Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die CDU-Landtagsfraktion begrüße ich den Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und seine Zielsetzung, ein gebührenfreies Erststudium zu sichern.
Die CDU-Landtagsfraktion hat in der DezemberSitzung des Landtags einen umfassenden Hochschulreformantrag „Eigenverantwortung, Leistung, Wettbewerb und Internationalität“ eingebracht. Leider konnte er wegen Zeitmangels zunächst nur im Fachausschuss beraten werden. Dort haben wir aber nachdrücklich deutlich gemacht: Studiengebühren werden nicht erhoben. Langzeitstudierende zahlen ein Nutzungsentgelt, dessen Einnahmen direkt den Hochschulen zufließen.
der jungen Generation gehört, ihnen über die schulische Grundausbildung hinaus eine weitere Ausbildung z. B. an unseren Hochschulen kostenfrei zu ermöglichen.
Weil das Studium aber ein kostbares Gut ist, erwarten wir natürlich auch, dass sich Studierende deshalb ihrer Verantwortung gegenüber der Allgemeinheit bewusst sein müssen. Wir treten daher seit Jahren nachhaltig dafür ein, dass Studienordnungen und Studiengänge leistungsorientiert zu gestalten sind. Jeder Studiengang hat aus unserer Sicht eine Zwischenprüfung vorzusehen, zu der sich Studierende vor der Abschlussprüfung nach einer bestimmten Semesterzahl melden müssen. Auch Orientierungsprüfungen können ergänzend hinzutreten. Wir denken, Studierende müssen sich in diesem Sinne Ihrer Verpflichtung gegenüber der Allgemeinheit bewusst sein. Dann besteht aus unserer Sicht kein Grund, sie zusätzlich mit Studiengebühren zu belasten.
Hinzu kommt, dass angesichts der auch von der Landesregierung zu vertretenden unzureichenden Hochschulfinanzierung, angesichts mangelnder Effizienz der Hochschulen, überlanger Studienzeiten und einer sehr hohen Zahl von Studienabbrechern die Erhebung von Studiengebühren geradezu kontraproduktiv ist.
Meine Damen und Herren, wir können nicht für eine Leistung Geld verlangen, für die der entsprechende Gegenwert nicht erbracht wird.
Die Formulierungen des Entschließungsantrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen lassen so mit der Betonung auf dem Stichwort „Erststudium“ auch Spielraum für einen notwendigen partei- und fraktionsübergreifenden Kompromiss. Zwei Studiengänge, die keinen direkten Bezug zum vorherigen Studium haben, und Studierende, die den vorgegebenen Zeitrahmen deutlich überschreiten, können und müssen dafür ein entsprechendes Nutzungsentgelt zahlen, welches aber nicht in der Staatskasse versickern sollte, sondern den Hochschulen direkt zugute kommen muss.
Herr Wegner. - So weit besteht Einigkeit über die notwendige Richtungsentscheidung. Für diese Position haben wir - nun hören auch Sie einmal zu, Herr Wegner - in dieser Woche einen wichtigen Bündnispartner bekommen, nämlich den Bundeskanzler Gerhard Schröder selbst. Ich darf jetzt aus dem Bericht der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ vom 26. Januar 2000 vom Bildungskongress der SPD zitieren. Da sagte Herr Schröder:
„Ich bin aus sozialen und bildungspolitischen Gründen der Auffassung, dass das Regelstudium in Deutschland gebührenfrei sein muss.“
Dort hat er außerdem noch betont, dass sich diese Kostenfreiheit nicht auf die genannten Zweitstudien oder auch Langzeitstudierende erstrecken sollte.
Ach wissen Sie, die Fragen können Sie an Herrn Schröder stellen. Ich erwarte von Ihnen nachher eigentlich eine Antwort.
Wir können hier nur feststellen, dass die Niedersächsische Landesregierung diese Position ihres Bundeskanzlers und Parteivorsitzenden jedoch nicht teilt. Nicht nur Minister Oppermann, sondern auch der Ministerpräsident Gabriel - wir haben es vorhin ja schon von Frau Harms gehört - tritt nun im Gegensatz zu allen einschlägigen Parteitagsbeschlüssen plötzlich für die Erhebung von Studiengebühren ein. Nun ist natürlich nichts dagegen einzuwenden, dass es in den großen Volksparteien unterschiedliche Standpunkte gibt. Doch wir meinen, etwas mehr Konsequenz und Stringenz in dieser wichtigen hochschulpolitischen Frage könnte man schon erwarten.
Insbesondere der Wissenschaftsminister hat sich in dieser so wichtigen hochschulpolitischen Sachfrage als Wendehals erwiesen, sodass man den Verdacht haben könnte, dass es ihm eigentlich nicht um die Lösung eines wichtigen Problems geht,
Denn, meine Damen und Herren, vor der Bundestagswahl 1998 hat Herr Oppermann bei jeder Gelegenheit, bei der er in ein Mikrofon sprechen konnte, erklärt, dass er Studiengebühren nachdrücklich ablehne. Eines von vielen Zitaten dazu:
„Wir in Niedersachsen lehnen Studiengebühren ab. Insofern gibt es keinen Regelungsbedarf. Studiengebühren gefährden die Chancengleichheit beim Hochschulzugang.“
In diesem Zusammenhang - einige Zeit später - hat meine Fraktionskollegin Heidemarie Mundlos meiner Meinung nach ganz zutreffend festgestellt, dass in der hochschulpolitischen Landschaft Niedersachsens ein doppeltes Oppermännchen gesichtet worden sei, das vor der Bundestagswahl strikt gegen Studiengebühren, nach der Bundestagswahl aber nachdrücklich für Studiengebühren eingetreten sei.
