Natürlich ist es so, dass wir - wie die anderen westdeutschen Bundesländer auch - steigende Schülerinnen- und Schülerzahlen haben, und sicherlich ist es auch richtig, dass die Zahl der aus Altersgründen ausscheidenden Lehrkräfte in den nächsten Jahren zunehmen wird. Aber das ist ja auch gut so. Denn Ihr Vorwurf, den nicht nur Sie
erhoben haben, war doch immer, dass wir in Niedersachsen überalterte Lehrerkollegien hätten und dringend frisches Blut in den Lehrkörpern bräuchten. Genau dafür sorgen wir ja auch: Im letzten Jahr haben wir nahezu 3.000 junge Menschen in den niedersächsischen Schuldienst einstellen können, und die neuen Zahlen haben Sie gestern in den Zeitungen lesen können; die spielten heute Morgen in der Haushaltsdebatte auch eine Rolle. Insgesamt gesehen können Sie erkennen, dass wir einen Maßnahmenkatalog vorlegen, der sich wohl sehen lassen kann. Damit beweisen wir, dass wir den Anforderungen der Schulwirklichkeit Rechnung tragen, und hiermit zeigt die SPD-geführte Landesregierung, dass uns Bildung etwas wert ist.
Es ist offensichtlich eine Tatsache, dass sich die einen zurzeit nur mit sich selbst zu beschäftigen haben und sich die anderen, nämlich wir, um die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen in der Schule kümmern. Diese Aufgabenteilung können wir so gerne auch in den nächsten Jahrzehnten fortführen.
Es beruhigt mich schon, dass Sie von der CDU dennoch Zeit finden, sich auch noch einmal mit Sachthemen zu beschäftigen. Weil der vorliegende Antrag schon im Dezember geschrieben wurde und inhaltlich - das steht sogar in der Begründung - auf den Mai 1995 zurückzuführen ist, möchte und muss ich einige Fakten zur Wahrheitsfindung hinzufügen.
Ihre zentrale Forderung, die Landesregierung möge ein Konzept zur Sicherung des Lehrerbedarfs vorlegen, ist nämlich natürlich schon längst erfüllt, u. a. durch die Einstellungspolitik, die ich gerade skizziert habe. Durch weitere zahlreiche Maßnahmen der Landesregierung und der SPD-Fraktion haben wir den Notwendigkeiten des gegenwärtigen Lehrkräftebedarfs schon entsprochen, und wir werden es auch in der Zukunft tun. Ich weise Ihnen das einmal im Einzelnen nach:
Zum Ersten geht es um die von Ihnen immer wieder angeprangerte Überalterung des Lehrkörpers. Die Ursache liegt auch und gerade in Ihrer Regierungszeit in den stark schwankenden Zyklen bei der Einstellungspolitik. Dadurch ist der größte Teil unserer Lehrerinnen und Lehrer über Jahre hinweg gemeinsam älter geworden und schob den Alters
durchschnitt im Laufe der Zeit natürlich immer weiter nach oben. Jetzt scheiden die ersten starken Jahrgänge aus, aber genau die werden wir durch junge Leute ersetzen - jedoch planvoll. Wir wollen es darüber hinaus durch ein ausgewogenes Altersteilzeitmodell, über das der Landtag gestern beraten hat, attraktiv gestalten, früher in den Ruhestand zu gehen und neuen Kräften Platz zu machen. Dadurch wird der Altersdurchschnitt in den niedersächsischen Lehrerkollegien in den nächsten Jahren rapide sinken. Davon können Sie ausgehen.
Zum Zweiten erreichen wir es gerade durch die Dreiviertelstellen, die Sie ja als Zwangsteilzeitstellen bezeichnen, mehr junge Leute in den Schuldienst hineinzubekommen.
Ich will an dieser Stelle für die Öffentlichkeit deutlich machen, wie das funktioniert, weil das immer wieder einmal verfälscht wird. Wenn also z. B. drei Lehrkräfte, von denen jeder eine volle Stelle mit voller Stundenzahl und vollem Gehalt innehat, aus dem Dienst ausscheiden, dann wird diese Gesamtkostensumme auf vier neue Lehrkräfte verteilt, die dann drei Viertel des Gehalts einer vollen Stelle erhalten und drei Viertel der Stundenzahl unterrichten müssen. Dies erfolgt für vier Jahre. Dann erhalten sie eine volle Stelle, und das ist, finde ich, eine gute Sache.
