Protocol of the Session on June 27, 2003

(Zuruf von der CDU: Auch inhalt- lich!)

- Ja, auch inhaltlich. Ich will das ja gerne lobend hervorheben.

Herr Thiele, Abstandsregelungen sind selbstverständlich ein Thema und vor allem ein Ziel. Glücklicherweise haben Sie nun auch nicht das Gesprächsmonopol mit Kommunen und Bürgerinitiativen; das ist völlig klar. Ich sage Ihnen: Sie werden auf diesem Wege, wie Sie ihn vorhaben, den Kommunen wieder nur Vorschriften machen. Sie werden mit diesen Vorschriften kommunale Planungsmöglichkeiten einschränken. Das sind Dinge, die vor Ort geregelt werden müssen. Das ist eine ganz wichtige Sache.

(Wolfgang Ontijd [CDU]: Wir können das auf Bundesebene regeln!)

Sie haben die TA Lärm in Nordrhein-Westfalen angeführt. Das mit der TA Lärm ist nun so eine Geschichte. Ich bin immer davon ausgegangen, TA Lärm sei etwas, was bundesweit und nicht nur in Nordrhein-Westfalen gilt. Das werden Sie - auch wenn Sie mit Ihrer satten Mehrheit hier manches Gesetz beschließen können – zur Kenntnis nehmen. Es ist nun einmal so, dass es eine TA Lärm Niedersachsen wahrscheinlich nie geben wird.

Zum Kollegen Dürr, der hier wieder einmal über Subventionspolitik und ähnliche Sachen gesprochen hat, sage ich noch Folgendes: Ich staune nur darüber, wenn ich hier die Debatten um erneuerbare Energien höre und die Krokodilstränen sehe, wenn gerade Liberale immer wieder mit ihren Subventionierungsbegriffen kommen.

Wenn es nur noch regenerative Energien gäbe, dann wären diese völlig wirtschaftlich. Dann brauchen wir uns auch nicht mehr über Markteinführungen und ähnliche Dinge zu unterhalten. Ich hätte mir gewünscht – ich weiß, dass Sie als Vertreter der jungen Generation ja manchmal so ein paar Probleme haben -, dass mit der gleichen Vehemenz gegen die abermilliarden von D-Mark gekämpft worden wäre, die in die Atomkraft gepumpt worden sind, um überhaupt in diese Energieform einzusteigen. In Kalkar wurden 6 Milliarden und in Mühlheim-Kärlich diverse Milliarden versenkt. Meine Damen und Herren, das müssen auch Sie zur Kenntnis nehmen.

(Zuruf von der CDU: Das hat Herr Schmidt gemacht!)

- Bleiben Sie doch ruhig! – Die ersten Atomgesetze – dazu brauchen Sie mir nicht viel zu erzählen – sind in der damaligen Zeit sicherlich breiter getragen worden als von Helmut Schmidt. Ich halte es schlichtweg für schlimm, wenn hier bei erneuerba

ren Energien immer so getan wird, als ob hier immer Subventionen liefen. Die diversen Milliarden, die in der Atomkraft versenkt worden sind, erwähnen Sie aber mit keinem Wort. Das ist nicht in Ordnung.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Herr Minister Sander hat das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Namens der Niedersächsischen Landesregierung nehme ich zu den zwei Anträgen Stellung, insbesondere aber zur Fortführung der so genannten Solaroffensive.

Herr Dehde, um es auch gleich im Sprachlichen klar und deutlich zu machen: Es ging bei Ihrer Solarinitiative und –offensive nie um eine Breitenförderung, sondern Ihre Bausteine, die Sie in Ihrem Antrag 1999 aufführten, haben etwas anderes vorgehabt. Es wäre richtig gewesen, das in dieser Form zu machen. Dabei muss man wissen - das vergaßen Sie in Ihrem Antrag wahrscheinlich völlig -, dass es die frühere Landesregierung war, die beschloss, ihre Solarinitiative Ende dieses Jahres auslaufen zu lassen. Sie waren also noch zu Beginn dieses Jahr davon überzeugt, dass diese Offensive es nicht bringen würde. Und nun stellen Sie es als Ihr wichtigstes energiepolitisches Vorhaben vor. Wir sehen dabei sehr schnell – wie das ja auch so häufig im Leben ist -, dass Licht und Schatten ganz nah beieinander liegen. Auf der Aktivseite Ihrer Solarinitiative und –offensive steht, dass Sie gewisse Fotovoltaik-Modellvorhaben - das waren die Bausteine - und Demonstrationsvorhaben in Niedersachsen errichtet haben, die bundesweit Anerkennung gefunden haben. Aber, meine Damen und Herren, Anerkennung gefunden haben - das war es auch.

