Protocol of the Session on December 15, 2000

Antwort

des Justizministeriums auf die Frage 5 der Abg. Frau Körtner (CDU):

Situation im niedersächsischen Straf- und Maßregelvollzug

Die aktuellen besonderen Vorkommnisse im Straf- und Maßregelvollzug, die in ähnlicher Weise auch in Niedersachsen des Öfteren vorgekommen sind und erfahrungsgemäß weiter vorkommen können sowie die bis jetzt anhaltende Diskussion über den richtigen Standort und die richtige Größe einer sozialtherapeutischen Anstalt in Niedersachsen zum Zwecke der Behandlung von Sexualstraftätern und besonders behandlungsbedürftigen Gewalttätern, muss aufgrund der Novellierung des Sexualstrafrechts zwangsläufig zur Frage führen, ob

die im niedersächsischen Justizvollzug beschäftigten Fachdienste entsprechend ihrer Aus- und Vorbildung rationell und effektiv eingesetzt sind.

Nach meinen Informationen sind im niedersächsischen Justizvollzug 54 Psychologen, 50 Pädagogen, 119 Sozialarbeiter/-pädagogen und 12 Sozialwissenschaftler beschäftigt. Um jede dieser 235 Stellen wurde gerungen. Nur weil weder Diagnostik noch Therapie ohne diese Fachleute möglich sind und waren, wurden immer neue Planstellen bewilligt.

Die Anzahl von 235 Fachdiensten (ohne Me- diziner und Seelsorger) reicht aber immer noch nicht aus, um die untergebrachte Klientel hinreichend im Hinblick auf eine Diagnose und spätere Behandlung zu betreuen bzw. zu versorgen. Dazu bedarf es dann im Wesentlichen des Sachverstandes der bei anderen, meist staatlichen Institutionen wie z. B. Landeskrankenhäusern, Universitäten usw., beschäftigten Fachleute (Gutachter) gleicher Aus- und Vorbildung. Diese Gutachter und Therapeuten werden auch aus dem Landeshaushalt bezahlt.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie viele der im niedersächsischen Justizvollzug beschäftigten 54 Psychologen werden nicht entsprechend ihrer Aus- und Vorbildung zur Diagnostik, Behandlung und Betreuung eingesetzt?

2. Wie viele der im niedersächsischen Justizvollzug beschäftigten 54 Psychologen

a) werden überwiegend mit Verwaltungs- und Leitungsaufgaben betraut?

b) üben eine gutachterliche und/oder therapeutische Nebentätigkeit aus?

c) üben eine sonstige Nebentätigkeit aus?

3. Wie hoch sind die Kosten für externe Gutachten und Therapien im Jahr 1999 gewesen?

Die Tätigkeit von Psychologen im Justizvollzug ist ihrer Ausbildung entsprechend vielgestaltig. Psychologen sind zuständig für Diagnostik und Therapie, für Krisenintervention, Einzel- und Gruppenbetreuung und Soziales Training; sie erarbeiten Betreuungs- und Therapiekonzepte und übernehmen Aufgaben im Rahmen von Organisation und Aus- und Fortbildung der Bediensteten. In Sozialtherapeutischen Einrichtungen sind sie auch psychotherapeutisch tätig. Im niedersächsischen Justizvollzug sind gegenwärtig 60 (nicht 54) Psychologinnen und Psychologen beschäftigt. Soweit diese Bediensteten als Anstaltsleiter/innen oder deren Stellvertreter eingesetzt sind, werden sie in den für die Leitung der jeweiligen Haftanstalt

vorgesehenen Planstellen geführt. Anstaltsleitungen im niedersächsischen Justizvollzug sind überwiegend interdisziplinär besetzt. Das Zusammenwirken von juristischen und psychologischen Fachkräften auf der Führungsebene hat sich bewährt.

Daneben werden im niedersächsischen Justizvollzug 14 (nicht 12) sozialwissenschaftliche, 46 pädagogische und rd. 150 sozialpädagogische Fachkräfte beschäftigt. Insgesamt 20 Fachdienstangehörige des niedersächsischen Justizvollzuges verfügen über eine Approbation nach dem Psychotherapeutengesetz.

Das Verhältnis der Zahl der Fachdienstangehörigen des höheren Dienstes zur Zahl der Gefangenen beträgt in Niedersachsen rd. 1 : 100. Dabei sind die Fachdienstangehörigen, die in der Anstaltsleitung eingesetzt sind, nicht berücksichtigt. Niedersachsen verfügt damit über eine deutlich bessere Personalausstattung als andere Landesjustizverwaltungen, bei denen dieses Verhältnis im Durchschnitt 0,7 : 100 beträgt.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der Landesregierung die mündliche Anfrage wie folgt:

Zu 1: Die im niedersächsischen Justizvollzug beschäftigten Psychologen werden überwiegend zur Diagnostik, Behandlung und Betreuung der Gefangenen eingesetzt. Ausnahmen hiervon sind die nachfolgend zu Ziff. 2 a genannten Personen in Leitungsfunktionen und die drei an der Justizvollzugsschule mit der Ausbildung von Nachwuchskräften beauftragten Psychologen.

