Protocol of the Session on December 12, 2001

Letztlich muss man aber in dieser Debatte in Anlehnung an Klaus Lage den Eindruck gewinnen: Tausendmal beraten und nichts gelernt.

(Frau Pruin [CDU]: Ihr habt viel be- schlossen und nichts erreicht!)

Insofern, meine Damen und Herren, Frau Pruin, kann ich Ihnen, jedenfalls für mich, sagen: In den Beratungen ist deutlich geworden, dass das gewählte Verfahren zur Ausweisung der Schutzgebiete genau der richtige Weg war. Wir sind heute in der Lage, zu sagen, wir haben Planungssicherheit auch und gerade im Hinblick auf die faktischen Vogelschutzgebiete hergestellt. Vor allem dieser Punkt sollte Herrn Behr gerade im Zusammenhang mit der A 26 durchaus auch am Herzen liegen.

(Frau Pruin [CDU]: Das liegt ihm auch am Herzen!)

Wir haben mehr Rechtssicherheit hergestellt, auch was die faktischen Vogelschutzgebiete angeht, mehr Rechtssicherheit im Hinblick auf mögliche EU-Vertragsverletzungsverfahren.

Ich möchte auf zwei Punkte dieser Anträge vertiefend eingehen. Die CDU-Fraktion stellt fest, dass die Ausweisung von FFH-Vogelschutzgebieten langfristig gesichert werden muss. Heute müssen wir die dafür erforderlichen Mittel bereits haushaltsmäßig unterlegen. Beziffern kann die CDUFraktion diese Mittel offensichtlich nicht. Zahlen habe ich jedenfalls nicht gehört. Eines ist auch klar: Die langfristige Sicherstellung bzw. Bereitstellung dieser Haushaltsmittel würde mit Haushaltsrecht kollidieren.

(Frau Pruin [CDU]: Auch die SPD- Bürgermeister fordern das im Rhei- derland!)

Wenn wir das heute täten, dann würden in etwa drei Monaten die Haushaltsexperten aufstehen und uns riesige Vorwürfe machen, welchen Umgang wir mit dem Haushaltsrecht pflegen. Ich bin der Meinung, dass das der falsche Weg wäre.

Meine Damen und Herren, die Sicherungskonzepte sind auch so ein Thema. Ich frage mich, was denn wohl passieren würde, wenn das Land heute Sicherungskonzepte ganz präzise benennen würde,

(Frau Pruin [CDU]: Erzählt das euren Genossen vor Ort!)

was denn beispielsweise genau die Genossen vor Ort, aber auch Ihre Parteifreunde vor Ort wohl sagen würden, wenn das Land jetzt hoheitlichen Schutz anbieten würde.

(Frau Pruin [CDU]: Die SPD-Bürger- meister im Rheiderland!)

Meine Damen und Herren, der Kollege Behr hat heute Geburtstag. Er hat am 14. März bei der Einbringung eines Antrages zu seinem eigenen Antrag erklärt, dass dieser Antrag eigentlich obsolet sei. Ich kann mich für meine Fraktion dieser Auffassung auch im Hinblick auf die anderen Anträge nur anschließen. Sie sind zum heutigen Zeitpunkt obsolet. Deshalb werden wir sie hier heute ablehnen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Dr. Stumpf hat jetzt das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dehde, ich möchte gleich einen Satz von Ihnen aufgreifen: Tausendmal beraten und nichts gelernt. Genau das möchte ich an Sie zurückgeben.

Die Problematik, die ich anspreche, ist im Ausschuss oftmals angesprochen worden. Sie ist von der Beamtenschaft aus der Landesregierung zwar kommentierend abgewiegelt worden, aber wir wissen, dass das, was die Beamten aus dem Naturschutzbereich im Ausschuss erklären, nicht immer ganz zuverlässig ist und wiederholt vom Minister zurückgenommen werden muss.

(Beifall bei der CDU - Busemann [CDU]: Das sind die Montagsmaler!)

Herr Minister, ich möchte nichts behaupten, aber ich möchte Sie bitten, noch einmal deutlich zu erklären, was wir im Ausschuss immer wieder gehört haben. Ich meine die Erhaltungsziele zur EU-Vogelschutzrichtlinie. Wie Sie wissen, ist die

EU-Vogelschutzrichtlinie in einem Kartenwerk dargestellt, das durch einen textlichen Beitrag mit dem Titel „Aktualisierung der Gebietsvorschläge gemäß der EU-Vogelschutzrichtlinie in Niedersachsen“ ergänzt wird. Darin sind Erhaltungsziele genannt, mit denen Maßstäbe gesetzt werden, die man zur Beurteilung der Erheblichkeit denkbarer Beeinträchtigungen im Rahmen der Durchführung von Verträglichkeitsprüfungen gemäß § 19 Naturschutzgesetz heranziehen kann.

