Protocol of the Session on March 15, 2001

einen Seite tatsächlich auch einen anderen Erfahrungshorizont für Schülerinnen und Schüler zu eröffnen und auf der anderen Seite den Jugendlichen tatsächlich die Möglichkeit für soziales Engagement zu geben und sie dafür auch langfristig zu gewinnen, ein gutes Stück näher kämen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Kollegin Eckel, Sie haben das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Die SPD-Fraktion unterstützt den von Frau Pothmer eingebrachten Antrag, und sie unterstützt ihn gern.

(Zustimmung bei den GRÜNEN – Wernstedt [SPD]: Totale Überra- schung bei den Grünen!)

Wer in den Medien die Berichte über den Sozialen Tag in Hamburg und Schleswig-Holstein verfolgt hat, wird beeindruckt gewesen sein von dem Engagement und der Tatkraft junger Menschen – Engagement und Tatkraft, mobilisiert für ein politisches Ziel, nämlich beizutragen zur Versöhnung der ethnischen Gruppen in Bosnien-Herzegowina und im Kosovo. Wir möchten, dass niedersächsische Schülerinnen und Schüler am nächsten Sozialen Tag teilnehmen können - freiwillig und in der Regie des Vereins „Schüler Helfen Leben“. Die Durchführung des Sozialen Tags in SchleswigHolstein und Hamburg hat eine Menge Vorarbeit verlangt. Wenn niedersächsische Schulen die Möglichkeit haben sollen, beim nächsten geplanten Sozialen Tag im Jahr 2002 teilzunehmen, müssen wir uns sputen. Das heißt: Eine zügige Beratung ist notwendig. Außer den rechtlichen Voraussetzungen und dem rechtzeitigen Rühren der Werbetrommel in Lehrerkollegien und bei den Schülerinnen und Schülern ist eine gut vorbereitete logistische Meisterleistung notwendig, bis jeder Jugendliche einen Tagesjob gefunden hat. Dies ist eine gewaltige Herausforderung für den Verein „Schüler Helfen Leben“ und braucht Zeit.

In der Presse wurde über den letzten Sozialen Tag z. B. unter den Überschriften „Arbeiten statt Unterricht“ oder „Maloche statt Pauke“ berichtet. Richtiger scheint mir die Bezeichnung zu sein, die die Schulbehörde Hamburg gefunden hat, nämlich:

Tag des Unterrichts in Projektform. - Das ist deshalb richtiger, weil dadurch der Zusammenhang des Projekts „Schüler Helfen Leben“ mit den Bildungszielen von Schule deutlich gemacht wird. Daraus ergibt sich auch die Rechtfertigung für den notwendigen Unterrichtsausfall. Der Anspruch, dass Schule einen Zusammenhang zur Lebenswirklichkeit herstellen muss, um Lebenserfahrung zu ermöglichen, und dass Schüler und Schülerinnen mit Elementen des Lebensernstes konfrontiert werden sollen, wird bei der Durchführung eines Sozialen Tages erfüllt. Öffnung von Schule in die Gesellschaft hinein kann in sehr unterschiedlicher Form realisiert werden. In diesem Fall geschieht es auf eine Weise, die die Selbständigkeit von jungen Menschen fördert, sie den Nutzen von gemeinnützigem Engagement erleben lässt, ihnen einerseits den Einsatz ihrer Fähigkeiten und Kompetenz ermöglicht und sie andererseits Fähigkeiten und Kompetenz erwerben lässt. Die Hauptsache ist, dass Jugendliche feststellen können: Durch Handeln, durch Tätigsein lässt sich etwas erreichen, etwas verändern. – Diese Art des Lernens ist nur in der Praxis, nicht im Unterricht möglich, kann sich aber durchaus positiv auf den Unterricht auswirken.

Lassen Sie mich zum Schluss noch auf eine weitere Auswirkung des Sozialen Tages im engeren Umfeld hinweisen. – Diese Aktion kann nur gelingen, wenn den Schülerinnen und Schülern geeignete Tagesjobs zur Verfügung gestellt werden geeignet auch in dem Sinne, dass notwendige Arbeiten erledigt werden. Betriebe, Verwaltungen und Privathaushalte sind also aufgerufen, ihren Teil beizutragen. Ich könnte mir vorstellen, dass in einer Gemeinde oder in einer Stadt eine besondere Atmosphäre von Solidarität für Schülerinnen und Schüler und durch sie für Menschen in Krisengebieten entstehen kann. Ich würde mir wünschen, dass beim ersten Sozialen Tag in Niedersachsen auch jede Abgeordnete und jeder Abgeordneter einen Arbeitsplatz zur Verfügung stellt; ich jedenfalls wäre gern dabei.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Frau Kollegin Vockert hat jetzt das Wort für bis zu zehn Minuten, in Worten: bis zu zehn Minuten.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann es kurz machen. Den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen, der auch von der SPD-Fraktion unterstützt wird, unterstützen wir ebenfalls; bei Aktionen von Jugendlichen für Jugendliche ist es nur sinnvoll, dass wir in diesem Haus Konsens herstellen.

