Protocol of the Session on October 10, 2006

Die Sach- und Rechtslage stellt sich wie folgt dar: Nach § 194 a des Niedersächsischen Beamtengesetzes werden Ämter nach der Besoldungsgruppe B 3 und höher lediglich auf Zeit übertragen, und zwar zunächst für einen Zeitraum von fünf Jahren. Danach besteht die Möglichkeit der Übertragung für weitere fünf Jahre. Im Anschluss daran kann eine Übertragung des Amtes auf Lebenszeit erfolgen.

Diese gesetzliche Regelung ist in den 90er-Jahren, zu Zeiten der damaligen SPD-Landesregierung in das Niedersächsische Beamtengesetz neu eingeführt worden. Eine ähnliche Regelung in Bayern ist vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof für verfassungswidrig erklärt worden.

(Zurufe von der SPD)

Maßgeblicher Gesichtspunkt hierfür war, dass die mit Zeitbeamtenverhältnissen verbundene Einschränkung der Unabhängigkeit von Beamten nicht mit den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums vereinbar ist, wie es das Grundgesetz verlangt.

(Zuruf von der SPD: Kommen Sie doch einmal zur Sache!)

Vor diesem Hintergrund hat die Niedersächsische Landesregierung die niedersächsische Regelung überprüft und ist zu der Auffassung gelangt, dass auch die entsprechende Regelung im niedersächsischen Gesetz geändert werden muss. Deshalb hat die Landesregierung dem Landtag einen Gesetzentwurf vorgelegt, der sich derzeit in der Beratung befindet. Der Gesetzentwurf sieht eine

Rückkehr zu einer dauerhaften Übertragung von Ämtern in leitender Funktion vor. Daher muss zum Zeitpunkt der dauerhaften Übertragung des statusrechtlichen Amtes die optimale Besetzung der Führungsposition sichergestellt sein. Deshalb habe ich durch das Auflaufen des Zeitverhältnisses den Weg frei gemacht für eine Bestenauslese.

Meine Damen und Herren, das Verwaltungsgericht Hannover hat im Zuge eines Verfahrens auf vorläufigen Rechtsschutz meinen Rechtsstandpunkt uneingeschränkt bestätigt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Über die hiergegen eingelegte Beschwerde wird das OVG nach meiner Einschätzung in dieser Woche entscheiden.

Meine Damen und Herren, noch zwei Sätze zu den Vorwürfen wie Postenvergabe nach Gutsherrenart und dergleichen mehr. Diese Vokabeln machen vor dem Hintergrund der von mir geschilderten Rechtslage nur dann Sinn, wenn man damit eine Bestenauslese verhindern will - aus welchen Gründen sei dahingestellt. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Axel Plaue [SPD]: Gute Nacht, Nie- dersachsen!)

Das Wort hat der Kollege Wenzel.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Tatsache, Herr Minister Sander, dass Sie sich hier in eigener Sache verteidigen müssen, zeigt, dass Sie im Kabinett über keinerlei Rückhalt in dieser Frage verfügen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Zuruf von der CDU: Das war eine Klarstellung!)

Auch der Vorsitzende der größten Fraktion hier im Landtag, Herr McAllister, ist sich offensichtlich zu schade, ein solches Vorgehen hier zu verteidigen; denn sonst hätte er sich an dieser Stelle zu Wort gemeldet.

Meine Damen und Herren, im Juni hat das Kabinett den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften beschlossen. Man muss sich die Begründung einmal auf der Zunge

zergehen lassen. Dort heißt es, das geltende Recht - das hiermit geändert werden soll - schränke die sachliche und persönliche Unabhängigkeit von Beamten zu stark ein. Diese Unabhängigkeit - so schreiben Sie dort, Herr Wulff - sei die Grundlage der Stabilität der öffentlichen Verwaltung. - Hehre Worte! - Für Spitzenbeamte sei das von erheblicher Bedeutung. Von der Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs sei auch die Verfassungsmäßigkeit der niedersächsischen Regelung berührt. Deshalb haben Sie diesen Gesetzentwurf vorgelegt.

