Protocol of the Session on January 25, 2007

Frau Meißner von der FDP-Fraktion hat sich zu einer Kurzintervention gemeldet. Bitte schön, Frau Meißner!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es geht ganz schnell: Lieber Herr Albers, Sie haben eben von Zerschlagung und Ähnlichem gesprochen. Ich möchte einmal wissen, ob Sie mir eine einzige Aufgabe nennen können, die jetzt durch die neue Organisation weggefallen ist.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich sehe nicht, dass Herr Albers antworten möchte.

(Bernd Althusmann [CDU]: Das kann er nicht!)

Dann kommen wir jetzt zur Abstimmung.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

- Ich möchte zur Abstimmung kommen! Wir treten gleich in die Mittagspause ein; Sie können Ihre Gespräche dann weiterführen. Jetzt möchte ich erst einmal abstimmen lassen.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Das Erste war die Mehrheit.

Vor der Mittagspause kommen wir nun noch zu

Tagesordnungspunkt 19: Zweite Beratung: Masterplan für kulturelle Bildung in Niedersachsen erforderlich - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/3269 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Kultur - Drs. 15/3480

Die Beschlussempfehlung des Ausschusses lautet auf Ablehnung.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen. Nun erhält die Kollegin Bührmann für die SPD-Fraktion das Wort. Bitte schön, Frau Bührmann!

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Regierungsfraktionen von CDU und FDP werden unseren Antrag „Masterplan für kulturelle Bildung in Niedersachsen erforderlich“ heute ablehnen. Vorgeschobener Grund dafür scheint unsere Forderung nach einem Masterplan zu sein. Nun können Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, so argumentieren. Fakt aber ist, dass Sie händeringend nach einer Möglichkeit gesucht haben, unseren Antrag abzulehnen, damit Sie, wie Sie meinen, inhaltlich Oberwasser behalten können.

(Clemens Große Macke [CDU]: Be- halten!)

- Abwarten. Das ist gefährlich, das wissen Sie.

Fast alle Bundesländer haben das Thema kulturelle Jugendbildung auf ihre Agenda geschrieben. Das können Sie nicht wegdiskutieren. - Ich weiß, dass Sie diese Information haben.

Letztendlich unterscheiden wir uns mit unserem Entschließungsantrag nicht wesentlich z. B. von der Position der CDU in Nordrhein-Westfalen. Auch deswegen, sehr geehrte Damen und Herren, ist Ihre heutige Entscheidung, den Antrag meiner Fraktion abzulehnen, völlig absurd.

(Beifall bei der SPD)

Es gab offensichtlich politisch und inhaltlich für Sie kaum eine Möglichkeit, unserem Entschließungsantrag nicht zuzustimmen, sodass sich Frau Seeringer in die Formulierung flüchtete: Wir machen doch so viel. Einen Masterplan brauchen wir nicht. - Herr Riese von der FDP-Fraktion wollte auch keinen Masterplan, er wollte lieber Freiheit.

(Zustimmung von Dr. Gabriele Andretta [SPD] - Dr. Philipp Rösler [FDP]: Freiheit statt Planwirtschaft!)

Herr Minister Stratmann, liebe Kolleginnen und Kollegen, wollte lieber Briefe statt Entschließungsanträge. Das kann ich verstehen. Das widerspricht aber leicht - Herr Stratmann, Sie ahnen es - unserem parlamentarischen Verfahren. Wo kämen wir denn hin, wenn wir dem Minister nur noch Briefe schreiben würden? Dass er das gerne möchte, kann ich mir gut vorstellen.

(Bernd Althusmann [CDU]: Er würde antworten! - Dr. Philipp Rösler [FDP]: Wer schreibt, der bleibt, Frau Kolle- gin!)

Kurz und nicht gut: Diese Debatte hat gezeigt, dass, obwohl alle Fraktionen im Wesentlichen inhaltlich Konsens formuliert haben, keine Einigung erzielt werden konnte. Das halte ich für ein Armutszeugnis dieses Landtages.

Dennoch stelle ich fest: Die erst jetzt intensivierten Aktivitäten des MWK, die Gespräche zwischen MWK, MS und MK mit dem Ziel eines runden Tisches und einer dezidierten Aufbereitung einer Internetpräsentation zeigen deutlich die Wirkung unseres Entschließungsantrages. Sehr geehrte Damen und Herren, ist das nun ein Masterplan, oder ist es keiner? Ich glaube, es ist einer.

