Wir kommen zur Überweisung des Antrags an die Ausschüsse. Der Antrag soll zur federführenden Beratung und Berichterstattung an den Ausschuss für innere Verwaltung und zur Mitberatung an die Ausschüsse für Sozial- und Gesundheitswesen sowie für Wirtschaft und Verkehr überwiesen werden. Wer dafür ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Keine Gegenstimmen. - Damit ist das so beschlossen, und dieser Tagesordnungspunkt ist abgeschlossen.
Tagesordnungspunkt 18: Erste Beratung: EXPO 2000 - Zukunft in Niedersachsen Antrag der Fraktionen der SPD und der CDU Drs. 14/1594 - Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 14/1611
Meine Damen und Herren, heute in drei Wochen ist es so weit: Die EXPO 2000 unter dem anspruchsvollen Titel „Mensch - Natur - Technik“ wird ihre Tore öffnen, und zwar hier in Hannover, in Niedersachsen.
Der Niedersächsische Landtag hat sich in den letzten zehn Jahren mehrfach mit der EXPO beschäftigt, konstruktiv, strittig und auch engagiert. Wir diskutieren heute letztmals, bevor die erwarteten Millionen von Menschen zu uns kommen. Wir werden mit Sicherheit auch wieder über die EXPO diskutieren, wenn es gilt, organisatorisch und finanziell inhaltsreich Bilanz zu ziehen. Heute jedenfalls ist Gelegenheit, in etwa Bilanz über die Vorbereitung und die Erwartungen zu ziehen. Dies kann einleitend niemand besser als die Verant
wortliche, die Generalkommissarin und Geschäftsführerin der EXPO, Frau Birgit Breuel. Ich begrüße Sie, Frau Breuel, wieder im Plenarsaal des Landtags, den Sie durch Ihre Arbeit über viele Jahre hier ja kennen.
Ich danke Ihnen dafür, dass Sie sich trotz der Fülle der von Ihnen so kurz vor dem Start der Weltausstellung wahrzunehmenden Termine die Zeit für diesen Besuch im Landtag genommen haben, dass Sie unsere Einladung angenommen haben, zu uns zu sprechen.
Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, dass ich zunächst Frau Breuel das Wort erteile. In der anschließenden Beratung sollen die Vertreter der Fraktionen in der Reihenfolge SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen das Wort erhalten. Folgende Redezeiten sind vereinbart worden: für die SPD und die CDU jeweils bis zu 16 Minuten, für die Grünen und die Landesregierung jeweils bis zu 6,5 Minuten. Frau Breuel soll bis zu 15 Minuten zu uns sprechen.
Herr Präsident! Herr Ministerpräsident! Meine Damen und Herren Minister! Meine Damen und Herren! Ich bedanke mich für die Einladung, hier heute zu Ihnen zu sprechen. Das bewegt mich schon und weckt viele alte Erinnerungen. Ich danke Ihnen auch für die Unterstützung der EXPO in guten wie in schlechten Zeiten. Wir haben ja nicht immer einfache Zeiten gehabt, haben aber immer gewusst, dass wir in Niedersachsen viel Rückenstärkung bekommen.
In 20 Tagen, d. h. sozusagen in wenigen Stunden, öffnen wir nun die Pforten dieser ersten Weltausstellung in Deutschland. Jetzt also kann man diese EXPO anfassen. Ihre Dimensionen sind erstaunlich. Noch nie haben so viele Nationen und Organisationen in der 150-jährigen Geschichte an einer Weltausstellung teilgenommen. Noch nie hat eine Weltausstellung die Wirtschaft mit derart hohen Beträgen einbinden können. Noch nie hat das Prinzip Public Private Partnership so funktioniert.
die meisten mehrfach zu uns kommen werden. Wir sind sehr guten Mutes, diese Zahl tatsächlich zu erreichen oder gar übertreffen zu können.
Ich will nicht verhehlen, dass ich das Vertrauen, das Deutschland durch die Teilnahme fast der ganzen Welt an der Ausstellung bezeugt wird, fast als überwältigend empfinde. Zehn Jahre nach der Einheit sind viele Vorbehalte und Ängste verflogen, und wir können dankbar - man könnte fast sagen: entspannt - des Vertrauens unserer Partner im Ausland sicher sein. Das erleben wir in der Vorbereitung mit vielen Nationen ganz intensiv.
