Protocol of the Session on October 11, 2006

Durch den generationsübergreifenden Ansatz der Landesregierung wird mit der Durchführung der Integrationskurse und der parallel dazu einhergehenden Sprachförderung der Vorschulkinder und Schulkinder ein wichtiger Schritt zur Integration getan. Durch ein weit gefächertes Rahmen- und Ergänzungsprogramm soll der Aufenthalt in Friedland im Sinne der Integration gestaltet und genutzt werden: Erste-Hilfe-Kurse für die Jugendlichen, die den Führerschein machen wollen, Brandschutzkurse als Vorbereitung für eine Mitwirkung bei der Freiwilligen Feuerwehr in den künftigen Wohnge

meinden und natürlich Sport, insbesondere Mannschaftssportarten.

Es freut mich, dass sowohl der Landkreis Göttingen als auch die Gemeinde Friedland das Vorhaben der Landesregierung auf allen Ebenen unterstützen. Das gilt auch für die noch folgenden Kurse. Im Ergebnis werden damit die Ressourcen Friedlands genutzt, und der Fortbestand der Einrichtung wird gesichert.

Lassen Sie mich auch den zweiten Teil der Entschließung ansprechen. Friedland spiegelt die Nachkriegsgeschichte Niedersachsens, ja Deutschlands wider und ist untrennbar mit ihr verbunden. Das wird auch angesichts der in den verschiedenen Jahren aufgenommenen Menschen deutlich. Vor der Aufnahme von Flüchtlingen und Spätheimkehrern nach dem Krieg und in den 50erJahren, über die Boatpeople bis zu den Spätaussiedlern - immer stand Friedland für einen Neuanfang in Freiheit. Daher hält es auch die CDUFraktion für besonders wichtig, dass in Friedland in einer zeitgenössischen Gedenkstätte, für die die historischen Gebäude des Grenzdurchgangslagers genutzt werden, diese besondere Bedeutung für die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland gewürdigt wird. Für Friedland wäre es ein positives Signal, wenn auch Sie, meine Damen und Herren von der SPD und den Grünen, der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport zustimmen würden.

Der Änderungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen vom 10. Oktober deutet auf diese Möglichkeit hin. Wenn ich die Auflistung dessen durchgehe, was von den Grünen zusätzlich beantragt wird, so kann ich eigentlich davon ausgehen, dass große Teile davon bereits verwirklicht sind. Einige Dinge müssen sicherlich noch zusätzlich begleitet werden. Wir haben zurzeit den ersten Integrationskurs. Die eine oder andere Verbesserung kann selbstverständlich noch eingefügt werden. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Nächste Rednerin ist Frau Rübke von der SPD.

Ich möchte darauf hinweisen, dass die FDP bei diesem Tagesordnungspunkt nur eine Minute Redezeit hat. Deswegen bitte ich im Hinblick auf die Abstimmung, die gleich stattfinden wird, darum, dass die Abgeordneten jetzt hereinkommen.

Ich möchte auch darauf hinweisen, dass im Augenblick Zuhörerinnen und Zuhörer des Gehörlosenverbandes anwesend sind, und bitte deswegen, möglichst langsam zu reden.

Frau Rübke!

Frau Präsidentin! Liebe Kollegen, liebe Kolleginnen! An den Anfang stelle ich, dass die SPDFraktion vorbehaltlos zustimmt, das historische Gebäude auf dem Gelände des Lagers Friedland als Gedenkstätte zu sichern und zu erhalten.

Dass die Zuzugszahlen von Spätaussiedlern auf einem niedrigen Niveau sind, ist 60 Jahre nach Kriegsende normal. Aber noch immer leben ca. 800 000 Deutschstämmige in Russland und Kasachstan. Dass zurzeit immer weniger aussiedeln, liegt auch an der positiven Entwicklung der dortigen Lebensverhältnisse. Sollten sich diese aber wieder umdrehen, werden sich von heute auf morgen all diejenigen, die bereits einen gültigen Aufnahmeschein besitzen, in den Bus Richtung Friedland setzen.

Darum ist, wirtschaftlich betrachtet, eine zentrale Aufnahmestelle sinnvoller, als in 16 Bundesländern 16 neue Aufnahmestellen zu schaffen. Grundsätzlich halten wir eine dezentrale Unterbringung von Spätaussiedlern für eine erfolgreiche Integration, befürworten aber nach einem Besuch des Lagers Friedland mit ausführlichen Informationen und Gesprächen einen befristeten Versuch, zentrale sechsmonatige Integrationskurse durchzuführen. Allerdings betonen wir, dass schon jetzt der Aufenthalt in Friedland eine freiwillige Entscheidung der Betroffenen ist.

Um diese sechsmonatigen Kurse erfolgreich werden zu lassen, bedarf es aber noch einiger weiterer Maßnahmen. Baulich müssen die Räume so verändert werden, dass sie den typischen Lagercharakter verlieren, wohnlicher gestaltet werden, und zwar besonders unter Berücksichtigung der Unterbringung von Familien. Die Mobilität zu den umliegenden Dörfern bzw. zur Stadt Göttingen muss durch Bahn, Bus oder auch Fahrrad sichergestellt sein.

