Protocol of the Session on October 19, 2007

Ich muss noch auf einen weiteren Punkt hinweisen: Die Anträge beider Oppositionsfraktionen sind deshalb nicht nur bildungspolitisch fragwürdig, sondern sie sind auch hinsichtlich der Finanzierung völlig unausgegoren.

(Walter Meinhold [SPD]: Das stimmt doch gar nicht!)

Es werden Mittel verplant, über die das Land überhaupt nicht verfügen kann. Über den Einsatz von Mitteln der Arbeitsverwaltung entscheidet allein die Bundesagentur für Arbeit. Machen Sie sich bei Müntefering stark, der hat einen langen Arm, der bis in die Bundesagentur reicht. Aber schütteln Sie nicht einfach Anträge aus dem Ärmel, die wir finanziell gar nicht bedienen können. Eine finanzielle Beteiligung des Bundes oder anderer liegt nicht innerhalb unserer Verfügungsgewalt. Sie machen Wolkenkuckucksheime auf, um vielleicht in eine bestimmte Richtung argumentieren zu können. Ich bitte Sie deshalb darum, dass hierbei die Beschlussempfehlung des Kultusausschusses entsprechend beachtet wird.

Auch der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion zur Änderung der Niedersächsischen Verfassung ist weiß Gott überflüssig. Eine Verfassung sollte man sehr ernst nehmen. Man sollte nicht alle Tage an Verfassungen herumfummeln und nicht sozusagen jedes Ding, das die Politik nicht lösen kann, in einen Rechtsanspruch gießen und in die Verfassung aufnehmen. Aber das ist ein schwieriges Thema. Ich will einmal so argumentieren: Wenn wir an einer bestimmten Stelle eine richtige Maßnahme ergreifen wollen und dann merken, dass wir

durch die Verfassung daran gehindert werden, diese richtige und gute Maßnahmen zu ergreifen, dann muss man gemeinsam prüfen, ob eine Verfassungsänderung sinnvoll ist.

Aber wir werden ja gar nicht durch das Grundgesetz oder die Landesverfassung behindert. Schauen Sie sich doch die Landesverfassung einmal an! In Artikel 4 sind das Recht auf Bildung und das Schulwesen geregelt. Das schließt die berufliche Bildung ein. In Artikel 6 a der Landesverfassung - Arbeit, Wohnen - steht:

„Das Land wirkt darauf hin, dass jeder Mensch Arbeit finden und dadurch seinen Lebensunterhalt bestreiten kann.“

Das schließt die Möglichkeit einer Berufsausübung ein und sichert jeder Bürgerin und jedem Bürger unseres Landes die grundgesetzlich garantierte freie Arbeitsplatzwahl. Ich verstehe diese abstrakte, vielleicht unter Wahlkampfgesichtspunkten geführte Diskussion nicht.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich bin auch gleich fertig. - Ich will noch einmal deutlich sagen: Das deutsche duale System der beruflichen Bildung genießt eine hohe Anerkennung, es bewährt sich. Es ist immer gefordert, sich anzupassen und sich weiter zu verbessern.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Wir konnten doch schon Mittwoch deutlich machen, dass ein gegliedertes Schulwesen geradezu auf ein leistungsfähiges berufliches Schulwesen baut. Das korrespondiert miteinander.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Das ist Vielfalt, das ist Erfolg, das ist Begabungsgerechtigkeit. Es geht darum, wie wir aus den jungen Leuten auf den richtigen begabungsgerechten Wegen erfolgreiche junge Leute machen können. Dabei sind wir alle gemeinsam unterwegs. Wir als Landesregierung haben doch Maßnahmen ergriffen, um die Ausbildungsfähigkeit unserer Jugendlichen durch eine Verstärkung von Basisqualifikationen usw. zu verbessern. Man hat doch in den

letzten Jahren bemerkt - im Hauptschulbereich, im Bereich der beruflichen Bildung und anderswo -, was alles gemacht wird. Zum Beispiel sind die Praxistage erfolgreich. Dazu sagt die Wirtschaft uns, dass wir gute junge Leute haben. Die Unternehmen haben in diesem Zusammenhang schon den einen oder anderen gesehen, der bei ihnen anfangen kann.

(Zustimmung bei der CDU)

Das kann die Bundesagentur für Arbeit gar nicht leisten, weil sie nicht selber und direkt Leute unter Vertrag nehmen kann.

