Gespräche und die Diskussionen.
Ihre politische Energie richtet sich nicht gegen die Bildungskatastrophe, sondern gegen die, die von dieser Bildungskatastrophe betroffen sind.
Ihre Einsparungen richten sich damit gegen die Zukunft. Sie sind unmoralisch gegenüber den Kindern und Jugendlichen in diesem Land.
Ihre politische Energie richtet sich nicht gegen Verhältnisse, die zu Verunsicherung und Desintegration geführt haben, sondern gegen die, die nicht Ihrem Bild von öffentlicher Sicherheit und Ordnung entsprechen.
Ich finde, dass diese Inszenierung in diesem Landtag, zu der ich nicht stehe, dazu beiträgt, alte Feindbilder neu zu beleben.
Das wollen wir nicht. Dieses Land braucht weder eine neue Befreiungsbewegung namens FDP noch Polizeischutz für das Parlament. Rüsten Sie ab!
Demokratische Teilhabe und Dialog müssen Grundlagen unserer Politik für diese Gesellschaft sein. Ich bin dafür, dass wir die Probleme tatsächlich angehen, so wie sie es verdienen. Ich meine, dass wir auf die Unterstützung gerade auch so engagierter Studentinnen und Studenten, wie ich sie in den letzten Wochen immer wieder getroffen habe, angewiesen sind.
Ich bin nicht dafür, dass in unseren Schulen und an unseren Universitäten wieder folgsame Untertanen ausgebildet werden, sondern ich möchte, dass die Schule der Nation weiter dazu da ist, engagierte Bürgerinnen und Bürger hervorzubringen.
Wer Teilhabe verweigert und wer sich hinter der Polizei versteckt, wie Sie das hier getan haben, der schadet tatsächlich der Demokratie und der Zukunft unseres Landes.
Zum Schluss bleibt mir eigentlich nur noch eine Frage, weil wir uns auch Gedanken darüber machen, wie es nach dieser Inszenierung der letzten Tage weitergehen soll. In nur zwei Monaten haben wir den „Tag der offenen Tür“. Das ist eine Einrichtung, die wir Herrn Wernstedt verdanken.
Meine Damen und Herren, wir erwarten 20 000 Bürgerinnen und Bürger. Ich weiß nicht, wie Sie damit umgehen wollen, wenn Sie bei diesem Stil bleiben. Werden dann nur noch CDU-Mitglieder hereingelassen?
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin, ich stelle als Präsident dieses Hauses fest: Ich kenne in diesem Hause niemanden, der die Staatsgewalt missbraucht hat. - Damit das klar ist.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Gabriel, ich meine, Sie machen hier im Hause das Gleiche, was Sie auch in Ihrer Bundespartei versuchen: Sie versuchen für sich längst verlorene Schlachten zu schlagen.
Man muss auch einmal etwas zugeben können. In der Tat habe ich mich in Bezug auf die 3,9 Millionen Euro geirrt.
Als wir nachgeschaut und uns schlau gemacht haben, mussten wir feststellen, dass es zwar dieses Mal gestrichen wurde, aber in der Zeit, in der Sie, Herr Kollege Gabriel, Ministerpräsident waren, haben Sie selbst vorgeschlagen, dass diese Anteile gestrichen werden sollen.
Als Ministerpräsident wollten Sie sie streichen. Als Fraktionsvorsitzender regen Sie sich darüber auf.