Die Argumente sind genannt worden – darauf brauche ich im Grunde nicht mehr einzugehen -, nämlich dass sich die Jugendlichen entsprechend engagieren, dass hier tatsächlich gesagt wird: Es findet kein Egoismus statt.

Auch wir wollen, dass es zu diesem wohl ungewöhnlichstem Schultag in Niedersachsen im kommenden Jahr kommt. Frau Pothmer, vielleicht können wir uns im Ausschuss noch auf einen weiteren Punkt verständigen. Die Ministerin in Schleswig-Holstein hat es zugelassen, dass die Schülerinnen und Schüler, wenn sie ihren Schulabschluss gemacht haben und anschließend ein Freiwilliges Soziales Jahr ableisten wollen, dieses bei „Schüler Helfen Leben“ ableisten können. Ich fände es ganz toll, wenn auch wir in Niedersachsen es hinbekommen würden, dass ein Freiwilliges Soziales Jahr mit der entsprechenden Anerkennung auch bei „Schüler Helfen Leben“ geleistet werden könnte.

Frau Eckel, Sie haben gerade gesagt, wie beispielhaft sich auch Unternehmen einbringen können. In dem Zusammenhang kann ich nur sagen: Ich wünsche mir dann auch, dass sich die Bildungsministerin in Niedersachsen ein Beispiel daran nimmt, wie es in Schleswig-Holstein gelaufen ist, sodass am Sozialen Tag in Niedersachsen Schülerinnen und Schülern von der Bildungsministerin mit einem Stundenlohn von 150 DM dafür ausgezahlt wird, dass sie Schulleiter, Schulleiterinnen und Schulräte am PC entsprechend unterrichten.

Ich fand das beispielgebend. Vielleicht wird das auch beim Sozialen Tag in Niedersachsen Schule machen.

(Beifall bei der CDU - Frau Pawelski [CDU]: Jetzt glaubt der Präsident, dass seine Uhr nicht geht!)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Frau Ministerin Jürgens-Pieper, bitte schön! Ich hatte Sie übersehen.

(Heiterkeit)

Ich war so beeindruckt von der Kürze der Rede von Frau Vockert, dass ich Sie ganz vergessen habe. Bitte entschuldigen Sie das.

Ich versuche das jetzt in der gleichen Kürze.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Falls es einen Antrag des Vereins gibt, wird er bei uns auf Sympathie stoßen. Ich finde es gut, dass Sie das Thema aufgegriffen haben. Mein Amtsvorgänger hatte bereits im Jahr 1994 Schüler, die sich in der Regionalgruppe Osnabrück engagiert haben, mit dem Schülerfriedenspreis ausgezeichnet. Darüber hinaus wurde im Jahr 1995 eine Schülerin aus dem Umfeld des Vereins ausgezeichnet. Allen Presseberichten zufolge machen die Schüler das ausgezeichnet.

Es gibt aber noch ein paar Punkte anzusprechen. Ich machte mir vorhin Gedanken über den hohen Stundenlohn. Ich frage mich, wie das alles in Schleswig-Holstein bezahlt wird. Das müssen wir einmal prüfen. Auch darüber sollten wir einmal diskutieren. Diese Diskussion sollte aber nicht zu lange dauern, damit wir bereits in diesem Jahr eine Aktion starten können.

Für die Ausschussberatungen möchte ich darauf hinweisen, dass wir Wert darauf legen, dass die Schule das auch möchte, also dass die Gesamtkonferenz dahinter steht, damit der Soziale Tag solide verlaufen kann. Es besteht die Möglichkeit, dass Schüler nicht an dem Sozialen Tag teilnehmen wollen und deshalb die Schule für diesen Tag Unterricht anbieten muss. Das ist auch in den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein der Fall gewesen. Wenn dieses Vorhaben zur schulischen Veranstaltung erklärt werden kann, dann ist die Hauptversicherungsfrage gelöst. Wir müssen allerdings noch über Haftpflichtfragen nachdenken, damit die Schüler, wenn ihnen irgendetwas passiert oder sie einen Schaden anrichten, abgesichert sind. Das kann vielleicht durch Sponsoring realisiert werden. Insofern haben wir hier wohl große Einigkeit und sollten höchstens noch im Detail, aber

dann möglichst zügig und schnell beraten. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Meine Damen und Herren, jetzt sind wir am Ende der Debatte über diesen Tagesordnungspunkt angelangt. Ich schließe die Beratungen.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Der Ältestenrat empfiehlt, den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen an den Kultusausschuss zur federführenden Beratung und Berichterstattung zu überweisen und die Ausschüsse für Jugend und Sport sowie für Sozial- und Gesundheitswesen mitberatend zu beteiligen. - Andere Wünsche sehe ich nicht. Damit haben wir den Tagesordnungspunkt 28 abgeschlossen.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 29: Erste Beratung: Aktionsplan "Zukunft Ländlicher Raum" Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/2297

Zur Einbringung hat der Kollege Eveslage das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die CDU-Fraktion will mit dem vorliegenden Antrag eine Initiative für den ländlichen Raum in Niedersachsen starten. Diese Initiative ist angesichts der bewussten Vernachlässigung des ländlichen Raumes und der dort lebenden Menschen durch die derzeitige Landesregierung und durch die Vorgängerregierungen seit 1990 dringend notwendig.