(Klaus-Peter Dehde [SPD]: Das ist doch schön!)

Das alleine reicht nicht für eine Fortführung der Solaroffensive, Herr Dehde, weil die alte Landesregierung in ihrem richtigen Bemühen, die erneuerbaren Energien zu fördern, bei der Solaroffensive ganz klar und deutlich aufs falsche Pferd gesetzt hat. Das haben Sie dann auch richtig beurteilt, indem Sie gesagt haben: Das läuft aus.

Meine Damen und Herren, in Niedersachsen scheint eben die Sonne 14 % bis 15 % weniger als in Süddeutschland. Der Umkehrschluss daraus ist, dass diese Energie hier dementsprechend sehr viel unwirtschaftlicher ist. Wollen Sie den Stromkunden in Norddeutschland noch höhere Energiekosten aufbürden?

(Zustimmung von Christian Dürr [FDP] und Jan-Christoph Oetjen [FDP])

Herr Dehde, das Potenzial dieses Landes liegt in der Offshore-Windenergie und in der Bioenergie. Diese gilt es vorrangig auszubauen. Das wird auch dementsprechend den ländlichen Raum stärken.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Ganz genau!)

Bei der Fotovoltaik können wir auf lange Sicht nur zweiter Sieger sein.

Herr Dehde, mit gewisser Freude – das haben meine Vorredner ebenfalls schon getan – muss ich Ihrem Antrag zur Windenergie entnehmen, dass jetzt bei Ihnen die Erkenntnis reift, dass im Hinblick auf einen forcierten Ausbau der Windenergie im Binnenlandbereich erhebliche Akzeptanzprobleme bei der betroffenen Bevölkerung bestehen. Daran sehen Sie, dass wir klar und deutliche Ansagen auch in der Förderung und in der Verfolgung der erneuerbaren Energien haben.

Deshalb ist Ihr Vorwurf, wir würden jedem alles versprechen, nicht richtig. Die Politik, die Sie in den vergangenen Jahren betrieben haben, werden wir in dieser Form nicht fortsetzen. Sie haben bezüglich der Fotovoltaik irgendwelche Hoffnungen geweckt. Bei der Windenergie haben Sie die Bürger nicht entsprechend mitgenommen. In Bezug auf die Kernenergie betreiben Sie einen Populismus, der nicht zu verstehen ist.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, die Fotovoltaik ist unter energiepolitischen Gesichtspunkten auch deshalb sehr problematisch, weil zur Herstellung der Module mehr Energie aufgewendet werden muss, als diese Module jemals wieder einfahren werden. Von daher bin ich der Meinung, dass Energieeinsparung und Energieeffizienz gemeinsam berücksichtigt werden müssen.

(Rebecca Harms [GRÜNE]: Dazu stellen wir eine Anfrage! Das ist ja unglaublich!)

Meine Damen und Herren, Ihre Solaroffensive ist in der letzten Legislaturperiode schon im Ansatz gescheitert. Es fing schon damit an, dass Sie groß etwas angekündigt haben, mit der EU aber nicht die Förderrichtlinien abgesprochen haben. Außerdem haben Sie große Hoffnungen geweckt. Das hat auch die Bundesregierung gemacht. In der Begründung Ihres Antrages stellen Sie das selbst heraus: 100-Dächer-Programm herein, 100-Dächer-Programm heraus. Damit haben Sie der mittelständischen Wirtschaft und auch dieser weiter zu erforschenden Energie Schaden zugefügt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Trotz der Erfolgsmeldungen, die Sie, Herr Dehde, hier verkünden wollten, müssen wir feststellen, dass die von Ihnen geforderte Solaroffensive II den Herstellern in Japan, in Amerika und möglicherweise auch in England nutzen wird, auf keinen Fall aber der Solarindustrie hier in Deutschland. Von daher werden wir die wenigen Forschungsmittel, die Sie uns aufgrund Ihrer mangelhaften und schlimmen Finanzpolitik noch gelassen haben, dem mittelständischen Bereich für Forschungszwecke sinnvoll und zweckgerichtet zur Verfügung stellen,

(Rebecca Harms [GRÜNE]: For- schung im mittelständischen Be- reich?)

damit die Solarenergie und die mit ihr verbundenen Möglichkeiten zum Erfolg geführt werden können, Frau Harms. Hier setzen wir auf die Forschung im mittelständischen Bereich. Ich hoffe, dass auch Sie uns in diesem Punkt weiterhin unterstützen werden. Wenn Sie glauben, dass Ihre populistischen Ansätze, die Sie mit Ihrer HeiligenJohanna-Art hier immer wieder vorführen,

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

zum Erfolg führen werden, dann kann ich Ihnen nur sagen: Das kann nicht sein. Wir sind aufgefordert, mit den wenigen Mitteln, die uns die Bürger dieses Landes zur Verfügung stellen können, sparsam und effektiv umzugehen. Entsprechend werden wir diese Mittel für die Solarenergie auch einsetzen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Wolfgang Ontijd [CDU]: So ist es richtig!)

