Protocol of the Session on May 11, 2000

Herr Kollege Fasold, der Kollege Busemann hat eine Frage an Sie. Wollen Sie sie beantworten?

Für ihn gilt das gleiche Recht wie für Herrn Klare. Insofern kann er gleich noch einmal auftreten.

Vor allem das zuletzt genannte Maßnahmenbündel wird dazu führen, dass die rechnerische Unterrichtsversorgung - Herr Busemann hat darauf hingewiesen -, das heißt ja nichts anderes als die Festlegung des für die Aufgaben der Schule erforderlichen Bedarfs, des Solls an Lehrerstunden, naturgemäß verändert wird. Durch die Rücknahme nicht als notwendig erachteter Ausstattungsansprüche zum Beispiel der Vollzeitschulen und durch die damit einhergehende Angleichung an Bundesstandards wird die rechnerische Bedarfsermittlung korrigiert.

(Frau Vockert [CDU]: Das ist wieder fraglich!)

Herr Kollege Fasold, gilt das auch für die Frau Kollegin?

Das gilt ab sofort für alle; außer für Sie, Herr Präsident. Das ist selbstverständlich. Das liegt ja nicht in meinem Ermessen.

Vielen Dank. Ich hätte mir das Recht auch genommen.

Der Finanzeinsatz des Landes bleibt ungekürzt. Nicht eine Lehrerstunde wird abgezogen. Keine Stelle geht verloren. So gut, wie die berufsbildenden Schulen heute arbeiten, werden sie dies auch in Zukunft machen können. Wir erhalten und sichern nicht nur die jetzige Ausstattung, sondern das hat Herr Busemann verschwiegen - wir geben zum neuen Schuljahr zusätzlich im Umfang von 5.000 Unterrichtsstunden Unterrichtsvolumina in die berufsbildenden Schulen. Kostenpunkt übrigens 16 Millionen DM.

(Frau Vockert [CDU]: Bei wie vielen zusätzlichen Schülern?)

Wir haben mit dem Modernisierungskonzept 2000 ein Konzept vorgestellt, das folgende politische Ziele erfüllen wird:

Erstens. Kein einziger Ausbildungsplatz darf verloren gehen. Es wird auch keiner verloren gehen.

Zweitens. Auch zukünftig wird die Vielfalt des beruflichen Angebotes in der Fläche gewährleistet. Wir garantieren, dass das, was an beruflicher Bildung regional erforderlich ist, tatsächlich auch angeboten werden kann.

Drittens. Es bleibt bei ortsnaher Beschulung. Regionale Besonderheiten werden berücksichtigt.

(Frau Vockert [CDU]: Das ist falsch! - Gegenruf von der SPD: Das ist rich- tig!)

Viertens. Wir werden mehr Effizienz beim Lehrereinsatz erreichen, und zwar ohne Verringerung der Ausbildungsmöglichkeiten. Bereit gestellt wird also, was erforderlich ist. Bezahlt wird, was notwendig ist. Die berufsbildenden Schulen können ihre Aufgaben für die jungen Menschen in unserem Lande auch in Zukunft ohne Einschränkung erfüllen. Das gewährleisten wir. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD - Klare [SPD]: Der Präsident applaudiert. Er hat nur den letzten Satz gehört! - Wernstedt [SPD]: Ich habe die ganze Zeit am Lautsprecher zugehört!)

Frau Kollegin Litfin hat das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal zum Kollegen Busemann: Herr Kollege Busemann, es ist Ihnen gelungen, mich etwas zu verwirren. Herzlichen Glückwunsch. Ich habe mir die ganze Zeit überlegt: Zu welchem Antrag redet der Kollege hier eigentlich? Es kann sich nicht um den vorliegenden Antrag der CDUFraktion handeln; denn Sie haben ausschließlich erzählt, was wir schon mindestens hundert Mal gehört haben. Wie schlecht die Unterrichtsversorgung an den berufsbildenden Schulen ist, das wissen wir alle. Ihr Antrag aber, Kollege Busemann - Sie hätten ihn einfach vorher lesen sollen -, befasst sich auch sehr mit der Qualität, die völlig zu Recht von einem beruflichen System gefordert werden muss, das wettbewerbs- und zukunftsfähig sein will. Dazu kam aber kein Wort von Ihnen. Irgendwann habe ich einmal, weil Sie plötzlich das Modernisierungskonzept ansprachen, gedacht: Jetzt kommt er auf den Punkt. - Aber nein, er kam nicht auf den Punkt. Es ging wieder nur um „U“, also um Unterrichtsversorgung. Natürlich, unter dem Strich müssen wir gemeinsam fordern - ich hoffe dabei auch auf Unterstützung und auf das Rückgrat der SPD-Fraktion -, dass es mehr als diese 207 zusätzlichen Vollzeitlehrereinheiten gibt, die dadurch erwirtschaftet werden, dass man die Teilzeitstellen aufstockt.

