Wer in den vergangenen Jahren die Europapolitik der Landesregierung verfolgt hat, kommt zu der Feststellung, dass Anspruch und Wirklichkeit eklatant auseinander klaffen.
Meine Damen und Herren, vor zwei Jahren, als Ministerpräsident Gabriel seine Regierungserklärung abgab,
hat er darin als eine wesentliche Schwerpunktsetzung seiner Politik die Europapolitik hervorgehoben, und er hat das Kabinett um eine Position, nämlich um Minister Senff, erweitert. Wer allerdings diesen Haushalt näher untersucht, kommt zu der Feststellung, dass es eine klare Schwerpunktsetzung überhaupt nicht gibt. Da die Schwerpunktsetzung nachweislich nicht erkennbar ist, kann die Landesregierung auch nicht den Anspruch erheben, die Europapolitik an die vorderste Stelle zu setzen. Aber vor allem muss sie sich den Vorwurf gefallen lassen, dass ein Minister zu viel in diesem Kabinett ist, und das ist der Europaminister Wolfgang Senff.
Meine Damen und Herren, im Haushaltsplan gibt es an vielen Stellen unklare und unbestimmte Positionen. Es entsteht hier und da durchaus der Eindruck, Herr Rabe, dass der Zweck bestimmter Ausgaben verschleiert werden soll.
Wenn wir die Ausgabenpositionen durchgehen - es gibt dort viele Ausgabenpositionen -, so müssen wir feststellen,
dass die Zuschüsse für laufende Ausgaben im Inund Ausland nicht klar nachvollziehbar sind. In vielen Fällen ist nicht klar, welcher Empfänger konkret welche Mittel in welchem Land bekommt. Hier wäre eine bessere Erklärung durch die Lan
Ich will hier keine Kritik an der Einrichtung an sich üben; sie ist notwendig, und wir haben Sie politisch immer unterstützt. Wer aber ein Europäisches Informationszentrum will, meine Damen und Herren, muss für die sachgerechte Aufgabenerfüllung auch die notwendigen Finanzmittel zur Verfügung stellen. Die notwendigen Finanzmittel sind in diesem Haushalt aber nicht zur Verfügung gestellt worden.
Ich erwähne dies vor dem Hintergrund, Herr Mientus, dass das Europäische Informationszentrum bereits mehrere Veranstaltungen durchgeführt hat und in Zukunft weitere durchführen will. Dies werden wir auch unterstützen. Aber diese Veranstaltungen können nur dann durchgeführt werden, wenn Dritte entsprechende Mittel zur Verfügung stellen. Sonst werden diese Veranstaltungen durch die Staatskanzlei nicht gebilligt. Gerade vor dem Hintergrund, dass wir uns in der Phase vor der Erweiterung der Europäischen Union um die osteuropäischen Staaten befinden, ist eine wesentlich offensivere Informationspolitik notwendig. Wir wissen aus Umfragen, dass zwei Drittel der deutschen Bevölkerung die EU-Osterweiterung ablehnen.
Gerade vor diesem Hintergrund haben wir enorm viel an Informationspolitik auf den Weg zu bringen, und wir dürfen nicht auf Mittel Dritter hoffen, wenn wir da in die Offensive gehen wollen. In dieser Phase sind verstärkte Bemühungen notwendig, meine Damen und Herren,
um den Europagedanken zu stärken und um die Akzeptanz von Europa in der Bevölkerung nachhaltig zu verbessern. Mit der Politik, wie sie zurzeit betrieben wird, und bei den wenigen Mitteln, die für dieses Gebiet zur Verfügung stehen, werden wird das aber nicht erreichen.
Wir waren mehrmals im Europäischen Informationszentrum, haben dort mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gesprochen. Dort besteht eine große Motivation. Dort gibt es Ideen für Aktionen, für Veranstaltungen.
Wir erwarten aber auch, dass man sie nicht durch die Staatskanzlei am langen Arm verhungern lässt, sondern wir erwarten, dass die entsprechende politische Unterstützung aus der Staatskanzlei erfolgt. Aber die vermissen wir.
Meine Damen und Herren, ich möchte einen zweiten Punkt erwähnen, den auch Herr Stefan Wenzel vorgetragen hat. Es gibt ja einen Haushaltsansatz dafür, um Landesbedienstete nach Brüssel zu schicken. So weit, so gut. Aber wenn wir uns den Haushaltsansatz ansehen, dann stellen wir fest, dass er halbiert worden ist. Wir wollen sehr wohl, dass Beamte der Landesregierung die Abläufe in Brüssel und die Finanzierungswege näher kennen lernen und dass sie dann ihre europapolitische Kompetenz hier in Niedersachsen umsetzen können. Aber wenn man die Mittel halbiert,
Ich würde sie gerne beantworten. Aber wenn ich auf die Uhr schaue, sehe ich, dass mir die Zeit fehlt, um die Frage zu beantworten.
Herr Mientus, ich möchte einen dritten Punkt ansprechen: Es fehlen klare und glaubwürdige politische Positionen zur Europapolitik. Minister Senff hat bis heute nicht erklärt, wie z. B. eine Reform der Aufgabenverteilung zwischen EU und den Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung des Subsidiaritätsprinzips aussehen soll, welche Kernkompetenzen den Mitgliedstaaten verbleiben sollten, in welchen Bereichen eine Reduzierung der EUKompetenzen sinnvoll ist. Wir haben hier gemeinsam einen Entschließungsantrag verabschiedet und die Landesregierung aufgefordert, das vorzutragen. Das ist bislang ausgeblieben, es sei denn, dass Herr Minister Senff gleich die Möglichkeit nutzt, um das hier noch vorzutragen.
