Protocol of the Session on December 14, 2007

Ich frage die Landesregierung: Wie bewertet sie die Aussage eines Wachmannes, der für 5,77 Euro auf dem SPD-Bundesparteitag gearbeitet und dem Stern danach gesagt hat: „Früher habe ich einmal SPD gewählt. Aber seitdem es immer weiter bergab geht, wähle ich anders.“? - Vielen Dank.

(Zustimmung von Christian Dürr [FDP])

Herr Minister Hirche, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ihre Frage, Herr Kollege Bode, hat sehr deutlich gemacht, was ich schon in meiner Antwort gesagt habe: Bei dieser Frage geht es um eine Auseinandersetzung im aktuellen politischen Raum mit Argumenten, die auf beiden Seiten intensiv vorgetra

gen werden. Ich würde mir seitens der Landesregierung nur wünschen, dass die gesamte Palette der Argumente wahrgenommen wird.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Eine sehr gute Antwort!)

Die nächste Zusatzfrage stellt der Kollege Dürr.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mir die Bild-Zeitung vom heutigen Tage einmal angeguckt.

(Werner Buß [SPD]: Lies doch einmal eine anständige Tageszeitung!)

In der Überschrift steht: „Die sieben Wahrheiten über den Mindestlohn“. - Das ist ein sehr interessanter Artikel von Herrn Professor Sinn, dem Präsidenten des renommierten Münchner ifo-Instituts. Unter Punkt 6 sagt Herr Sinn - hören Sie bitte ganz genau zu; von Herrn Sinn kann man noch etwas lernen! -:

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Vor allem zur Bildungspolitik!)

„Mindestlohn ist schlechter als Mindesteinkommen! Mindesteinkommen

werden durch staatliche Zuzahlungen zum Lohn gesichert. Solche Zuzahlungen sind für den Steuerzahler billiger, als die Arbeitslosigkeit zu finanzieren, die unweigerlich aus dem Mindestlohn folgt.“

Ich frage die Landesregierung: Wie bewertet sie diese Aussage?

Herr Minister Hirche, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal finde ich an der Diskussion wichtig, dass wir nicht nur individuelle Wirkungen, sondern auch die gesellschaftlichen Folgen einer bestimmten Maßnahme beurteilen. Dadurch stellen sich manche Instrumente anders dar, als man zunächst meint.

Man könnte ja meinen, dass die gesamte deutsche Presselandschaft auf diese Fragen gewartet hat; denn neben der Bild-Zeitung bringen heute auch die Welt und andere Zeitungen Berichte, die eine OECD-Studie vorstellen, die sich mit der Frage beschäftigt, ob man mit Niedriglohnjobs in Europa Erfolge hat oder nicht. Die OECD - wohlgemerkt: die OECD, nicht nur ein deutsches Forschungsinstitut! - kommt laut Welt-Kommentar zu der interessanten Aussage:

„Die OECD wirbt deshalb für Zuschüsse vom Staat.“

- also für ein Mindesteinkommen statt eines Mindestlohns

„Das Prinzip: Etwas zum Gehalt dazu zu geben,“

- so heißt es in diesem Kommentar wörtlich

„ist besser, als Arbeitslosigkeit zu bezahlen. Zwar haben auch Kombilöhne ihre Tücken...“ usw.

Meine Damen und Herren, wir wägen immer ab, was am besten ist. Der Antwort der Landesregierung, die sich für Kombilöhne ausgesprochen hat, können Sie entnehmen, dass sie die OECD-Studie als eine Bestätigung ihrer Linie ansieht. Man kann dies auch für das ifo-Institut sagen.

(Beifall bei der FDP)

Die nächste Zusatzfrage stellt der Kollege Will.

Herr Minister, ich frage Sie: Die Abfallwirtschaftsverbände haben gestern gefordert, dass ein gesetzlicher Mindestlohn für den gesamten Abfallwirtschaftsbereich eingeführt werden soll. Wie

steht die Landesregierung zu dieser Forderung der Verbände?

