Sozialer Schutz von Erbpachtnehmern; hier: insbesondere Anpassung von auslaufenden Erbpachtverträgen der Klosterkammer Niedersachsen
Nach In-Kraft-Treten der Verordnung über das Erbbaurecht vom 15. Januar 1919 hat die Klosterkammer begonnen, Grundstücke nach sozialen Kriterien zu verpachten, und zwar nur für 80 Jahre, obwohl 99 Jahre möglich gewesen wären.
Zwischenzeitlich stehen nach Auslaufen der Altverträge die Anpassungen an, wobei die Klosterkammer offensichtlich beabsichtigt, für
die Neuberechnung die jeweils von den Katasterbehörden festgelegten Bodenrichtwerte zugrunde zu legen.
Allein die Absicht, diese bei mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücken anzuwenden, kann nach Einschätzung von Fachleuten nicht richtig sein und sollte sich mit Blick auf den sozialen Schutz der Erbbauberechtigten verbieten, da z. B. im Gesetz zur Regelung der Miethöhe und im BGB der soziale Schutz von Mietern - im Gegensatz zu Erbpachtnehmern - umfassend geregelt ist.
Bei Erlass der Verordnung über das Erbbaurecht im Jahre 1919 ging der Gesetzgeber davon aus, dass sich die Bodenwerte nicht wesentlich verändern würden, zumal die Preisstopp-Bestimmungen quasi auf staatlichem Wege die Bodenpreise einfroren. Nach Freigabe der Bodenpreise - bedingt durch unsere freiheitlich-marktwirtschaftliche Wirtschaftsordnung - traten zum Teil erhebliche Steigerungen der Bodenpreise ein.
Mit der Ergänzung der Erbbaurechtsverordnung um § 9 a vom 8. Januar 1974 sollten sozial (Wohnzwecke) unerwünschte Belastungen der Erbbauberechtigten durch Anpassungsklauseln entsprechend dem Lebenshaltungskostenindex eingedämmt werden, was auch gelang.
Für den Fall des Erlöschens des Erbbaurechts durch Zeitablauf hat der Gesetzgeber jedoch nichts unternommen, um hohe soziale Belastungen der Erbpachtnehmer einzudämmen.
Dieses führt in Verbindung mit der von der Klosterkammer einzuhaltenden Landeshaushaltsordnung (obwohl es sich nicht um Lan- des- sondern um Stiftungsvermögen handelt)
dazu, dass für die in der Regel größeren Altbaugrundstücke, die häufig wegen der Gebäudelage nicht getrennt oder zusätzlich bebaut werden können, Pachtsätze von 10 000 bis 15 000 DM pro Jahr gezahlt werden sollen.
Die verzweifelte Situation etlicher Erbpachtnehmer, die nicht wissen, ob sie ab Neujahr 2002 noch in ihren Häusern wohnen können, lässt mich die Landesregierung fragen:
1. Ist sie bereit, über eine Bundesratsinitiative auf eine Ergänzung der Erbbaurechtsverordnung in § 9 a sowie § 564 BGB hinzuwirken, um die festgestellte Lücke zum Nachteil von Erbbauberechtigten im Falle der Vertragsbeendigung durch Zeitablauf auszufüllen? Wenn ja: wann kann damit gerechnet werden?
2. Ist sie bereit, die Bindung der Klosterkammer an die niedersächsische Haushaltsordnung bei Anpassung auslaufender Erbpachtverträge zu lockern, damit diese sozial verträgliche Anschlussverträge abschließen kann, wobei ein erster Schritt die Anwendung des Ersten Spiegelstriches unter 5.4.3 der Richtlinien vom 14. Juni 1978 (4 statt 5 %) sein könnte?
3. Ist sie bereit, der Klosterkammer die rechtlichen Möglichkeiten zu geben, um bei der Festsetzung des Erbpachtzinses zwischen Baulandfläche und Gartenlandfläche unterscheiden zu können, wie es die Stadt Frankfurt/Main durch Magistratsbeschluss vom 20. Januar 1997 und weitere Kommunen vorgemacht haben?
Der Allgemeine Hannoversche Klosterfonds (AHK) ist eine Stiftung des öffentlichen Rechts, deren Vermögen allein von der hierzu bestellten Klosterkammer Hannover verwaltet wird (§ 79 Abs. 1 und 2 des Landesverfassungsgesetzes für das Königreich Hannover vom 6. August 1840). Das Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) übt über die Klosterkammer als Stiftungsverwaltung eine Rechtsaufsicht aus; deshalb besteht zum Einschreiten durch Weisung nur Anlass und Möglichkeit, wenn Verstöße gegen die Rechtsordnung oder gegen die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit oder Ordnungsmäßigkeit der Verwaltung bekannt werden.
Die Stiftung hat ihren Grundbesitz innerhalb der gesetzlich bestimmten Grenzen ausschließlich nach eigenen Interessengesichtspunkten zu bewirtschaften und hat dabei zur Wahrung der nachhaltigen Ertragskraft für die zweckmäßige Erhaltung der Vermögenssubstanz zu sorgen. Hierauf
hatte der Niedersächsische Staatsgerichtshof im Urteil vom 13. Juli 1972 (Nds. MBl. S. 1101 ff) ausdrücklich hingewiesen. Soweit gesetzliche Bestimmungen nicht verletzt werden, können Maßnahmen der Stiftungsverwaltung nicht beanstandet werden. Vielmehr sind Stiftungsverwaltung und Stiftungsaufsicht aufgerufen, primär das Stiftungsvermögen zu erhalten und so einzusetzen, dass ein möglichst hoher Ertrag nachhaltig erzielt werden kann. Eine andere Auffassung würde Aufgaben, Umfang und Grenzen der Stiftungsaufsicht verkennen.
Zu 1: Einer Bundesratsinitiative bedarf es nicht, da entgegen der in der Anfrage vertretenen Behauptung keine „Lücke“ vorliegt. Bei einem Erbbaurecht handelt es sich um ein zeitlich befristetes Recht. Es besteht die Möglichkeit, dass der Erbbaurechtsvertrag erneuert wird. Für den Fall der Nichterneuerung sieht die Erbbaurechtsverordnung die Entschädigung des Erbbauberechtigten vor.
Zu 2: Eine Lockerung der haushaltsrechtlichen Bestimmungen wird nicht zu dem von der Fragestellerin anvisierten Ziel führen können.
Die von der Klosterkammer verwalteten Stiftungen bilden eigenständige Sondervermögen zur Erfüllung bestimmter Stiftungszwecke. Als Stiftungsorgan hat die Klosterkammer nicht nur das Recht, sondern die Pflicht, das ihr anvertraute Vermögen zu wahren und zur Erfüllung der Stiftungszwecke zu vermehren. Stiftungsrechtlich wäre eine Verpflichtung der Klosterkammer, bei der Vergabe von Erbbaurechten von der Verzinsung zum vollen Verkehrswert abzuweichen und damit zum Nachteil der Stiftungen, aber zugunsten einzelner Erbbaurechtsnehmer zu handeln, nicht zulässig.
Zu 3: Die Differenzierung zwischen Bau- und Gartenland ist entbehrlich. Soweit hinter einem Gebäude eine große, nicht als Bauland nutzbare Gartenfläche vorhanden ist, ist sie nicht als vollwertiges Bauland zu veranschlagen. Diese Tatsache ist bei der Ermittlung des Grundstückswertes zu beachten, und zwar wenn nötig in einem Einzelgutachten über den Grundstückswert. Einer Rechtsänderung bedarf es damit nicht.