Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der Vorlage dieses Entwurfs eines Niedersächsischen Mediengesetzes kommt die Landesregierung der Notwendigkeit nach, das Landesrundfunkgesetz systematisch zu überarbeiten und gleichzeitig auch an eine Neuformulierung des Niedersächsischen Mediengesetzes zu denken.
Im Mittelpunkt dieses Gesetzentwurfs steht, wie der Ministerpräsident zu Recht ausgeführt hat, die Einführung des Regelbetriebs der Bürgermedien. Hierüber ist in der letzten Zeit sehr intensiv öffentlich und informell diskutiert worden, was auch daran deutlich wird, dass jede Fraktion in diesem Hohen Hause einen eigenen Entschließungsantrag eingebracht hat, in dem jeweils die politischen Grundüberlegungen und Überzeugungen deutlich geworden sind.
Aufgrund der Kürze der mir zur Verfügung stehenden Zeit ist es mir leider nicht möglich, alle bisher in unserer Fraktion andiskutierten Pro- und Kontraargumente darzulegen, sodass ich mich auf wesentliche Gesichtspunkte beschränke. Ich hoffe, das aus unserer Sicht Relevante darzustellen.
Erstens. Die Ergebnisse der Begleituntersuchung bei den Projekten des Bürgerrundfunks haben zweifelsfrei ergeben, dass es in der Praxis zwischen den Modellprojekten der Offenen Kanäle
und des nichtkommerziellen Lokalfunks eine faktische Annäherung gegeben hat, sodass eine Konvergenz, wie im Gesetzentwurf vorgesehen, angebracht erscheint. Außerdem wird es bei einem entsprechenden Vorgehen möglich sein, Elemente des Veranstalterfunks - Stichwort: Senderverantwortung - und der Zugangsoffenheit - Stichwort: Produzentenverantwortung - zusammenzufassen und zu integrieren.
Zweitens ist für die Union die Sicherstellung der Zugangsoffenheit bei jedem Sender ein unbedingtes Muss, um der Mediengesetznovelle der Landesregierung zustimmen zu können; stellt diese Forderung doch eine wesentliche Voraussetzung dafür dar, die programmliche Vielfalt der Bürgermedien zu sichern und ihre regionale Verankerung zu fördern. Auch diese Forderung wird aus unserer Sicht zureichend erfüllt.
Drittens muss es zu den profilgebenden Charakteristika der Bürgermedien gehören, die Medienkompetenz der interessierten Bürgerinnen und Bürger bzw. der Nutzer dieser Medien zu fördern und die kritische Auseinandersetzung mit dem Phänomen der Medienproduktion bzw. der Medienrezeption zu einer Hauptaufgabe dieser gesellschaftlichen Einrichtung zu machen. Zudem soll der Bürgerrundfunk eine lokale publizistische Ergänzung bieten. Beide Aspekte gehören aus unserer Sicht zu den politischen Eckpunkten dieses Gesetzentwurfs.
Viertens. Konstitutives Element der Bürgermedien muss zudem nach den Vorstellungen der Union das Prinzip der Nichtkommerzialität sein. Deshalb ist es unabdingbar, dass für den Regelbetrieb der Bürgermedien das Gebot der Werbe- und Sponsoringfreiheit gelten muss, was ebenfalls in diesem Gesetzentwurf vorgesehen ist.
Fünftens. Die Finanzierung der Bürgermedien - ein besonderer Problempunkt in der bisherigen Diskussion - soll unseres Erachtens auch in Zukunft neben dem Finanzaufkommen der Veranstalter aus dem Zwei-Prozent-Anteil der Rundfunkgebühren erfolgen. Selbstverständlich soll es auch möglich sein, Spenden als Finanzierungsmittel mit heranzuziehen, wobei aber sichergestellt sein muss, dass nicht verdeckte Formen des Sponsorings vorliegen. Bei eventuellen Unterstützungen durch Institutionen und Kommunen müsste strengstens darauf
Sechstens. Wir von der Union treten für das Prinzip der Beteiligungsoffenheit an den Bürgermedien ein. Das heißt mit anderen Worten, dass sich an den Trägergesellschaften des Bürgerfunks z. B. Kommunen, Zeitungsverleger und andere Institutionen durchaus beteiligen können, aber, Frau Harms, keinen beherrschenden Einfluss auf die Projekte der Bürgermedien erlangen dürfen.