Um genau diese Erhaltungsziele geht es. Genannt sind u. a. der Erhalt und die Entwicklung großflächiger Schilfröhrichte am Beispiel der Weserinsel/Unterweser; das ist der Bereich Aschwarden. In diesem Zusammenhang werden u. a. die Förderung extensiver Grünlandbewirtschaftung ohne weiteren Grünlandumbruch sowie das Zulassen natürlicher Wasserstände genannt, d. h. Aufheben der Sieltore und Zulassen von Ebbe und Flut im jetzt bewirtschafteten Flächenbereich. Genau das wollen die betroffenen Bürgerinnen und Bürger vor Ort nicht. Sie jedoch nehmen diese Zielvorstellungen in Ihre Erhaltungsziele auf.

Nach Reklamationen der Bürger vor Ort treten Mitglieder der Landesregierung dort auf und erklären, das alles stehe nur auf dem Papier, und in Wirklichkeit wolle man das gar nicht. Ich möchte heute gerne von Ihnen hören, dass Sie genau diese Erhaltungsziele nicht umsetzen wollen und dass Sie die nachgeordneten Behörden, die letztlich für die Umsetzung zuständig sind, auffordern werden, genau diese Erhaltungsziele nicht umzusetzen, und zwar nicht nur bei V 27 - Unterweser -, sondern auch in anderen Bereichen, wo es in ähnlicher Weise eklatante Nachteile für die Bevölkerung gibt.

Herr Minister, wenn Sie das heute erklären, dann nehmen wir Ihnen auch ab, dass es so sein wird. Wenn Sie es nicht erklären, wissen wir, was wir den Menschen vor Ort über Ihre Politik sagen müssen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Nun möchte Herr Minister Jüttner sich erklären.

(Inselmann [SPD]: Er will aufklären! Das ist besser!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wäre ganz schön, wenn Herr Stumpf das, was wir machen und für richtig halten, draußen allen erklären würde. Das könnte dazu beitragen, dass unsere Mehrheit noch größer wird. Ich bin mir nur nicht ganz sicher, ob Herr Stumpf ein guter Kommunikator dessen ist, was wir für richtig halten. Das könnte als Rohrkrepierer enden. Deshalb machen wir das auch in Zukunft lieber selbst.

Was wir hier verhandeln, ist nicht das Hornberger Schießen, Frau Kollegin Steiner, sondern der geregelte Gang der Dinge. Das Problem besteht darin, dass Teile des Landtages mit dem Gang der Dinge nicht klar kommen, obwohl die Fachbeamten es eingehend erläutert haben. Auch das letzte Beispiel, das Herr Stumpf genannt hat, ist Ihnen im Ausschuss von den zuständigen Beamten im Detail erläutert worden. Vor diesem Hintergrund ist es unangemessen, das an dieser Stelle noch einmal anzuführen.

Wir sind in der Pflicht, eine europäische Richtlinie umzusetzen, und haben dies nach einem intensiven Diskussionsprozess umfassend gemacht. Frau Steiner hat fairerweise eingeräumt, dass unsere Ausgangsüberlegungen durch das Verfahren konkretisiert und relativiert worden sind. Alle in das Verfahren von Dritten eingebrachten Vorschläge sind sorgfältig geprüft und abgewogen worden. Einige sind aufgenommen worden, andere sind verworfen worden.

Wir verfügen heute über ein umfangreiches Netz, das Niedersachsen für das Programm „Natura 2000“ zur Verfügung stellt. Dabei handelt es sich um die FFH-Flächen und um die Vogelschutzgebiete, die zusammen deutlich mehr als 10 % der niedersächsischen Flächen ausmachen. Wir erfüllen damit die Voraussetzungen der europäischen Richtlinie und haben nichts nachzuarbeiten, haben uns aber auch nirgends zu entschuldigen, nur weil wir solide unsere Arbeit gemacht haben. Dafür lassen wir uns von Ihnen nicht kritisieren. Wir sind stolz auf das, was wir in diesem Bereich gemacht haben.

(Zustimmung bei der SPD)

Hätten wir diese Arbeit nicht gemacht, wären wir in das offene Messer des deutschen und europäischen Rechts gelaufen, hätten wir vier faktische Vogelschutzgebiete - diese Kategorie gibt es nicht gemeldet hätten. Das hätte zur Konsequenz

gehabt, dass nach Abwägung keine Veränderungen mehr vorgenommen werden dürften.

Das ist im Übrigen auch das Thema bei der A 26, Herr Behr. Sie wissen es; wir haben es Ihnen oft genug gesagt. Gleichwohl erwecken Sie den Eindruck, als würden wir mit unserer naturschutzfachlichen Arbeit notwendige und unstrittige Investitionen verhindern. Ich sage Ihnen in aller Deutlichkeit, dass das nicht der Fall ist. Erst die Meldung macht den Abwägungsprozess möglich.

