Protocol of the Session on October 17, 2007

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Weihnach- ten kommt sicherlich!)

Zuerst hört man eine ganze Menge hehrer Worte, aber inhaltlich vermisst man doch Diverses. Das Problem mit diesem Antrag ist im Grunde genommen, dass wirklich nicht viel drinsteht. Wir haben eben schon eine Menge über UNESCO-Schulen und Bildung für nachhaltige Entwicklung gehört. Ich werde darum jetzt nicht mehr allzu viel auf diese Dinge eingehen. Wir brauchen hier keinen Volkshochschulkurs. Wir sollten ganz einfach gucken, wie wir mit diesem wichtigen Thema umgehen. Denn ich halte Bildung für nachhaltige Entwicklung wirklich für eine sehr wichtige Sache. Von daher werde ich jetzt gewaltig abkürzen und einen

Schnelldurchlauf machen. Vielleicht kommen wir dann auch schnell zu einer entsprechenden Abstimmung und zu einem guten Ergebnis.

Das Ganze fing - darauf möchte ich schon noch eingehen - 1999 aufgrund einer Empfehlung des Deutschen Bundestages an. Damals wurde auch in Niedersachsen der Einstieg in dieses Thema gewählt, begleitet und stark unterstützt von der Bezirksregierung Weser-Ems, die das Ganze zu einem guten Erfolg gebracht hat. Es war so erfolgreich, dass anschließend als nächstes Projekt „Transfer 21“ aufgelegt wurde, das möglicherweise 2008 ausläuft. Wir könnten eventuell daran arbeiten, dass das nächste Folgeprojekt aufgelegt wird. Das wäre hier ein guter Anlass für eine Diskussion gewesen. Aber leider haben Sie in dieser Beziehung in Ihrem Antrag nichts aufgeschrieben. Das ist schade. Dabei schwächeln Sie doch ganz gewaltig.

Warum dieser Antrag, habe ich mich gefragt. Wenn man genauer hinschaut, sieht man, dass das Ganze eine Vorgeschichte hat. Ausgehend von der UN-Vollversammlung - was wir vorhin schon gehört haben -, hat die deutsche UNESCOKommission in Zusammenarbeit mit der KMK Empfehlungen zur Bildung für nachhaltige Entwicklung in der Schule auf den Weg gebracht. Ich nehme an, dies war auch der Anlass, den Antrag zu stellen, sodass wir uns damit an dieser Stelle beschäftigen.

(Joachim Albrecht [CDU]: Das hat die Kollegin doch vorhin vorgetragen! Richtig!)

Spannend ist dabei, dass in anderen Bundesländern schon eine ganze Menge Schwung hineingekommen ist. Es gibt Auszeichnungen für Kommunen. Hamburg z. B. hat eine Auszeichnung bekommen, auch Heidelberg und andere Kommunen in anderen Bundesländern.

Für uns ganz spannend: Das Bundesumweltministerium schneidet ganz hervorragend ab. Es hat einen so guten Bildungsservice, dass es als erstes und bisher einziges Ministerium von der UNESCO ausgezeichnet wurde. So gut ist der Bundesumweltminister! Auch das sollte man an dieser Stelle erwähnen.

In dem Antrag stehen zwei Bitten. Die eine richtet sich an die Landesregierung. Sie soll einen Aktionsplan aufstellen und jährlich berichten, was die Schulen im Bereich Bildung für nachhaltige Ent

wicklung tun. Das Dumme ist nur, Ressourcen werden den Schulen dafür gar nicht zur Verfügung gestellt. Es wird eigentlich immer nur gesagt, dass sie etwas tun sollen.

