Das erste Gerücht war, dass alle Politiker und alle politischen Parteien gleich seien oder sich zumindest in ihren politischen Aussagen ähneln.
Das zweite Gerücht war, dass es heutzutage keine mutige Politik und keine mutigen Politiker mehr gibt.
Das dritte Gerücht war - da kann ich mich noch sehr genau an Ihre Reaktion erinnern -, dass Sie es womöglich besser könnten, wenn Sie noch an der Regierung wären. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, konnte als allererstes widerlegt werden, und zwar nicht einmal von uns, sondern sogar von Ihnen selbst; denn in der in den letzten Monaten geführten Diskussion haben Sie nicht einen einzigen konstruktiven Vorschlag gemacht, der gezeigt hätte, dass Sie in der Lage wä
Dabei haben wir doch heute so viel über Demokratietheorie gehört. Demokratietheoretisch - so habe ich es verstanden - muss eine Opposition jederzeit in der Lage sein, die Regierungsverantwortung zu übernehmen. Das können Sie sicherlich nicht; denn von Ihnen kam nichts außer heißer Luft und ein paar großartigen Vorschlägen, wo man womöglich etwas sparen könnte. Sie haben keinen titelscharfen Vorschlag dazu gemacht, wo man sparen kann.
Das, was Sie jetzt vorgelegt haben, entspricht noch nicht einmal in Ansätzen dem, was die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen mit einem in der Geschichte der Bundesrepublik nie da gewesenen Sparpaket von 1,43 Milliarden Euro diesem Haus vorgelegt haben.
Stichwort: Mogelpackung. Als es darum ging, die nochmalige Verschlechterung in Höhe von 479 Millionen Euro aufzufangen, haben das Finanzministerium und seine Mitarbeiter, denen ich an dieser Stelle im Namen meiner Fraktion herzlich danken möchte, in einem Kraftakt innerhalb von drei Tagen auch dieses Loch noch stopfen können, während Sie nur Pressemitteilungen von sich gegeben haben, in denen Sie zum Ausdruck gebracht haben, das wäre Haushaltstrickserei und die Kommunen müssten sowieso die Mehrzahl der Lasten tragen. In der Tat muss es ein Teil der Kommunen in Niedersachsen tragen. Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Dorothea Steiner [GRÜNE]: Sie ha- ben 15 Jahre lang keine Gemeindefi- nanzreform gemacht!)
Die Ursache der schlechteren Steuerschätzung liegt in Ihrer traurigen Haushalts- und Finanzpolitik in Berlin.
Herr Kollege Gabriel, ich habe eine Menge Vorschläge zum Thema Vermittlungsausschuss gehört. Was Sie hier aber nicht mit einem einzigen Wort angesprochen haben - wahrscheinlich wohlweislich -, war die Glanzleistung der jetzigen Bundesregierung bei der Frage der Maut. Auch das trifft unser Land Niedersachsen hart, und Sie sind dafür mitverantwortlich.
Ich glaube, das hat eindrucksvoll gezeigt, dass Rot und Grün mit Sicherheit nicht in der Lage wären, auch nur ansatzweise seriöse Haushalte hier in Niedersachsen aufzustellen. Und schon gar nicht sind Sie besser als CDU und FDP.
Das zweite Gerücht, mit dem wir auch gleich aufräumen können, ist, dass wir uns nicht unterscheiden.
Ich glaube, die Regierungsfraktionen von heute und Sie von gestern - in der Opposition - unterscheiden sich in ihrem politischen Handeln dramatisch.
Ihre Wirtschaftspolitik bestand früher darin, als Wirtschaftsminister durch die Lande zu fahren und gemeinsam mit Landräten und Bürgermeistern darüber zu diskutieren, ob die Umgehungsstraße nun links oder rechts um das Biotop herum führen muss.
Heute, Frau Harms, besteht Politik eben nicht darin zu entscheiden, wo man noch zusätzlich Gelder ausgeben kann. Vielmehr heißt Politik in der heutigen Zeit, auch einmal zu sagen, was nicht geht. Das ist auch im Interesse der nachfolgenden, im Interesse der jungen Generation, Frau Harms, für die Sie schon längst nicht mehr sprechen, sondern nur noch CDU und FDP.