Bei den entscheidenden Fragen bleibt der Minister also bislang eine Antwort schuldig. Ohne eine Lösung der genannten Fragen kann eine Fortentwicklung Europas den Menschen bei uns nicht vermittelt werden.
Meine Damen und Herren, der Haushalt zeigt in aller Deutlichkeit: Der Minister hat seine Hausaufgaben nicht gemacht. Daher werden wir diesen Haushalt ablehnen. - Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU - Buß [SPD]: Das hätte Herr von der Heide aber besser gemacht! - Gegenruf von Kethorn [CDU]: Danke für das Kom- pliment! - Mientus [SPD]: Gott sei Dank sprechen wir so spät über Euro- pa, sodass das nicht von der Presse aufgeschrieben wird!)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will den Versuch machen, den bisherigen sehr vernünftigen Konsens im Rahmen der Europapolitik so weit wie möglich auch heute Abend zu erhalten. Es sind Fragen gestellt worden, von denen ich hoffe, dass ich sie in meiner Rede ausreichend beantworten kann.
Lassen Sie mich damit beginnen, dass sich morgen und übermorgen in Schloss Laaken in Brüssel die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union treffen. Sie werden - neben weiteren wichtigen Themen wie der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, der EU-Erweiterung und dem Kampf gegen den Terrorismus - einen ersten wichtigen Schritt zur Umsetzung der Erklärung von Nizza zur Zukunft der Europäischen Union machen. Schon da, Herr Kethorn, bin ich dicht an der Beantwortung Ihrer Frage: Wie ist es eigentlich mit der Kompetenzverteilung in der Europäischen Union?
Lassen Sie mich aber, bevor ich zur Beantwortung komme, noch eines sagen: Die inhaltliche Begleitung dessen, was in Laaken beschlossen wird, wird Sie alle und auch mich in den kommenden Monaten, vermutlich Jahren - bis 2003; 2004 ist die Regierungskonferenz -, sehr beschäftigen. Von daher werden wir in dem zuständigen Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten - wie Sie wissen, bin ich immer sehr bereit, Sie dort ohne oder mit Einladung zu besuchen - manche für dieses Land, aber auch für Europa wichtige Debatte führen. Ich habe nur die Bitte, dass man dann, wenn ich im Ausschuss bin und über den Stand der Kompetenzneuordnung in Europa referiere, zumindest anwesend ist und auch zuhört oder, wenn das nicht der Fall ist, ersatzweise das Protokoll liest.
Denn zu diesem Thema, Herr Kethorn, habe ich bereits berichtet. Wenn Sie wollen, lasse ich Ihnen das Protokoll heraussuchen, damit Sie das nachlesen können.
Zum 1. Juli dieses Jahres haben wir in Niedersachsen den Vorsitz in der Europaministerkonferenz übernommen. Wir haben bereits zwei Europaministerkonferenzen in unserem Land abgehalten, die beide - unabhängig von der politischen Couleur der Ministerinnen und Minister - als großer Erfolg gewertet wurden. In der letzten haben wir einen ersten Orientierungsrahmen zur Kompetenzabgrenzung in Europa verabschiedet, Herr Kethorn, die europaweit große Anerkennung gefunden hat. Was ich bedaure, ist, dass Sie, Herr Kethorn, sie nicht zur Kenntnis genommen haben.
aber bald abgeschlossen - und daneben die Erweiterung der Europäischen Union. Ich bin Beauftragter des Bundesrates für die Erweiterung und vertrete mit meinem Kollegen aus Sachsen die Interessen aller deutschen Länder, selbstverständlich auch die Interessen Niedersachsens, für dieses Kapitel in Brüssel.
Niedersachsen sieht - auch darin gibt es überhaupt keine Unterschiede zwischen den deutschen Ländern - überhaupt keine Alternative zur Erweiterung der Europäischen Union. Wir sind uns dort alle einig. In diesem Hause - das darf ich, glaube ich, sagen - sind wir uns bei diesem Punkt doch auch einig. Es gibt da keinen Dissens. Deshalb lassen Sie uns bitte auch nicht mutwillig, nur weil wir irgendwann im Laufe des nächsten Jahres eine Landtagswahl haben, Dissense aufbauen, die in Wirklichkeit nicht vorhanden sind. Denn das Thema ist zu wichtig, als dass wir es in die kleinkarierte politische Münze ziehen. Es geht um Frieden und Wohlstand auf diesem Kontinent.
Es geht nicht darum, sich in diesem Niedersächsischen Landtag zu zanken. Es geht selbstverständlich auch darum, im Wettbewerb mit anderen europäischen Regionen unsere eigenen Standortvorteile und unsere Chancen zu nutzen. Ein Wettbewerbsvorteil kann sein, wenn wir an den Finanzmitteln der Europäischen Union so stark wie möglich partizipieren. Ich darf Ihnen sagen, dass die Verhandlungen darüber laufen, dass es drunter und drüber geht, dass selbstverständlich jeder versucht, seine Interessen durchzusetzen. Das ist legitim und in Ordnung. Wir achten darauf, dass wir in Brüssel bei dieser Neuordnung der Strukturfonds und allem, was da ansteht, nichts verlieren, was wir nicht mindestens von Berlin zurückbekommen. Wir achten also darauf, dass es unter dem Strich, was die Neuordnung angeht, zu keiner Verschlechterung kommt.
Neben dem Wettbewerb um das meiste Geld, den ich gerade genannt habe, geht es aber auch darum - das ist die andere Seite der Medaille -, Europa bei den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes - - Herr Präsident, kann ich einen Schluck Wasser bekommen? - Danke, da ist es.