Protocol of the Session on May 11, 2000

Natürlich gibt es Sorgen beim Klassenbildungserlass - das will ich gerne ausführen -, wobei sich Frau Litfin und auch die Rednerinnen und Redner der CDU schon entscheiden müssen; denn man kann nicht beides gleichzeitig vertreten. Die eine Position lautet - auch im Antrag- , die ortsnahe Beschulung sei ernsthaft gefährdet, und die zweite Position lautet, der neue Erlass beinhalte ausschließlich statistische Maßnahmen. Was denn nun? – Entweder tut sich da wirklich etwas, oder wir machen statische Maßnahmen. Herr Busemann hat sogar „Kosmetik“ dazu gesagt. So würde ich das nicht nennen.

Aber ich will etwas versuchen, was der Landtagspräsident an seinem Geburtstag durch die wunderbare - ich will es nur einmal sagen - und anregende Rede von Herrn Professor Oskar Negt letztlich veranlasst hat und uns damit ein wenig den Spiegel vorgehalten hat. Er hat nämlich die „beratende Rede“ im Parlament verlangt. Ich werde es einmal versuchen. Vielleicht gelingt es mir. Manchmal habe ich den Eindruck, es gelingt fast nie, in der Bildungspolitik jedenfalls nicht.

(Frau Litfin [GRÜNE]: Es sind immer beratende Reden, das ist das Prob- lem!)

- Nein, das finde ich nicht. – Er hat die beratende Rede gefordert. Frau Litfin, Sie waren ja auch dabei. Ich fand, das war wirklich eine Sternstunde.

(Frau Litfin [GRÜNE]: Versuchen Sie einmal, ob Sie es besser können! – Klare [CDU]: Vielleicht können wir das in frageentwickelnder Form ma- chen!)

Ich will das versuchen.

Nicht die ortsnahe Beschulung und auch kein Ausbildungsplatz werden durch diesen Erlass - ich habe es bereits erwähnt - gefährdet.

(Klare [CDU]: Doch!)

- Im Gegenteil. Ich werde Ihnen das gleich vorrechnen.

(McAllister [CDU]: Ich lade Sie ein!)

- Ja, laden Sie mich ruhig ein.

(Lanclée [SPD]: McAllister ist nicht beratungsfähig, habe ich gerade ge- merkt! - Widerspruch von McAllister [CDU])

Herr McAllister, durch den Klassenbildungserlass werden nämlich insbesondere die Teilzeit-Berufsschulen verpflichtet, diese prioritär auszustatten, denn in Einem haben Sie vorhin mit dem Hinweis auf Ihre Statistik Recht gehabt: Wir liegen - das habe ich schon beim letzten Mal hier im Landtag gesagt - in der Teilzeit-Berufsschule, was den erteilten Unterricht betrifft, am Ende der Bundesländer und in der Vollzeit-Berufsschule - ich nehme an, dass Sie die Vollzeit-Berufsschulen gemeint haben - an der Spitze.

(Klare [CDU]: Und da passen Sie an!)

Sie werden wahrscheinlich die TeilzeitBerufsschulen genommen haben.

Ich möchte mit diesem Erlass einen Ausgleich erreichen, damit das duale System gestärkt wird.

(Zuruf von Frau Jahns [CDU])

Dieses Anliegen ist übrigens auch bei der Anhörung von der Wirtschaft sehr gelobt worden, Frau Jahns, weil diese Zielsetzung von den meisten Beteiligten getragen wird.

(Frau Jahns [CDU]: Waren Sie einmal bei den Kreiselternräten?)

Das Folgende, das Frau Litfin eigentlich unterstützen müsste, wenn sie das dänische Modell will, kommt hinzu. Die Schulen haben durch die Klassenbildung, die freigegeben ist, eine verhältnismäßig große Handlungsfreiheit. Dann werden sie allerdings Rechenschaft abzulegen haben, wie sie diese Stunden verwendet haben. Diesen Prozess leiten wir gerade ein. Was stellen wir fest? - An manchen Stellen gibt es durchaus Managementfehler oder notwendige Veränderungen in der

Klassenbildung, die dann dazu führen, dass die Angebote überhaupt nicht eingeschränkt werden müssen, sondern im Gegenteil einen Budgetausgleich durchaus ermöglichen.

(Frau Litfin [GRÜNE] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Litfin?

Ich würde das gerne im Zusammenhang vortragen, Herr Präsident.

(Klare [CDU] unterhält sich mit Frau Harms [GRÜNE])

- Herr Klare, vielleicht hören Sie einfach einmal zu, damit wir uns nicht streiten müssen!

(Klare [CDU]: Frau Ministerin, ich rege mich auf, weil Sie bewusst etwas sagen, was falsch ist!)

Bei der Veränderung der Sollstundenberechnung handelt es sich in der Tat um eine statistische Maßnahme,

(Klare [CDU]: Mit einer Verschlech- terung der Situation!)

bei der wir den künftigen - -

(Zuruf von Frau Jahns [CDU])

- In der Tat! Der Anspruch wird heruntergefahren.

(Klare [CDU]: Genau! So kann man es auch sagen!)