(Voigtländer [SPD]: Welcher Punkt war das?)

Dadurch kriegen wir keine neuen Personen an die Schulen, sondern die alten müssen ein bisschen mehr arbeiten. Ich glaube, das hilft nicht so sehr weiter, insbesondere dann nicht, wenn man weiß, dass 1.700 Lehrerinnen und Lehrer fehlen.

(Klare [CDU]: Wie hieß der Punkt noch einmal?)

Aber ansonsten war Ihre Rede durch einen Satz geprägt, den Sie sehr oft gesagt haben: Ich habe da große Bedenken. - Kollege Busemann, Bedenkenträger und Bedenkenträgerinnen können wir im Moment nicht gebrauchen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Wir brauchen in diesem Parlament Menschen mit Mut, und wir brauchen an diesem Punkt den Zusammenhalt der Fraktionen, um den Modernisierungsbedarf, der besteht, zu erfüllen.

Nun zum Kollegen Eckhard Fasold, bei dem ich überlege, ob ich ihm den Sondertitel „G-Punkt“, den er erhalten hat, abnehmen werde, weil auch der Kollege Fasold nicht in der Lage gewesen ist, hier etwas Konkretes zu sagen.

(Klare [CDU]: Das ist doch nichts Neues!)

Er hat das Konzept aus dem Kultusministerium verteidigt, obwohl er wissen muss, dass es nach diesem Konzept nicht gehen wird, und obwohl er wissen muss, dass dieses Konzept, wenn es so durchgezogen wird, dafür sorgen wird, dass Ausbildungsplätze verloren gehen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Als Beispiel möchte ich die sicherlich besonders betroffene Berufsschule in Lüchow nennen, die für diese riesige Fläche Angebote macht. Die muss natürlich so arbeiten, dass sie für Berufe, in denen viel ausgebildet wird, sehr große Klassen bildet, in denen schon heute 30 Schülerinnen und Schüler sitzen. Darüber hinaus muss sie aber auch - das machen viele Schulen so - sehr kleine Klassen mit zum Teil nur fünf Auszubildenden bilden, weil in dieser ganzen Region nur fünf junge Menschen für diesen Beruf ausgebildet werden. Diese fünf jungen Menschen können wir nicht irgendwohin schicken.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Für die müssen wir ein ausbildungsplatznahes, wohnortnahes Angebot machen. Das heißt, jeder einzelne Standort muss geprüft werden. Eckhard Fasold, du hast ja versprochen, dass die regionalen Besonderheiten berücksichtigt werden. Das Modernisierungskonzept der Kultusministerin tut das nicht.

(Klare [CDU]: Das ist richtig! - Bei- fall bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Das guckt rein statistisch über das Land, argumentiert rein statistisch und nimmt in Kauf, dass Schulen eingehen werden, wie z. B. die Schule in Lüchow, die 75 % ihrer Angebote aufgrund des Konzeptes, wenn es verwirklicht werden sollte, und aufgrund des Klassenbildungserlasses nicht mehr machen kann.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Das dürfen wir nicht hinnehmen. Dagegen müssen wir uns alle als Parlament zur Wehr setzen. Ich hoffe auch hier wieder auf die betroffenen SPDAbgeordneten, die vor Ort zu verteidigen haben, was aus Hannover für ein Quatsch über das Land geschickt wird.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Dazu braucht es aber noch ein bisschen mehr Rückgrat als das, was ich hier bei der Erwiderung auf die Antragseinbringung gehört habe. Schauen wir einmal, ob wir das hinbekommen.