Ich will überhaupt nicht verkennen, dass es in einigen Bereichen durch die Dreiviertelstellen möglicherweise auch zu Problemen kommen könnte, weil es in anderen Bundesländern volle Stellen gibt. Dies kann vielleicht in grenznahen Bereichen der Fall sein, und das kann in einigen Mangelfächern oder auch im berufsbildenden Bereich der Fall sein, aber die realen Zahlen sprechen entschieden dagegen. So stammten im Jahre 1999 40 % der 10.000 Bewerbungen für den niedersächsischen Schuldienst aus anderen Bundesländern.
Jetzt, zum 1. Februar 2000, waren fast 30 % aller Bewerbungen aus anderen Bundesländern - und dies trotz oder vielleicht sogar wegen dieser Drei
viertelstellen, die offensichtlich besonders für junge Leute nicht so unattraktiv sind; denn es ist doch allgemein bekannt, meine Damen und Herren, dass es zu Beginn der Lehrertätigkeit nicht einfach ist, gleich den vollen Stundenumfang zu unterrichten. Die Vorbereitung einer jungen Lehrkraft auf eine Unterrichtstunde erfordert natürlich wesentlich mehr Arbeit und Zeit als bei einer Lehrkraft, die schon seit 20 Jahren im Schuldienst ist.
Insofern ist die Vorbereitung auf 18 Stunden Unterricht natürlich leichter zu packen als die auf 25. Viele der neu eingestellten Lehrerinnen und Lehrer haben mir gesagt: Wir finden es ganz gut, dass wir zunächst einmal nur so wenig zu unterrichten haben.
- Das ist kein Quatsch. - Damit ist die Eingewöhnung in die Belastungssituation des Schuldienstes mittels einer zunächst reduzierten Stundenzahl für viele Lehrkräfte eine durchaus positive Tatsache und wird von vielen jungen Lehrkräften gerne angenommen.
Meine Damen und Herren, im Übrigen ist in dem Modernisierungskonzept 2000 für die berufsbildenden Schulen von der Landesregierung auch klar festgelegt worden, dass den jungen Lehrkräften zum 1. Februar 2000 wieder volle Lehrerstellen angeboten werden,
Den in der Vergangenheit mit drei Vierteln ihrer regelmäßigen Arbeitszeit eingestellten Lehrkräften wird schon vor Ablauf der Vierjahresfrist zum 1. August 2000 eine volle Stelle angeboten. Dies betrifft exakt 828 Lehrkräfte. Damit realisieren wir im Übrigen zu jenem Zeitpunkt 5.000 zusätzliche Lehrerstunden, mit denen die Unterrichtsversorgung im berufsbildenden Bereich verbessert wird.
An den allgemein bildenden Schulen halten wir natürlich zunächst an den Dreiviertelstellen fest, weil die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber die Zahl der frei werdenden Stellen in der Regel weit übersteigt und eben dadurch die Chance besteht, mehr junge Leute in die Schule zu bringen.
Nun komme ich zum Dritten zu einem Thema, auf das Sie, Herr Koch, eingegangen sind, nämlich zu der Frage der Aufnahmekapazitäten der Ausbildungsseminare für die Lehreranwärter und Referendare. Wir haben die Aufnahmekapazitäten in den letzten Jahren kontinuierlich erhöht, und wir haben dies konkret auch in der nächsten Zeit vor. Beim Lehramt für Grund- und Hauptschulen haben wir die Kapazitäten insgesamt schon um über 100 % erhöht, und wir werden dies fortsetzen. Beim Lehramt für Grund- und Hauptschulen werden wir sie zum nächsten Einstellungstermin um 185 auf dann 1.735 Ausbildungsplätze erhöhen, beim Lehramt für Realschulen um 90 auf dann 415 Plätze, beim Lehramt für Sonderschulen um 35 auf denn 360 Plätze und beim Lehramt für Gymnasien um 150 auf dann 1.100 Ausbildungsplätze. Damit können wir Ihren Horrormeldungen ein Ende bereiten, die Sie insbesondere beim Lehramt an Gymnasien immer wieder verbreiten. Ich stelle klar: Allen Bewerberinnen und Bewerbern mit zwölf und mehr Monaten Wartezeit im Bereich des Lehramts an Gymnasien konnte im vergangenen Jahr ein Ausbildungsplatz im niedersächsischen Referendariat angeboten werden. Na bitte, ist das nichts?