(Beifall bei der CDU - Schack [SPD]: Ich fühle mich sehr wohl im ländli- chen Raum! - Weitere Zurufe von der SPD)

- Ich glaube Ihnen das. - Es geht um Gerechtigkeit für die Menschen im ländlichen Raum, die Anspruch auf gleichwertige Entwicklungschancen haben.

Diese Initiative ist aber auch notwendig einerseits wegen der großen Strukturprobleme des ländlichen

Raumes und andererseits wegen der riesigen Chancen für Wirtschaftswachstum und neue Arbeitsplätze, die es gerade im ländlichen Raum gibt.

(Vizepräsident Jahn übernimmt den Vorsitz)

Beides, die Probleme und die Chancen, haben Auswirkungen auf das ganze Land Niedersachsen. Deswegen muss es im Interesse des Landes sein, die ländlichen Räume in Niedersachsen wieder zu einem wichtigen Anliegen der Landespolitik zu machen.

(Krumfuß [CDU]: Genau so ist es richtig!)

Die CDU will nicht die Ballungsgebiete unseres Landes und die ländlichen Räume gegeneinander ausspielen. Wir wollen vielmehr die gleichwertige Entwicklung beider Bereiche unseres Landes Niedersachsen. Kein Bereich soll und darf sich auf Kosten und zu Lasten des anderen Bereiches entwickeln.

(Zustimmung bei der CDU)

Aber genau dies, meine Damen und Herren, geschieht zurzeit. In diesem Zusammenhang erinnere ich insbesondere an die EXPO-Förderung für Hannover. Alle haben während der EXPO-Zeit und davor gesagt: Wenn das vorbei ist, dann werden die Förderungen, die bevorzugt nach Hannover geflossen sind, für einige Zeit bevorzugt in den ländlichen Raum fließen, und zwar nicht, um die Region Hannover zu benachteiligen, sondern um einem gerechten Nachholbedarf der ländlichen Räume aus den vergangenen Jahren abzuhelfen.

Meine Damen und Herren, die CDU-Landtagsfraktion unternimmt mit ihrem Antrag den Versuch, zahlreiche Facetten der ländlichen Räume, ihre tatsächlichen und drohenden Vernachlässigungen durch die Politik, ihre Herausforderungen an politisches Handeln und die Möglichkeiten einer verstärkten Förderung zu bündeln. Dies ist uns in umfassender Weise gelungen, wie jeder bestätigen wird, der unseren Antrag gelesen hat.

(Zuruf von der SPD)

- Sie haben ihn nicht gelesen. - Ich will jedoch nicht ausschließen - ich wünsche mir das sogar -, dass wir in den anstehenden Ausschusssitzungen gemeinsam zu Ergänzungen und Abrundungen dieses Antrages kommen werden.

Sie alle, meine Damen und Herren, haben bitte Verständnis dafür, dass ich heute bei der ersten Beratung im Plenum wegen der leider begrenzten Redezeit nur einige grundsätzliche Bemerkungen zu dem Thema machen kann. Ich wünsche mir allerdings, dass in den Ausschussberatungen sehr intensiv diskutiert wird. Herr Präsident, ich möchte schon jetzt beantragen, auch den Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten in die Mitberatung einzubeziehen.

Meine Damen und Herren, der ländliche Raum ist im Bewusstsein vieler Politiker und mancher Fachleute leider nur etwas Nebensächliches. Kaum jemand kann den ländlichen Raum positiv definieren. Allgemein gelten z. B. in der Landesplanung die ländliche Räume als Gebiete außerhalb der so genannten Ordnungsräume, also außerhalb der Ballungsgebiete und der Oberzentren. Diese Definition erweckt vielfach den Eindruck, die ländlichen Räume seien etwas außerhalb des eigentlich Wichtigen, etwas Nebensächliches neben der Hauptsache, sozusagen der Rest des Landes neben dem Kern. Der ländliche Raum habe nur eine dienende Funktion z. B. zur Wassergewinnung und Beschaffung von Flächen für Deponien sowie als Reserve- und Ausgleichsfläche. Genau das Gegenteil ist richtig. Es darf nur ein gleichberechtigtes Nebeneinander und Miteinander geben. Der ländliche Raum ist in mehrfacher Hinsicht sogar Hauptsache in Niedersachsen. Im ländlichen Raum in Niedersachsen leben nämlich fast zwei Drittel der Bevölkerung unseres Landes, und das mit steigender Tendenz.

(Zuruf von der SPD: Und sehr gut!)

Mehr als drei Viertel der Fläche des Landes sind ländlicher Raum. Selbst im Ordnungsraum der Region Hannover gibt es ländlichen Raum.

(Zuruf von Bontjer [SPD])

- Herr Bontjer, wenn Sie hier so reden, dann sind Sie die größte Blamage für den ländlichen Raum. Das möchte ich Ihnen einmal sagen.