Herr Kollege Voigtländer, ich will auch ein ernstes Wort zum Stichwort „Produktionsschule“ sagen. Das ist ein etwas kompliziertes System. Aber Sie wissen, dass wir unterwegs sind und prüfen, ob wir in diesem Bereich für besonders problematische junge Leute etwas machen können. Zurzeit laufen Modelle in der Wesermarsch und in Salzgitter. Das ist aber nicht kostenneutral. Bei der Grundbildung kann man vielleicht so argumentieren, aber bei der Fachbildung entstehen z. B. Kosten für das Anmieten von Räumen. Das sind Ausgaben für die Schulträger. Dabei muss man schon vorsichtig sein.

Herr Kollege Voigtländer, Sie wissen ja, dass ich ein großes Herz habe. Wir haben einmal geprüft, ob für Uelzen etwas möglich ist. Da war aber die Beteiligung der Schülerinnen und Schüler nicht ausreichend, sodass man keinen Versuch starten konnte. Auch das gehört zur Wahrheit dazu.

Meine Damen und Herren, eine letzte Bemerkung: Auch wenn die Wirtschaft floriert und viele Auszubildende einstellt, stellt sich die Frage, welchen Handlungsbedarf es noch für den Staat gibt, wenn das BGJ im Jahr 2009 ausläuft. Es wäre eine ideale Situation - ich nehme die Zahlen 2006 als Grundlage -, wenn die Wirtschaft uns in Niedersachsen weitere 14 000 zusätzliche Ausbildungsplätze offerieren würde. Wenn diese flächenmäßig super verteilt und alle Branchen sauber bedient wären, dann wäre mein Handlungsbedarf auf null, und der Finanzminister würde sich mitfreuen, weil wir uns aus dem Vollzeitbereich heraushalten können.

(Zustimmung bei der FDP)

Aber wir wollen nicht naiv und blauäugig sein. Wir werden für einen Teil unserer jungen Leute bestimmte Angebote als Ersatz für das BGJ auf

rechterhalten müssen. Dafür wollen wir dann miteinander passende Modelle entwickeln, und zwar unter Einbeziehung der Handwerkerschaften und der Kammern, und gucken, ob wir mit einjährigen Fachschulen, mit Abschlussprüfung und all diesen Dingen bedarfsgerecht, regionalspezifisch und branchenspezifisch passende Angebote unterbreiten können. Aber ich hoffe, dass die Konjunktur es uns ermöglicht, das auf kleiner Flamme zu machen. Der Handlungsbedarf wird im Grunde genommen durch den Markt bestimmt. Darüber wollen wir 2008 miteinander nachdenken und Regelungen schaffen, die dann 2009 entsprechend Wirkung entfalten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Insgesamt sind wir im Bereich der beruflichen Bildung, auch der Wirtschaft und des Handwerks, gut aufgestellt. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. - Wir kommen damit zur Abstimmung.

Zunächst zu den Punkten 35 a und b. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit die Anträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 3567 und der Fraktion der SPD in der Drucksache 3579 ablehnen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Das Erste war die Mehrheit.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 33, zu dem Gesetzentwurf, zu dem Ausschussüberweisung beantragt ist. Federführend soll der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen sein, und mitberatend sollen der Kultusausschuss, der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr sowie der Ausschuss für Haushalt und Finanzen sein. Wer möchte so entscheiden? - Die Gegenprobe! - Das ist einstimmig so beschlossen.

Zu Tagesordnungspunkt 36 ist direkte Abstimmung beantragt worden. Ich frage zunächst entsprechend unserer Geschäftsordnung, ob Ausschussüberweisung gewünscht wird. - Das ist nicht der Fall. Zur Ausschussüberweisung kommt es also nicht.

Wir stimmen daher jetzt über den Antrag in der Drucksache 4112 ab. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die

Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit.

Nun hat sich Herr Minister Stratmann zu einer Erklärung außerhalb der Tagesordnung gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

Liebe Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte die Gelegenheit nutzen, einige Sätze zum Thema Exzellenzinitiative zu sagen; denn ich glaube, das ist für uns ein so wichtiges Thema, dass das Parlament einen Anspruch darauf hat, nicht nur morgen entsprechend der Medienberichterstattung unterrichtet zu werden, sondern den Sachstand vom zuständigen Ressortminister mitgeteilt zu bekommen.

