Protocol of the Session on January 25, 2002

3. Wie sieht das Konzept der Landesregierung zur Installation noch fehlender Infrastruktur, ggf. noch durchzuführender Schulungen, zum Kostenrahmen und zeitlichen Ablauf aus, und aus welchen Haushaltstiteln erfolgt die Finanzierung?

Durch Artikel 20 des Handelsrechtsreformgesetzes vom 20. Juni 1998 ist das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) dahin gehend geändert worden, dass ab dem 1. Januar d. J. für die Führung des Handelsregisters nur noch das Amtsgericht, in dessen Bezirk ein Landgericht seinen Sitz hat, für den Bezirk dieses Landgerichts zuständig ist. Allerdings hat der Gesetzgeber die Landesregierung ermächtigt, die Führung des Handelsregisters anderen oder zusätzlichen Amtsgerichten zu übertragen und die Bezirke der Registergerichte abweichend von dieser Bestimmung festzulegen, „wenn dies einer schnelleren und rationelleren Führung des Handelsregisters dient“. Von dieser Verordnungsermächtigung habe ich soweit wie möglich Gebrauch gemacht, weil in Niedersachsen als Flächenstaat die gesetzlich vorgesehene Regelung durch das Entstehen langer Anfahrtswege wenig bürgerfreundlich und durch notwendig werdende Anbauten und Anmietungen kostenintensiv und für die Beschäftigten, die in großer Zahl hätten versetzt werden müssen, eine große Belastung gewesen wäre. Ich habe auf der Grundlage einer Verordnungsermächtigung der Landesregierung 40 der 80 Amtsgerichte zu Handelsregistern bestimmt und bin damit im Interesse der Rechtsuchenden, aber auch der Beschäftigten hart an die Grenze dessen gegangen, was der Bundesgesetzgeber erlaubt hat. Von der Politik, den Verbänden und den Gerichten ist diese Entscheidung einhellig begrüßt worden.

Inzwischen ist die Verordnung umgesetzt worden. Soweit dabei die Verlagerung von Stellen in Rede stand, war selbstverständlich in einer Gesamtschau der Belastung der Amtsgerichte, aber auch der einzelnen Bereiche innerhalb der Registergerichte zu prüfen, wie weit solche Verlagerungen geboten waren.

Vor diesem Hintergrund beantworte ich die Fragen wie folgt:

Zu 1: Vom Amtsgericht Salzgitter sind zwei halbe Stellen der Tarifgruppe IX b - VII an das Amtsgericht Braunschweig verlagert worden, von denen eine bis zum 31. Dezember 2002 befristet ist. Auf

diesen beiden halben Stellen ist eine Justizangestellte beschäftigt. Die Verlagerung einer Rechtspflegerstelle an das Amtsgericht Braunschweig war nach dem Ergebnis des Belastungsvergleichs der betroffenen Gerichte nicht erforderlich. Noch nicht entschieden ist, ob eine Richterstelle an das Amtsgericht verlegt werden soll; derzeit werden die Ergebnisse des Belastungsvergleichs im richterlichen Dienst ausgewertet.

Ein interner Belastungsvergleich innerhalb des Amtsgerichts Braunschweig hat dazu geführt, dass eine Dreiviertel-Rechtspflegerstelle der Besoldungsgruppe A 11 und eine halbe Richterstelle der Besoldungsgruppe R 1 zum Bereich des Handelsregisters verlegt worden sind. Die Stellen sind mit einer Rechtspflegerin und einem Richter besetzt. Bei den betroffenen Beschäftigten handelt es sich nicht um Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger. Auch sind die Beschäftigten nicht versetzt worden. Vielmehr sind im Angestelltenbereich zwei beurlaubte Mitarbeiterinnen als Halbtagskräfte zurückgekehrt, und zwei auslaufende Halbtagsaufstockungen konnten durch die Stellenzulegung verlängert werden.

Zu 2: Die Arbeitsplätze im Registerbereich des Amtsgerichts Braunschweig sind mit vernetzten Personalcomputern ausgerüstet. Die Beschäftigten arbeiten mit dem Officepaket von Microsoft. Das Amtsgericht plant, die für das Handelsregister bestimmte Komponente des Programmsystems EUREKA einzusetzen. Derzeit steht noch nicht fest, wann beim Amtsgericht Braunschweig die elektronische Führung des Handelsregisters eingeführt werden wird. Die Einführung dieser Technologie ist mit einem erheblichen Arbeitsaufwand zur Erfassung und Nachbearbeitung der bestehenden Handelsregisterblätter verbunden. Die niedersächsischen Amtsgerichte sind derzeit durch die Erfassung der Altdaten im Rahmen der Einführung des elektronischen Grundbuchs belastet. Die zeitgleiche Einführung der elektronischen Registerführung würde die Belastungsgrenze deutlich überschreiten.

Zu 3: Entfällt.