(Zustimmung von Georgia Langhans [GRÜNE])

Das kann vom Ansatz her nicht ganz richtig sein. Sie haben den Schulen in der letzten Zeit sowieso eine ganze Menge zugemutet. Daher sollte man nicht unbedingt noch draufsatteln. Ich weiß, dass sich Schulen gerne auf solche Projekte einlassen. Aber dann müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Das heißt, sie brauchen Unterstützung und Beratung und Ähnliches mehr, damit sie diese Zusatzaufgaben leisten können. Hierbei macht mich eine Formulierung in Ihrem Antrag doch recht misstrauisch. Da steht nämlich, dass jährlich berichtet werden soll. Das darf auf keinen Fall zulasten der Schulen gehen. Was Schulen wirklich nicht brauchen, sind noch neue Berichtspflichten. Schulen brauchen kleine Klassen. Das wäre gut. Dann hätten sie auch großen Mut, große Projekte anzufangen. Schulen brauchen auch Zeit und Freiheiten, aber nicht noch zusätzliche Belastungen.

Die zweite Bitte richtet sich an gesellschaftliche Gruppen, Wirtschaft und Ähnliches mehr. Auch sie werden gebeten, sich für Bildung für nachhaltige Entwicklung einzusetzen. Dies können wir vielleicht gleich direkt abarbeiten: Wir hier im Plenarsaal sollen uns einsetzen, und wenn wir die Tribünen noch einbeziehen, hätten wir schon einen Appell an ganz viele Menschen in Niedersachsen gerichtet: Setzen Sie sich alle dafür ein! Sie bekommen nichts dafür, aber machen Sie etwas! Letzten Endes ist es ja für eine gute Sache.

Meine Damen und Herren, der Antrag ist ziemlich dünn, aber er ist auch nicht falsch.

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Das kann man von Ihrer Rede nicht sagen!)

Ich habe schon zu Anfang gesagt: Bildung für nachhaltige Entwicklung ist natürlich ein ganz wichtiges Thema. Aber was macht man mit einem solchen Antrag? - Wir haben in der Fraktion intensiv beraten.

(Lachen bei der CDU)

- Wir haben ihn wirklich intensiv beraten. Es ist gar nicht so einfach, wenn da fast nichts steht, etwas

dagegen zu haben. Aber dafür zu sein, ist genauso schwierig.

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Das kann auch an der Fraktion liegen!)

- Nein, das liegt am Antrag. Darin sind wir uns schon einig.

Wir haben uns dann mit sehr viel Mühe zur Zustimmung durchgerungen: nicht weil uns der Antrag überzeugt, sondern weil das Thema so wichtig ist. Man sollte auch einen Minischritt mitgehen, wenn er in die richtige Richtung führt. Es ist schade, dass es kein größerer Schritt ist. Aber wir werden uns intensiv darum kümmern, dass daraus ein zweiter, dritter und vierter richtiger und guter Schritt wird. Wir werden also mit einer gewissen Überwindung diesem Antrag zustimmen und hoffen, dass Sie sich bei diesem Aktionsplan gewaltig Mühe geben und dieser sehr bald vorliegen wird, sodass man erkennen kann, wohin es gehen soll. - Danke.

(Beifall bei der SPD)

Frau Langhans, Sie haben das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Nun tragen Sie mal diesen weltweiten Konsens mit!)

Wir lieben das Abseits; das wissen Sie doch.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieser Antrag von CDU und FDP ist nach den Beratungen und auch nach dem, was Sie hier heute dargelegt haben, leider nicht besser geworden. Er bleibt ein Showantrag mit äußerst magerer Substanz; auch das ist eben schon gesagt worden.

Bereits Anfang der 90er-Jahre hatte das Kultusministerium ein Programm zur Umsetzung der Agenda 21 im Schulbereich mit dem Titel „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ aufgelegt. Bereits damals wurde unter Rot-Grün ein Netz regionaler Umweltbildungszentren in Niedersachsen aufgebaut, Netzwerke für nachhaltige Entwicklung entstanden, und eine entsprechende Lehrerfortbildung wurde organisiert. Zu jenem Zeitpunkt wurde das Thema Nachhaltigkeit von Ihnen, meine Damen und Her

ren von CDU und FDP, noch als Spielwiese für Drittweltstaaten und Spinner abgestempelt.

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Was?)

- Ja, so war es damals.