Der künftige Anspruch der berufsbildenden Schule wird reduziert. Hier wird auch nichts vertuscht oder kosmetisch gemacht, sondern das wird hier von mir an dieser Stelle ganz deutlich gesagt.

Was geschieht denn im Hinblick auf das kommende Schuljahr? - Im laufenden Schuljahr hat eine berufsbildende Schule z. B. 650 Lehrerstunden. Über diese Stunden wird sie auch im kommenden Schuljahr verfügen. Es sei denn - jetzt kommen wir zu den Dreiviertelstellen, über die wir vorhin diskutiert haben -, es gibt an dieser Schule Lehrkräfte, die auf Dreiviertelstellen geführt werden und jetzt das Angebot annehmen, Frau Litfin, auf volle

Stellen zu gehen. Dieses Angebot müssen sie übrigens nicht annehmen.

(Frau Litfin [GRÜNE] bewegt sich auf einen der Ausgänge des Plenar- saales zu)

- Jetzt geht sie weg. - Dieses Angebot beinhaltet aber nicht, dass diese Lehrkräfte mehr arbeiten müssen, wie Sie sagen, sondern sie arbeiten dann freiwillig mehr und bekommen auch mehr bezahlt.

(Frau Litfin [GRÜNE]: Müssen aber nicht mehr arbeiten!)

- Nein, sie müssen nicht. Sie können auch auf Teilzeit bleiben. - Pro Lehrkraft, die eine Dreiviertelstelle hat, kommen 6,5 Stunden hinzu. - Das heißt, der Klassenbildungserlass wirkt sich auf die tatsächlich vorhandenen Lehrerstunden nicht aus. Es bleibt so, wie es ist, oder es wird gesteigert - je nachdem, wie viele Lehrer dort auf Dreiviertelstellen beschäftigt sind. Allerdings wirkt er sich auf die Handlungsmöglichkeiten in der Klassenbildung und auf das Soll und den Anspruch der Schule aus.

Lassen Sie mich sehr deutlich sagen - das ist hier schon gesagt worden -, dass in der Unterrichtsversorgung das Ist zum kommenden Schuljahr verbessert und das Soll verringert wird. Was bedeutet das denn nun in Bezug auf die Beispiele, die hier angeführt worden sind? - Betrachten wir die berühmte Berufsschule in Lüchow, die ja nun schon in sehr vielen Briefen erwähnt worden ist, weil sie jetzt angeblich überhaupt nicht mehr existieren kann. Ich kann hier mitteilen, dass sie weiter existieren wird, weiterhin ihre Angebote in der bisherigen Form unterbreiten können wird und ihr Budget dafür nicht einmal überschreiten muss. Wir haben das durchgeprüft. Wir können das Ergebnis den Abgeordneten, die interessiert sind, gerne mitteilen.

(McAllister [CDU]: Frau Ministerin, die Schnellen und die Toten!)

Die Aussage, dass 75 % der Angebote nicht mehr erteilt werden können, ist schlichtweg falsch. Ich bitte Sie, solchen falschen Meldungen nicht aufzusitzen. Wir haben die Zahlen mit den Daten der Schule, mit der Bezirksregierung abgeglichen. Mir liegen die Zahlen vor.

Das Gleiche gilt für die BBS Cuxhaven, Herr McAllister. Wir machen das dann auch noch für Schiffdorf.

(McAllister [CDU]: Cadenberge!)

- Die Zahlen für Cadenberge haben wir noch nicht durchgerechnet. Das kommt noch. Das Ergebnis bekommen Sie dann auch. Ich kann Ihnen aber sagen, dass auch Cuxhaven das Budget nur leicht überschritten hat, und auch dieses ist bei anderer Zusammenstellung locker in ein Plus umzuwandeln, ohne dass Angebote eingeschränkt werden müssen. Das heißt, dass sie dann sogar noch mehr Möglichkeiten hat.

(Frau Pawelski [CDU]: Zauberlehr- ling!)

Dies gilt z. B. auch für die BBS in Wilhelmshaven, die nicht genannt worden ist. Es sind Budgetausgleiche notwendig.

Jetzt müssten Sie eigentlich fragen: Was passiert, wenn wir einmal auf eine Schule stoßen, die keinen Budgetausgleich erreichen kann, also ihr Soll nicht in Ordnung bringen kann? - Das Ist verbessert sich an dieser Schule. Sie müssen sich bitte einmal von den Schulleitern erklären lassen, wie es sein kann, dass sich das Ist an einer Schule verbessert, gleichzeitig aber erklärt wird, dass ein Teil der Angebote entfallen muss.

Wenn nun eine dauerhafte Budgetüberschreitung im Soll auftritt, dann wird zum 1. August nichts passieren. Wir werden vielmehr mit dieser Schule beraten, ob man die Situation im kommenden Schuljahr verändern kann. Falls es nicht möglich ist, weil ein bestimmter Beruf in der Fläche unbedingt erhalten bleiben muss, dann wird er auch erhalten bleiben. Das sage ich Ihnen von dieser Stelle aus sehr deutlich.