Nicht alles, was am 1. Juni beginnen wird - davon gehen wir aus -, wird von Anfang an perfekt funktionieren. Es wird den einen oder anderen Verkehrsstau geben, es mag überfüllte Züge geben, Warteschlangen, die den Menschen auf die Nerven gehen, Drehkreuze, die nicht funktionieren. Es wird gelegentlich Besucherzahlen geben, die unter unseren Erwartungen liegen, und es wird Tage geben, an denen mehr Menschen kommen, als wir eigentlich verkraften können. Das alles sind, wie ich glaube, lösbare Herausforderungen und Probleme. Bilanz werden wir am 31. Oktober ziehen.
Heute, in dieser Testphase, in dieser Count-downPhase, in der wir uns befinden, möchte ich mich aber gern schon bei allen bedanken, die uns in den 153 Tagen intensiv unterstützen werden, sei es die Polizei, sei es die Bundeswehr, sei es die Feuerwehr, seien es die Mitarbeiter der Verkehrsbetriebe oder in den Ministerien, durch deren engagierte Mitarbeit wir starke Unterstützung erhalten.
EXPO ist aber nicht nur „Zahlen und Prognosen“; vor allem kommt es an auf die Inhalte - anderenfalls brauchten wir, so meine ich, keine EXPO zu veranstalten - und auf die Konzentration auf ein im wahrsten Sinne des Wortes weltumspannendes Thema, dem sich alle Teilnehmer durch gemeinsame Übereinkunft verschrieben haben. Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um die Zukunft unseres Erdballs, unserer Kinder, der nächsten Generation.
Das Leitmotiv „Mensch - Natur - Technik - eine neue Welt entsteht“ ist die enge Anlehnung an die Agenda 21. Unser Bestreben, auch das aller Partner, die sich hier beteiligen, ist, intelligenter, nachhaltiger und, so meine ich, auch nachdenklicher
Sie werden erleben, dass sich gerade eine Vielzahl von Reform- und Entwicklungsstaaten, die hier sehr intensiv vertreten sind, also auch gerade jene, die von Ungleichgewicht und Gefährdung auf dem Globus unmittelbar betroffen sind, in verschiedenen Zusammenhängen Gehör verschaffen wird. Es wird interessant sein, ihnen zuzuhören.
Der Gastgeber Deutschland selber hat mit seinem Themenpark, den weltweiten Projekten und dem global dialogue das vorbereitet, was wir den „Dreiklang für die Zukunft“ nennen. Da haben in den verschiedensten Teilen der Welt Denker, Wissenschaftler, Unternehmer, Künstler, NGO’s und viele mehr die uns bewegenden Fragen definiert - Zukunft der Arbeit, Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung usw. -, die dann durch Szenografen in eine offene Erlebnislandschaft umgesetzt werden, wo unsere Partner dann Visionen, Ideen und Lösungen zeigen.
Die weltweiten Projekte sind die Umsetzung, die Verwirklichung vieler der Ideen, die handfesten Belege dafür, dass Zukunft angegangen und anders sinnvoller behandelt werden kann. Der global dialogue sind die Diskussionen, mit denen wir versuchen, die Denkarbeit des 21. Jahrhunderts ein bisschen anzuschieben.
Natürlich wollen wir unsere Besucher nicht überstrapazieren. Ich bin sogar gelegentlich gefragt worden, ob man studiert haben müsse, um zu verstehen, was die EXPO mitteilen will. – Natürlich nicht, meine Damen und Herren. Der Besuch der EXPO wird und ist es schon heute, wenn man die Chance hat, hinzukommen, ein sinnliches Erlebnis sein. Es wird Lebensfreude vermittelt: Unterhaltung, Farben, Formen, Gerüche, Töne, eine Fülle von Kreativität aus den Nationen, den Künstlern, den Mitarbeitern der EXPO. Und es wird ein Fest werden; an jedem der 153 Tage anders und neu und, wie ich hoffe, immer lohnend auch u. a. wegen seines Kulturprogramms mit seinen vielen tausend kleinen und großen Veranstaltungen von Kleinkunst zur Hochkultur, einem Filmprogramm mit den unglaublichsten Filmen und einem sehr schönen Freilichtkino. Das ganze Gelände wird oft von Orchestern bespielt, in denen sich Jugendliche aus der ganzen Welt zusammengetan haben, um hier zu musizieren. Die Feuershow „Flambée“ wird den Nachthimmel erleuchten. Kinder und Jugendliche bekommen besondere
Angebote, um ihren Spieltrieb und ihre Lernbereitschaft anzusprechen. Wer das nicht will, der kann die Gärten genießen, exotische Küchen versuchen, sich einen Themenpark aussuchen oder sich die Vielfalt Deutschlands im deutschen Pavillon anschauen.