Anlage 22

Antwort

des Ministeriums für Wirtschaft, Technologie und Verkehr auf die Frage 27 des Abg. Schünemann (CDU) :

Beabsichtigter Verkauf der Haarmann & Reimer GmbH, Holzminden, durch die BAYER AG

Der Aufsichtsrat der BAYER AG hat in seiner Sitzung am 6. Dezember 2001 den Verkauf seiner 100-prozentigen Tochtergesellschaft Haarmann & Reimer GmbH, Holzminden, beschlossen. Zur Begründung heißt es in einer von Haarmann & Reimer am 6. Dezember 2001 herausgegebenen Pressemitteilung: „Im Zusammenhang mit der weiteren Fokussierung von BAYER auf das Kerngeschäft soll Haarmann & Reimer durch Verkauf an einen geeigneten Partner die Möglichkeit gegeben werden, die Marktpositionierung nachhaltig zu verbessern.“ Nach Auskunft der Haarmann & Reimer-Geschäftsführung soll der Käufer im Bieterverfahren ermittelt werden.

Die 1874 gegründete Haarmann & Reimer GmbH ist mit über 1400 Beschäftigten nicht nur der größte Arbeits- und Ausbildungsplatzanbieter, sondern auch ein über ein Jahrhundert lang wichtiger Auftraggeber für viele Handwerksbetriebe im Einzugsbereich von Holzminden. Außerdem gehört zur Gruppe in Niedersachsen ein Zweigwerk in Braunschweig mit fast 100 Beschäftigten, von dem aus die Getränkeindustrie mit Spezialprodukten beliefert wird.

Die Marktstellung der Haarmann & ReimerGruppe wird je nach Blickwinkel mit Platz 3 bis 5 in der Weltrangliste angegeben.

Ich frage die Landesregierung:

1. Sieht sie die Notwenigkeit oder zumindest die Zweckmäßigkeit, sich in der Sache offiziell zu engagieren?

2. Wurden von der Landesregierung nach dem 6. Dezember 2001 die Verkaufsabsichten mit der BAYER AG und/oder Geschäftsführung und Betriebsrat der Haarmann & Reimer GmbH erörtert? Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

3. Hält die Landesregierung ein Engagement der NordLB ähnlich dem im Fall der Salzgitter AG für möglich bzw. notwendig?

Die wirtschaftliche Bedeutung der Haarmann & Reimer GmbH (H&R) geht weit über den Standort Holzminden hinaus. Die H&R-Gruppe hat Gesellschaften auf allen fünf Kontinenten und gehört zu den Global Playern der Duft- und Aromabranche. Insgesamt arbeiten weltweit etwa 3 800 Mitarbeiter für das Unternehmen, davon 1 400 in Holzminden und 100 in Braunschweig. Im Jahre 2000 konnte ein Gruppenumsatz in Höhe von 865 Millionen Euro erzielt werden.

Am 6. Dezember 2001 hat der Aufsichtsrat der Bayer AG die Umstrukturierung des Konzerns in der Form einer Holding beschlossen. Bayer will künftig das führende integrierte pharmazeutischchemische Unternehmen der Welt - mit Kernkompetenzen auf den Gebieten Gesundheit, Ernährung, Kunststoffe und Spezialprodukte der Chemie sein. Die Fokussierung auf dieses Kerngeschäft ist mit dem Kauf und Verkauf von Unternehmen und Beteiligungen verbunden, so auch H&R. Gleichzeitig soll H&R durch den Verkauf an einen geeigneten Partner die Möglichkeit gegeben werden, die eigene Marktposition nachhaltig zu verbessern.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen wie folgt:

Zu 1 und 2: Die Landesregierung hat zum Unternehmen Haarmann & Reimer in der Vergangenheit immer Kontakt gehalten. Mit der Geschäftsführung der H&R wurden nach Bekanntgabe der Verkaufsabsichten die Hintergründe und etwaige Auswirkungen auf die niedersächsischen Arbeitsplätze erörtert.

Die Geschäftsführung H&R sieht die Entscheidung der Bayer AG als strategisch richtig an. Das Unternehmen erhalte dadurch die Möglichkeit, die schon jetzt gute Marktpositionierung nachhaltig zu verbessern und die Wettbewerbsfähigkeit weiter auszubauen. Derzeit werde von Bayer als Shareholder das marktübliche Bieterverfahren durchgeführt. Da es sich bei H&R um ein profitables Unternehmen handele, mangele es nicht an potenten Kaufinteressenten (wie z. B. der Degussa).

Der Bayer-Konzern ist für eine soziale Unternehmenskultur bekannt. Es besteht daher die berechtigte Hoffnung, dass der Verkauf von H&R nicht nur betriebswirtschaftlichen Vorgaben unterliegt und die Arbeitnehmerbelange angemessen berücksichtigt werden. Die Landesregierung wird das weitere Verfahren begleiten und alles versuchen, die Arbeitsplätze an den Standorten Holzminden und Braunschweig zu sichern. Daher sollen zeitnah weitere Gespräche mit meinem Hause, für die ich bei Bedarf auch persönlich zur Verfügung stehe, stattfinden.

Zu 3: Nein.