Protocol of the Session on November 9, 2006

Ferner eröffnet die Nutzung von Getreide als Energieträger eine interessante Möglichkeit, um für landwirtschaftliche Betriebe neue Einkommensquellen zu erschließen.

(Zustimmung von Ingrid Klopp [CDU])

Auch das müssen wir in der Diskussion berücksichtigen. Es muss sich allerdings lohnen, Getreide zu verbrennen. Herr Kollege Janßen, ich prophezeie Ihnen, dass natürlich solche Chargen verwendet werden, die nicht als Brotgetreide nutzbar sind. Vielmehr werden solche Chargen der Verbrennung zugeführt werden, die Reste sind oder die mit Fusarien belastet sind. Das wird so kommen, denn das ist auch wirtschaftlich vernünftig.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Hans-Joachim Janßen [GRÜNE]: Das andere dummerweise auch!)

Bis zur tatsächlichen Umsetzung müssen umwelttechnische Aspekte noch geklärt werden. Hier ist insbesondere die Frage der Luftreinhaltung angesprochen. In dieser Hinsicht sind unsere Auffassungen im Prinzip deckungsgleich. Letztendlich ist jetzt der Bundesumweltminister am Zuge, der eine Novelle zur Bundes-Immissionsschutzverordnung vorlegen muss, um nach der intensiven gesellschaftlichen Debatte nun endlich auch die politische Umsetzung auf den Weg zu bringen. Das ist der Weg, den wir gemeinsam gehen sollten. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Jetzt hat der Herr Umweltminister das Wort. Bitte schön, Herr Kollege Sander!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung begrüßt diesen Entschließungsantrag. Man kann mit Freude feststellen, dass eine große Übereinstimmung zwischen allen Landtagsfraktionen herrscht, Getreide als

Regelbrennstoff in den Katalog mit aufzunehmen. Herr Kollege Meyer, Sie haben mich ganz ordentlich zitiert. Es ist gut, dass Sie meine Ausführungen nachgelesen haben. Die Landesregierung wird auch weiterhin dafür sorgen, dass der Aspekt der Luftreinhaltung bei den Kleinfeuerungsanlagen seine Bedeutung behält.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir werden für die Anlagensicherheit sorgen. Wir werden auch für den Klimaschutz sorgen. Wenn Sie die Grenzwerte ansprechen, wäre es allerdings interessant, einmal den Umkehrschluss zu ziehen. Wenn Sie die Grenzwerte für große Anlagen bei der Holzverfeuerung und diejenigen für kleine Anlagen betrachten, müssten Sie heute zu der Auffassung kommen, dass wir die Verfeuerung von Holz in Kleinfeuerungsanlagen verbieten müssten.

(Zustimmung von Ingrid Klopp [CDU])

Der Gesetzgeber hat in der BImschV genau richtig gehandelt. Er hat Großanlagen nicht so behandelt wie Kleinanlagen. Das ist notwendig, auch hier beim Einsatz von Getreide als Regelbrennstoff. Herr Kollege Klein, es ist manchmal ja doch ganz gut, dass es eine Große Koalition gibt und dass Sie nicht mehr dabei sind. In einer Großen Koalition kann man schließlich doch einiges auf den Weg bringen. Das war leider mit dem vorigen Umweltminister nicht zu bewerkstelligen. Wir haben auf vielen Umweltministerkonferenzen schon unterschiedliche Initiativen ergriffen. Es gab solche Initiativen aus Hessen, aus Schleswig-Holstein und auch aus Bayern. Wir haben mit unterschiedlichen Anträgen immer wieder versucht, etwas auf den Weg zu bringen.

(Vizepräsidentin Silva Seeler über- nimmt den Vorsitz)

Wir hatten dabei aber keinen Erfolg, weil die Auffassung, Kleinanlagen anders als Großanlagen zu bewerten, damals nicht durchsetzbar war. Daher sind diese angemessenen Grenzwerte eine der Grundvoraussetzungen, um das entsprechend durchzusetzen.