Der deutsche Pavillon wird ganz gewiss ein zentraler Anlaufpunkt für praktisch alle Besucher werden. Er ist ein Schmuckstück geworden, wie ich finde, auch innen. Er ist eine große Attraktion als Haus des Gastgebers. Die Länder werden dort ihre Länderwochen abhalten. Niedersachsen wird den Reigen eröffnen. Das ist auch genau richtig so.
Auch das Kulturprogramm in Stadt und Land - weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt wird die Nachhaltigkeit belegen, um die wir uns bemühen. Vieles von dem, was wir angestoßen, erweitert, fortgesetzt haben - ich denke einmal an die zwei Beispiele Tanz und Theater -, wird die EXPO überdauern und die Menschen auch nach der EXPO anregen und beschäftigen.
Von Nachhaltigkeit soll auch ansonsten die Zeit nach der EXPO geprägt sein. Es wird keine Ruinen geben; das ist völlig neu für Weltausstellungen. Stattdessen wird es z. B. ein wunderbar erschlossenes Gelände auf dem Kronsberg geben mit Firmen, die sich dort jetzt schon bemühen und ansiedeln werden, und vielen Möglichkeiten für Land und Stadt. Die Messe wird auf Jahre hinaus von der durch die EXPO erfahrene Verbesserung zehren.
Insofern wird man wohl schon sagen können, dass die EXPO eine Sonderkonjunktur angestoßen hat. Wenn man - das haben neulich alle gelesen - die 30.000 Arbeitsplätze, die laut NIW durch die öffentlichen Infrastrukturinvestitionen geschaffen worden sind, und das, was die Nationen investieren - an die 2 Milliarden DM -, was die EXPO selbst investiert - unser Budget beträgt insgesamt 3,4 Milliarden DM - und was die Besucher hier ausgeben werden, zusammenzählt, dann sind das Investitionen, die sich für den Arbeitsmarkt und das Land insgesamt mit nicht unerheblichen Steuermehreinnahmen lohnen. Der Hinweis, Herr Minister, sei gestattet auch vor dem Hintergrund der schwierigen Diskussion über unser betriebliches Defizit, das dem einen oder anderen - natürlich auch uns – zu schaffen macht.
stützen, die erstaunliche Investitionssumme von 2 Milliarden DM bewegt. Auch das wird nach der EXPO bleiben. Ich danke vielen der Abgeordneten hier im Hause, dass sie sich darum engagiert gekümmert haben.
All das und vieles mehr hat das Gesicht von Stadt und Land, so glaube ich, verändert, vielleicht sogar nachhaltig verändert. Ab dem 1. Juni werden Niedersachsen, Herr Ministerpräsident, und Hannover 153 Tage lang im Scheinwerferlicht der Weltöffentlichkeit stehen und Gastgeber für die Welt sein. Darauf kann man sich ab jetzt freuen. – Vielen Dank.
Wir befinden uns im Tagesordnungspunkt 18. Ich eröffne die Beratung. Wer möchte beginnen? – Axel Plaue, der Vorsitzende der SPD-Fraktion!
Herr Präsident! Frau Breuel! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist jetzt etwas mehr als zehn Jahre her, da hat sich die Bundesrepublik Deutschland um die Ausrichtung der Weltausstellung beworben. Es ist eine Idee, die in Hannover geboren wurde, die in die Köpfe der Politiker übertragen wurde und dann - ich habe mehr und mehr das Gefühl gehabt - nicht nur in die Köpfe, sondern auch in die Herzen der Menschen eingegangen ist mit unterschiedlichen Gefühlen, aber durchaus mit Gefühlen.
Meine Damen und Herren, die erste Weltausstellung auf deutschem Boden ist eine Herausforderung für ein Land, das nach Jahren des Krieges eine historisch betrachtet lange Zeit des Wiederaufbaus erlebt hatte und jetzt die Möglichkeit hat, sich der Welt zu präsentieren mit einer Einrichtung, mit einer Ausstellung, die nicht so oft stattfindet. Die überwiegende Mehrheit der Menschen in Niedersachsen, davon bin ich überzeugt, war und ist der Auffassung, dass diese Weltausstellung eine große Chance und eine noch größere Ehre ist, zumal diese Weltausstellung zum Jahrtausendwechsel in der Bundesrepublik Deutschland durchgeführt und eingerichtet wird.
Jahrhundertausstellung in einem Land stattfinden wird, das wiedervereint ist; das wiedervereint ist aus zwei Staaten, die - einst jedenfalls -feindlichen Staatssystemen angehörten. Deshalb will ich gleich zu Beginn sagen, meine sehr verehrten Damen und Herren: Wir freuen uns darauf, dass viele Menschen nach Niedersachsen kommen werden, dass viele Menschen nach Deutschland kommen werden, und sagen ihnen: Herzlich willkommen im wiedervereinten Deutschland nach dem Kriege.