Herr Minister Hirche!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung hat ja mit der Großen Koalition

eine Regelung beschlossen, wie in solchen Fällen verfahren wird. Da wird nicht auf Forderungen oder Erklärungen von Verbänden reagiert, sondern es gibt ein ganz formales Verfahren. Die Landesregierung wird sich dann ihre Meinung bilden. Wir werden selbstverständlich vor dem Hintergrund der getroffenen gesetzlichen Regelungen verfahren.

Die nächste Zusatzfrage stellt der Kollege Oetjen.

Verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren ja über die Frage des Mindesteinkommens auf der einen Seite und über die Frage des Mindestlohns auf der anderen Seite, wobei wir uns als FDP immer ganz klar dafür ausgesprochen haben, dass ein Mindesteinkommen zur Verfügung stehen muss. Beim Thema Mindestlohn, Herr Kollege Jüttner, stehen verschiedene Zahlen im Raum, wie die Höhe ausgestaltet werden soll. Dazu gibt es unterschiedliche Forderungen. Ich würde von der Landesregierung gerne wissen, ob eine Familie mit Kindern bei einem Mindestlohn von 7,50 Euro ohne Sozialleistungen auskommen kann.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Wenn Sie vom Alleinverdiener-Modell aus- gehen!)

Herr Minister Hirche, bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin für die Frage insofern dankbar, als sich daran sehr deutlich machen lässt, dass die Wirkungen bestimmter Regelungen je nach Familienstand völlig unterschiedlich sind. Man kann sehr summarisch sagen, dass bei Familien ein Mindestlohn nichts am Problem „Armut trotz Arbeit“ ändert. Lediglich Alleinstehende mit schlecht bezahlten Vollzeitjobs könnten sich bei der Einführung eines Mindestlohns möglicherweise den Gang zur Arbeitsagentur sparen. Diese Gruppe gehört allerdings zu der absoluten Minderheit der hier Betroffenen. Von daher „erwischt“ die Mehrheit nicht der „Segen“, den sich einige von der Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns versprechen.

Ich bleibe dabei, dass es die Aufgabe der Tarifpartner ist, auch über einen Mindestlohn zu reden; denn Tarifabschlüsse bringen mit sich, dass die Verantwortung dafür von den Tarifpartnern, den Gewerkschaften und den Arbeitgebern übernommen wird.

(Beifall bei der FDP)

Die nächste Frage stellt Herr Möhrmann. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es scheint ja so zu sein, dass Herr Bode mit seinen Fragen nicht ganz auf der Höhe der Zeit ist. Ich wollte vom Minister wissen, ob ihm bekannt ist, wie die Frage des Mindestlohns bei der Zahlung der Bewachungskräfte auf dem SPD-Bundesparteitag gelöst worden ist; denn - Herr Bode, dies sollten auch Sie wissen - diese Löhne sind nachgezahlt worden.

(Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Als Sie erwischt worden sind!)

Es hat einen Betrug der Firma gegeben, die mit dem Auftrag betraut worden ist.

(Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Das ist ja die Höhe!)

Ich finde es schon einigermaßen unverfroren, Herr Bode, wenn Sie das so darstellen!

Ich habe noch eine zweite Frage: Herr Minister, wie erklären Sie sich, dass die Große Koalition in Berlin in dieser Frage eine andere Haltung einnimmt und auch in den meisten Staaten eine andere Haltung eingenommen wird?

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister Hirche, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Möhrmann, zu Ihrer Vorbemerkung sage ich nur: Es könnte sein, dass Sie diese Diskussion mit Berichten, die nicht nur das Thema Parteitag betreffen, aus Ihrer eigenen Sicht unnötig breiter an

legen, weil weitere Beispiele gesucht werden. Aber es ist nicht meine Aufgabe, zu kommentieren, ob das geschickt oder ungeschickt ist.

Sie haben dann noch gefragt, wie ich mir die Position der Großen Koalition erkläre. Wir beide machen ja schon ein bisschen länger Politik. Von jemandem, der einer Koalition nicht angehört, eine Interpretation zu erwarten,

(Werner Buß [SPD]: Dann muss Herr Wulff das machen!)

wie im Inneren einer Großen Koalition etwas zustande kommen könnte, ist etwas viel verlangt. Ich kann es aus Kleinen Koalitionen beurteilen, die ich in Niedersachsen in den 70er-Jahren mit der SPD