Meine Damen und Herren, nach § 71 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung hat Frau Harms noch einmal das Wort für zwei Minuten.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Sander, ich gebe Ihnen völlig Recht: Die alte Landesregierung hat bezüglich der Entwicklung und der Förderung der Solarenergie in Niedersachsen keine gute Politik betrieben. Vielmehr war es nur eine viele Jahre anhaltende Auseinandersetzung zwischen meiner Fraktion und der SPD. Sie können das nachlesen. Ihre Äußerungen lassen mich aber nicht hoffen, dass Sie es jetzt besser machen werden als die alte Landesregierung.

(Zuruf von der FDP: Viel besser!)

Sie erwecken eher den Eindruck, dass Sie gegen die konsequente Entwicklung der regenerativen Energien sind.

Lassen Sie mich zu drei konkreten Punkten etwas sagen. Zunächst zu den Abstandsregelungen für Windkraftanlagen. Als wenn sie das neu erfunden hätten. Unsere grüne Kommunalpolitik setzt sich seit vielen Jahren für die Einhaltung eines Abstandes von 1 000 m zur Wohnbebauung ein. Das sollten Sie sich zum Vorbild nehmen.

(Zuruf von der CDU: Was?)

Ansonsten sind wir wie niedersächsische Gerichte der Auffassung, dass oft auch ein größerer Abstand erforderlich sein kann. Wir trauen verantwortlicher Kommunalpolitik aber zu, vor Ort selbst darüber zu entscheiden, welcher Abstand notwendig ist. Wenn Ihre Kommunalpolitiker das nicht können, dann ist natürlich die Rückkehr zur Regelungswut, die Sie aber angeblich bekämpfen wollen, angesagt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, im Zusammenhang mit der Windenergie muss in Niedersachsen das Landes-Raumordnungsprogramm zügig geändert werden. Da hat Herr Jüttner wegen des Wahltermins etwas schleifen lassen. Wer sich zu Offshore be

kennt, der muss dafür sorgen, dass innerhalb möglichst kurzer Zeit küstennah, also innerhalb der 12Seemeilen-Zone, Standorte für die Erprobung ausgewiesen werden, die mit den vor Ort bestehenden Interessen vereinbar sind – selbstverständlich nach sorgfältiger Abwägung aller Belange. Sie stehen hier aber unter Zeitdruck, weil Ihre Vorgänger auf diesem Gebiet nicht ordentlich gearbeitet haben.

Noch ein Wort zur Erschöpfung der Potenziale im Binnenland. Darauf wird immer wieder gerne hingewiesen. Auch die SPD-Fraktion hat dies in ihrem Antrag wieder erwähnt. Die Aufgaben im Bereich Repowering oder die Auseinandersetzung über eine möglicherweise falschen Begrenzung der Nabenhöhen müssen wir angehen, damit die vorhandenen Potenziale und die bereits erschlossenen Standorte möglichst optimal genutzt werden können.

(Wolfgang Ontijd [CDU]: Das gibt der Antrag doch her! - Friedhelm Biestmann [CDU]: Das wollen wir doch!)

Ich freue mich auf die Diskussion und hoffe, dass sie fachlicher wird als die heutige erste Beratung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Herr Kollege Brockmann hat jetzt das Wort für sagenhafte drei Minuten. Einverstanden? - Das ist Redezeit nach § 71 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung. Ihre eigentliche Redezeit haben Sie bereits ausgeschöpft.

Vielen Dank, Herr Präsident! - Meine Damen und Herren! Herr Thiele, vor dem Hintergrund Ihrer Äußerungen zu der Solarfabrik, die in Hameln zurzeit leider nicht gebaut wird, möchte ich Ihnen etwas zur Kenntnis geben. BP-Solar hat sich nicht endgültig, sondern zunächst einmal für fünf Jahre zurückgezogen. In dem Schreiben an die Stadt Hameln, in dem BP-Solar dies mitgeteilt hat, bedankt sich diese Firma ausdrücklich für die gute und förderliche Zusammenarbeit mit der Stadt und auch mit dem Wirtschaftsministerium der alten Landesregierung. Nehmen Sie bitte auch zur Kenntnis, dass sich BP-Solar auch deshalb zurückgezogen hat, weil die CDU angekündigt hat, die Solarförderung zurückzufahren. Das war die eigentliche Ursache dafür, dass sich BP-Solar vom

Standort Hameln zurückgezogen hat. Hinzu kommt auch die Marktlage für die Solarenergieanlagen.