Ich glaube, wir sind uns darin einig, dass das duale System der Entwicklung angepasst werden muss, und zwar ganz dringend und ganz schnell. Das duale System und überhaupt der gesamte schulische Teil des berufsbildenden Bereiches haben sich auch in Zukunft ständig an die Entwicklung anzupassen. Das können wir nicht mit einem System, das so gelenkt wird, wie es heute geschieht. Das können wir nur - hier hat die CDU in ihrem Antrag Recht - dadurch erreichen, dass wir den Schulen sehr viel mehr Selbständigkeit und sehr viel mehr Eigenverantwortung geben. Dies kann dadurch geschehen, dass wir dafür sorgen, dass sie tatsächlich regionale Kompetenzzentren werden, dass sie Wissens- und Technologiezentren für ihre Region werden, dass sie nicht nur Angebote für Schülerinnen und Schüler, sondern auch für Erwachsene machen und dass sie für die Betriebe Ausbildungspläne entwerfen und erarbeiten, und zwar am besten in modularer Form, damit darauf aufgebaut werden kann.

Vor Ort muss eine viel engere Zusammenarbeit stattfinden, und die staatlichen Ebenen müssen sich viel weiter heraushalten, als sie das jetzt tun, und einfach auf die Kompetenz und die Professionalität der vor Ort Arbeitenden setzen; denn die sind in der Regel viel schneller als jede staatliche Einheit. Es dauert doch ewig, bis auf Staatsebene irgendetwas geändert worden ist und es unten umgesetzt wird.

Alles, was ich sage, deutet darauf hin: Stimmen Sie doch einfach unserem Antrag, Berufsschule nach dänischem Modell, zu. Dort ist alles drin, was wir brauchen, um regionale Kompetenzzentren zu bekommen.

(Frau Vockert [CDU]: Aber nur für vier Schulen!)

- Natürlich, wir wollen das erst einmal, weil wir den Mut dieses Parlamentes nicht überschätzen, als Modellversuch machen. Ich glaube, es ist gut und richtig, zu versuchen, das in vier Regionen auszuprobieren, ob das auf bundesdeutsche Verhältnisse umzusetzen ist oder welche Einschränkungen wir brauchen.

Ich lasse mir noch etwas Redezeit übrig. Mal sehen, ob es nachher noch etwas zu sagen gibt.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Frau Kollegin Philipps hat das Wort.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Der Start ins Berufsleben ist spannend und ein Risiko für Auszubildende und auch für den Betrieb. Ich kann Ihnen das als Ausbilderin in meinem kleinen Betrieb aus eigener Erfahrung sagen. Neue Auszubildende beeinflussen den Rhythmus und auch die Arbeitsabläufe in den kleineren Betrieben sehr. Denn es sind ja meistens die kleineren und mittleren Betriebe, die sich der Ausbildung annehmen.

(Beifall bei der CDU)

Lehrlingswerkstätten sind die Ausnahme.

Mit jedem Beginn einer Ausbildung nehmen sich Betriebsinhaber in großer Verantwortung junger Menschen an und bilden sie zu Fachleuten aus. Es entstehen oft lange persönliche Verbindungen, wie ich es auch selbst mit meinem Lehrchef und meiner Lehrchefin sowie mit meinen Auszubildenden erlebt habe, die ich in den Jahren ausgebildet habe. Die Ausbildungsbetriebe und ihre Ausbilder geben den Menschen die Chance, dass sich die jungen Leute nach meist dreijähriger Ausbildungszeit auf eigene Füße stellen, den eigenen Lebensunterhalt verdienen und sich stolz z. B. als Einzelhandelskaufmann, Werkzeugmacher, Florist, Gärtner, Arzthelfer bezeichnen können.

Ich muss sagen: Die Ausbildungsbereitschaft ist ungebrochen. Handwerk und Wirtschaft setzen sich sehr ein; denn heute muss gut ausgebildet

werden, um den wirtschaftlichen Ansprüchen, den technischen Anforderungen und der Konkurrenzfähigkeit gerecht zu werden.