Auch die von Herrn Oppermann genannten Argumente für die Erhebung von Studiengebühren verfangen nicht. Die „Frankfurter Rundschau“, gewiss kein Sympathisant der CDU, hat es in einem Grundsatzartikel vom 14. Oktober 1999 schon treffend herausgearbeitet. Bis vor einem Jahr galt in breiten Kreisen eine Privatisierung der Bildungskosten als unsozial, weil sie Kindern und Jugendlichen aus unteren sozialen Schichten einen Bildungsweg nach ihren Vorstellungen nicht finanzierbar machen würde. Nicht zuletzt: Die SPD nahm dies zum Anlass, sogar ein Verbot von Studiengebühren im Hochschulrahmengesetz verankern zu wollen, wenn sie die Regierungsverantwortung übernehmen wird. Nach der Bundestagswahl, meine Damen und Herren - Sie alle wissen es -, änderte sich das Bild sehr schnell: Soziale Ungerechtigkeit sei nun der Status quo. Wer sich gegen Studiengebühren ausspreche, der trage zur Aufrechterhaltung dieser Ungerechtigkeit bei. So kann man sich wenden.
Herr Oppermann hat sich in diesem Zusammenhang sogar zu dem platten Vergleich verleiten lassen, dass der Arbeiter das Studium des Sohnes
seiner Zahnärztin künftig nicht mehr mit finanzieren dürfte, sodass sich von daher Studiengebühren aus sozialen Gründen legitimieren würden. Das ist aber mitnichten der Fall, wie auch die „Frankfurter Rundschau“ in diesem Grundsatzartikel deutlich herausgearbeitet hat. Sie macht nämlich deutlich ich zitiere noch einmal -, dass ein Studiengebührenmodell im Sinne Oppermanns, also eine elternabhängige gestaffelte Gebühr, vor allem das mittlere Einkommensdrittel im Vergleich zum Status quo belaste. Das obere Einkommensdrittel hingegen profitiere davon, wie auch das untere.
Wenn man sich dieser nachvollziehbaren volkswirtschaftlichen Gesamtbetrachtung anschließt, dann kann man nur zu dem Schluss kommen, dass Studiengebühren, wie sie Herr Oppermann vorschlägt, eine zutiefst mittelstandsfeindliche Konzeption sind und insbesondere die breiten mittleren Einkommensschichten treffen. Denn von einer Gerechtigkeitslücke, meine Damen und Herren, kann doch überhaupt keine Rede sein. Das beweist der Blick in die Steuerstatistik 1995. Danach tragen ca. 47 % der Steuerpflichtigen mit einem Einkommen zwischen 50.000 und 100.000 DM und einem Einkommen von 100.000 DM und mehr ca. 85 % der Lasten. Jeder weiß ja, dass das steuerund sozialpolitisch gewollt ist. Starke Schultern, gleich starke Lasten. Aber hier ist eine Neidkampagne losgetreten worden. Diese Neidkampagne entbehrt jeder gesamtwirtschaftlichen Grundlage.
Ich komme zum Schluss. Natürlich, meine Damen und Herren, gibt es in der CDU auch unterschiedliche Ansichten über die Einführung von Studiengebühren. Entgegen ersten Pressemeldungen enthält die Beschlussvorlage für den Essener Parteitag der CDU jedoch kein Bekenntnis zur Erhebung von Studiengebühren. Die einschlägige Passage lautet vielmehr: Die Sozialverträglichkeit des Studienfinanzierungssystems muss gewahrt, und die Qualität von Studium und Lehre muss verbessert werden.
Es ist zu prüfen, ob beide Ziele durch die sinnvolle Kombination von BAföG, Bildungssparen, Bildungsdarlehen und Gebühren bei einkommensabhängiger Darlehensrückzahlung sowie Freiplätzen für Begabte und Bedürftige miteinander vereinbart werden können. Daraus lässt sich sicherlich kein
- Ich komme zum Schluss. - Wie schon in unserem Parteibeschluss von 1997 und unserem Regierungsprogramm festgehalten,
Vor dem Hintergrund unserer eigenen Beschlüsse und Initiativen können wir uns daher den Forderungen des Entschließungsantrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen anschließen. Wir hoffen, dass es hier zu einem partei- und fraktionsübergreifenden Konsens kommen wird. Ein solcher Konsens, meine Damen und Herren, könnte über Niedersachsen hinaus ein großes Signal in dieser so wichtigen hochschulpolitischen Grundsatzfrage setzen. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Schon die Eingangsformulierung von Frau Harms, die den Antrag eingebracht hat, war verräterisch. Sie sagte, sie wolle keine Sachdebatte über Positionen führen,