Gleichzeitig schreibt mir Herr Sander am 29. August dieses Jahres:

„Die Atomaufsicht in Niedersachsen hat im Zusammenhang mit dem Störfall in Schweden vorbildlich gearbeitet.“

Sie haben gestern versucht, Fakten zu schaffen. Offenbar lag es nicht an den inhaltlichen Gründen und der fachlichen Qualifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter - zumindest aus Ihrer Sicht nicht -, sondern hier waren parteipolitische Gründe ausschlaggebend. Beide Betroffenen werden offensichtlich dagegen klagen. Sie, Herr Sander, haben die Abteilungsleitungen öfter gewechselt als jedes andere Haus. Sie halten sich nicht an Ihre eigenen Ansprüche, an die Ansprüche, die das Kabinett selbst formuliert hat und die Sie selbst mit beschlossen haben. Sie betreiben Personalpolitik nicht nach Qualifikation, sondern nach Parteibuch. Das zeigt dieser Vorgang ganz eindeutig.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Wenn Sie jetzt sagen, Sie wollten nur die Voraussetzung schaffen, um eine Bestenauslese herbeizuführen, Herr Minister, dann ist das nicht die Wahrheit. Es ist einfach lächerlich, wenn Sie das hier erklären.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Sie haben gestern Fakten geschaffen. Gestern um 16 Uhr wurde dem Haus mitgeteilt, dass der Abteilungsleiter ab sofort wieder Leiter des Referats 52 ist. Wo ist da noch Bestenauslese möglich, wenn Sie jetzt schon versuchen, Fakten zu schaffen?

Sie, Herr Minister, sprechen Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Loyalität ab und versuchen, hier amerikanische Zustände herzustellen. Dort ist es nämlich so, dass neue Regierungen ganze Abteilungen und Referate ablösen, wenn sie ins Amt kommen.

(Bernd Althusmann [CDU]: Wohl wahr!)

Herr Minister, machen Sie Ihre Entscheidung rückgängig. Ihr Vorgehen ist unanständig.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Das Wort hat noch einmal der Kollege Bode.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Wenzel, in der Tat ist es so, dass in Amerika bei einem Regierungswechsel sehr weite Bereiche der Administration ausgetauscht werden - sie sind auch mit Zeitverträgen entsprechend eingesetzt und eine entsprechende Administration Einzug hält. Das ist dort üblich. Aber das ist in Deutschland anders. Eines allerdings ist in der Vergangenheit auch immer üblich gewesen: Immer dann, wenn die Grünen Einzug in eine Regierung genommen haben, ist kein Personal entlassen worden, sondern es sind sehr viele neue Stellen geschaffen worden. Auf alle wurden Parteifreunde der Grünen gesetzt. Der Steuerzahler hat es bezahlt. Wir haben das beendet. Wir haben das Personal behalten und eine Bestenauslese durchgeführt. Das war das Beste für den Steuerzahler.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich finde es schon ein wenig komisch, dass Sie sich hier hinstellen und kritisieren, dass wir hier tatsächlich die Chance ergreifen zu schauen, ob es für die einzelnen Führungspositionen des Landes Niedersachsen bessere Bewerber oder gleich gut qualifizierte Bewerber gibt, oder ob wir schon jetzt das optimale Personal haben. Lassen Sie dieses Ausschreibungsverfahren doch einmal geschehen, und schauen Sie hin, wie das Ergebnis aussieht. Heute weiß doch niemand von uns, wie dieses Auswahlverfahren ausgeht.

(Werner Buß [SPD]: Das glaubst du doch selbst nicht! - Hans-Dieter Haa- se [SPD]: Ist das die Märchenstunde? - Zuruf von Stefan Wenzel [GRÜNE])

Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Dieses Auswahlverfahren, Herr Wenzel, unterliegt einer gerichtlichen Überprüfung. Das Gericht wird auch prüfen, ob wir die Bestenauslese richtig durchgeführt haben. Ich garantiere Ihnen: Wir werden auf den Führungspositionen des Landes Niedersachsen die Besten einsetzen - unabhängig von jedem Parteibuch. Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen zu Tagesordnungspunkt 1a liegen mir nicht vor. Oder wollte noch jemand dazu reden? - Nein.

