Das Risiko ist absolut gering. Ich will nicht sagen, dass es zu vernachlässigen ist. Der Fall ist aber selten. Bekanntermaßen ist das Seltene eben selten. Das ist der ganze Hintergrund.
Es kommt nicht dazu, dass Magenflüssigkeit aufsteigt und - ich sage es einmal so - eingeatmet wird, was ja eine Gefährdung darstellen könnte. Das ist nicht der Fall. Da müsste der Patient narkotisiert sein. Das ist er aber, wie gesagt, nicht.
Die Verabreichung des Brechmittels ist hinsichtlich seiner Gefährlichkeit eigentlich unumstritten. Die Substanz, die den Brechreiz hervorruft, ist für sich nicht das Problem. Gerade auch bei dem Hamburger Fall ging es einzig und allein um die zwangsweise Einführung der Magensonde,
Herr Kollege Dr. Winn, ich möchte da nachfragen. Es geht nicht nur um Herrn Montgomery, sondern auch um die Kammerversammlung der Hamburger
„Unter ärztlichen Gesichtspunkten ist die Vergabe von Brechmitteln gegen den Willen des Betroffenen nicht zu vertreten. Die Ärztekammer Hamburg wendet sich grundsätzlich im Zusammenhang ärztlicher Tätigkeiten gegen Gewaltmaßnahmen... Kein Arzt kann zur Teilnahme an diesen Maßnahmen gezwungen werden.“
Ja, sicher. Das ist völlig richtig. Das ist eine ethische Stellungnahme. Nur so kann man das verstehen. Selbstverständlich ist die Teilnahme eines Arztes an einem solchen Prozess eine freiwillige Angelegenheit. Dazu kann kein Arzt gezwungen werden. Mehr drückt dieser Beschluss auch gar nicht aus. So sehe ich das auch.
Ob man eine Spritze oder ein Abführmittel verabreicht - das Mittel selber ist relativ unproblematisch -: Jedes Mal geht es um die zwangsweise Verabreichung. Es geht immer um die potenziellen Nebenwirkungen, allerdings nicht um pharmakologische Nebenwirkungen, höchstens beim Apomorphin, und das ist eine Dosisfrage. Das heißt: Dieses Problem ist nicht einfach pauschal anzugehen, sondern das muss etwas differenzierter betrachtet werden. Nur darauf wollte ich hinweisen.
Wenn man eine normale Dosis verabreicht, ist das relativ - ich muss sagen: relativ - ungefährlich. Von daher geht meines Erachtens die Aufregung, die Sie veranstalten, am Ziel vorbei. Der Antrag der CDU trifft im Grunde ins Schwarze,
weil es einfach um Beweissicherung in Fällen geht, in denen Menschen das Beweismittel in sich verwahren. Das muss heraus, damit es weitergehen kann.
Herr Kollege Winn, wir haben nichts gegen eine differenzierte Betrachtungsweise einzuwenden. Deshalb wollen wir ja auch das Hearing. In der Wissenschaft ist es üblich, dass es keine einheitliche Meinung gibt. Solange es eine so große Gruppe von Medizinern und Pharmakologen gibt, die sich dagegen wenden, können wir in einem rechtsstaatlichen Verfahren allen Ernstes nicht anders handeln. Das können wir nicht! Natürlich wissen wir, dass es auch andere Mediziner gibt. Diejenigen, die unsere Auffassung bestätigen, sind jedoch keine Nobodys.
Dann muss ich noch etwas zum Risiko sagen. Sie haben das Beispiel von Personen in Altenheimen angeführt, denen eine Magensonde gelegt wird. So weit bin ich einverstanden. Aber hier geht es um ein erhöhtes Risiko. Wenn sich ein Polizist auf den einen Arm setzen muss, ein zweiter Polizist auf den zweiten Arm,
ein dritter auf die Beine, wenn sich also jemand mit Händen und Füßen wehrt, dann ist das Risiko bei Zwangsmaßnahmen höher als bei jemanden, der bereit ist, einen medizinischen Eingriff an sich vornehmen zu lassen. Das ist der kleine Unterschied. - Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Weil vorhin im Zusammenhang mit der freiwilligen Verabreichung als Alternative fast schallendes Gelächter ausbrach, gestatten Sie mir bitte, einmal die Erfahrung aus Osnabrück vorzutragen. In einem Schreiben des Fachkommissariats heißt es:
„Seit Dezember 1994 wurde Kleindealern vereinzelt der Brechsirup verabreicht, nachdem sie zuvor offensichtlich Mundbomben heruntergeschluckt haben, um damit der Beweisführung zu entgehen. Der Brechsirup wurde auf Anordnung der Staatsanwaltschaft von einem Arzt verabreicht. Im Zeitraum von Dezember 1994 bis März 1996 wurde er sechsmal, immer mit Einverständnis der Betroffenen, verabreicht. Von Sommer 1995 bis Ende 1998 wurde der Sirup in weiteren fünf Fällen verabreicht, allerdings ohne Erfolg. Am 25.06.2000 wurde der Brechsirup erneut eingesetzt. Der Betroffene erbrach. Das Verfahren ist an die Staatsanwaltschaft abgegeben worden. Weiterhin wurde im Jahr 2001 dreimal der Brechsirup ohne Erfolg verabreicht.“
Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Wer den Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen mit der Federführung beauftragen will und die Ausschüsse für innere Verwaltung, für Sozial- und Gesundheitswesen und für Jugend und Sport mitberaten lassen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Möchte jemand dagegen stimmen? - Das ist nicht der Fall. Stimmenthaltungen? - Auch das ist nicht der Fall. Sie haben so beschlossen.
