Protocol of the Session on November 14, 2007

Auf die Sachverständigenanhörung ist schon von verschiedenen Abgeordneten hingewiesen wor

den. Es ist auch völlig richtig, Herr Schneck, dass in einer Vorabveröffentlichung die eine oder andere Stellungnahme nachzulesen ist. Ich habe eben

zu einer Kollegin von Ihnen gesagt: Das hat mich ein bisschen amüsiert; im Grunde genommen hätten wir unsere Redetexte eintauschen können. Sie haben gesagt, es gibt verfassungsrechtliche Bedenken. Es gibt natürlich genauso Stellungnahmen von Sachverständigen und Praktikern, die sich gegen diese verfassungsrechtlichen Bedenken wenden. Deshalb ist es wohl richtig, einfach einmal abzuwarten, wie das im Endeffekt gewichtet wird. Da sollten wir den Beratungen im Bundestag weiter ganz gelassen entgegensehen.

Meine Damen und Herren, in einem scheinen sich Praktiker - vor allen Dingen der amtsgerichtlichen Praxis; Herr Schneck, da spielt bei der Prozesskostenhilfe im wahrsten Sinne des Wortes die Musik - und Sachverständige wirklich einig zu sein: Sie sehen weitgehend Reformbedarf, und zwar im Wesentlichen in der Richtung, in die unser Entwurf geht.

Ich möchte zum letzten Punkt des Entschließungsantrags kommen. Wir haben wirklich sehr detailliert geprüft, mit welchen Mitteln der Rückfluss von PKH-Raten optimiert werden kann. Unsere gegenwärtige Praxis stellt meines Erachtens sicher, dass die Rückzahlungen strikt überwacht und bei Rückständen die Ratenzahlungen auch im Wege der Zwangsvollstreckung beigetrieben werden. Im Übrigen werden die Akten dem Rechtspfleger vorgelegt, wenn der Rückstand drei Monatsraten beträgt. Dann kann der Rechtspfleger die frühere Bewilligung von Prozesskostenhilfe insgesamt

aufheben.

Die Sachverständigenanhörung, die der Rechtsausschuss dankenswerterweise durchgeführt hat, hat jedoch einen wirklichen Schwachpunkt des geltenden Rechts nochmals deutlich gemacht: Die Prüfung, ob sich die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Prozesskostenhilfeempfängers nach der

Bewilligung verbessert haben und ihm demgemäß eine Kostenbeteiligung auferlegt werden kann, ist in der Praxis überaus arbeitsaufwendig. Grund ist, dass das geltende Recht den Empfänger nicht verpflichtet, Verbesserungen der wirtschaftlichen Lage dem Gericht von sich aus mitzuteilen. Die Gerichte sind vielmehr darauf angewiesen, zu ermitteln, und das dauert und verursacht Kosten.

Diesem Missstand will der Gesetzentwurf des

Bundesrates - dem übrigens nicht nur die unionsgeführten Länder, sondern sehr wohl auch A-Länder zugestimmt haben - abhelfen. Wie auch sonst im Sozialrecht üblich, verpflichtet er die Empfänger

von Prozesskostenhilfe, dem Gericht Änderungen der wirtschaftlichen Lage und der Anschrift unaufgefordert mitzuteilen.

Herr Schneck, die 50 Euro, über die Sie gesprochen haben, sind im Übrigen nicht Bestandteil einer Art Praxisgebühr im Bereich der Prozesskostenhilfe. Hier handelt es sich vielmehr um eine reine Verwaltungsgebühr für die Abwicklung von Ratenzahlungen, die vereinbart werden, wenn

mithilfe der Prozesskostenhilfe tatsächlich Beträge erstritten werden.

Jedenfalls bleibt nach meiner Einschätzung von Ihrem Entschließungsantrag nichts Substanzielles übrig. Deshalb bitte ich um Ablehnung dieses Antrages. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. - Herr Briese?

(Ursula Körtner [CDU]: Nein, bloß nicht!)

Auf welcher Basis möchten Sie etwas sagen? - Sie beantragen zusätzliche Redezeit. Bitte schön!

Es geht auch ganz schnell. - Frau Ministerin, es kann einfach nicht gerecht sein - hier ist mein Gerechtigkeitsgefühl wirklich betroffen -, wenn wir auf der einen Seite in den Wirtschaftsstrafsachen den Deal einführen, weil die Sachen so kompliziert werden, dass wir sie nicht mehr gehandelt bekommen, und weil wir es nicht mehr schaffen, diese komplizierten Verfahren zu Ende zu führen, und auf der anderen Seite immer stärker den wichtigen, in Artikel 19 Grundgesetz verankerten Grundsatz der Justizgewährung beschneiden und die PKH immer strenger bewilligen. Das ist nicht nur unfair, sondern auch ein Stück weit unsozial. Es ist einfach ein Verstoß gegen das Gerechtigkeitsgefühl, wenn man künftig die Großen immer stärker laufen lässt und den Kleinen auch noch die Prozesskostenhilfe nimmt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Ministerin, Sie haben noch einmal das Wort.