Sie sollen nach Deutschland, nach Niedersachsen kommen, um ein großes Fest zu feiern. Wir freuen uns auf die Besucherinnen und Besucher, die kommen werden, um Meinungen auszutauschen, um Ideen auszutauschen. Sie werden uns zeigen, wie die Menschen zusammenleben, welche Ideen sie für die Entwicklung des neuen Jahrtausends haben, und sie werden uns zeigen, wie diese Ideen besser miteinander vernetzt und besser organisiert werden können. All denen rufen wir ein herzliches Willkommen zu.
Ich sage ganz bewusst „Willkommen in Niedersachsen“; denn die EXPO findet nicht nur in Hannover statt. Viele Standorte in Niedersachsen sind als dezentrale Projekte in das große EXPOEreignis eingebunden. So haben die Besucherinnen und Besucher die einmalige Chance, dieses EXPOLand von Wilhelmshaven über Wolfsburg und Osnabrück bis nach Hannoversch-Münden zu erleben, die Schönheit unseres Landes zu sehen, aber auch die Kreativität und die Lebensfreude unserer Menschen kennen zu lernen. Wir haben sehr viel dazu beizutragen und sehr viel dafür zu bieten, dass diese Weltausstellung mit ihrem Motto ein großer Erfolg wird.
Eines ist mir dabei ganz besonders wichtig: Wir wollen unsere Toleranz, unsere Weltoffenheit, ja, unsere Internationalität als Niedersachsen unter Beweis stellen. Wir wollen die Menschen, die zu uns kommen, mit offenen Armen empfangen. Wir wollen in Niedersachsen gute Gastgeberinnen und Gastgeber sein.
Meine Damen und Herren, Weltausstellungen gibt es schon seit 150 Jahren. Deutschland hatte niemals zuvor die Chance, so viele Beiträge seiner Wissenschaft, seiner Wirtschaft und seiner sozialen Kompetenz einem großen Weltpublikum vorzustellen. Was hat denn die internationale Organisa
tion veranlasst, die Ausrichtung der EXPO 2000 der Bundesrepublik Deutschland zu übertragen? Ich bin davon überzeugt, dass es unser Thema „Mensch - Natur - Technik“ war, verbunden mit der Vorstellung, „die Weltausstellung in den Dienst einer Neuorientierung über die globalen Lebens- und Entwicklungsbedingungen in der Welt zu stellen“. Ich glaube, dass das die Jury veranlasst hat zu sagen, dass diese wichtige große Ausstellung nach Deutschland, nach Niedersachsen kommt.
Meine Damen und Herren, damit sind aber nicht nur Chancen und Ehre verbunden - nicht nur Chancen und Ehre für die Bundesrepublik Deutschland, für das Land Niedersachsen, für die Landeshauptstadt und die Städte, die die dezentralen Projekte durchführen und ihre Gastgeberrolle unter Beweis stellen. Schon mit der Bewerbung im Jahre 1988 haben wir dokumentiert, dass wir bereit sind, auch die Verantwortung für diese Weltausstellung zu übernehmen. „Verantwortung“ heißt in diesem Fall das Einstehen für das Gelingen, für den Erfolg gegenüber den Ausstellern und Gästen aus aller Welt. Das heißt aber auch das Einstehen gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, die in der Vergangenheit unter dem Aufwand, den wir zur Organisation dieser Weltausstellung leisten mussten, zum Teil gelitten haben und die auf die Durchführung der einen oder anderen Maßnahme, die politisch mindestens wichtig, wenn nicht gar sehr wichtig gewesen ist, verzichten mussten. Deshalb möchte ich an dieser Stelle den Hannoveranerinnen und Hannoveranern, aber auch ihren Besucherinnen und Besuchern, den Geschäftsfreunden, die in den vergangenen zehn Jahren nach Hannover gekommen sind, jedenfalls denen, die für ihre Geduld und Toleranz bekannt und die bereit waren, die Einschränkungen zu ertragen, die zahllose Baustellen mit sich bringen, herzlich danken. Ich bin sicher, dass sie das, was an Belastung aus einer solchen großen Ausstellung resultiert, auch bis zum Ende der EXPO mit dem fröhlichen Gesicht tragen, zu dem Hannoveranerinnen und Hannoveraner in der Lage sind, meine sehr verehrten Damen und Herren.