Wichtig ist, dass wir die Innovation nach vorne bringen. Wenn Sie die Innovation nach vorne bringen wollen, dann müssen Sie den Anlagenbetreibern ermöglichen, diese Anlagen auch einzusetzen. Das ist eine Grundvoraussetzung, um die Grenzwerte nach unten zu bekommen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, abschließend will ich noch etwas sagen, was vielleicht auf den ersten Blick nichts mit Getreide zu tun hat. Besonders froh bin ich darüber, dass im Zuge der Novellierung dafür gesorgt wird, dass die Überwachungszyklen von Öl- und Gasfeuerungsanlagen verlängert werden. Dies ist ein Beitrag sowohl zur Entbürokratisierung als auch zur Entlastung der Bürger.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke, Herr Minister. - Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Das Erste war die Mehrheit.

Ich rufe jetzt auf

Tagesordnungspunkt 21: Einzige (abschließende) Beratung: Ehegattensplitting in verfassungskonforme Individualbesteuerung umwandeln, Kinderbetreuung grundlegend verbessern Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 15/3105 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen Drs. 15/3257 - Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/3303

In der Beschlussempfehlung schlägt Ihnen der Ausschuss für Haushalt und Finanzen vor, den Antrag abzulehnen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Wenzel. Ich erteile ihm das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Ehegattensplitting gibt es seit 1958, also seit fast 50 Jahren. Was im Nachkriegsdeutschland richtig war, das muss nach fast 50 Jahren meines Erachtens auf den Prüfstand gestellt werden. Die Lebensverhältnisse der Familien in

Deutschland haben sich verändert. Es gibt deutlich mehr unverheiratete Paare, die mit Kindern zusammenleben. Es gibt Alleinerziehende, die mit Kindern zusammenleben. Es gibt viele Familien, die zwei Einkommen brauchen, weil sie mit einem Einkommen nicht zurechtkommen. Frauen haben heute eine wesentlich höhere Berufsqualifikation als damals und oft auch eine bessere Qualifikation als Männer. Frauen wollen ihr Wissen und Können auch im Erwerbsleben einsetzen. Mütter und Väter stehen in einer Welt, die nicht mehr durch Großfamilien geprägt ist, vor einer Herausforderung, die es erfordert, Familie und Beruf unter einem Hut zu bekommen.

Deshalb ist es nach fast 50 Jahren an der Zeit, die Gesetze an die Wirklichkeit anzupassen. Das Ehegattensplitting in der alten Form ist eine Art der steuerlichen Förderung, die insbesondere alleinverdienende Spitzenverdiener ohne Kinder, aber mit Trauschein fördert. Der größte Vorteil entsteht dann, wenn das Einkommen der Ehepartner sehr unterschiedlich ist. 43 % der Ehen, die vom Ehegattensplitting profitieren, sind kinderlos. Dabei geht es um eine Summe von insgesamt 20 Milliarden Euro, über die wir hier reden.

Das Grundgesetz lässt das Ehegattensplitting zu, schreibt es aber nicht vor. Die Individualbesteuerung, die wir vorschlagen, ist sehr wohl verfassungskonform. Der Höchstbetrag berücksichtigt für einen nicht erwerbstätigen Partner sowohl das steuerfreie Existenzminimum als auch eine private Altersvorsorge.

Wenn man diese Umstellung vornehmen würde, dann würden auch unverheiratete Paare und Alleinerziehende nicht mehr leer ausgehen, so wie heute, wo sie klar und deutlich benachteiligt werden.

Die CDU hat ein Familiensplitting vorgeschlagen. Aber meine Damen und Herren Kollegen von der CDU, damit würde eigentlich nichts so richtig besser. Auch beim Familiensplitting haben Familien mit hohen Einkommen und großen Einkommensunterschieden nach wie vor den größten Vorteil, und andere Gruppen, die mit Kindern zusammenleben, würden nach wie vor leer ausgehen.

(David McAllister [CDU]: Sie interes- sieren sich ja für unser Grundsatzpro- gramm!)

- Das ist ja eine Diskussion, die in allen Parteien sehr breit geführt wird. Insofern bin ich auch ganz

optimistisch, dass wir an dieser Stelle vorankommen.

