Wir kommen zur Schlussabstimmung. Wenn Sie diesem Gesetz in der Schlussabstimmung Ihre Zustimmung geben wollen, dann bitte ich Sie, sich von den Plätzen zu erheben. - Gibt es Gegenstimmen? - Das es nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? - Auch das ist nicht der Fall. Damit hat sich bei Beteiligung fast aller anwesenden Abgeordneten das Parlament einstimmig für diesen Gesetzentwurf entschieden.
Tagesordnungspunkt 5: Erste Beratung: Entwurf eines Gesetzes über die Neubildung der Gemeinde Bunde, Landkreis Aurich - Gesetzentwurf der Landesregierung Drs. 14/2126
Tagesordnungspunkt 6: Erste Beratung: Entwurf eines Gesetzes über die Neubildung der Gemeinde Dornum, Landkreis Aurich - Gesetzentwurf der Landesregierung Drs. 14/2127
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In Ostfriesland wird niedersächsische Geschichte geschrieben.
- Wie so häufig; genau! – Zum ersten Mal, meine Damen und Herren, werden die Mitgliedsgemeinden von zwei bisherigen Samtgemeinden zu einer Einheitsgemeinde zusammengeschlossen. Nach dem vorliegenden Gesetzentwurf werden die Flecken Dornum und Nessum sowie die Gemeinde Dornumersiel im Landkreis Aurich zur Gemeinde Dornum zusammengeschlossen. Der bisherige Gemeindeverband, die Gemeinde Dornum, wird aufgelöst. Damit wird dem Wunsch aller betroffenen Körperschaften entsprochen. Erwartet werden Einsparungen in Höhe von rund 180 000 DM, ein spürbarer Betrag für eine Gemeinde mit insgesamt rund 4 700 Einwohnern.
Ähnlich ist die Situation für die bisherigen Mitgliedsgemeinden Boen, Bunderhee, Dollart und Wymeer und den Flecken Bunde. Sie sollen in der Gemeinde Bunde aufgehen. Auch hier wird der Zusammenschluss von allen Beteiligten gewünscht. Motiv dafür ist vor allem die geringe Größe der Mitgliedsgemeinden mit den entsprechenden Problemen der Wirtschaftlichkeit der
Verwaltungsführung sowie langfristigen strukturellen Haushaltsdefiziten. Auch hier werden Kosteneinsparungen in der Größenordnung von ungefähr 140 000 DM erwartet.
Die kommunale Neugliederung bedarf - auch wenn sie von allen Beteiligten gewünscht wird - nach unserer Landesverfassung einer gesetzlichen Regelung. Der Landtag kann nach Artikel 59 der Niedersächsischen Verfassung die Neugliederung beschließen, wenn dafür Gründe des Gemeinwohls vorliegen. Diese sind ohne Zweifel gegeben. Ich darf insoweit auf die Ausführungen in den Gesetzesbegründungen verweisen.
Bei der verfassungsrechtlich vorgeschriebenen Anhörung der Bürger haben sich nur wenige Einzelstimmen kritisch geäußert. Die Landesregierung setzt mit dieser Gesetzeseinbringung ihren bewährten Kurs fort, Neuordnungen im kommunalen Bereich nur im Konsens der Betroffenen umzusetzen, wie es auch, meine Damen und Herren, trotz anders lautender Gerüchte bei der Region Hannover praktiziert wird.
Die Samtgemeinde hat sich als Modell grundsätzlich bewährt, obwohl sie anfangs eher als Übergangsform gedacht war. Sobald jedoch langfristige Probleme in der Praxis auftauchen, bin ich gerne bereit, Neuordnungen zu unterstützen.
Ich würde mich freuen, wenn auch andere Samtgemeinden bei solchen Problemen ihre Strukturen grundsätzlich überprüften und - wie man so sagt zukunftsfähige Lösungen fänden. Angesichts der Einigkeit vor Ort gehe ich davon aus, dass sich auch im Niedersächsischen Landtag eine große Mehrheit zur Schaffung der neuen Gemeinden finden wird. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Samtgemeindeverfassung ist untrennbar mit der kommunalen Verwaltungs- und Gebietsreform der 60er- und 70er-Jahre im vorigen Jahrhundert in Niedersachsen verbunden, in deren Folge zusammengelegte Gemeinden unter großen
Mühen zu neuen Einheiten integriert werden mussten. Ich darf daran erinnern: Vor dieser Gemeindereform gab es in Niedersachsen 4 062 selbständige Gemeinden, davon mehr als 3 800 in der Größenordnung von weniger als 5 000 Einwohnern. Nach der Reform hatten wir 428 Städte und Gemeinden, darunter 142 Samtgemeinden mit 743 Mitgliedsgemeinden. In diesen Samtgemeinden und ihren Mitgliedsgemeinden leben heute mehr als 1,5 Millionen Einwohner in Niedersachsen.
