Protocol of the Session on December 12, 2007

Ihnen eines deutlich sagen: Das ist kein professioneller Umgang. Das hat auch keinen Stil. Wenn Sie ernsthaft wollen, dass wir uns mit Ihren Haushaltsanträgen befassen, müssen Sie auch in der Lage sein, sie uns etwas früher vorzulegen. Wir haben uns am 19. November getroffen. Sie haben sich wohl erst gestern irgendwo am Kaffeestehtisch zu solchen Anträgen durchgerungen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich habe die kurze Mittagspause aber genutzt, um mir anzuschauen, was Sie im Einzelnen alles vorschlagen. Ihre Haushaltsvorschläge stehen unter dem Motto: Wie gebe ich in möglichst kurzer Zeit möglichst viel Geld aus? Sie wollen die Studienbeiträge abschaffen: 82 Millionen Euro. Sie fordern ein FH-Entwicklungsprogramm: 18 Millionen Euro. Sie wollen die Lernmittelfreiheit wieder einführen: 20 Millionen Euro. Sie fordern eine Einmalzahlung für Beamte für 2008: 51 Millionen Euro. Sie fordern die Anhebung des kommunalen Finanzausgleichs: 100,5 Millionen Euro. Sie fordern zusätzliche Mittel für die Ganztagsschulen: 17,8 Millionen Euro. Sie fordern 200 zusätzliche Lehrerstellen: 3,75 Millionen Euro. Sie fordern die Schaffung von 10 000 Ausbildungsplätzen: 6 Millionen Euro. Sie fordern Maßnahmen für den Radwegebau: 8,5 Millionen Euro. Sie fordern 110 zusätzliche Richterstellen: 6,1 Millionen Euro.

(Beifall bei der SPD)

Das sind Mehrausgaben von 364 Millionen Euro.

(Zuruf von der CDU: Schuldenma- cher!)

Sie versprechen also sehr vielen sehr viel.

Zur Wahrheit gehört aber - ich finde es unverantwortlich, dass Sie bei dieser Liste eben tatsächlich geklatscht haben, insbesondere Sie, Herr Möhrmann, weil Sie als Finanzexperte davon eigentlich etwas verstehen müssten -, dass nahezu alle Mehrausgaben, die die SPD den Menschen hier im Lande verspricht, vollständig auf Pump finanziert sind.

Sie wollen die Nettokreditaufnahme, die wir nochmals um 50 Millionen Euro abgesenkt haben, wieder auf 600 Millionen Euro erhöhen.

(Zuruf von der CDU: Unerhört!)

Sie wollen bisher nicht ausgeschöpfte Kreditermächtigungen in Höhe von 51 Millionen Euro zur

Finanzierung Ihrer Versprechungen in Anspruch nehmen. Sie wollen 150 Millionen Euro Überschuss aus einem noch nicht einmal festgestellten Jahresabschluss für 2007 zur Finanzierung einsetzen. Auch das bedeutet nichts anderes als die Aufnahme neuer Kredite.

(Ursula Körtner [CDU]: Schuldenma- cher!)

Die Haltung der SPD sechs Wochen vor der Wahl zum Einsatz von Kreditermächtigungen vergangener Jahre ist wirklich unglaublich. Bisher haben Sie immer vehement gefordert, die nicht ausgeschöpften Kreditermächtigungen in den Jahresabschlüssen verfallen zu lassen. Ich zitiere einmal aus einem SPD-Entschließungsantrag vom 7. November 2006. In diesem Antrag, der vor fast exakt einem Jahr gestellt wurde, heißt es wörtlich:

„Die Landesregierung möge Rücklagen aus nicht in Anspruch genommenen Kreditermächtigungen ersatzlos ausbuchen.“

Für das Jahr 2006 hat die SPD einen Monat später in einem Antrag vom 4. Dezember 2006 gefordert, die Kreditermächtigungen um 551 Millionen Euro abzusenken, um die Bildung genau jener Rücklage zu verhindern, die Sie nun einsetzen möchten. Am 17. Juli dieses Jahres haben Sie erklärt: Was hier schönfärberisch „Rücklageentnahme“ heißt, ist nichts anderes als neue Schulden. - Jetzt stellen Sie sich 46 Tage vor der Wahl hin und tun genau das, was Sie vor fünf Monaten noch für völlig falsch gehalten haben. Herr Jüttner, im Vergleich zu dieser Position ist ein Zickzackkurs geradezu eine gerade Linie. Es ist doch absurd, was Sie uns hier vorschlagen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir stellen wie in jedem Jahr fest: Die Jüttner-SPD ist nicht in der Lage, seriöse Finanzierungsvorschläge zu machen. Warum auch? Damit bin ich wieder beim bisherigen Zitat des Jahres im Wahlkampf 2007. Im Weser-Kurier vom 12. September 2007 war zu lesen:

„Mit Finanzpolitik macht man keine Überzeugungsarbeit in seinen Zielgruppen, meinte Jüttner und sprach vom Mut zur Lücke.“

Ihr Haushaltsantrag bedeutet Mut zur Lücke. Ich würde sogar sagen: Das ist ein Loch. Es ist unverantwortlich, was Sie den Menschen hier im Lande so kurz vor der Wahl vorgaukeln.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Machen Sie nur so weiter.

(Vizepräsidentin Ulrike Kuhlo über- nimmt den Vorsitz)

Wer allen alles verspricht, wird am Ende alle belügen. Die Menschen ahnen das.

(Zuruf von der SPD: Da haben Sie Er- fahrung!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In 46 Tagen ist Landtagswahl. Wir haben vorhin über die Alternativen gesprochen. Die Menschen stehen in der Tat vor der Entscheidung, ob diese Landesregierung aus CDU und FDP fünf weitere Jahre das Vertrauen geschenkt bekommt oder ob die anderen drankommen.

Zu den Wahlaussichten des Oppositionsführers ließe sich viel sagen.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Bitte eine Umfrage zitieren!)

Ich möchte gerne einen großen Sozialdemokraten aus unserem schönen Land Niedersachsen zitieren, den von uns sehr geschätzten Kollegen HansChristian Schack.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Hans-Christian Schack war in Ganderkesee auf Abschiedsbesuch im Rathaus. Das Delmenhorster Kreisblatt vom 28. November 2007 schreibt:

„Schack: Jüttner hat bei Wahl keine Chance.“

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, wir von der CDU haben keinen Zugang zu Ihren internen Strategien.

(Heiterkeit bei der CDU und bei der FDP)

Zutreffender als der Kollege Schack hätte das aber keiner von uns formulieren können.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Jüttner, Sie haben heute viel darüber erzählt, was Sie nach dem 27. Januar alles anders machen wollen. Ich glaube, die meisten Menschen hier im Saal haben das wohl eher als Drohung empfunden, weil ja ein empfindliches Übel vorausgesetzt wird. Wie auch immer, Sie müssen sich natürlich schon die Frage gefallen lassen, wie Sie es eigentlich schaffen wollen, Ministerpräsident zu werden. Ich glaube, Energie Cottbus schafft eher den Sprung in die Champions League, bevor die SPD eine absolute Mehrheit gewinnt. Das heißt, eine absolute Mehrheit der SPD ist völlig utopisch. Sie selbst streben wohl eine Koalition mit den Grünen an. Die Grünen hören Ihr entsprechendes Werben wohl irgendwie nicht.

(Zuruf von der SPD: Hochmut kommt vor dem Fall!)

Es gibt ein schönes Zitat von Filiz Polat aus der Oldenburgischen Volkszeitung. Ich erspare es mir, es hier vorzutragen.

(Zurufe von der CDU)

- Wenn ich dazu aufgefordert werde, tue ich es.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Polat sagt über den Oppositionsführer:

„Herr Jüttner ist als Mensch sehr nett, aber keine Person, die eine Regierung und das Land Niedersachsen in die Zukunft führen kann.“

Also insofern: Mit Rot-Grün wird das schwierig. Ich weiß nicht, ob Frau Polat nun für alle steht. Sie ist auch gar nicht da. Aber okay. Meine Damen und Herren, für Rot-Grün wird es wohl nicht reichen. Die Umfragen geben das nicht her. Also brauchen Sie, um an die Macht zu kommen, doch einen dritten Partner.

(Heiner Bartling [SPD]: Genau! Jetzt kommt Stalin!)

- Herr Bartling, auch darüber wollen Sie nicht reden. Das kann ich mir vorstellen.

(Heiner Bartling [SPD]: Darüber reden wir gern!)

Wissen Sie, Herr Jüttner: Sie haben sich in der Zeitung neulich wie folgt zitieren lassen:

„Mein politischer Gegner im Land heißt Wulff und nicht Dehm.“