Sehr geehrter Herr Briese, ich weiß beim besten Willen nicht, was daran unsozial ist, dass man von denjenigen, die in der Lage sind, Prozesskosten zu zahlen, verlangt, dass sie sie auch bezahlen, wenn sie die Gerichte in Anspruch nehmen, und dass man denjenigen, die dazu nicht in der Lage sind, Prozesskostenhilfe zubilligt. Das ist das Prinzip, nach dem wir arbeiten: Sozialleistungen bekommt bei uns derjenige, der sie benötigt. Wenn wir darüber hinaus Sozialleistungen bewilligen sollen,

dann, mein lieber Herr Briese, sagen Sie mir einmal, in welchem Rahmen Sie diese Sozialleistungen noch erweitern wollen. Dieser Staat wird das dann nicht mehr verkraften.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nun liegen mir keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit.

Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, teile ich Ihnen mit, dass sich die Fraktionen darauf verständigt haben, den Antrag unter Tagesordnungspunkt 14 ohne erste Beratung direkt in die Ausschüsse zu überweisen. Daher werde ich diesen Antrag vorziehen.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 14: Schwerer Start ins Leben: Eckpunkte eines Niedersächsischen Präventionspaktes zur Bekämpfung von Übergewicht und Fehlernährung bei Kindern und Jugendlichen Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/4188

Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Federführend soll der Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit sein, mitberatend der Kultusausschuss. Die Fraktionen haben sich des Weiteren geeinigt, den Antrag auch an den Ausschuss für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirt

schaft und Verbraucherschutz zur Mitberatung zu überweisen. Wer so entscheiden möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gibt es andere Meinungen? - Das ist nicht der Fall. Dann ist so entschieden.

Ich rufe nunmehr auf

Tagesordnungspunkt 12: Zweite Beratung: Zweifel ausräumen, Alternativen prüfen: Die hannoverschen Fachgerichte ange

messen unterbringen! - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/4036 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen - Drs. 15/4171

Die Beschlussempfehlung lautet auf Ablehnung.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Meine Damen und Herren, Wortmeldungen liegen mir allerdings auch nicht vor.

(Susanne Grote [SPD] meldet sich zu Wort - Zuruf von der CDU: Zu spät!)

- Wenn ich jetzt der Kollege wäre, würde ich es abblocken. Da wir aber liberal sind, erhalten Sie, Frau Grote, jetzt das Wort. Bitte schön!

Danke, Frau Präsidentin. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir müssen feststellen, dass die Landesregierung nicht nur mit großer Engstirnigkeit den sozial Schwachen den Gerichtszugang erschweren will, nein, auch in der Auswahl eines möglichen Standortes für ein hannoversches Justizzentrum machen Sie keine gute Figur. In einer in keiner Weise nachzuvollziehenden Art und Weise beharren Sie auf Ihrer Festlegung, die hannoverschen Fachgerichte in das Bredero-Hochhaus

umziehen zu lassen, und torpedieren eine ehrliche und vor allem ergebnisoffene Prüfung von Alternativstandorten. Gern erinnere ich Sie an dieser Stelle an den Gebäudekomplex der Pädagogischen Hochschule. Es spricht für sich, dass der Staatssekretär, Herr Dr. Oehlerking, ausführte, dass die PH schon wegen ihrer Lage ausscheide.

(Unruhe)

Frau Grote, bitte warten Sie, bis etwas mehr Ruhe eingekehrt ist. - So ist es gut.

Wunderbar. - Man beachte, der Gebäudekomplex der Pädagogischen Hochschule liegt in der Südstadt Hannover. Mit der S-Bahn sind es gerade drei Minuten bis zum Hauptbahnhof.

(Joachim Albrecht [CDU]: Die fährt aber nur alle halbe Stunde! - Gegen- ruf von Wolfgang Jüttner [SPD]: Was? Da sind drei Linien! Die fahren alle zwei Minuten!)

Studenten und Mitarbeiter der PH haben diesen Weg täglich zurückgelegt, der bei einer Umnutzung zum Justizzentrum plötzlich bürgerunfreundlich

sein soll. Ihre Argumentation ist überhaupt nicht nachzuvollziehen.

Des Weiteren ist es bezeichnend, dass Sie bei der Überprüfung der Wirtschaftlichkeit Schätzzahlen für ausreichend halten. In der Plenarsitzung am 14. September 2007 haben Sie, Frau Ministerin, sehr deutlich ausgeführt, dass Sie aufgrund der geschätzten Zahlen der PH als Alternative nicht weiter folgen wollen. Sie haben sich so in den Standort Bredero-Hochhaus verbissen, dass Sie alle Alternativen nicht ernsthaft prüfen wollen. Das ist Ihr eigentliches Problem.

(Unruhe)

Frau Grote, ich muss Sie noch einmal unterbrechen. - An der Regierungsbank ist es besonders laut.