Dem Vernehmen nach soll dies, insbesondere was die Verleger angeht, so von der Versammlung der Niedersächsischen Landesmedienanstalt nicht gesehen werden, was unserer Meinung nach das Prinzip der Beteiligungsoffenheit auf unzulässige Weise beeinträchtigen würde.
Neben diesen Aspekten, die eine medienpolitische Kongruenz zwischen dem vorliegenden Gesetzentwurf und unseren diesbezüglichen Vorstellungen verdeutlichen, gibt es auch einige Wünsche, Hinweise respektive Vorschläge, die noch Diskussionsbedarf unsererseits signalisieren. So können wir uns erstens zwar sehr wohl mit dem neuen Vorschlag anfreunden, die Lizenzdauer für den Bürgerrundfunk auf sieben Jahre festzulegen. Bei den privaten Hörfunkveranstaltern hätten wir hingegen zehn Jahre präferiert. Wir werten diese Neuregelung bei den Bürgermedien auch als Zeichen dafür, dass man unserer Argumentation in Punkt 10 unseres Entschließungsantrages zumindest tendenziell gefolgt ist. Wir möchten damit aber zugleich die Überlegung bzw. den Wunsch und die Forderung verbinden, dass sich erfolgreiche private Hörfunkveranstalter in Zukunft, wie dies in anderen Bundesländern ebenfalls üblich ist, nicht ständig neu um ihre Lizenz bewerben müssen, und eine genauere Regelung in den Gesetzentwurf aufgenommen wird, die verdeutlicht, dass, bevor das erneute Ausschreibungsverfahren beginnt, die NLM-Versammlung über eine Verlängerung der Zulassung bei den privaten Hörfunkveranstaltern ohne Ausschreibung für weitere sieben Jahre und bei den Bürgermedien um fünf Jahre entscheiden kann, wie dies im Gesetzentwurf vorgeschlagen wird.
stalter wie z. B. NDR 2, NDR 4 und Deutschlandradio nicht genutzte Sendezeiten in den Offenen Kanälen und den NKL’s gefüllt. Das führte in einem Fall z. B. dazu, dass über einen NKL-Sender im Norden unseres Bundeslandes sieben Stunden lang zur besten Tageszeit NDR 2 inklusive Werbung zu hören war.
Deshalb geben wir zu überlegen, ob es nicht sachdienlicher wäre, wenn die Veranstalter von Bürgerrundfunk ihre Sendezeit selbst füllen oder ein gemeinsames Rahmenprogramm erstellen würden.
Drittens schlagen wir generell vor, dass entweder die Niedersächsische Landesmedienanstalt oder die Staatskanzlei ein unabhängiges Institut mit einem so genannten Frequenzgutachten beauftragen, um möglichst große Transparenz in das Vorhandensein und die Vergabe von Frequenzen zu bringen. Hier liegt einiges im Dunkeln, sodass es angebracht erscheint, gerade auch im Interesse der Betroffenen und auch der politischen Entscheidungsträger diese Strukturen durchsichtiger werden zu lassen.
Viertens. In § 3 Abs. 7 ist ein Letztentscheidungsrecht der Staatskanzlei bei der Zuordnung von Übertragungskapazitäten vorgesehen. Dieses erscheint unserer Auffassung nach verfassungsrechtlich bedenklich, da dadurch mittelbare Einflüsse auf die Rundfunklandschaft entstehen könnten, die dem Gebot der Staatsferne substanziell widersprechen würden.
Fünftens wäre zu überlegen, die Pflicht der privaten Hörfunkveranstalter zur täglichen regionalen Auseinanderschaltung zu lockern.
Das waren bisher 15 Minuten und wöchentlich mindestens 75 Minuten, Kollege Reckmann. Sollte damit kein Arbeitsplatzabbau verbunden sein - ich betone dies ausdrücklich -, bestünde unseres Erachtens eine Alternative darin, die täglichen Mindestzeiten wegfallen zu lassen und stattdessen vorzuschreiben, dass das Programm pro Woche insgesamt 90 Minuten in die Regionen auseinander geschaltet werden muss.