Die Bundestagsdrucksache, auf die Sie sich in Ihrer Begründung beziehen, stammt aus dem Jahre 2004. VENRO, der Verband Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen, hat bereits 2005 ein Konzept zur UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ vorgelegt. Ihre Kollegen in NRW haben 2006 einen Aktionsplan entwickelt, und Sie kommen jetzt mit einem Antrag, der sich nach einer Seite Vorspann auf eine einzige Forderung, nein, eine Bitte an die Landesregierung beschränkt: Entwicklung eines niedersächsischen Aktionsplans.

(Joachim Albrecht [CDU]: Wo ist denn Ihre Forderung? Von Ihnen ist doch nichts gekommen!)

Meine Damen und Herren, man hat den Eindruck, dass lediglich die Tatsache, dass Ihr Wirtschaftsminister gemeinsam mit dem Präsidenten der Kultusministerkonferenz ein Papier zur nachhaltigen Entwicklung unterzeichnet hat, der Beweggrund für diesen Antrag gewesen ist. Meines Erachtens wäre es besser, die beiden FDP-Minister setzten sich in ihren Ressorts mehr für nachhaltige Entwicklung ein. Damit wäre uns eindeutig mehr geholfen als mit zwei Seiten folgenlos bedruckten Papiers. Wo bleibt in Ihrem Antrag die Frage nach der Auswertung bereits gemachter Erfahrungen, wo der Hinweis, wie Sie auf vorhandene Arbeit aufbauen und Angebote weiterentwickeln wollen? - Seit Jahren leisten die UNESCO-Schulen - darauf sind alle Vorredner eingegangen - in Niedersachsen hervorragende Arbeit. Die Wilhelm-RaabeSchule in Lüneburg pflegt seit 1998 intensive Kontakte zur Region Eastern Cape. Diese Schule ist dafür mit dem Schülerfriedenspreis und dem Bundespreis für Ökologie ausgezeichnet worden.

In Ihrem Antrag fordern Sie, auch außerschulische Partner einzubeziehen. Aber Sie nennen - auch das ist hier schon angesprochen worden - keine Zahlen; Sie sagen nicht, welche Mittel Sie den NGOs und nicht nur denen, sondern insbesondere den Schulen für die Bildungsarbeit für nachhaltige Entwicklung zur Verfügung stellen wollen.

(Christa Elsner-Solar [SPD]: Nichts natürlich!)

Sie wissen, dass Austausch und Begegnungen gerade bei Schulen Geld kosten.

Meine Damen und Herren, die Verbände haben auf dem Bildungskongress konkret beschrieben, welche Unterstützung sie benötigen. Sie haben indessen dem VEN, der in diesem Bereich seit Jahren Hervorragendes leistet, in den letzten Jahren die Mittel drastisch gekürzt. Bildung für nachhaltige Entwicklung bedeutet nicht nur, so wichtig es auch ist, ein besonderes Aufgabengebiet der Bildung für Kinder, Jugendliche, Studenten und die besonders Engagierten in der Gesellschaft, nein, es ist auch eine Aufgabe der Bildung der gesamten Gesellschaft.

Meine abschließende Feststellung: Sie werden mit diesem Antrag den Herausforderungen der UNDekade für nachhaltige Entwicklung in keinster Weise gerecht. Sie treiben wieder einmal nur einen Papiertiger durch die Straßen. Ihnen fehlen der feste Wille und das Können, die Zukunft politisch zu gestalten. - Schönen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister Busemann, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich glaube, das Anliegen der Maßnahme haben einige nicht so recht verstanden. Bildung ist der Schlüssel für Entwicklung und Innovation und damit für eine zukunftsfähige Gesellschaft. Man kann nur begrüßen, dass die Vereinten Nationen seinerzeit das Projekt aufgelegt haben, von 2005 bis 2014 die Weltdekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ auszurufen. Was der Sinn der Angelegenheit ist, brauche ich Ihnen nicht noch einmal zu erklären. Entscheidend ist aber, dass wir die globalen Ziele der UN-Dekade begreifen und prüfen, wie wir sie national umsetzen können.