Ich möchte auf einen weiteren Punkt hinweisen, der auch von Ihnen schon angesprochen worden ist. Das Land hat die Absicht, die Möglichkeiten auszuschöpfen, die sich durch den Beschluss der KMK vom vergangenen Oktober hinsichtlich einer Verkürzung des Referendariats für höhere Lehrämter ergeben. Dadurch, dass die Praxisphase im Studium erweitert werden wird, besteht die Möglichkeit, die zweite Ausbildungsphase für das Lehramt an Gymnasien zeitlich an die Dauer der anderen Lehrämter anzupassen und damit auf 18 Monate zu reduzieren. Dadurch können eine größere Anzahl von Referendarinnen und Referendaren ausgebildet werden und die zugegebenermaßen immer noch bestehenden Wartezeiten abgebaut werden. Es wird in Zusammenarbeit mit den wissenschaftlichen Hochschulen des Landes und den Studienseminaren darauf ankommen, Kon
zepte für die Realisierung dieser verstärkten Praxisphase im Studium zu entwickeln, z. B. das Praxissemester, um diese Maßnahmen zu ermöglichen.
Nun komme ich zum vierten Punkt, also zum Studium. Hier ist zunächst darauf zu verweisen, dass wir natürlich mit der Reform der Lehramtsstudiengänge und mit der Schaffung des Lehramts an Grund-, Haupt- und Realschulen den Notwendigkeiten zukünftiger Lehrerversorgung Rechnung tragen, und zwar trotz der Kritik der CDU. Durch dieses Lehramt wird es möglich, auf die unterschiedlichen Zyklen der Anzahl der Schülerinnen und Schüler bei den verschiedenen Schulformen flexibel zu reagieren. Wir haben damit ein wichtiges Instrument für die zukünftige Planung der Unterrichtsversorgung.
Sicherlich haben Sie mit der Feststellung Recht, dass gerade in den Lehrerinnen und Lehrer ausbildenden Fächern an den Hochschulen die Quote der Studienabbrecherinnen und -abbrecher besonders hoch ist. Es gibt in einigen Fächern eine Abbrecherquote von bis zu 50 %. Das hat eine schlechte, aber vielleicht auch eine gute Seite. Die schlechte Seite ist, dass offensichtlich manchen Studierenden die Anforderungen des Schuldienstes nicht hinreichend klar sind und dass ihnen diese offensichtlich erst im Laufe des Studiums deutlich werden. Hier muss also vor Beginn des Studiums mehr Aufklärung in den Schulen seitens der Studienberatung, der Berufsberatung und der Universitäten erfolgen. Es gibt aber auch eine gute Seite, nämlich die, dass manche Studierende bereits im Studium erkennen, dass sie offensichtlich hinsichtlich Motivation oder Qualifikation für diesen Bereich nicht geeignet sind und die Schulen sowie die Schülerinnen und Schüler von ihrer Präsenz verschonen.
Ich gehe davon aus, Herr Koch, dass das, was Sie gesagt haben, stimmt, nämlich dass 1998/1999 die Zahl der Studienanfängerinnen und -anfänger nicht so hoch war wie die Zahl der Studienplätze, die wir zur Verfügung gestellt haben. Herr Koch, aber dann nützt es doch auch nichts, zu fordern, die Zahl der Studienplätze noch weiter zu erhöhen oder den NC aufzuheben. Ihre Forderung ist ja dann genau das, was ich vermutet habe, nämlich eine reine Luftnummer. Im Übrigen haben die Zulassungszahlen der Studienplätze einen Sinn, nämlich den, vor dem Hintergrund der vorhandenen Ressourcen und Kapazitäten ein ordnungsgemäßes Studium absolvieren zu können. Ich gebe zu, dass es für die Zukunft überhaupt keine Frage
ist, ob wir zusätzliche Maßnahmen ergreifen müssen, um die Ausbildungskapazitäten zu erhöhen. Dies ist den beteiligten Ländern auch klar. Das wird im Rahmen der KMK diskutiert. Auch in Niedersachsen werden wir dieses im Ausschuss zu diskutieren haben. Die Bedarfszahlen liegen uns vor, und die Ministerien befassen sich damit.