Wir rechnen es uns als Erfolg an, dass im Rahmen der letzten Haushaltsberatung, und zwar, nachdem unsere Anträge „‘Musikland Niedersachsen‘ - leere Worthülse des Ministerpräsidenten“ und „Masterplan für kulturelle Bildung in Niedersachsen erforderlich“ eingebracht worden sind, Herr Ministerpräsident, die Mittel für die Musikschulen erhöht worden sind, obwohl es viele Unterlagen gibt, die bezeugen, dass Sie von der CDU-Fraktion dieses immer abgelehnt haben.

(Zustimmung bei der SPD)

Ich will Sie in diesem Zusammenhang gerne einmal zitieren:

„Im Rahmen des Projekts „Musikland Niedersachsen“ soll der Schwerpunkt der kulturellen Bildung im Musikbereich effektiv und unverzüglich gestärkt werden.“

„Hört, hört“, kann ich da nur sagen. Eine neue Erkenntnis.

„Der Zugang zur musikalischen Bildung muss jedem Kind unabhängig von seiner sozialen und ethischen Herkunft viel früher und intensiver als bisher ermöglicht werden, weil diese eine wesentliche Grundlage der Persönlichkeitsentwicklung ist.“

Ich finde das immer sehr spannend: Als wir den Antrag gestellt haben, hatten diese Forderungen keine Bedeutung und wurden abgewehrt. Keine vier Wochen später formulieren Sie genau das, was in unserem Entschließungsantrag steht. Das ist schon eine wirkliche Leistung von Ihnen.

(Bernd Althusmann [CDU]: Das ken- nen Sie irgendwoher!)

„Durch Umschichtungen im Einzelplan stellen wir“

- nämlich CDU und FDP

„400 000 Euro im Haushaltsplan 2007 zur Verfügung. Dadurch können an den 76 öffentlich geförderten Musikschulen Innovationen und Kooperationen gestärkt werden.“

Sehr geehrte Damen und Herren von der CDU und von der FDP, Sie haben durch die politischen Debatten zum Thema Kulturpolitik gemerkt, dass Sie gravierende Fehler begangen haben. Das von mir genannte Beispiel ist nur einer davon. Allein deswegen haben Sie jetzt 400 000 Euro für die Musikschulen eingesetzt und den Etat für die Museen um 500 000 Euro erhöht.

(Roland Riese [FDP]: Um Sie zu är- gern!)

Wir haben Ihnen die Konsequenzen - daran hat es ja nicht gemangelt - Ihrer Einsparungen in der Kulturpolitik prophezeit. Sie wollten unsere Argumente nicht wahrhaben. Es ist doch ein Unding sondergleichen, für nichtstaatliche Museen keine Fördermittel mehr einzusetzen, wie Sie es im letzten Haushalt getan haben.

(Zustimmung bei der SPD)

Diese Vorgehensweise, sehr geehrte Damen und Herren, wird Sie einholen. Daran haben wir nie einen Zweifel gelassen, und genau das hat sich bestätigt.

Warum ist der SPD-Fraktion die kulturelle Jugendbildung so wichtig? Doch deshalb, weil wir feststellen müssen, dass die Fächer Musik und Kunst ohnehin die Stiefkinder der öffentlichen Erziehung sind,

(Zuruf von Katrin Trost [CDU])

doch deshalb, weil es keinen Zweifel daran gibt, dass kulturelle Kompetenz eine Schlüsselkompetenz für das eigene Leben und das Miteinander ist.

Ich will auf den Hirnforscher Wolf Singer verweisen, der sehr deutlich das enorme Defizit im Bereich der musischen Fächer an den Schulen beklagt hat und darauf hinweist, dass die Erziehung zu einseitig auf die Vermittlung rationaler Fähigkeiten ausgerichtet ist. Wolf Singer formuliert das so: Deutsche Kinder drohen sich zu „kommunikativen Krüppeln“ zu entwickeln. - Singer verweist weiter darauf, dass viele der epochemachenden Naturwissenschaftler der letzten Jahrhunderte musisch eminent gebildete Menschen waren.

(Zuruf von Katrin Trost [CDU])

- Frau Trost, hören Sie doch einfach einmal zu, dann können Sie vielleicht etwas lernen.

(Beifall bei der SPD)

Es gibt also einen Zusammenhang zwischen künstlerischer Erziehung, wissenschaftlicher Kompetenz und Kreativität. Ich halte das für eine ganz zentrale Aussage, auch vor dem Hintergrund der Frage: Wie wollen wir eigentlich unser Schulsystem in der nächsten Zeit ausrichten?

Zum Schluss, sehr geehrte Damen und Herren, dem Thema angemessen ein Schiller-Zitat: Herr Busemann, „der Weg zum Kopf muss durch das Herz geöffnet werden.“ - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)