(Zuruf von Karin Stief-Kreihe [SPD])

- Ich kann mich auch setzen, wenn Sie das nicht interessiert! Aber ich finde, das ist für uns ein wirklich wichtiges Thema.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich hätte es als kaum erträglich empfunden, wenn die Ergebnisse nicht so gewesen wären, wie sie sind. Wir sind sehr froh, glücklich und auch ein wenig stolz darauf, dass wir nun sagen können: Die einzige norddeutsche Eliteuniversität befindet sich in Niedersachsen; das ist die Universität Göttingen. Das ist ein tolles Ergebnis.

(Beifall im ganzen Hause)

Darüber hinaus ist es uns gelungen, ein weiteres Exzellenzcluster für Niedersachsen zu gewinnen, nämlich Quest für die Leibniz-Universität Hannover. Auch das ist etwas, worüber wir uns sehr freuen.

(Beifall im ganzen Hause)

Nun könnte ich Folgendes machen - ich habe die Vermutung, dass sich mancher Zwischenruf von Ihnen auf der Sorge gründet, dass ich das jetzt tue; ich habe das aber nicht vor -: Ich könnte diese Minuten nutzen, eine wie auch immer geartete Wahlkampfrede zu halten. Aber ich will, wie gesagt, das nicht tun, sondern die Gelegenheit nutzen, mich zu bedanken.

Ich möchte mich bedanken; denn als ich gestern in Bonn anreiste, war Göttingen zunächst nicht vor

gesehen, weil die Gegner Göttingens mehr auf die Vergangenheit und auf den Status quo abgestellt haben - es betraf vor allem die Drittmittelquote - als auf die Zukunft. Alle haben gesagt, dass das Zukunftskonzept ein ganz herausragendes und hervorragendes ist. Das heißt, wir mussten die letzten 24 Stunden kämpfen. Dass wir diesen Kampf zu einem erfolgreichen Ergebnis haben führen können, hat damit zu tun, dass wir viele Freunde haben, dass die norddeutschen Länder geschlossen zu Niedersachsen gestanden haben - liebe Kollegen von der SPD, da beziehe ich ausdrücklich die A-Länder mit ein - und dass auch die übrigen A-Länder - ich erwähne stellvertretend für die A-Länder vor allem den Kollegen Zöllner - in dieser Frage uneingeschränkt zu Niedersachsen gestanden haben.

(Beifall im ganzen Hause)

Dafür möchte ich mich bedanken; denn wenn das nicht der Fall gewesen wäre, wenn man es zu einem Wahlkampfthema - wie auch immer - gemacht hätte, dann, glaube ich, wäre es nicht so einfach gewesen, ein solches Ergebnis zu erzielen. Deshalb habe ich überhaupt kein Problem damit, das hier auch so zum Ausdruck zu bringen.

Das Zweite ist, dass vor Ort an den Universitäten mit sehr viel Energie und sehr viel Engagement exzellente Anträge erarbeitet worden sind. Das gilt für Hannover. Aber das gilt insbesondere auch für Göttingen. Dafür kann man sich bei den Beteiligten nur bedanken.

In den nächsten Jahren werden zusätzlich etwa 170 Millionen Euro nach Niedersachsen fließen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zustimmung bei der SPD)

Insbesondere die Göttinger haben jetzt die Chance, einen schwierigen Umstrukturierungsprozess zu bestehen, der für eine Hochschule wie Göttingen nicht so ungewöhnlich ist; denn auch andere traditionsreiche Universitäten haben in den vergangenen Jahrzehnten immer dazu geneigt, sich auf - ich sage einmal salopp - längst verwelkten Lorbeeren auszuruhen. Das ist nicht allein ein Göttinger Problem; das gilt für Heidelberg und andere genauso. Die Universität Göttingen hat jetzt die Chance, diesen Zuschlag zu nutzen, um in der Langfristperspektive zu beweisen, dass sie das Vertrauen der Wissenschaft zu Recht genießt. Ich bin - wie ich die handelnden Akteure kenne - sehr zuversichtlich, dass Göttingen dies machen wird

und dass auch die anderen Universitäten in Niedersachsen in den nächsten Jahren zu erfolgreichen Universitäten aufschließen werden, die wir beispielsweise im Süden unseres Landes haben.