Zu 2 a): Vier Psychologinnen und Psychologen sind als Anstaltsleiterinnen oder Anstaltsleiter eingesetzt. Weitere sechs Personen dieser Berufsgruppe sind ganz oder teilweise mit den Aufgaben der Vertretung einer Anstaltsleitung beauftragt.

Zu 2 b): Zwei der im niedersächsischen Justizvollzug beschäftigten 60 Psychologen üben eine gutachterliche und/oder therapeutische Nebentätigkeit aus.

Zu 2 c):: Weitere sechs Bedienstete üben mit Zustimmung ihrer Vorgesetzten eine sonstige Nebentätigkeit aus (z. B. Lehraufträge, Referententä- tigkeit, Supervision).

Zu 3: Im Jahre 1999 sind an Kosten für externe Gutachten rd. 210.000 DM entstanden. Die Finanzierung externer Therapien erfolgt bei kontinuierli

chen Therapieangeboten über Mittel für die "Dienstleistungen Außenstehender", bei individuellen Psychotherapien über den medizinischen Titel. Aus den Mitteln für "Dienstleistungen Außenstehender" sind im Jahre 1999 rd. 330.000 DM verauslagt worden. Aus diesen Mitteln waren auch sozialpädagogische und sozialtherapeutische Maßnahmen sowie die Kosten für Dolmetscher, externe Anstaltsfrisöre usw. zu bestreiten. Eine Differenzierung dieser Kosten wäre nur mit einem großen Verwaltungsaufwand möglich. Im gleichen Zeitraum wurden 28 Kostenanträge für individuelle Psychotherapien gestellt und insgesamt 692 Einzelsitzungen bewilligt. Auch hier wäre eine Erfassung der tatsächlichen finanziellen Leistungen nur mit einem großen Verwaltungsaufwand möglich. Legt man für die Einzelsitzungen die Gebührenordnung für Ärzte zugrunde, so ist von einer Gesamtvergütung von rd. 76.000 DM für das Jahr 1999 auszugehen.

Anlage 2

Antwort

des Umweltministeriums auf die Frage 7 des Abg. Wojahn (CDU):

Hundert Wachleute in Gorleben arbeitslos Wie Rot-Grün Arbeitsplätze beseitigt

Das zwischen der Bundesregierung und den Energieversorgungsunternehmen vereinbarte Moratorium für die Endlagererkundung in Gorleben hat jetzt zur Folge, dass den 100 Beschäftigten des Wachdienstes im Erkundungsbergwerk zum 31.12.2000 die Kündigung droht. Der zwischen der Firma HEROS-Sicherheitsdienste und der DBE (Deut- sche Gesellschaft zum Bau von Endlagern) geschlossene Bewachungsvertrag läuft zum vorgenannten Termin aus. Wenn es nicht zu einer Vertragsverlängerung kommt, wären 100 Wachleute zu Beginn des neuen Jahres arbeitslos. Die bisherige Darstellung in der Öffentlichkeit, niemand werde entlassen, bezieht sich offensichtlich nur auf die DBEBeschäftigten, die jetzt mit einem enormen finanziellen Aufwand zu Wachleuten umgeschult werden sollen. Auch wenn diese Umschulung zeigt, dass man bestrebt ist, die Kompetenz der Bergleute für die Zeit nach dem Ende des Moratoriums zu erhalten, so ist der Einsatz von Bergleuten und Technikern als Wachpersonal eine enorme Geldverschwendung. Der Betriebsrat der HEROSSicherheitsdienste schätzt die durch diese Maßnahme entstehenden Mehrkosten auf ca. 10 Mio. DM.

Da die in die Arbeitslosigkeit entlassenen Wachleute auf dem ohnehin angespannten Ar

beitsmarkt in der Region Lüchow-Dannenberg so gut wie nicht unterzubringen sind, werden sie mit großer Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zeit die ihnen zustehende Arbeitslosenhilfe beim Landkreis Lüchow-Dannenberg beanspruchen. Damit wirkt sich der so genannte Energiekonsens auch direkt auf den Landkreis Lüchow-Dannenberg aus. Die Erkundung des Endlagers Gorleben und das jetzt vereinbarte Moratorium ist aber eine nationale Aufgabe und kann nicht allein zulasten der Region Lüchow-Dannenberg gehen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Ist sie bereit, sich bei der Bundesregierung bzw. beim Bundesamt für Strahlenschutz für die Weiterbeschäftigung der Wachleute einzusetzen?

2. Ist sie bereit, sich gemeinsam mit dem Bund und der Arbeitsverwaltung ernsthaft darum zu bemühen, für die nach Ende des Moratoriums benötigten Bergleute und Techniker eine Übergangsbeschäftigung - ggf. auch außerhalb des Landkreises - zu suchen?

3. Wie bewertet sie die Forderung, gemeinsam mit dem Landkreis Lüchow-Dannenberg Verhandlungen mit der Bundesregierung mit dem Ziel aufzunehmen, die infolge des Moratoriums entstehenden Nachteile für den Landkreis Lüchow-Dannenberg wenigstens teilweise auszugleichen?