Unsere Fraktionen stehen jetzt vor der Frage, wie man überhaupt noch Politik in diesem Lande betreiben kann, ohne möglichst viel Geld auszugeben. Sie regen sich hier immer so darüber auf, wenn wir den Satz in das Plenum einwerfen: den Menschen die Freiheit zurückgeben. Das ist natürlich nicht mehr Ihre Form der Freiheit - die Zeit der Alt-68er, nach dem Motto „frei sein, high sein“ -, sondern wenn wir über Freiheit reden, dann meinen wir auch ganz konkrete Vorschläge im Bereich der Wirtschaftspolitik, z. B. im Bereich der Entbürokratisierung und im Bereich der Privatisierung - alles Dinge, die uns das BertelsmannGutachten auch mit in die Feder geschrieben hat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Landesregierung beginnt bei der Entbürokratisierung und bei der Privatisierung.
Weil Sie nun voller Neid unseren Top-Wirtschaftsminister Walter Hirche angesprochen haben, will ich Ihnen ein Beispiel bringen, das Ihnen verdeutlicht, was es ganz konkret heißt, den Menschen durch Entbürokratisierung die Freiheit zurückzugeben.
Neun Jahre lang hat es gedauert, bis ein liberaler Wirtschaftsminister endlich mit einem Federstrich die so genannte Sitzplatzverordnung streichen konnte, die besagt hat, dass Sie immer dann, wenn Sie in Bäckereien und Fleischereien zusätzlich zum Würstchen- oder Brötchenverkauf noch Kaffee ausschenken wollen, auch die Möglichkeit anbieten müssen, zwei getrenntgeschlechtliche Toiletten zu nutzen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin sehr froh, dass in unseren Bäckereien und Fleischereien jetzt ein Schild ausreicht, auf dem steht: „Hier keine Toiletten“.
Wir haben bisher noch keine Beschwerden bekommen. Ich habe auch noch von niemandem gehört, der sich in die Hose gemacht hat,
was unter anderem auch damit zu tun hat, dass das alleine davon abhängig ist, wie viel Kaffee Sie trinken, und nicht davon, ob Sie sitzen oder stehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, während wir die Zeichen der Zeit erkannt haben und die Wirtschaft möglichst entlasten wollen, haben wir noch in der letzten Plenarsitzung mit Ihnen über die Frage der Bürokratisierung diskutieren müssen. Alle reden von Entbürokratisierung
- alle außer der Bundesregierung, und auf die hat der Landesverband der SPD ja einen besonderen Einfluss; das konnte ich immer wieder lesen -, aber Sie schlagen vor, auf die bestehende Bürokratie noch eine Ausbildungsplatzausgabe obendrauf zu setzen, als wären die Unternehmen in Deutschland durch Ihre Politik nicht schon unfrei genug. Sie machen genau das Gegenteil von dem, was heutzutage eigentlich notwendig wäre: Sie sorgen für mehr Unfreiheit, während wir uns für mehr Freiheit für die Unternehmen einsetzen.
Ich bin sehr froh, dass Herr Wenzel immer vor mir redet. Das macht die Sache ja auch ein bisschen spannend und unterstreicht noch einmal eindrucksvoll, Frau Harms, wo Sie Ihre Akzente setzen wollen.
CDU und FDP gehen fest davon aus, dass wir aus der Schuldenfalle nur dann herauskommen, wenn wir die Wirtschaft wieder ankurbeln und das Wirtschaftswachstum steigern. Deswegen investieren wir in sinnvolle Bereiche, während Sie gerade gesagt haben, Sie wollen im Bereich des Wirtschaftsförderfonds noch zusätzliche Streichungen durchführen.
(Enno Hagenah [GRÜNE]: Der Wirt- schaftsförderfonds ist nicht zum In- vestieren da, sondern zum Fördern! - Rebecca Harms [GRÜNE]: Das ist ja unglaublich! Sie wissen noch nicht einmal, wofür dieser Fonds da ist!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind sehr froh, dass CDU und FDP trotz der angespannten Haushaltslage klare Akzente gesetzt haben im Bereich Forschung und Technologie, Forschungsanwendung, Forschungsausgliederung
und im Bereich Innovation, Gentechnologie, Biotechnologie - das wird Sie besonders freuen, Frau Harms -, Life Science und natürlich auch Brennstoffzelle.
(Rebecca Harms [GRÜNE]: Die krie- gen doch jetzt schon am meisten! Wo bleiben denn die Arbeitsplätze in die- sem Bereich?)