Sechstens möchten wir eine Forderung des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Wolfgang Clement (SPD) aufgreifen und anregen, dass wir
uns zu gegebener Zeit mit der gebotenen Sachlichkeit über die neue Zusammensetzung der NLMVersammlung politisch unterhalten. Auf der einen Seite besteht zwischen den Bundesländern und den Landesmedienanstalten Einigkeit darüber, die überregionale Medienaufsicht zu reformieren und zu einer Konzentration der Kontrollorgane zu kommen. Auf der anderen Seite sind uns aber Wünsche z. B. der Kirchen, des Landesverbandes Bürgermedien sowie der kommunalen Spitzenverbände unseres Bundeslandes bekannt, das Entsendungsrecht neu zu regeln. Hier besteht unserer Meinung nach Diskussionsbedarf, den wir nicht unterdrücken sollten.
Vor dem Hintergrund dieser Argumente, meine Damen und Herren, die sowohl das Pro als zum Teil auch das Contra hinsichtlich der vorgeschlagenen Regelungen für den Bürgerrundfunk und darüber hinaus der öffentlich-rechtlichen und der privaten Rundfunkveranstalter betreffen, aber auch im Hinblick auf die Tatsache, dass die von der Union politisch immer wieder geforderte Ausweitung der Liberalisierung bei den Zulassungskriterien in diesem Gesetzentwurf ihren Niederschlag gefunden hat, müsste es aus unserer Sicht möglich sein - zumindest ist dies unser politischer Wunsch -, letztendlich zu Regelungen zu kommen, die eine fraktionsübergreifende Zustimmung ermöglichen. Bei einigermaßen gutem Willen auf allen Seiten müsste dies unserer Meinung nach durchaus erreichbar sein. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, ich bin Ihnen dankbar für diesen Gesetzentwurf. Er ist hervorragend, und ich bin sicher, dass wir ihn später hier im Parlament auch weitestgehend so beschließen werden. Ich habe wenig Verständnis für die vorgebrachte Kritik; denn meiner Meinung nach sollte auch die Opposition die wesentlichen Teile des Gesetzentwurfs loben. Gerade mit Blick auf den Bürgerrundfunk ist der Gesetzentwurf hervorragend.
Er wird uns in Deutschland ganz vorn ansiedeln; denn es gibt kein einziges Bundesland, sehr geehrte Frau Kollegin Harms, das solche Rechte für die Bürgermedien gesetzlich verankert und solche Summen zur Verfügung stellt, wie es die Niedersächsische Landesmedienanstalt bisher getan hat. Ich bin sicher, dass sie dies auch weiterhin tun wird.
Herr Kollege Pörtner, nach dem vorliegenden Gesetzentwurf soll das Auseinanderschalten verbessert werden. Das heißt, den Rundfunkveranstaltern soll mehr Flexibilität eingeräumt werden. Bisher waren es 15 Minuten täglich. Werktags soll es auf zehn Minuten begrenzt werden. Die Wochenzeit von 75 Minuten wird aber erhalten bleiben, sodass die privaten Rundfunkveranstalter, die in Niedersachsen ein Vollprogramm veranstalten, die Flexibilität, die Sie fordern, schließlich auch erhalten.
Ein durch die NKL’s, die OK’s oder den Bürgerrundfunk selbst produziertes Rahmenprogramm hört sich gut an. Das würde aber bedeuten, dass wir auch entsprechende finanzielle Mittel zur Verfügung stellen. Ich glaube, dass wir das überhaupt nicht leisten können und dass der Bürgerrundfunk auch weiterhin darauf angewiesen sein wird, dass private Sender, die in Niedersachsen zugelassen und werbefrei sind - auch diesbezüglich haben wir im Gesetzentwurf Änderungen vorgesehen -, allein aus finanziellen Gründen auch weiterhin so betrieben werden müssen.
- Das geht dann ja auch nicht. Wenn es im Gesetzentwurf „werbefrei“ heißt, ist das schon nicht mehr möglich. Darüber werden wir aber im Ausschuss noch einmal genauer diskutieren.
Die von Frau Harms erhobene Forderung nach der Weiterentwicklung der Bürgermedien hin zu einer umfassenden Grundversorgung kann natürlich überall aufgestellt werden. Die Frage ist aber auch hier: Wie sollen wir das finanzieren? - Wenn man davon ausgeht, dass wir für die Bürgermedien weiterhin 8 Millionen DM zur Verfügung haben, dann besteht das Problem ganz einfach darin: Wenn wir höhere Anforderungen stellen, dann müssen wir auch entsprechende Mittel gewähren, um dort ausreichend viel Personal zu ermöglichen.