Von großer Wichtigkeit sind in dieser Zeit auch die Anerkennung von mitgebrachten Schul-, Studienund Berufsabschlüssen sowie gezielte Fort- und Weiterbildungsangebote, die eventuell auch erst zu einem Berufsabschluss führen. All diese Maß

nahmen sind wichtig und richtig. Sie sind ein guter Schritt, um in sechs Monaten bessere Startmöglichkeiten zu erhalten.

(Zustimmung bei der SPD)

Sie ersetzen aber nicht die Integration vor Ort in den Gemeinden und Städten, in denen die Spätaussiedler und -aussiedlerinnen ihre neue Heimat, ihre Zukunft aufbauen wollen. Darum fordern wir, dass die dezentralen Mittel für Integrationsarbeit nicht gekürzt werden, sondern in vollem Umfang weiter zur Verfügung stehen.

(Beifall bei der SPD)

Die vor Ort seit Jahrzehnten bestehenden Netzwerke sind auch bei einer zunächst zentralen Unterbringung weiterhin nötig; denn die eigentliche Integration in Schule, Arbeit, Gesellschaft und Nachbarschaft beginnt erst beim Ankommen in der neuen und zukünftigen Heimatgemeinde. Diese bisher erfolgreiche Netzwerkarbeit für die Spätaussiedler ist am Anfang auch ein mögliches und nötiges Auffangnetz für die Betroffenen.

Wir unterstützen die Beschlussempfehlung des Ausschusses, weil wir davon ausgehen, dass die Mehrheitsfraktionen dem Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zustimmen - Herr Götz hat das eben in Aussicht gestellt -, und weil ich denke, der Antrag enthält unterstützende Maßnahmen, die notwendig sind, um das Projekt erfolgreich durchzuführen. Im Übrigen habe ich in der Presseerklärung des Innenministers vom 21. August dieses Jahres einige Maßnahmen davon erwähnt gefunden, sodass ich glaube, dass die Mehrheitsfraktionen in diesem Hause keine Schwierigkeiten haben werden, dem Änderungsantrag zuzustimmen. - Danke schön fürs Zuhören.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Der nächste Redner ist Herr Minister Schünemann.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich sehr, dass hier im Hause Einigkeit herrscht, dass wir das „Tor zur Freiheit“, das Grenzdurchgangslager Friedland, erhal

ten und weiterentwickeln wollen. Das ist für mich ein ganz wichtiges Signal.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Der Vorschlag, die 630 Stunden, die den Spätaussiedlern zum besseren Erlernen der deutschen Sprache zur Verfügung gestellt werden - auf diese Weise erhalten sie auch mehr Integrationsleistungen -, in Friedland anzubieten, ist hier nicht nur von den Fraktionen unterstützt worden, sondern wird vor allen Dingen auch vom Bundesinnenminister, aber auch von den Wohlfahrtsverbänden und auch von den Spätaussiedlerverbänden insgesamt nicht nur begrüßt, sondern sogar nachdrücklich gefordert, sodass wir hierbei auf einem sehr guten Weg sind.

Ich möchte nur noch auf die Punkte eingehen, die in dem Änderungsantrag dargestellt worden sind. Da wird zunächst gefordert, dass den Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedlern ein freiwilliger Aufenthalt in Friedland angeboten werden soll. Das ist selbstverständlich. Insofern ist dieser Punkt längst erledigt. Das muss in einer Entschließung - zumindest aus meiner Sicht - nicht extra bekräftigt werden.

Der zweite Punkt heißt bei Ihnen: „wenn bauliche Maßnahmen sicherstellen, dass auch für Familien geeignete Räumlichkeiten geschaffen werden und der typische Lagercharakter bei der Unterbringung vermieden wird“. Meine Damen und Herren, wir müssen zwar keine großen baulichen Veränderungen vornehmen, aber wir haben schon jetzt veranlasst, dass durch anderes Mobiliar für einen Zeitraum von sechs Monaten eine bessere Unterkunft gewährleistet ist. Dieser Punkt ist also abgehakt, er ist von der Landesregierung bereits veranlasst worden.

Der dritte Punkt - Mobilität - ist ganz wichtig. Deshalb haben wir zunächst einmal mit dem Landkreis Göttingen vereinbart, dass die Leistungen ausgezahlt werden - also keine Gutscheine -, sodass finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, damit man mit dem Bus in die Umgebung fahren kann. Wir rechnen damit, dass Anfang nächsten Jahres der Bundesinnenminister gerade für dieses Projekt eine gesonderte Finanzierung vorsieht, sodass auch das in Zukunft gewährleistet ist. Deshalb brauchen wir hierzu keine gesonderte Entschließung, weil auch dies schon gewährleistet ist.