Funktionsfähige Verwaltungen mussten damals aufgebaut werden. Dabei sollte die in den früheren selbständigen Gemeinden praktizierte Bürgernähe aufrechterhalten werden. Samtgemeinden erschienen damals geeignet - die Entwicklung hat der damaligen Einschätzung in fast allen Fällen Recht gegeben -, die bürgerschaftliche Mitgestaltung der Politik auf örtlicher Ebene, welche die kleinen Gemeindeeinheiten ausgezeichnet hatte, zu bewahren. Aus der größeren Bürgernähe können starke Kräfte in den Mitgliedsgemeinden zum Wohl des Ganzen aktiviert werden, die vielleicht bei einer Einheitsgemeinde untergegangen wären. Bei allen möglichen Konflikten, etwa in der Bauleitplanung oder der Aufgaben- und Finanzplanung, hat sich die Samtgemeindeverfassung nach Ansicht der CDU dennoch insgesamt bewährt. Die Samtgemeinde als Verband von Mitgliedsgemeinden ist nach der Neuregelung im 2. Gesetz zur Verwaltungs- und Gebietsreform - das war meines Wissens 1972 - eine zweistufige Gemeinde.
Sowohl die einzelnen Mitgliedsgemeinden als auch die Samtgemeinde stehen unter dem Schutz des Artikels 28 Abs. 2 des Grundgesetzes und unter dem Schutz der Niedersächsischen Verfassung. Das bedeutet unter anderem, dass beide – Mitgliedsgemeinden und Samtgemeinden - Anspruch auf eine faire Finanzausstattung seitens des Landes haben. Die CDU hält unsere niedersächsischen Samtgemeinden für einen unverzichtbaren Bestandteil kommunalpolitischer Gestaltungskraft in unserem Land. Wir haben immer nachdrücklich davor gewarnt, mit dieser Art der Kommunalverfassung leichtfertig umzugehen. Änderungen, die möglicherweise im Verhältnis der Samtgemeinden zu den Mitgliedsgemeinden bei der freiwilligen Abgrenzung der zu erledigenden Aufgaben notwendig erscheinen, müssen im Interesse des Ganzen äußerst sensibel angegangen werden.
Bei Einführung der Samtgemeinden hat mancher im Lande an eine Übergangslösung geglaubt. Ich habe den Eindruck gewonnen, der Innenminister, den wir heute haben, sieht die Samtgemeinden immer noch so. Mancher hat geglaubt, dass die Samtgemeinden sozusagen als eine Verlobung vor der Hochzeit zur Einheitsgemeinde ständen. Doch die Samtgemeinden haben sich als dauerhafter Lebensbund erwiesen. In vielen Bereichen Niedersachsens sind die Samtgemeinden unverzichtbar und haben ganz entscheidend zur Bewältigung der wirtschaftlichen und politischen Probleme beigetragen.
Die Hürden, die der Gesetzgeber schon vor fast 30 Jahren aufgerichtet hat, wenn Samtgemeinden zu Einheitsgemeinden umgewandelt werden sollen, sind hoch. Wenn sie aber von allen Mitgliedsgemeinden und der Samtgemeinde durch entsprechende Ratsbeschlüsse überwunden worden sind, ist dies ein Faktum, das der Gesetzgeber zu berücksichtigen hat. Insofern werden wir wohl beiden Gesetzesvorlagen vorbehaltlich der Beratung im Innenausschuss - das sage ich ausdrücklich zustimmen.
Es ist in meiner Landtagszeit seit 1986 das erste Mal, dass Samtgemeinden und Mitgliedsgemeinden einen solchen politischen Willen bekunden. Wenn wir dem zustimmen - wohlgemerkt nach Beratung im Innenausschuss -, haben wir gleichzeitig jedoch die Verpflichtung, kritisch hinzusehen, wo die konkreten Ursachen für diese Entscheidung liegen. Die Entscheidungen, die für die beiden Gemeinden Dornum und Bunde in Ostfriesland - jetzt noch Samtgemeinden, demnächst Einheitsgemeinden - in den Landkreisen Aurich und Leer getroffen werden, werden natürlich im ganzen Lande, insbesondere dort, wo die 140 anderen Samtgemeinden etabliert sind, sehr aufmerksam beobachtet und kritisch hinterfragt werden.
