Protocol of the Session on November 8, 2006

Dabei müssen alle technischen Optionen inklusive der Rückholbarkeit geprüft werden. Die sicherheitstechnisch beste Lösung muss gewählt werden.

Meine Damen und Herren, wer jetzt mit Gefahr im Verzuge argumentiert, wie wir das gleich hören werden, um das laufende Verfahren durchzudrücken, setzt sich dem Verdacht aus, dass hier nicht mehr rückgängig zu machende Fakten geschaffen werden sollen und alle Fehler der Vergangenheit ein für alle Mal vor den Augen der Öffentlichkeit verborgen werden sollen. Das darf nicht sein. - Herzlichen Dank.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Für die SPD-Fraktion hat jetzt Frau WeddigeDegenhard das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie würden Sie sich fühlen, wenn Sie 8 km entfernt von einem Atommüllendlager lebten,

in dem 125 000 Fässer mit leichtradioaktivem und 1 300 Fässer mit mittelradioaktivem Material lagern? Nach Angaben der GSF befinden sich 12 kg Plutonium, 8 t Thorium und etwa 102 t Uran in diesem Bergwerk. Hinzu kommen erhebliche Mengen chemischer Stoffe.

Früher hat man uns erzählt, in der Asse lagere Krankenhausmüll. Wer, meine Damen und Herren, ist nicht daran interessiert, gut behandelt zu werden, im Krankenhaus, wenn es denn sein muss, auch mit radioaktivem Material behandelt zu werden? Das muss auch irgendwo entsorgt werden; das war immer sehr einleuchtend. Aber inzwischen wissen wir: 50 % der radioaktiven Abfälle stammen aus dem Forschungszentrum Karlsruhe, 20 % aus Betriebsabfällen aus Kernkraftwerken,

(Christa Elsner-Solar [SPD]: Zurück- schicken!)

10 % aus dem Kernforschungszentrum Jülich, 20 % aus der kerntechnischen Industrie und aus Sammelstellen.

Der mittelradioaktive Müll stammt zu 98 % aus der Wiederaufarbeitungsanlage in Karlsruhe. Das ist weit weniger beruhigend: Wärme entwickelnder mittelradioaktiver Müll, gekippt in ein Bergwerk, in dem - wie Herr Wenzel es geschildert hat - die Fässer kreuz und quer liegen. Man kann sie aus gebührendem Abstand anschauen.

Seit 1991 fließt - zuerst waren es 10 m³, inzwischen sind es 12 m³ täglich - Salzlauge in den Schacht hinein. Woher das Wasser kommt, weiß keiner. Das wissen auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der GSF nicht, die wirklich ihr Bestes tun - auch das möchte ich an dieser Stelle einmal deutlich sagen -, um dieses Bergwerk zu sichern.

(Zustimmung von Christian Dürr [FDP])

Seit 1995 füllt die Gesellschaft für Strahlenforschung Haldensalz aus Ronnenberg zur Stabilisierung in dieses Bergwerk ein. Schutzfluid aus Magnesiumchlorid soll der Zersetzung des Salzgesteins entgegenwirken.

Kein Mensch - auch die GSF nicht - bezweifelt, dass die Fässer im Laufe der Zeit wegrosten werden. Was passiert, wenn sich die Lauge, die eigentlich im Berg eingeschlossen werden soll, einen Weg sucht, genau wie die jetzt eintretenden Laugenzuflüsse, die auch die GSF nicht orten kann?

Man weiß nicht, woher es kommt. Woher wissen wir, welchen Weg das Wasser nehmen wird? Die Gefahr der Verseuchung des Grundwassers steigt täglich.

Auftrag der GSF ist es, das Bergwerk nach Bergrecht wartungsfrei zu schließen. Sie können sich vorstellen, meine Damen und Herren, dass die Aussicht, an einem solchen Pulverfass zu wohnen, um das sich nach Abschluss des Verfahrens niemand mehr kümmert, die Menschen rund um die Asse um ihren Schlaf bringt. Mit Recht erwarten die Menschen in Remmlingen, in Schöppenstedt, in Klein Vahlberg, in Groß Vahlberg, in Mönchevahlberg, in Groß Denkte, in Wittmar und in Wolfenbüttel, dass dieses Bergwerk dauerhaft überwacht wird. Sie wollen eine Informationsstelle, damit auch die Generationen, die später geboren werden, noch wissen, um was es sich in der Asse handelt.