Der vierte Punkt ist für mich persönlich ganz wichtig; denn hierbei geht es darum, dass in dieser Zeit

versucht wird, dass die Abschlüsse, die im Herkunftsland erreicht worden sind, anerkannt werden, dass wir in dieser Zeit das Verfahren umsetzen. Parallel dazu sollen Qualifizierungsmaßnahmen über den Sprachunterricht hinaus angeboten werden. Auch dazu sind nicht nur die entsprechenden Gespräche geführt worden, sondern wir haben auch schon Maßnahmen eingeleitet, um das Ganze auf den Weg zu bringen.

Zusammengefasst: Da wir all die Punkte, die Sie, Frau Langhans, hier gefordert haben, schon umgesetzt haben, gehe ich davon aus, dass wir einen einmütigen Beschluss fassen werden. Das ist ein ganz wichtiges Signal zum einen an die Spätaussiedler selbst, zum anderen aber auch an das Grenzdurchgangslager Friedland insgesamt; denn es hat nicht nur eine historische, sondern auch eine wirtschaftliche Bedeutung.

Wenn wir die zurückgehende Zahl an Spätaussiedlern dazu nutzen können, dort eine noch bessere Integrationsleistung zu erzielen, dann ist das meiner Ansicht nach eine hervorragende Möglichkeit. Da jetzt Bayern angekündigt hat, dass es schon Anfang nächsten Jahres diesem Beispiel folgen und sein Kontingent hier zunächst für sechs Monate unterbringen wolle - auch Rheinland-Pfalz hat mittlerweile sein Interesse bekundet -, bin ich der festen Überzeugung, dass wir nicht nur auf einem guten Weg sind, sondern dort für die zu uns kommenden Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler eine gute Zukunft vorbereiten.

Ein letzter Satz. Natürlich wollen wir die dezentralen Maßnahmen in keiner Weise kürzen; denn es ist völlig richtig, dass die Integration erst vor Ort richtig beginnt. Aber wenn sich die Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler schon vernünftig artikulieren können, wenn sie auch schon bei der Freiwilligen Feuerwehr Kurse mitgemacht haben, sogar schon zu Sportvereinen Kontakt hatten, dann ist das auf jeden Fall eine bessere Voraussetzung. Aber trotzdem sind noch Maßnahmen vor Ort notwendig; diese sollen in keiner Weise gekürzt werden.

(Beifall bei der CDU)

Danke, Herr Schünemann. - Ich erteile jetzt noch einmal Frau Langhans für zwei Minuten das Wort.

Herr Schünemann, ich habe mit Freude festgestellt, dass auch Sie unserem Antrag zustimmen können. Ich bin zwar nicht ganz Ihrer Auffassung, was bauliche Maßnahmen und bauliche Veränderungen angeht. Diese müssen dort in Friedland noch vorgenommen werden, um Familien entsprechend unterbringen zu können. Ich glaube, es reicht nicht aus, nur das Mobiliar auszuwechseln. Darüber werden wir noch einmal reden müssen.

Aber so, wie ich das auch von Ihnen, Herr Götz, vernommen habe, wird es auch für die Mehrheitsfraktionen hier im Landtag nicht schwierig sein, unserem Antrag zuzustimmen. Das wäre ein wirklich deutliches und gutes Zeichen in Richtung Friedland. Ich hoffe - wenn das Hohe Haus beiden Anträgen zustimmt -, dass wir gemeinsam an einem Strang ziehen können, was sich auf Friedland mit Sicherheit auf die Dauer positiv auswirken kann. - Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Jetzt erteile ich noch einmal Herrn Götz das Wort. Sie haben noch 1:02 Minuten Redezeit.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben die Ausführungen unseres Innenministers zu diesem Punkt gehört. Ich schlage vor, dass wir den Änderungsvorschlag der Fraktionen der CDU und der FDP insgesamt annehmen und dass wir davon ausgehen, dass wir die Anregungen, die in Ihrem Änderungsantrag enthalten sind, mit einfließen lassen. Bis auf wenige Punkte ist all das ja schon abgehakt - das wird entsprechend umgesetzt werden -, sodass ich meine, dass wir kein Problem damit hätten, dem CDU/FDPÄnderungsvorschlag zuzustimmen.

(Zustimmung bei der CDU)

Jetzt kommen wir zu einer Kurzintervention von Frau Langhans. Sie haben eineinhalb Minuten Redezeit.

Herr Götz, ich glaube, damit werden wir nicht einverstanden sein. Unser Antrag ist ganz eindeutig der weitergehende Antrag, und er ist der letzte Änderungsantrag.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Von daher werden wir ihn natürlich zur Abstimmung stellen. Ich meine, so wie Sie sich geäußert haben und wie sich der Innenminister geäußert hat, kann es für Sie doch nicht schwierig sein, dem Antrag zuzustimmen. Ihre Einlassung verstehe ich nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Götz, möchten Sie darauf antworten?

Nein. - Dann hat jetzt Herr Bode das Wort. Herr Bode, Sie haben nur eine Minute Redezeit.