etat bedeutet, die Arbeit eines Ministers zu bilanzieren, der zu keinem Zeitpunkt ein klares hochschulpolitisches Konzept verfolgte, eines Ministers, der sich fünf lange Jahre als Ritter von der traurigen Gestalt durchwurstelte, gelegentlich kräftig stümperte und es nur der guten Konjunktur zu verdanken hat, dass die Hochschulen erstmals vom Finanzminister verschont werden.
Schon gleich zu Beginn der Legislaturperiode hatten Sie Ihren Kredit verspielt, Herr Minister. Es gelang Ihnen nicht, Ihre Hochschulen vor massiven Kürzungen zu schützen. Mit Ihrer Zustimmung zum HOK lieferten Sie die Hochschulen dem Finanzminister aus und ließen es zu, dass den Hochschulen bis heute 230 Millionen Euro entzogen wurden. Selbst Ihr Koalitionspartner, Herr Rösler, kam nicht umhin festzustellen: „Intelligent sparen sieht anders aus.“ - Recht hat er.
Herr Minister, Sie mögen das HOK inzwischen abgehakt haben. Die Hochschulen haben das nicht. Noch immer müssen sie frei werdende Professorenstellen beim Finanzminister abliefern und müssen kleine Fächer um das Überleben kämpfen.
Das HOK bleibt der hochschulpolitische Sündenfall dieser Landesregierung - leider nicht der Einzige.
Diese Landesregierung hat bisher fünf Haushalte vorgelegt. Vier Haushalte in Folge erhielten die Hochschulen weniger Geld. In diesem Jahr erhalten sie erstmals etwas zusätzliches Geld. Die höheren Zuweisungen basieren im Wesentlichen auf den Zahlen der Tarifsteigerungen und der Übernahme eines Teils der gestiegenen Energiekosten durch das Land.
Ohne diese Leistungen für die Hochschulen gering zu schätzen, bedeuten sie letztendlich nur eine Konsolidierung auf niedrigstem Niveau. Das Geld reicht weder, um die Kürzungen der letzten Jahre zu kompensieren, noch dafür, neue Impulse für die Hochschulen zu setzen.
So bleibt das große Wort des Ministerpräsidenten von der Aufholjagd des Nordens gegenüber dem Süden, die vollmundige Ernennung zum „Bayern des Nordens“, nur hohles Geschwätz. Die Kluft zum Süden ist während der Regierungszeit von
Schwarz-Gelb nicht kleiner, sondern größer geworden. Statt aufzuholen, hechelt Niedersachsen hinterher.
Die Hochschulen wissen das. Sie wissen auch, dass sie die erhöhten Zuweisungen allein dem Umstand zu verdanken haben, dass 2008 ein Wahljahr ist und die Konjunktur Wahlgeschenke zulässt.
Schon im nächsten Jahr könnte die Erwirtschaftung der Tarifabschlüsse aus Eigenmitteln wieder eingefordert werden. Diese Summen, die die Einzelhaushalte der Hochschulen ausweisen, sind erheblich. Das Risiko für die Hochschulen ist also groß.
Zusätzliche Risiken für die Hochschulen resultieren aus dem Hochschulpakt. Gelingt es den Hochschulen nicht, die zugesagten 11 200 zusätzlichen Studienanfänger zu gewinnen, müssen die Hochschulen den vom Bund finanzierten Anteil für die fehlenden Studienanfänger zurückzahlen. Wie
schwer es werden wird, den Hochschulpakt zu erfüllen, zeigen die aktuellen Zahlen. Schon am ersten Etappenziel von 1 600 zusätzlichen Studienanfängern ist der Minister gescheitert.
Da können Sie, Herr Minister, hier, wie gestern in der Märchenstunde, noch so schöne Märchen erzählen. Niedersachsen kann den dramatischen Einbruch der letzten Jahre trotz des erfreulichen Zuwachses in diesem Jahr nicht wettmachen. Ihre Bilanz bleibt negativ.
Bundesweit, meine Damen und Herren, ist es gelungen, dass die Studienanfängerquote erstmals seit 2003 wieder ansteigt, nämlich auf 37 %. Damit sind wir zwar im OECD-Vergleich immer noch ein Entwicklungsland - hinter uns kommen, glaube ich, nur Mexiko und die Türkei -, aber wissen Sie, wo Niedersachsen im Vergleich der Bundesländer
- Nein, ich würde mich nur freuen, wenn wir hier die Studienanfängerzahlen hätten, die z. B. auch Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland
Warum studieren in Niedersachsen so wenige? Wenn Sie den Minister fragen, erzählt er Ihnen das Märchen von demografischen Dellen, die daran schuld seien. Die Wahrheit sieht aber anders aus. Die Anzahl der Studienberechtigten ist nämlich gestiegen, und zwar von 2003 bis 2006 um 12 %. Dass wir trotzdem einen Einbruch bei den Studienanfängerzahlen haben, hat einen Grund: In nur vier Jahren wurde in Niedersachsen fast jeder fünfte Studienplatz vernichtet, davon allein über 2 000 an unseren Fachhochschulen.