Der Landkreis Wolfenbüttel und die Samtgemeinden haben in Resolutionen Forderungen an das Umweltministerium und das Bundesforschungsministerium gerichtet: Die Rückholbarkeit muss geprüft werden. Sie fordern, die mündlichen Zusagen, die es bisher dazu gibt, dieses Bergwerk nach bergrechtlichem Verfahren zu schließen, freiwillig um eine schriftliche Vereinbarung zu ergänzen. Falls das nicht funktioniert, muss wirklich nach Atomrecht geschlossen werden.

Die Antworten des Bundesforschungsministeriums auf die Anfragen der Bündnisgrünen lassen viele Fragen offen. Was heißt es, wenn man sagt, dass bei einem Schließungsverfahren nach Bergrecht grundsätzlich die gleichen Maßstäbe anzulegen sind wie bei einem Verfahren nach Atomrecht? Wir alle kennen die einschränkende Bedeutung des Wortes „grundsätzlich“.

Berichte über die Rückholbarkeit sollten bis Mitte des Jahres vorliegen. Es gibt sie bisher nicht. Die Zeit drängt, weil die Standsicherheit des Bergwerks nicht mehr gegeben ist.

(Glocke der Präsidentin)

- Ich beeile mich. - Was sagt unser Umweltminister? Mit der Schließung der Asse, sagt er, wird erstmals in Deutschland eine Endlagerung radioaktiver Abfälle vollzogen. Da kann man ja auch ganz beruhigt längere Laufzeiten für alte Kernreaktoren fordern oder vielleicht sogar den Bau neuer Atomkraftwerke ins Auge fassen, wie es CDU und FDP gerne möchten.

Frau Kollegin, ich darf Sie darauf aufmerksam machen, dass wir im Rahmen der Aktuellen Stunde einen weiteren Beratungspunkt haben, der von der SPD beantragt worden ist. Ihr Kollege wird dann keine Zeit mehr haben, diesen Punkt darzustellen.

Okay. - Ich denke, Herr Umweltminister, Sie sind gefordert. Tun Sie endlich etwas! Sorgen Sie für die Bewohnerinnen und Bewohner im Land Niedersachsen und natürlich ganz besonders rund um die Asse. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Für die FDP-Fraktion hat jetzt der Kollege Christian Dürr das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will eines gleich vorweg sagen: Es gibt überhaupt keinen Zweifel daran, dass das Thema Asse II vor allem Thema der Sicherheit ist. Das war es von Anfang an. Im Jahre 1965 ist die Asse Forschungsbergwerk zur Endlagerung von Abfällen geworden. Es ging bei der Asse immer um Sicherheit. Zuständig war damals und ist bis heute das Bundesministerium für Bildung und Forschung.

(Zustimmung von Anneliese Zachow [CDU])

Seit Auftreten der Laugenzutritte im Jahre 1988 haben Bundes- und Landesregierung, und zwar egal, welcher Couleur, in der Regel einvernehmlich Maßnahmen zur Stabilisierung begleitet, wie die Verfüllung mit Material von der Salzhalde Ronnenberg oder die Einführung des Magnesiumchloridfluids, um eine Lösung des Mischsalzes zu verhindern. Das geschah immer mit dem Ziel, die Langzeitsicherheit zu gewährleisten. Deswegen ist die Vorgabe für den Betreiber GSF auch richtig. Der Langzeitsicherheitsnachweis muss am Ende erbracht werden. Ich habe den Eindruck, dass die jetzige Bundesforschungsministerin, Frau Dr. Schavan, dieses Ziel nach wie vor verfolgt.