Das können wir aber nicht. Deshalb sind wir vorsichtig, wenn es darum geht, die inhaltlichen Anforderungen, die inhaltlichen Kriterien weiter zu erhöhen.
Die Frequenzvergabe, Frau Kollegin Harms, ist nicht undurchsichtig, sondern hier gibt es ganz feste Regeln. Es stimmt nicht, wenn Sie sagen, dass es keine Möglichkeit gebe, neue Projekte durchzuführen oder neue Veranstalter zu etablieren. Wir haben in Niedersachsen mehrere freie Frequenzen. Ich nenne nur einmal Hildesheim. Herr Kollege Buß ist hier. In Hildesheim gibt es eine freie Frequenz. Die dortigen Interessenten müssen sich überlegen, ob sie sich bewerben wollen, wenn eine Ausschreibung erfolgt. Auch Ihre Region Lüchow-Dannenberg verfügt über eine freie Frequenz. Auch dort würde theoretisch die Möglichkeit bestehen.
- Ja, natürlich: Theoretisch, weil die Landesmedienanstalt entsprechend dem Gesetz die Frequenzen ausschreiben muss. Die NLM muss nachher die Entscheidung treffen. Da haben auch Sie keine anderen Vorstellungen, weil das rechtlich so in Ordnung ist. Sie muss entscheiden, wer welche Frequenzen hinterher erhält. Auch im Raum Cuxhaven, Frau Kollegin Harms, sind wahrscheinlich noch freie Frequenzen vorhanden.
(Frau Harms [GRÜNE]: Wahrschein- lich! Wie werden die denn ermittelt? Wie werden diese Frequenzen ermit- telt und gesucht? Erläutern Sie das doch einmal nachvollziehbar!)
- Dafür gibt es ein festes Verfahren. Die Telekom wird beauftragt, auf Anfrage der Staatskanzlei hin bestimmte Frequenzen zu suchen. Die Telekom ist dann aufgefordert, diese Frequenzen mitzuteilen. Anschließend werden die Frequenzen vergeben. Wenn die Landesmedienanstalt beantragt, diese Frequenz zu bekommen, muss sie zugewiesen werden. Das heißt, auch dieses Verfahren ist rechtsstaatlich geregelt. Dort kann nichts unberücksichtigt geschehen, sondern das ist alles so in Ordnung. Ich werde ja sehen, ob LüchowDannenberg nachher Interesse bekundet, sich dort zu bewerben.
(Frau Harms [GRÜNE]: Ich bin nicht käuflich, Herr Reckmann! Ich würde das sehr begrüßen, aber meine Kritik lasse ich mir nicht abkaufen!)
Wenn Sie sagen, hier ist etwas verschleppt worden, dann ist das nicht in Ordnung. Die Staatskanzlei hat einen sehr guten Gesetzentwurf vorgelegt. Es ist aber klar: Wenn man das Ziel hat, einen guten Gesetzentwurf vorzulegen, dann muss man ihn auch entsprechend vorbereiten und erarbeiten.
Der Herr Kollege Nolting hat am 15. Dezember die positive Einstellung der SPD zu den Bürgermedien hier vorgetragen. Das war eine hervorragende Rede. Dem muss ich nichts hinzufügen. Ich möchte aber noch einmal erwähnen, dass wir durch die Bürgermedien bisher schon 150 Vollarbeitsplätze geschaffen haben, dass 160 Honorarplätze zur Verfügung stehen, dass dort Ausbildungsplätze im Bereich Mediengestalter geschaffen werden und dass fast 10 000 Bürgerinnen und Bürger des Landes Niedersachsen dort ehrenamtlich mitarbeiten.
Ich bin sehr froh, dass wir jetzt die Möglichkeit schaffen, die Bürgermedien in den Regelbetrieb zu übernehmen und dass wir bei der Nichtkommerzialität bleiben. Das heißt, dass wir dort keine Werbung zulassen, ist richtig. Dass wir die Möglichkeit nutzen, mit den Bürgermedien Medienkompetenz zu vermitteln, ist ein richtiger Ansatz. Positiv ist auch, dass wir wie bisher die Möglichkeit eröffnen, dass Zeitungsverleger und auch die Kommunen dort mitmachen. Es gibt gute Erfahrungen mit der Beteiligung von Zeitungsverlegern.