Meine Damen und Herren, wichtig wird aber insgesamt sein, dass wir bei den Heranwachsenden für den Beruf der Lehrerinnen und Lehrer werben. Aber hier haben wir ein Problem. Denn das permanente Schlechtreden der niedersächsischen Schulen, ihrer Schülerinnen und Schüler sowie ihrer Lehrerinnen und Lehrer durch die CDU, so wie es gerade Frau Vockert gemacht hat, schreckt natürlich die Bewerberinnen und Bewerber von diesem Beruf ab. Dem wirken wir entgegen, denn wir, meine Damen und Herren, die Landesregierung und die sie tragende SPD-Landtagsfraktion, haben zahlreiche Maßnahmen ergriffen - das habe gerade dargestellt -, um den Bedarf an jungen Lehrkräften in Niedersachsen zu befriedigen. Wir werden die Schulen zukunftsorientiert entwickeln. Es freut mich, dass der Herr Kollege Koch zugegeben hat, dass das gut ist, denn er wird ja nun im Eichsfeld die Verlässliche Grundschule einführen. Jetzt und in den nächsten Jahren werden durch eine offensive Einstellungspolitik tausende von jungen Menschen in die Kollegien des Landes strömen, und für die kommende Zeit werden wir durch ausgewogene Maßnahmen dem zu erwartenden Ausbildungsbedarf Rechnung tragen. Das wird keine leichte Arbeit sein.
- Vor fünf Jahren haben wir die Maßnahmen eingeleitet, Herr Klare, und jetzt haben wir Erfolg. Wir werden mit dieser guten Politik Werbung für den Schuldienst machen, und die jungen Leute werden kommen - dessen können Sie sich sicher sein -, auch wenn es der CDU nicht passen mag. Schönen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde, für jeden, der in der Vergangenheit den Eindruck erweckt hat, Lehrer könnten nicht spannend sein, Herr Koch, haben Sie heute das Gegenteil bewiesen.
Ich finde, ohne Ihnen zu nahe treten zu wollen: Sie sind ein Verlust für die Schule. Zumindest in der Schule, in der Sie wären, würde das Schulschwänzen aus folkloristischen Gründen deutlich abnehmen, weil sich das die Schüler nicht entgehen lassen würden.
Meine Damen und Herren, ich weiß nicht, ob Sie es in der aufgeregten Debatte zu Beginn mitbekommen haben. Wir haben gerade eine historische Situation im Niedersächsischen Landtag erlebt historisch deshalb, weil die Fraktion der CDU durch ihren Sprecher erstmals erklärt hat, dass das Projekt Verlässliche Grundschule ein gutes Projekt sei und dass sie sich an die Spitze der Bewegung setzt.
Ich finde, dass sollten wir zur Kenntnis nehmen und uns freuen, dass Debatten und Realitäten Ideologien immer wieder überwinden können. Das hat wohl auch etwas mit dem Wechsel in der Sprecherfunktion zu tun. Ich freue mich jedenfalls sehr darüber, dass wir uns hier einig geworden sind.
Außerdem freue ich mich darüber, dass die CDU unserem Projekt zur verstärkten Lehrereinstellung zustimmt. Es ist gut, dass es in dieser Frage Gemeinsamkeit gibt. Ich bin sicher, Herr Kollege Koch, dass wir Sie auch noch davon überzeugen können, dass zumindest die Einstellung im allgemein bildenden Bereich auf Dreiviertelstellenbasis eine sinnvolle Lösung ist. Wir sind also auf einem guten Wege, gemeinsam etwas für Kinder und Jugendliche in Niedersachsen zu tun. Vielleicht erübrigen sich ja auch noch ein paar technokratische Fragen, wie wir sie heute Morgen erlebt haben. Denn wir sollten dabei nicht vergessen, dass es um Kinder und um Jugendliche und nicht so sehr um die Stellenpläne des Landes Niedersachsen geht.
Meine Damen und Herren, ich will deswegen vorab sagen, dass wir die Chance nutzen sollten, das im Antrag der CDU angesprochene Problem ernst zu nehmen und gemeinsam zu beraten. Ich sehe jedenfalls eine gute Chance, dass wir den Kern dieses Antrages gemeinsam aufgreifen können, also die Fraktionen miteinander und mit der Landesregierung, weil die Lösung der Probleme, die in dem Antrag beschrieben sind, die Voraussetzung dafür ist, dass man in Zukunft bei einer Bildungsoffensive und beim neuen Aufbruch für Bildung und Erziehung Erfolg haben kann. Deshalb würde ich vorschlagen, dass wir die etwas humoristisch gereichte Hand von Herrn Koch ergreifen und das miteinander fair debattieren sollten.
Sie geben mir mit dem Antrag Gelegenheit, noch einige Dinge zu den Einstellungen in der nächsten Zukunft zu sagen. Diese Gelegenheit will ich auch nutzen. Anfang des Schuljahres 1999/2000 hatten wir eine riesige Einstellungsrate. 2.722 neue Lehrkräfte konnten zum 1. August 1999 in Niedersachsen ihre Arbeit im Schuldienst aufnehmen. Seit 20 Jahren haben wir nicht mehr so viele jüngere Lehrkräfte in Niedersachsen eingestellt.