Dann rufe ich auf

b) Unsinn darf nicht Gesetzeskraft erlangen schädliche Auswirkungen der Gesundheitsreform auf Niedersachsen verhindern! - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 15/3217

Ich nehme an, dass der Kollege Dr. Rösler jetzt das Wort ergreifen möchte. Hiermit erhält er es. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt Untersuchungen, die Folgendes belegen: Je länger über ein Thema öffentlich diskutiert wird, desto weniger wissen die Menschen am Ende über das Entscheidende Bescheid. Ein gutes Beispiel dafür ist die aktuelle Gesundheitsreform; denn eigentlich weiß niemand so richtig, was in den nächsten Jahren in der Gesundheitspolitik auf die Menschen zukommen wird. Anders können wir uns jedenfalls nicht erklären, dass man momentan von einem Kompromiss redet, aber die einzige wesentliche Veränderung im Bereich der Gesundheitspolitik wohl doch die ist, dass der Gesundheitsfonds, der völlig unsinnig ist, nicht schon 2008, sondern erst 2009 eingeführt wird, also nach den Landtagswahlen in Hessen, Niedersachsen und Bayern, aber noch vor der Abwahl der Großen Koalition in Berlin.

(Beifall bei der FDP)

Aufgrund dieser Verschleierungstaktik ist es aus unserer Sicht dringend notwendig, die Versicherten und die Patienten auf die negativen Folgen

dieser Gesundheitsreform deutlich hinzuweisen; denn die Beschlüsse der Großen Koalition in Berlin führen im Bereich der Gesundheitspolitik direkt in eine zentralistische Planwirtschaft.

(Beifall bei der FDP)

Die Beitragshoheit der Kassen soll beispielsweise abgeschafft werden. Statt dessen werden die Beiträge künftig durch den Deutschen Bundestag einheitlich festgelegt. Zusätzlich zur bestehenden Bürokratie im Gesundheitswesen soll eine neue Bürokratie, nämlich der Gesundheitsfonds, geschaffen werden, der künftig Finanzmittel verteilt. Gleichzeitig wird die sehr effiziente Selbstverwaltung weiter reduziert, z. B. durch den Umbau des Gemeinsamen Bundesausschusses in eine staatliche Regulierungsbehörde. Das heißt am Ende, dass die beschlossenen Eckpunkte unser bisher halbplanwirtschaftliches Gesundheitssystem in ein vollplanwirtschaftliches Gesundheitssystem umbauen. Am Ende ist das für uns Staatsmedizin. Meine Damen und Herren, Staatsmedizin führt in jedem Fall zu einer Verschlechterung der Patientenversorgung in Deutschland und in Niedersachsen.

(Beifall bei der FDP)

Gestatten Sie mir, dass ich an zwei Beispielen deutlich mache, wo es auch gerade Niedersachsen im Bereich der Gesundheitsreform trifft. Die Krankenhäuser in unserem Bundesland haben ein Gesamtbudget in Höhe von 4,65 Milliarden Euro. Dieses Budget soll jetzt durch drei Beschlüsse auch im Rahmen dieser Gesundheitsreform reduziert werden.

Erstens soll es einen pauschalen Abschlag geben. Die Modalitäten sind noch nicht ganz genau klar. Er wird wohl ein Volumen von einem Prozent umfassen. Zweitens wird das eine Prozent, das es bisher für die integrierte Versorgung gab, weiterhin abgezogen. Zusätzlich kommt eine neue Anschubfinanzierung in Höhe eines halben Prozentpunktes hinzu, nämlich für den Ausbau der hoch spezialisierten ambulanten Leistungen. Alleine diese drei Punkte belasten unsere niedersächsischen Krankenhäuser mit jährlich ca. 115 Millionen Euro.

Hinzu kommen noch weitere Belastungen durch das Arbeitszeitgesetz, durch die Mehrwertsteuererhöhung und durch die neuen Tarifverträge, sodass unsere niedersächsischen Krankenhäuser im nächsten Jahr mit ca. 400 Millionen Euro zusätzlich belastet werden. Das ist dann das Geld, das

für die Patientenversorgung fehlt. Alleine das ist ein Beispiel dafür, dass diese Gesundheitsreform den Menschen hier in Niedersachsen ganz konkret schadet.