Umso mehr verwundern jetzt dieser Antrag zur Aktuelle Stunde der Grünen und auch die Pressemitteilung der SPD. Ich will einmal aus einer Pressemitteilung vom 2. November 2006 von Herrn Dehde zitieren. Da heißt es in der Überschrift:

„Dehde: Worst case beim atomaren Versuchskaninchen Asse II - scharfe Kritik am Verhalten der CDU/FDPLandesregierung“

Dann heißt es in der Pressemitteilung weiter:

„Die SPD fordert Minister Sander auf, endlich in die Verantwortung für Niedersachsen zu gehen und das zuständige Bundesforschungsministerium in die konkrete Pflicht der Problemlösung zu nehmen.“

Das steht in der Pressemitteilung. Ich habe mich gefragt, ob Herr Dehde eigentlich noch Frau Bulmahn kennt. Um die Sache etwas zu erleichtern, habe ich einfach einmal bei Wikipedia „Bulmahn“ eingegeben. Da kam dann heraus:

„Edelgard Bulmahn (* am 4. März 1951 in Petershagen) ist eine deutsche Politikerin.

Partei: Seit 1969 ist Edelgard Bulmahn Mitglied der SPD, seit 1993 Mitglied im SPD-Parteivorstand. Von 1998 bis 2003 war sie SPD-Landesvorsitzende in Niedersachsen.“

(Zuruf von der SPD: Das wissen wir doch! - Hans-Christian Schack [SPD]: Zur Sache!)

„Seit 2001 ist sie Mitglied im Präsidium der SPD.

Öffentliche Ämter: Seit dem 27. Oktober 1998 war sie in der von Bundeskanzler Gerhard Schröder geführten Bundesregierung Bundesministerin für Bildung und Forschung.“

Ich füge hinzu, meine Damen und Herren: und damit in Ihrem Ministerium zuständig für das Thema Asse II.

(Jörg Bode [FDP]: Aha! Was hat sie denn gemacht?)

Ich frage mich, meine Damen und Herren: Warum entdecken Sie, obwohl sich in der Sache bei As

se II überhaupt nichts geändert hat, dieses Thema auf einmal für sich? Warum hat man in der Regierungszeit des niedersächsischen SPD-Mitgliedes und Bundeskanzlers Gerhard Schröder, des niedersächsischen SPD-Mitgliedes Edelgard Bulmahn als zuständiger Bundesforschungsministerin, des niedersächsischen Mitgliedes von Bündnis 90/Die Grünen Jürgen Trittin als für den Strahlenschutz zuständiger Bundesminister, des niedersächsischen SPD-Mitglieds Wolfgang Jüttner als Umweltminister des Landes, warum hat man in der Regierungszeit all dieser Persönlichkeiten dieses Thema eigentlich nicht besetzt? Das frage ich mich.

(Jörg Bode [FDP]: Da fragen wir uns alle!)

Ich glaube, es geht hier den Grünen heute auch nicht um die Asse. Es geht um die Verunsicherung der Menschen, meine Damen und Herren, die man immer dann benutzt, wenn es einem politisch in den Kram passt.

(Beifall bei der FDP)

Auch Sie tragen in dieser Sache Verantwortung. Das müssen Sie anerkennen.

Für diesen politischen Klamauk, meine Damen und Herren, ist das Thema Asse auch im Interesse der Menschen vor Ort, Frau Weddige-Degenhard, viel zu wichtig. Wir dürfen dieses Thema nicht politisch missbrauchen, sondern müssen uns weiterhin vernünftig in der Sache informieren.

Ich hätte mir gewünscht, Herr Wenzel, dass Sie im Umweltausschuss dabei gewesen wären, als es die Information zu Asse II gab. Leider waren Sie nicht präsent.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Für die CDU-Fraktion hat jetzt Frau Zachow das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Am 21. November 2002 wurde hier in zweiter Beratung ein Antrag der Grünen beraten - insofern möchte ich meinem Kollegen ein wenig widersprechen -, der lautete: „Öffentlichkeitsbeteiligung im Stilllegungsverfahren für das Atommüllendlager Asse“. In dieser Debatte hat unsere frü