Für diese Logik bin nicht ich verantwortlich, aber sie bietet die einzige Chance, den Spielraum politisch auszunutzen, den wir brauchen. Mit der Erklärung sind die Chancen eines innerhalb des Landes erfolgenden Abwägungsprozesses überhaupt erst gegeben. Das ist Ihnen aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zur A 20 bekannt.

Damit komme ich zur Frage der Erhaltungsziele, Herr Stumpf. In den grafischen Darstellungen sind grob formulierte Erhaltungsziele aufgeführt, wobei sich nicht alle Bindestriche auf jedes darin genannte Gebiet beziehen. Das ist Ihnen erläutert worden. Die Details gehen aus den abgegebenen Standarddatenbögen hervor. Bei dem, was wir derzeit machen, handelt es sich um eine Konkretisierung dieser Erhaltungsziele.

Auch das, was Sie in Bezug auf die 50 % angeführt haben, die Herr Schmalz Ihnen genannt hat, kann ich Ihnen erläutern. Herr Schmalz hat auf Ihre Frage, was wir dort bräuchten, geantwortet, nach seiner vorläufigen Einschätzung dürften auf 50 % der Flächen im Natura-Gebiet Einschränkungen entweder durch Verordnungen oder durch Verträge, die abgeschlossen werden, notwendig werden. Daraus resultieren Rechtsansprüche auf Finanzierung. Nach seiner Einschätzung sind 50 % der Flächen frei davon und werden gar keinen Finanzierungsbedarf auslösen. Insofern finde ich das ganz ordentlich.

Ich will Ihnen Folgendes sagen, Frau Steiner. Die Vorstellung, dass man einfach Geld dorthin gibt, nur weil eine Fläche im Natura-Gebiet liegt, vermag ich nicht nachzuvollziehen. Vielleicht kann Frau Höhn es sich finanziell erlauben.

(Zuruf von der CDU: Nein!)

Wir könnten es uns schon deshalb nicht erlauben, weil es uns der Landesrechnungshof aus der Hand schlagen würde,

(Frau Steiner [GRÜNE]: So hat Frau Höhn das auch nicht gemacht! Das ist eine plumpe Vereinfachung!)

da die Finanzierung von Gebieten, ohne dass dort eine Einschränkung der Nutzung vorgenommen würde, mit den Richtlinien der Landeshaushaltsordnung zur Finanzierung nicht vereinbar ist. Ich werfe kein Geld aus dem Fenster hinaus. Das gibt es nicht.

Die Landwirte in Niedersachsen, d. h. die Bodennutzer, haben über Erschwernisausgleich und Verträge Anspruch auf Geld des Landes. Für Geschenke ist kein Geld vorhanden. Ich muss Ihnen einmal in aller Deutlichkeit sagen, dass ich diese Art von Naturschutzpolitik nicht verstehe.

(Frau Steiner [GRÜNE]: Ja, dann müssen Sie sich das einmal angu- cken!)

Wir entwickeln unsere Erhaltungsziele im Detail über die gesamte Fläche. Daraus werden wir die notwendigen Programme entwickeln.

Wenn Sie Ihre Post durchsehen, werden Sie feststellen, dass wir Ihnen mit Datum vom 24. September eine Vorlage zur Verfügung gestellt haben, in der genau aufgeführt ist, was für die Natura2000-Flächen zusätzlich zur Verfügung gestellt wird. Wir brauchen zusätzlich 14,6 Millionen DM, die in den nächsten Jahren über die verschiedenen Förderprogramme ganz gezielt für die Gebietskulisse „Natura 2000“ bereitstehen werden. Wir sind der festen Überzeugung, dass wir damit alle Erschwernisse und alle Interventionen aufgrund naturschutzfachlicher Auflagen hinreichend mit Geld unterfüttern können.

Deshalb bin ich der festen Überzeugung: Ob Vogelschutzgebiet oder FFH, wir haben hier unsere Arbeit sauber gemacht. Einschränkungen werden mit Landesmitteln finanziert. Vor diesem Hintergrund wird es Ihnen auf Dauer nicht helfen, hier Emotionen zu wecken. Die Sache spricht für sich. Ihre Attacken laufen ins Leere. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Dr. Stumpf hat noch einmal das Wort.

(Inselmann [SPD]: Das hat schon im Ausschuss nichts gebracht! Das bringt auch jetzt nichts mehr!)

Das bringt schon was. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister, Sie hätten es wesentlich kürzer machen können. Dann hätte auch ich jetzt nicht mehr reden müssen. Sie sollten nicht um den heißen Brei herumreden, sondern klipp und klar sagen, dass das, was Sie vor Ort bezüglich der Erhaltungsziele - z. B. V 27 Unterweser, Aschwaden - verkünden bzw. verkünden lassen, später umgesetzt werden soll.