Tagesordnungspunkt 48: Erste Beratung: Konsequenzen des neuen Hochschulrahmengesetzes - Antrag der Fraktion der CDU Drs. 14/3117
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Süddeutschen Zeitung vom 9. Januar 2002 war zu lesen, dass als Folge des neuen Hochschulrahmengesetzes einige Tausend Forscher in Deutschland von Dauerarbeitslosigkeit bedroht sind. Dann wurde von einem Betroffenen berichtet - zu Ihrer Information: das ist kein Einzelfall, sondern es geht vielen so -: Da hat jemand seine Habilitationsschrift abgeschlossen und anschließend erfolgreich Drittmittel für ein Forschungsprojekt eingeworben, also für seine künftige Finanzierung selbst gleich mit gesorgt. Als er das bei der Universitätsverwaltung anmelden wollte, fiel er aus allen Wolken. Dort hieß es: In Übereinstimmung mit dem zum 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Hochschulrahmengesetz müsse er entlassen werden. Da er bereits seit längerer Zeit an einer deutschen Universität beschäftigt sei, könne er die vorher bereits genehmigte Stelle nicht antreten. Er könne auch an keiner anderen deutschen Universität oder einem Institut fortbeschäftigt werden.
Bisher war es so, dass sich Wissenschaftler nach Abgabe der Habilitationsschrift bis zur Erlangung einer Professur um die Finanzierung eines befristeten Forschungsprojekts bewerben konnten, sich dabei strengen Qualitätsprüfungsverfahren unterziehen mussten, damit aber die Chance hatten, die Zeit zwischen Habilitation und Berufung sinnvoll zu überbrücken. Damit ist jetzt Schluss. O-Ton BMBF: „Die Generation der Privatdozenten muss man verschrotten.“ Wie menschenverachtend hier miteinander umgegangen wird, ist erschreckend. Ich wäre daran interessiert zu erfahren, ob sich wenigstens der Fachminister in Niedersachsen von solchen Worten distanziert.
Und das alles, weil man die Habilitation abschaffen und durch die Juniorprofessur ersetzen will. Wie nun Juniorprofessoren diese Forschungsaufgaben ernsthaft übernehmen sollen, können Fachleute nicht nachvollziehen. Die Juniorprofessoren sollen wie ein Vollprofessor lehren, sich organisieren, Drittmittel einwerben, sich selbst verwalten und forschen.
Bei den Medizinern führt die Einführung der Juniorprofessur zu noch größeren Verwerfungen. Ich zitiere:
„Die Einführung der Juniorprofessur stellt eine ungerechte, unsoziale und planwirtschaftliche Maßnahme dar. Sie wird die Wissenschaft in Deutschland im medizinischen Bereich vollends töten.“
In der Tat sind in Niedersachsen nun die Ersten dabei, ihre Koffer zu packen. Für Niedersachsen ist das besonders makaber, weil sich der Fachminister auf der einen Seite bemüht, Wissenschaftler, die bereits ins Ausland abgewandert sind, wieder zurückzuholen. Auf der anderen Seite hat er lange vor In-Kraft-Treten des Hochschulrahmengesetzes das Signal ausgesandt, die Juniorprofessur in Niedersachsen schnellstens durchsetzen zu wollen mit allen negativen Konsequenzen.
Diese Maßnahme wird nur durch die Ankündigung überboten, Professoren jetzt endlich nach dem Leistungsprinzip zu bezahlen. Aber auch hier muss man sich die Fakten genauer ansehen; denn gegen eine leistungsgerechte Bezahlung der Professoren haben wir grundsätzlich nichts einzuwenden. Ganz im Gegenteil, damit würde eine alte CDUForderung endlich umgesetzt.
Doch bevor man frohlockt, empfiehlt es sich, sich die Konditionen genau anzusehen. Dabei sind vier Punkte hervorzuheben:
Erstens. Nach der neuen Besoldungsordnung gibt es eine Grundbesoldung, die durch Leistungsbezüge aufgestockt werden kann, z. B. bei Rückkehr aus dem Ausland, bei einem Wechsel von der Industrie zur Hochschule oder bei Bleibeverhandlungen. Insgesamt aber soll die Leistungsprämie kostenneutral umgesetzt werden. - An dieser Stelle geht die erste Warnlampe an.
Zweitens. Deutschland und damit auch Niedersachsen ist heute bereits im Vergleich mit anderen europäischen Ländern, z. B. mit Österreich und der Schweiz, Schlusslicht bei der Professorenbesoldung.
Drittens. Für die Fachhochschulen wird die Schwierigkeit auftreten, bei diesen neuen Konditionen überhaupt noch Bewerber für Professorenstellen zu finden.
Dazu muss man wissen, dass die Absolventen der Fachhochschule - z. B. junge Ingenieure - künftig auf dem freien Markt erheblich mehr als ihre Lehrer und Ausbilder an der Fachhochschule verdienen werden.