Der nationale Aktionsplan zur UN-Dekade ist das wesentliche Instrument, um das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung in allen Bereichen der Bildung zu verankern. Daneben muss Bildung für nachhaltige Entwicklung in alle für sie relevanten Politikbereiche integriert werden und sich als Querschnittsthema immer wieder etablieren. Der im Entschließungsantrag geforderte niedersächsische Aktionsplan würde die ambitionierten Ziele des nationalen Aktionsplans auf Landesebene

sehr gut unterstützen, weil er dieselben strategischen Ziele wie der nationale Aktionsplan verfolgt, als da sind: die Weiterentwicklung und Bündelung der vorhandenen Aktivitäten sowie der Transfer guter Praxis in die Fläche, die Vernetzung der Akteure der Bildung für nachhaltige Entwicklung, die Verbesserung der öffentlichen Wahrnehmung von Bildung für nachhaltige Entwicklung und die Verstärkung von internationalen Kooperationen.

Meine Damen und Herren, eigenverantwortliches Lernen und Handeln, die auf das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung ausgerichtet sind, sollen in allen Lebensbereichen ermöglicht und gefördert werden. Dabei geht es darum, bereits bestehende Ansätze zu stärken und auszuweiten, neue Themenfelder zu erschließen und neue Konzeptionen zu entwickeln. Weil hier von „Schachtel“ und „wenig Substanz“ die Rede war, will ich an einigen Punkten belegen, was alles schon stattfindet und wo wir das eine und andere noch zusätzlich machen können.

Was alles läuft schon? - Erstens die norddeutsche Partnerschaft zur Unterstützung der Weltdekade: Diese Partnerschaft wird gemeinsam mit Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern seit Beginn der Dekade 2005 von Niedersachsen getragen. Durch die länderübergreifende Kooperation zwischen Politik, Verwaltung, Zivilgesellschaft und Wirtschaft werden grenzüberschreitende Lernprozesse angestoßen und Vernetzungen ermöglicht.

Zweitens das Programm „Transfer 21“ in Niedersachsen: Kernpunkt dieses bundesweit angelegten Programms ist es, Inhalte und Methoden der Bildung für nachhaltige Entwicklung in den allgemeinbildenden Schulen zu etablieren. Beispielhaft sei hier die Einrichtung nachhaltiger Schülerfirmen genannt. In jetzt schon deutlich mehr als 200 Haupt- und Förderschulen unseres Landes sind die nachhaltigen Schülerfirmen ein besonders wirksames Instrument zur Berufsqualifizierung und Motivierung benachteiligter Schülerinnen und Schüler. Zurzeit arbeiten 459 Schulen freiwillig in den Netzwerken des Programms mit. Gefordert ist zum Programmende im Juli 2008 von jedem Bundesland eine Beteiligung von 10 % aller allgemeinbildenden Schulen an „Transfer 21“. Niedersachsen hat ein Jahr vor dem Programmende schon eine Quote von 14 % erreicht, womit wir bundesweit an der Spitze liegen, und in den nächsten Monaten werden es noch mehr als 14 % werden. Die Inhalte und Methoden der Bildung für nachhal

tige Entwicklung im Programm „Transfer 21“ sind ein wirkungsvolles Instrument, die Unterrichtsqualität der beteiligten Schulen deutlich zu steigern.

Drittens das Projekt „Umweltschule in Europa“: Diese Schulen machen sich auf den Weg, ihren Schulalltag in möglichst vielen Bereichen umweltverträglicher zu gestalten und den Schülerinnen und Schülern das notwendige Wissen zur Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen an die Hand zu geben und ihr Verantwortungsbewusstsein zu wecken und zu stärken.

In Niedersachsen, meine Damen und Herren - ich hoffe, Sie wissen das -, gibt es mit 295 Umweltschulen so viele wie in keinem anderen Bundesland - und alle paar Wochen werden es mehr.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)