(David McAllister [CDU]: Sie diskutie- ren kein Grundsatzprogramm! Sie sind sich selbst genug!)

- Wir haben ein Grundsatzprogramm.

(David McAllister [CDU]: Aber was für eines! Miserabel!)

- Ein sehr gutes. Warten wir einmal ab, bis Ihres fertig ist. Wir gucken uns das gerne an.

(David McAllister [CDU]: Sie sind in keiner Landesregierung!)

Die SPD legt heute einen Änderungsantrag vor, der den Herausforderungen, vor denen wir stehen, meines Erachtens nicht gerecht wird. Bei den ersten beiden Punkten heißt es: „Der Landtag stellt fest“ und „Der Landtag bekennt sich“, und am Ende heißt es, der Landtag begrüßt eine Änderung bei den Lohnsteuerklassen, die die Große Koalition vornehmen will. Das wird dem Problem, vor dem wir stehen, meines Erachtens nicht gerecht. Wir müssen nach fast 50 Jahren endlich dieses Gesetz anpacken und müssen zu einer anderen Form der Förderung von Familien und Menschen mit Kindern kommen.

Wir könnten, wenn Sie unserem Vorschlag folgen, 5 Milliarden Euro einsetzen, um die Kinderbetreuung in Deutschland voranzubringen. Hier liegt meines Erachtens eine zentrale Herausforderung. Wir brauchen mehr Betreuungsplätze für Kinder ab dem ersten Lebensjahr, und wir brauchen auch mehr Ganztagsplätze. Hier müssen endlich bedarfsgerechte Angebote geschaffen werden. Wenn wir das Ehegattensplitting umstrukturieren und zu dieser Individualbesteuerung kommen, dann hätten wir wirklich Mittel an der Hand, die es uns erlauben würden, in großem Stil die Kinderbetreuung und auch die frühkindliche Bildung nachhaltig zu verbessern.

Wenn Land, Bund und Kommunen bei dieser Reform des Ehegattensplittings zugunsten von Familien mit Kindern mitziehen würden, dann könnte nicht nur die Betreuung verbessert werden, sondern dann könnten wir mit diesem Geld in jedem Falle das dritte Kindergartenjahr beitragsfrei stellen und verpflichtend machen. Wir könnten sehr viel für die frühkindliche Bildung tun und dafür sorgen, dass am Ende weniger Kinder ohne Schulab

schluss aus der Schule entlassen werden müssen; denn allen ist heute klar, dass der frühkindlichen Bildung eine ganz besondere Bedeutung zukommt.

Hier, meine Damen und Herren, liegt eine ganz zentrale Herausforderung, um das Leben mit Kindern zu erleichtern, um Familie und Beruf besser unter einen Hut zu bekommen. Aber auch wirtschaftspolitisch ist das eine Herausforderung. Angesichts der demografischen Entwicklung können wir es nicht länger zulassen, dass wir bereits in vielen Regionen Arbeitslosigkeit von niedrig qualifizierten Menschen und Facharbeitermangel am selben Ort und zur selben Zeit haben. Daher muss sehr viel mehr in die Qualifikation, in die frühkindliche Bildung investiert werden. Dafür bieten wir mit unserem Vorschlag einen Finanzierungsansatz. Er erfordert aber auch Mut. Er erfordert wirklich Mut, eine Reform in einem ganz zentralen Bereich anzugehen. Es lohnt meines Erachtens die Mühe.

Ich bin gespannt auf Ihre Beiträge. Ich weiß, dass das für Ihre Partei nicht einfach ist, Herr McAllister,

(David McAllister [CDU]: Vielen Dank für Ihre Anteilnahme!)

weil Sie natürlich mit dem klassischen Familienbild, das über Jahre hinweg die Politik Ihrer Partei geprägt hat, brechen müssen und anerkennen müssen,

(Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Wir müssen überhaupt nichts!)

dass es heute mehr Lebenswirklichkeiten gibt als 1958. - Herzlichen Dank fürs Zuhören.