Die am 14. Juni 2000 paraphierte Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Energieversorgungsunternehmen enthält zum Endlagerprojekt Gorleben die Aussage, dass die Erkundung des Salzstockes bis zur Klärung konzeptioneller und sicherheitstechnischer Fragen für mindestens drei, längstens jedoch zehn Jahre unterbrochen werden soll.

In Ausführung dieser Vereinbarung beinhalten die am 29. September 2000 durch das Bergamt Celle zugelassenen bergrechtlichen Betriebspläne, die von der Deutschen Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe mbH (DBE) im Auftrag des Bundesamtes für Strahlenschutz beantragt worden waren, den Übergang in den so genannten Offenhaltungsbetrieb.

Die Landesregierung begrüßt diese Entscheidung des Bundes.

Die während der Offenhaltungsphase durchzuführenden Tätigkeiten beschränken sich in erster Linie auf die Instandhaltung und Überwachung der Schachtanlage und des Betriebsgeländes, wobei bergmännische Arbeiten nur noch zur Sicherung der vorhandenen Grubenbaue notwendig sind.

Personelle Anpassungsmaßnahmen insbesondere bei den Bergleuten sind daher unumgänglich. Auch bei den Dienstleistungsunternehmen, die Verträge mit der DBE abgeschlossen hatten, sind Arbeitsplätze betroffen.

Hinsichtlich der DBE-eigenen Bergleute und Techniker, die meist hochspezialisiert sind und deren Kompetenz erhalten werden soll, haben sich das Bundesumweltministerium und die Industriegewerkschaft Bergbau-Chemie-Energie bereits auf ein Qualifizierungsmodell verständigt, an dessen Kosten sich der Bund beteiligt. Da eine weitere Qualifizierung offensichtlich nicht in allen Fällen möglich ist, soll ein Teil der bisher mit bergmännischen Arbeiten Beschäftigten auch Wachtätigkeiten ausüben.

Zu den betroffenen Arbeitsplätzen bei der Firma HEROS muss angemerkt werden, dass es in der Natur von Dienstleistungsverträgen liegt, dass sie in der Regel befristet sind und die betroffenen Firmen sich von Zeit zu Zeit neuen Ausschreibungen einer Dienstleistung stellen müssen. So liegt die Sache auch hier.

Zwar ist die Firma HEROS nach Kenntnis der Landesregierung schon seit insgesamt über zehn Jahren für DBE tätig; bei dem jetzt auslaufenden Bewachungsvertrag handelt es sich allerdings um einen Drei-Jahres-Vertrag, der auch in der Vergangenheit schon mehrmals ausgeschrieben worden ist. Somit würde auch ein uneingeschränktes Fortbestehen des Dienstleistungserfordernisses nicht zwingend zu einer weiteren Beauftragung der Firma HEROS führen. Das Auslaufen eines Vertrages ist ein alltäglicher Vorgang und gehört zum Geschäftsrisiko in der freien Wirtschaft.

Nach der Landesregierung vorliegenden Informationen ist bislang lediglich beabsichtigt, aufgrund des nach allgemeiner Einschätzung niedrigeren Gefährdungspotenzials für das Bergwerk Gorleben den Bewachungsaufwand generell zu reduzieren. Die Entscheidung, ob dieses neue Konzept ausschließlich mit DBE-eigenen Leuten oder zusätzlich unter Inanspruchnahme von Dienstleistungsunternehmen umgesetzt werden soll, ist noch offen. Sie soll noch in diesem Jahr erfolgen und steht unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Bundesamtes für Strahlenschutz.

Im Hinblick auf eventuelle Aktivitäten der Landesregierung muss, was die Firmen DBE und HEROS angeht, berücksichtigt werden, dass das Land an

beiden Firmen nicht beteiligt ist, sodass die Möglichkeiten des Landes, sich über die Auftraggeber für Belange der Firma HEROS einzusetzen, gering sind.

Der Landesregierung ist zudem bekannt, dass sich die Gesellschaft für Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung des Landkreises LüchowDannenberg um eine Vermittlung der Wachleute bemüht hat. Nach Einschätzung der Gesellschaft für Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung ist eine Vermittlung der Wachleute möglich, allerdings auf Arbeitsplätze außerhalb des Landkreises.

Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen wie folgt:

Zu 1: Eine Möglichkeit der Einflussnahme der Landesregierung auf Vergabeentscheidungen des Auftraggebers Bundesamt für Strahlenschutz zur Weiterführung befristeter Dienstleistungsverträge mit der Firma HEROS besteht nicht. Im übrigen wäre auch die Landesregierung an die Bestimmungen des Vergaberechts gebunden.

Zu 2: Die Landesregierung begrüßt die Initiative des Bundes, im Rahmen der zwischen BMU und IG BCE vereinbarten Qualifizierungsinitiative auch Übergangs- oder Umschulungsmaßnahmen für die betroffenen Bergleute und Techniker einzuleiten.