Die finanzielle Notlage der Mitgliedsgemeinden und der Samtgemeinden, um die es heute geht, ist ein unübersehbares Faktum. Ob es mit der finanziellen Situation besser wird, kann man auch heute schon zu Recht bezweifeln, weil der Einspareffekt, selbst wenn es sich um kleine Gemeinden handelt, eigentlich nicht so groß ist.
Die finanzielle Notlage der Samtgemeinden und ihrer Mitgliedsgemeinden ist aber nicht die wahre Ursache, sondern nur das Symptom. Die wahre
- Ich habe damit gerechnet, dass die SPD das nicht so sieht. Es geht um die grobe Vernachlässigung des ländlichen Raumes, von der gerade die Samtgemeinden, also auch Bunde und Dornum, hart betroffen sind.
Meine Damen und Herren, entscheidend ist der seit Jahren verfassungswidrige kommunale Finanzausgleich, den wir in Niedersachsen haben.
- Ich muss es Ihnen ja ständig sagen, denn zweimal hat der Staatsgerichtshof - unser Verfassungsgericht, das wir in Niedersachsen haben - der Landesregierung und der Landtagsmehrheit das schon bescheinigt. Wenn man das sagt, sagt man keine Unwahrheit, sondern man sagt das, was der Verfassungshüter in unserem Lande der Landesregierung aufgegeben hat.
Am 8. Februar, also in wenigen Tagen, wird die dritte Klage von Gemeinden, Samtgemeinden und Landkreisen gegen den derzeitigen kommunalen Finanzausgleich in Bückeburg zur Anhörung kommen. Die Klagen richten sich gegen die zu geringe Höhe der Finanzzuweisungen, gegen die falsche Zuteilung und Aufteilung der Finanzzuweisungen, aber auch dagegen, dass seit In-KraftTreten dieses Gesetzes, mit Ihrer Mehrheit gegen den übrigen Landtag beschlossen, schon jetzt Mitgliedsgemeinden von Samtgemeinden keine Bedarfszuweisungen des Landes erhalten dürfen. Die Landesregierung und die SPD-Mehrheit in diesem Hause verstoßen damit wieder einmal gegen das Grundgesetz und gegen die Niedersächsische Verfassung.
Meine Damen und Herren, jeder, der in dieser Regierung als Minister oder Ministerin auf der Regierungsbank sitzt und dieses mit beschlossen hat, sollte sich die Frage stellen, ob er bzw. sie dem Amtseid, den er bzw. sie geschworen hat,
noch gerecht wird. Sie alle haben nämlich geschworen, die Verfassung und die Gesetze des Landes zu achten.
Meine Damen und Herren, wir haben Ihnen gesagt, die Regelung, dass Mitgliedsgemeinden von Samtgemeinden keine Bedarfszuweisungen bekommen dürfen, legt die Axt an die Wurzel der Samtgemeindeverfassung in Niedersachsen.
Andere Symptome der falschen Politik des Landes sind, dass die Kommunen unseres Landes derzeit Kassenkredite in Höhe von mehr als 3 Milliarden DM aufgenommen haben. Diese Kassenkredite sind rechtswidrig, weil sie in der vom Gesetz vorgeschriebenen Zeit, nämlich innerhalb von zwei Haushaltsjahren, wirklich nicht zurückgezahlt werden können.
Ein weiteres Symptom ist die niedrigste Investitionsquote in den Städten, Gemeinden, Samtgemeinden und Landkreisen unseres Landes seit vielen, vielen Jahren, und das, obwohl gerade in den Kommunen auch im Verhältnis zum Land die größten Einsparungen vorgenommen worden sind und die finanziellen Möglichkeiten zur Aufbesserung der kommunalen Kassen weitestgehend ausgeschöpft worden sind.
Meine Damen und Herren, ich darf feststellen: Die SPD schröpft die Städte, Gemeinden, Samtgemeinden und Landkreise in unserem Land seit dem Regierungsantritt des Ministerpräsidenten Gerhard Schröder im Jahre 1990. Seitdem sind den Gemeinden über den kommunalen Finanzausgleich 7 Milliarden DM vorenthalten worden. Das, was er in Niedersachsen begonnen hat, setzt dieser Herr Schröder zurzeit in Berlin fort. Gestern, am 23. Januar 2001, konnten wir zur Kenntnis nehmen, dass der sozialdemokratische Präsident des Deutschen Städtetages in Berlin erklärt hat:
„Als Folge der Steuerreform verlieren die Kommunen allein im Jahre 2001 Einnahmen von 8,3 Milliarden DM.“