Sie, Herr Minister, haben aber nicht nur Studienplätze vernichtet. Mit der Einführung von Studiengebühren haben Sie auch die Bildungschancen von Kindern aus armen Familien massiv verschlechtert.
Heute steht es in allen Zeitungen: Studiengebühren schrecken ab. Die Zahlen der Hochschulstatistik sind eindeutig. Nicht Niedersachsen, wie von Ihnen behauptet, hat die höchsten Zuwachsraten, sondern die Bundesländer ohne Studiengebühren liegen vorne: Brandenburg mit 13,7 %, Bremen mit 13,5 %, Berlin mit 11,8 %, Sachsen mit 9 % usw.
HIS stellt fest: Ein Fünftel der Studienberechtigten entscheidet sich gegen ein Studium, weil die finanziellen Mittel fehlen. Ob ein junger Mensch in Deutschland ein Studium beginnt, ist nämlich keine Frage der Begabung, sondern eine Frage der sozialen Herkunft. Von 100 Akademikerkindern
schaffen 83 den Sprung an die Hochschulen. Aus Arbeiterfamilien schaffen es gerade einmal 15 Kinder.
Natürlich wissen wir, dass die sozialen Hürden nicht erst vor den Universitäten aufgebaut werden. Wir leisten uns ein Schulsystem, das die Chancen nach sozialer Herkunft verteilt - und eben nicht nach Leistung. Doch anstatt bestehende Hürden abzubauen, wird mit 1 000 Euro Studiengebühr je Jahr die Latte nochmals höher gelegt. 1 000 Euro sind ja für CDU und FDP nur der Einstieg. Das wissen wir hier doch alle. Soziale Skrupel hatten CDU und FDP ja noch nie.
Zynisch wird auf Kredite verwiesen, die in Niedersachsen niemand haben will. Wer glaubt denn auch im Ernst, meine Damen und Herren, dass die wunderbare Aussicht auf einen Schuldenberg junge Menschen zum Studium ermutigen könnte? Eine SPD-geführte Landesregierung wird Studiengebühren für das Erststudium sofort wieder abschaffen, und zwar bereits zum Sommersemester 2008.
Wir werden den Hochschulen die Einnahmen aus Gebühren in vollem Umfang zur Verfügung stellen. Wir haben in unserem Haushalt 82 Millionen Euro für einen Qualitätspakt für die Lehre eingestellt.
Meine Damen und Herren, es geht um Bildungsgerechtigkeit. Es geht uns aber auch um ökonomische Effekte. Benjamin Franklin, der ja auch von Ihnen gerne zitiert wird, Herr Minister, hatte nun einmal recht, dass Investitionen in Wissen die höchsten Erträge bringen. Das hatten übrigens einmal alle verstanden, auch in Niedersachsen. Hochschulen wurden geöffnet und neu gegründet: Die Fachhochschulen Hannover und Braun
schweig/Wolfenbüttel, die Fachhochschule Hildesheim/Holzminden/Göttingen, die Fachhochschule Osnabrück sowie die Universitäten Oldenburg und Osnabrück - übrigens alle unter sozialdemokratischen Regierungen. Aber das wird Sie wohl nicht überraschen.
Von dieser Öffnung haben die Mädchen und die Kinder vom Land profitiert. Profitiert hat aber vor allem die Innovationsfähigkeit in Niedersachsen. Die Wirtschaft kam in Schwung, und die Hochschulen entwickelten sich zu Jobmotoren in ihren Regionen.
Und heute? - Die Bildungsbeteiligung ist zurückgegangen. Gleichzeitig fehlen unserer Wirtschaft Fachkräfte, vor allem Informatiker und Maschinenbauingenieure. Doch statt auf die Rettung durch Zuwanderung zu setzen, wie Sie von der FDP, müssen wir endlich die Bildungsreserven im eigenen Land besser ausschöpfen, und das werden wir in Angriff nehmen.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Kulturetat. Nach fünf Jahren CDU/FDP-Regierungszeit ist festzustellen: Der zuständige Kulturminister hat die ihm übertragene Kulturförderung in Niedersachsen nicht vorangebracht - im Gegenteil!
Niedersachsen hat den Ruf, ein offenes, selbstbewusstes und risikobereites Kulturverständnis zu haben, gründlich verspielt. Die Kulturpolitik wird stattdessen von Verzagtheit und Rückwärtsgewandtheit bestimmt. Das lässt sich auch nicht durch die hektischen Aktivitäten der Landesregierung in den letzten Monaten korrigieren.
Kulturelle Jugendbildung, Kulturtourismus, Kulturwirtschaft und Bewahrung unseres kulturellen Erbes sind nur einige Themen, die ausschließlich von meiner Fraktion besetzt worden sind. Kulturförderung ist für uns keine Subvention, sondern eine Investition in die Zukunft.